Entscheidungsdatum
14.02.2019Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W240 2197250-1/10E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Feichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.04.2018, Zl.: 1180523502-1801111405, beschlossen:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 21 Absatz 3, 2. Satz BFA-VG stattgegeben, das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz wird zugelassen und der bekämpfte Bescheid behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang
1. Der minderjährige Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, wurde am XXXX in Österreich geboren und es wurde für ihn am 01.02.2018 gegenständlicher Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Ihre Mutter XXXX (Beschwerdeführerin zu W241 2145503-1) wurde im Rahmen der Erstbefragung im Verfahren des Beschwerdeführers einvernommen und gab an, dass der Vater des Kindes
XXXX sei, der in Österreich über einen Asylstatus verfüge und welchen die Mutter des Beschwerdeführers bereits im Herkunftsstaat geheiratet habe.
2. Die Mutter des Beschwerdeführers hatte bereits am 29.09.2016 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt.
Im Rahmen der Erstbefragung am 29.09.2016 hatte die Mutter des Beschwerdeführers angegeben, dass sie seit XXXX.2013 verheiratet sei. Ihr Mann lebe seit 2014 in Österreich. Sie habe Syrien am Anfang April 2016 verlassen und sei schlepperunterstützt über unbekannte Länder nach Bulgarien gelangt.
Am 24.10.2016 wurde der angebliche Ehemann der Mutter und der Vater des Beschwerdeführers als Zeuge einvernommen. Dabei gab er an, die Mutter des Beschwerdeführers im XXXX 2013 heimlich geheiratet zu haben. Er habe bei seiner Erstbefragung am 04.01.2014 und bei seiner Einvernahme am 14.05.2014 angegeben, dass er ledig sei, da er keinen Beweis gehabt habe über seine Heirat.
Abschließend legte er eine Kopie des Bescheids eines Islamischen Gerichts und eine beglaubigte Übersetzung vor.
Die Mutter des Beschwerdeführers wurde ebenfalls am 24.10.2016 einvernommen. Dabei gab sie an, mit ihrem Ehemann zusammenzuleben.
Das BFA richtete sodann hinsichtlich der Mutter am 24.10.2016 auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (in der Folge Dublin III-VO), gestützte Wiederaufnahmeersuchen an Bulgarien.
Mit Schreiben vom 02.11.2016 teilten die bulgarischen Behörden mit, dass der Mutter des Beschwerdeführers am XXXX.2016 der Status einer Asylberechtigten zugesprochen worden sei. Eine Übernahme auf Grundlage der Dublin III-VO könne daher nicht stattfinden.
Am 20.11.2016 erfolgte die Einvernahme der Mutter des Beschwerdeführers vor dem BFA. Sie gab insbesondere an, zwei Brüder in Österreich zu haben. Sie lebten bereits seit zwei Jahren hier und seien anerkannte Flüchtlinge. Beide seien verheiratet und hätten Kinder. Sie habe in Bulgarien niemanden und wolle ihr Leben mit ihrem Ehemann in Österreich verbringen.
Der Rechtsberater stellte den Antrag, die Mutter und ihr Mann mögen zum Eheleben befragt werden. Die vorgelegten Dokumente würden eindeutig belegen, dass die Ehe bereits im Herkunftsstaat bestanden habe. Daher sei eine Außerlandesbringung schon aus Gründen des Art. 8 EMRK unzulässig. Es werde daher beantragt, das Verfahren in Österreich zuzulassen.
Die Mutter des Beschwerdeführers legte eine Eheschließungsurkunde sowie einen Auszug aus dem Personenstandsregister, beides ausgestellt am XXXX.2016 durch das syrische Innenministerium, eine Übersetzung des Bescheids des islamischen Gerichts und eine Einladung zu einem Deutschkurs vor.
3. Mit Bescheid vom 04.01.2017 wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz der Mutter des Beschwerdeführers gemäß § 4a AsylG als unzulässig zurück und sprach aus, dass sich die Mutter des Beschwerdeführers nach Bulgarien zurückzubegeben habe (Spruchpunkt I.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen werde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Z 1 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), werde die Außerlandesbringung gemäß § 61 Absatz 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung der Mutter des Beschwerdeführers nach Bulgarien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
4. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Entscheidung des BVwG vom 26.04.2017, GZ: W241 2145503-1/7E, gemäß §§ 4a, 10 Abs. 1 Z 1, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
5. Die gegen die Entscheidung des BVwG hinsichtlich der Mutter am 26.04.2017 erhobene Revision wurde vom Entscheidung des VwGH vom 14.12.2018, Ra 2017/01/0169-10, zurückgewiesen.
6. Im Verlauf der Erstbefragung im gegenständlichen Verfahren des minderjährigen Beschwerdeführers am 01.02.2018 wurde ausdrücklich angegeben, dass beide Elternteile gesetzliche Vertreter des Beschwerdeführers sind. Für den Beschwerdeführer wurde beantragt, dass dieser denselben Schutz wie dessen Eltern erhalten solle.
Vorgelegt wurde die Geburtsurkunde, in welcher der asylberechtigte XXXX als Vater des Beschwerdeführers angeführt ist.
7. Am 19.03.2018 wurde die Mutter des Beschwerdeführers einvernommen und gab zusammengefasst an, dass es dem Beschwerdeführer gesundheitlich gut gehe.
Die Mutter des Beschwerdeführers bestätigte auf Nachfrage, dass XXXX der biologische Vater des Beschwerdeführers ist.
Die Mutter gab an, dass außerdem zwei Brüder von ihr in Österreich leben würden, mit denen sie sehr regelmäßigen Kontakt pflege. Sie lebe mit dem Beschwerdeführer und dessen Vater seit eineinhalb Jahren zusammen, seit September 2016. Ihr Mann arbeite seit rund einem Jahr in einem Lebensmittelgeschäft, sie lerne Deutsch. Der Beschwerdeführer sei bei dessen Vater mitversichert, sie beziehe abgesehen davon keine staatliche Unterstützung, sie erhalte einzig EUR 150,- monatlich als Wohnbeihilfe, der Vater des Beschwerdeführers leiste ansonsten Unterhaltszahlungen.
Auf Vorhalt, dass seitens des BFA geplant sei, den gegenständlichen Antrag des Beschwerdeführers auf int. Schutz zurückzuweisen und den Beschwerdeführer zusammen mit seiner Mutter aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Bulgarien auszuweisen, zumal Bulgarien ebenso für das Verfahren des Kindes zuständig sei wie für das Verfahren betreffend die Mutter, welche über einen internationalen Schutzstatus in Bulgarien verfügt, gab die Mutter des Beschwerdeführers an, ihr Ehemann befinde sich in Österreich und er arbeite im Bundesgebiet.
In der Folge langte ein mit 26.03.2018 datierte Stellungnahme der ausgewiesenen Vertretung beim BFA ein, darin wurde ausgeführt, dass die Eltern des Beschwerdeführers verheiratet seien und beide als Elternteile in der Geburtsurkunde vermerkt seien. Ein österreichisches Standesamt habe die aufrechte Ehe der Eltern des Beschwerdeführers mit Ausstellung der Geburtsurkunde bestätigt. Stelle ein Familienangehöriger von einem Fremden, dem der Status eines Asylberechtigen zuerkannt worden sei, einen Antrag auf internationalen Schutz, habe die Behörde diesem gemäß § 34 AsylG den Asylstatus zuzuerkennen.
Am 13.04.2018 wurden die bulgarischen Behörden darüber informiert, dass der Beschwerdeführer als Sohn seiner Mutter als Familienmitglied gemäß Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO nach Bulgarien überstellt werden würde zusammen mit seiner Mutter. Am selben Tag wurde Bulgarien darüber informiert, dass die Überstellungsfrist verlängert werde, weil gegen die Entscheidung der Mutter ein Rechtsmittel erhoben wurde, welche aufschiebende Wirkung zuerkannt worden war.
8. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Bulgarien für die Prüfung des Antrags des Beschwerdeführers gemäß Art. 20 ABs. 3 Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge seine Abschiebung nach Bulgarien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Das BFA stellte insbesondere wie folgt fest:
"(...) Aufgrund des Ergebnisses des Fingerabdruckabgleiches, welches bei Ihrer Mutter einen Eurodac-Treffer in BULGARIEN ergeben hat, der Angaben Ihrer Mutter, der Mitteilung der bulgarischen Asylbehörde steht die die Zuständigkeit Bulgariens fest. Mit Schreiben vom XXXX.2016 teilte die bulgarische Asylbehörde mit, dass Ihre Mutter in Bulgarien den Status einer subsidiär Schutzberechtigten genießt. Eine Übernahme aufgrund Dublin III Grundlage könne daher nicht stattfinden. Mit Schriftsatz vom 13.04.2018 wurde Bulgarien über Ihre Geburt informiert. Mit Schriftsatz vom 13.04.2018 wurde Bulgarien über die aufschiebende Wirkung informiert. Es besteht nun ein Familienverfahren. Es wurde festgestellt, dass Sie einen in Österreich aufhältigen Vater haben (Herrn XXXX, IFA: 100001907). Über das Privat und Familienleben wurde bereits rechtskräftig in II. Instanz abgesprochen. Ihre Mutter wurde nochmalig über das Privat und Familienleben befragt. Auch hierbei konnte keine Änderung bezüglich Ihrer nicht glaubhaften Ehe erfolgen. Es wird festgesellt, dass Bulgarien für Ihr Asylverfahren zuständig ist. Ebenso wie das Verfahren Ihrer Mutter, wurde auch das Asylverfahren Ihrer Mutter negativ beschieden, da auch im Fall Ihrer Mutter Bulgarien zuständig ist. Somit erhalten sämtliche Familienmitglieder dieselbe Entscheidung. Aus diesem Grund ist auch davon auszugehen, dass Ihnen derselbe Status in Bulgarien wie Ihrer Mutter zukommt, nämlich subsidiär Schutzberechtigt. Im gegenständlichen Fall ist anhand der oa. Kriterien hinsichtlich des in Österreich aufhältigen Familienmitgliedes (in diesem Fall Vater) im weiteren Sinne einerseits zu prüfen, ob ein Familienverhältnis im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt und allenfalls eine Interessensabwägung zwischen den privaten Interessen von Ihnen an einem Verbleib in Österreich und den öffentlichen Interessen an der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen vorzunehmen. Es kann davon ausgegangen werden, dass zwischen Ihnen und Ihrem Vater ein gewisses Unterstützungsverhältnis besteht, indem Ihre Mutter im Verfahren angegeben hat, dass ein gemeinsamer Haushalt besteht und Sie bzw. Ihre Mutter diesen gemeinsamen Haushalt in Österreich fortsetzen wollen. Das Vorliegen eines Familienverhältnisses im Sinne des Art. 8 EMRK zwischen Ihnen und Ihrem Vater- ferner auch durch die Onkel -wird daher im gegenständlichen Fall grundsätzlich bejaht. Betreffend die geschlossene Ehe darf trotzdem angemerkt werden, dass in Ihrem Heimatland kein gemeinsamer Haushalt zwischen Ihrer Mutter und Ihrem Vater vorhanden war.
(...)"
9. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde, in der im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer mit seinen Eltern in einem gemeinsamen Haushalt lebe und ein schützenswertes Familienleben bestehe. Es bestehe eine finanzielle sowie eine emotionale Abhängigkeit zwischen dem Beschwerdeführer bzw. seiner Mutter und dem Vater des Beschwerdeführers. Es wurde auf die Situation von Asylberechtigten und von Dublinrückkehrern in Bulgarien verwiesen. Weiters wurde ausgeführt, dass das BFA die Zuständigkeit aufgrund von Art. 9 iVm Art. 2 lit. g Spiegelstrich 3 Dublin III-VO ermitteln hätte müssen. Nach Art. 9 Dublin III-VO sei der Mitgliedstaat zuständig, in dem ein Familienangehöriger des Antragstellers internationalen Schutz habe. Da der Vater des Beschwerdeführers zusammen mit dessen Mutter den Antrag auf internationalen Schutz für den Beschwerdeführer gestellt hätten in Österreich, sei dieser Antrag als schriftliche Zustimmung iSd Art. 9 Dublin III-VO des Beschwerdeführers und des Familienangehörigen zu werten. Es liege überdies eine Verletzung von Art. 8 EMRK vor und ergebe sich eine Zuständigkeit zumindest auch nach Art. 17 Dublin III-VO.
10. Mit Beschluss des BVwG vom 07.06.2018 wurde der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend den Beschwerdeführer aufschiebende Wirkung zuerkannt.
11. Vom BVwG wurde am 01.02.2019 der VwGH-Beschluss betreffend die Mutter zur Stellungnahme an die ausgewiesene Vertretung des Beschwerdeführers übermittelt.
12. Mit Eingabe vom 05.02.2019 wurde vom BFA ein Schreiben des bulgarischen Innenministeriums, datiert mit 01.02.2019, übermittelt betreffend die Überstellung des minderjährigen Beschwerdeführers und dessen Mutter. Es wurde darin darauf hingewiesen, dass die Überstellung der beiden nicht "im besten Interesse" des Kindes und der Familieneinheit sei, da der Kindesvater rechtmäßig in Österreich aufhältig sei. Laut beiliegender Information des BFA war ein Ersuchen um Rückübernahme an die bulgarischen Behörden übermittelt worden und erhielten die österreichischen Behörden das vorzitierte Antwortschreiben vom 01.02.2019.
13. Am 08.02.2019 langte die Stellungnahme der ausgewiesenen Vertretung des Beschwerdeführers beim BVwG auf die übermittelte Entscheidung des VwGH im Verfahren der Mutter ein. Es wurde darin insbesondere ausgeführt, dass dem leiblichen Vater des Beschwerdeführers mit Bescheid des BFA vom 20.06.2014 der Status des Asylberechtigen in Österreich zuerkannt worden war. Der Beschwerdeführer sei sohin Familienangehöriger iSd
§ 2 Abs. 1 Z. 22 AsylG idgF des asylberechtigten Vaters, mit dem er auch im gemeinsamen Haushalt lebe und ein schützenswertes Familienleben iSd Art. 8 EMKR führe. Der Beschwerdeführer sei am 23.01.2019 in Österreich auf die Welt gekommen und habe Österreich seit seiner Geburt nicht verlassen. Es sei im gegenständlichen Fall
§ 34 AsylG anzuwenden. Verwiesen wurde darauf, es sei nicht sichergestellt, dass auf die spezifischen Bedürfnisse des Beschwerdeführers als Kleinkind eingegangen werde.
Zusammen mit der Stellungnahme wurde die Geburtsurkunde, der Meldezettel des Beschwerdeführers und dessen Vaters sowie der Asylbescheid betreffend den Vater übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Festgestellt wird, dass der syrische Beschwerdeführer am XXXX in Österreich geboren wurde und es wurde für ihn am 01.02.2018 gegenständlicher Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Der Beschwerdeführer lebt seit seiner Geburt mit seinen Eltern im gemeinsamen Haushalt in Österreich, sein Vater geht einer Arbeitstätigkeit nach und leistet Unterhaltszahlungen an den Beschwerdeführer und seine Mutter.
Mit Bescheid des BFA vom 20.06.2014 war dem Vater des Beschwerdeführer XXXX der Status des Asylberechtigen in Österreich zuerkannt worden.
Die Mutter des Beschwerdeführers XXXX (Beschwerdeführerin zu W241 2145503-1) hatte bereits am 29.09.2016 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt.
Mit Schreiben vom 02.11.2016 teilten die bulgarischen Behörden im Konsultationsverfahren der Mutter mit, dass der Mutter des Beschwerdeführers am XXXX.2016 der Status einer Asylberechtigten zugesprochen worden sei.
Mit Bescheid vom 04.01.2017 wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz der Mutter des Beschwerdeführers gemäß § 4a AsylG als unzulässig zurück und sprach aus, dass sich die Mutter des Beschwerdeführers nach Bulgarien zurückzubegeben habe (Spruchpunkt I.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen werde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Z 1 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), werde die Außerlandesbringung gemäß § 61 Absatz 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung der Mutter des Beschwerdeführers nach Bulgarien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.). Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Entscheidung des BVwG vom 26.04.2017, GZ: W241 2145503-1/7E, gemäß §§ 4a, 10 Abs. 1 Z 1, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen. Die gegen die Entscheidung des BVwG hinsichtlich der Mutter am 26.04.2017 erhobene Revision wurde vom Entscheidung des VwGH vom 14.12.2018, Ra 2017/01/0169-10, zurückgewiesen
Am 13.04.2018 wurden die bulgarischen Behörden darüber informiert, dass der Beschwerdeführer als Sohn seiner Mutter als Familienmitglied gemäß Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO nach Bulgarien überstellt werden würde zusammen mit seiner Mutter. Am selben Tag wurde Bulgarien darüber informiert, dass die Überstellungsfrist verlängert werde, weil gegen die Entscheidung der Mutter ein Rechtsmittel erhoben wurde, welche aufschiebende Wirkung zuerkannt worden war. Die Information darüber, dass der Vater des Beschwerdeführers, der mit dem Beschwerdeführer und dessen Mutter in Österreich im gemeinsamen Haushalt lebt, in Österreich seit 20.06.2014 asylberechtigt ist, war im Schreiben gemäß Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO an Bulgarien nicht enthalten.
Mit Eingabe vom 05.02.2019 wurde vom BFA ein Schreiben des bulgarischen Innenministeriums, datiert mit 01.02.2019, übermittelt betreffend die geplante Überstellung des minderjährigen Beschwerdeführers und dessen Mutter. Es wurde darin darauf hingewiesen, dass die Überstellung der beiden nicht "im besten Interesse" des Kindes und der Familieneinheit sei, da der Kindesvater rechtmäßig in Österreich aufhältig sei.
Das BFA stellte im nunmehr angefochtenen Bescheid insbesondere fest, dass die bulgarischen Behörden mit Schriftsatz vom 13.04.2018 über die Geburt des Beschwerdeführers informiert worden seien. Es wurde zwar festgestellt, dass der Beschwerdeführer über einen in Österreich aufhältigen Vater verfügt, über das Privat und Familienleben sei jedoch bereits rechtskräftig abgesprochen wurde. Es wurde festgesellt, dass Bulgarien für das Asylverfahren des Beschwerdeführers zuständig sei. Es wurde vom BFA festgestellt, es könne davon ausgegangen werden, dass zwischen dem Beschwerdeführer und dessen Vater ein gewisses Unterstützungsverhältnis bestehe, indem der Mutter im Verfahren angegeben habe, dass ein gemeinsamer Haushalt bestehe und der Beschwerdeführer sowie die Mutter mit dem Vater des Beschwerdeführers den gemeinsamen Haushalt in Österreich fortsetzen wollen. Das Vorliegen eines Familienverhältnisses im Sinne des Art. 8 EMRK zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Vater - ferner auch durch die Onkel - werde daher im gegenständlichen Fall grundsätzlich bejaht. Betreffend die geschlossene Ehe der Eltern wurde jedoch angemerkt, dass im Heimatland kein gemeinsamer Haushalt zwischen den Eltern bestanden habe. Eine Ausweisung stelle weder einen ungerechtfertigten Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens (hinsichtlich des Vaters in Österreich), noch in des Recht auf Achtung des Privatlebens des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 8 EMRK dar.
In Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO, auf den sich der nunmehr angefochtene Bescheid stützt, wird ausgeführt, dass für die Zwecke dieser Verordnung die Situation eines mit dem Antragsteller einreisenden Minderjährigen, der der Definition des Familienangehörigen entspricht, untrennbar mit der Situation seines Familienangehörigen verbunden und fällt in die Zuständigkeit des Mitgliedstaats, der für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz dieses Familienangehörigen zuständig ist, auch wenn der Minderjährige selbst kein Antragsteller ist. Ebenso ist bei Kindern - wie im gegenständlichen Fall beim Beschwerdeführer - zu verfahren, die nach der Ankunft des Antragstellers im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten geboren werden, ohne dass ein neues Zuständigkeitsverfahren für diese eingeleitet werden muss. Eine Zuständigkeitsbegründung nach dieser Norm erfolgt jedoch nur dann, sofern dies dem Wohl des Minderjährigen dient. In der nunmehr angefochtenen Entscheidung des BFA sind jedoch keine hinreichenden Ermittlungen und Feststellungen zum in Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO geforderten Wohl des minderjährigen Beschwerdeführers ersichtlich.
Die belangte Behörde hat keine abschließende Beurteilung zum Familienleben des Beschwerdeführers mit seinem in Österreich asylberechtigten Vater sowie zum Kindeswohl des Beschwerdeführers mit dem Ziel vorgenommen, eine hinreichende Grundlage für ihre Entscheidung zu schaffen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Geburt des Beschwerdeführers in Österreich und zu seinem Aufenthalt im gemeinsamen Haushalt mit seinen Eltern in Österreich ergibt sich aus den Angaben der Eltern und den vorgelegten Unterlagen.
Die Feststellung bezüglich der Zustimmung zur Aufnahme der Mutter des Beschwerdeführers seitens Bulgarien ergibt sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen der österreichischen und der bulgarischen Dublin-Behörde.
Die Feststellung, dass der Vater des Beschwerdeführers in Österreich einen Asylstatus hat und die Mutter des Beschwerdeführers in Bulgarien über einen internationalen Schutzstatus verfügt, ergibt sich aus den im Akt einliegenden Informationen.
Die Feststellung, wonach mit Schreiben vom 13.04.2018 die die bulgarischen Behörden darüber informiert worden, dass der Beschwerdeführer als Sohn seiner Mutter als Familienmitglied gemäß Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO nach Bulgarien überstellt werden würde zusammen mit seiner Mutter, ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Schreiben der österreichischen Behörden. Die Feststellung, wonach die Information darüber, dass der Vater des Beschwerdeführers, der mit dem Beschwerdeführer und dessen Mutter in Österreich im gemeinsamen Haushalt lebt, in Österreich seit 20.06.2014 asylberechtigt ist, im Schreiben gemäß Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO an Bulgarien nicht enthalten war, ergibt sich ebenfalls aus dem vorzitierten Schreiben.
Die Feststellung, dass nach neuerlichem Ersuchen um Übernahme des Beschwerdeführers und seine Mutter an die bulgarischen Behörden die österreichischen Behörden darüber informiert wurden, dass die Überstellung der beiden nicht "im besten Interesse" des Kindes und der Familieneinheit sei, da der Kindesvater rechtmäßig in Österreich aufhältig sei, ergibt sich aus dem am 05.02.2019 vom BFA übermittelten Schreiben des bulgarischen Innenministeriums, datiert mit 01.02.2019.
Aus der Aktenlage ist nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen das BFA eine abschließende Beurteilung des Familienlebens des Beschwerdeführers mit seinem in Österreich asylberechtigten Vater nicht für erforderlich gehalten hat bzw. wie das BFA zur Einschätzung gelangte, dass durch die Überstellung des Beschwerdeführers nach Bulgarien - unter Beachtung des Wohles des Beschwerdeführers - kein unzulässiger Eingriff ins Familienleben erfolgen würde und aus welchen Gründen ohne eine solche Beurteilung der gegenständliche nunmehr angefochtene Bescheid erlassen wurde.
Im Einzelnen ist zu dieser von der belangten Behörde geführten Beweiswürdigung wie folgt auszuführen:
Weiters ist auf Art. 17 Dublin III-VO zu verweisen. Dieser regelt in seinem Absatz 1 das Selbsteintrittsrecht eines nicht zuständigen Mitgliedsstaats und lautet:
"Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.
Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.
Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt."
In Filzwieser / Sprung, Dublin III-Verordnung, Das Europäische Asylzuständigkeitssystem, Stand: 1.2.2014, Artikel 17 Abs. 1, K 2 heißt es dazu: "Da Art. 17 Abs. 1 keine inhaltlichen Vorgaben bietet, liegt es primär an den innerstaatlichen Rechtsvorschriften und im Ermessen des einzelnen Mitgliedsstaates, unter welchen Voraussetzungen ein Selbsteintritt in die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz erfolgt. Der Aufenthaltsstaat kann sich auch trotz der angenommen (bzw. feststehenden) Zuständigkeit des anderen Mitgliedsstaates dafür entscheiden, den Antrag auf internationalen Schutz selbst zu prüfen. Der Text des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sieht keine näheren Determinanten für die Ausübung dieser unionsrechtlich als Ermessenbestimmung konzipierten Norm vor. Man wird aber einerseits annehmen müssen, dass eine extensive Auslegung dieser Bestimmung [...] das Zuständigkeitssystem der Dublin III-VO unterhöhlen würde und daher kraft Verletzung des "effet utile-Prinzips" als unionsrechtswidrig anzusehen wäre; andererseits kann es Fälle geben, in denen die Durchsetzung einer Zuständigkeit, die nach der Dublin III-VO feststeht, eine Verletzung der EMRK bedeuten würde (etwa bei Vorliegen besonderer familiärer und humanitärer Umstände, die nicht von Art. 16 über abhängige Personen erfasst sind). Es liegt auf der Hand, dass es sich hier um exzeptionelle Fälle handeln muss, da ja nach der Absicht des Verordnungsgebers bereits die Zuständigkeitskriterien der Verordnung ein EMRK-konformes Ergebnis liefern sollen. Nichtsdestotrotz bietet eben Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO die notwendige Flexibilität, um diese EMRK-Konformität auch in von der VO nicht ex ante vorhersehbaren besonderen Fällen zu garantieren. Diesfalls wird das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben sein. [...]"
Auch unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen vermögen die vom BFA herangezogenen Beweiswürdigungen, dass im Falle des Beschwerdeführers ein Eingriff in sein durch Art. 8 EMRK geschütztes Privat- und Familienleben zulässig sei, nicht nachvollzogen werden. Die belangte Behörde hat insbesondere keine geeigneten und nachvollziehbaren Ermittlungsschritte angestellt und Feststellungen getätigt, warum der Eingriff in das schützenswerte Familienverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und seinem asylberechtigten Vater im Sinne von Art. 8 EMRK im gegenständlichen Fall gerechtfertigt erscheint. Das BFA hat vor allem darauf verwiesen, dass die Ehe der Eltern des Beschwerdeführers nicht nachgewiesen werden konnte und bereits in der rechtskräftigen Entscheidung betreffend die Mutter Ausführungen zum Privat- und Familienleben enthalten waren. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer erst nach der Entscheidung der Entscheidung des BVwG vom 26.04.2017, GZ: W241 2145503-1/7E, mit welcher die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA gemäß §§ 4a, 10 Abs. 1 Z 1, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen wurde, geboren wurde.
Dies wiegt umso schwerer, weil Die Information darüber, dass der Vater des Beschwerdeführers, der mit dem Beschwerdeführer und dessen Mutter in Österreich im gemeinsamen Haushalt lebt, in Österreich seit 20.06.2014 asylberechtigt ist, im Schreiben gemäß Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO an Bulgarien nicht enthalten war. Weiters ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass nach neuerlichem Ersuchen um Übernahme des Beschwerdeführers und seiner Mutter an die bulgarischen Behörden die österreichischen Behörden mit Antwortschreiben des bulgarischen Innenministeriums, datiert mit 01.02.2019, darüber informiert wurden, dass die Überstellung der beiden nicht "im besten Interesse" des Kindes und der Familieneinheit sei, da der Kindesvater rechtmäßig in Österreich aufhältig sei.
Schließlich hat die belangte Behörde auch keine geeigneten Ermittlungsschritte zur Frage unternommen, ob die Durchsetzung der von ihr angenommenen Zuständigkeit Bulgariens im konkreten Fall des in Österreich geborenen Beschwerdeführers nicht doch im Sinne von
Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO eine Verletzung der EMRK wegen des Vorliegens besonderer und exzeptioneller familiärer Umstände begründen würde. Die von ihr ins Treffen geführten Argumente lassen dies nicht erkennen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Stattgebung der Beschwerde
3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) lauten:
"§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zu-ständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer
Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
(2) [...]
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lauten:
§ 21 Abs. 3 BFA-VG: "Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint."
Gemäß ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 21 Abs. 3 BFA-VG (vgl. jüngst Ra2016/19/0208-8 vom 5. Oktober 2016 mwN) hat eine Entscheidung nach § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG in Form eines (das Beschwerdeverfahren beendenden und nicht bloß verfahrensleitenden) Beschlusses zu ergehen.
3.3. Im vorliegenden Fall ist Dublin III-VO anzuwenden:
Artikel 2 - Definitionen
Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
[...]
g) "Familienangehörige" die folgenden Mitglieder der Familie des Antragstellers, die sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aufhalten, sofern die Familie bereits im Herkunftsland bestanden hat:
- der Ehegatte des Antragstellers oder sein nicht verheirateter Partner, der mit ihm eine dauerhafte Beziehung führt, soweit nach dem Recht oder nach den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedstaats nicht verheiratete Paare ausländerrechtlich vergleichbar behandelt werden wie verheiratete Paare,
[...]
Art. 3 - Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsange-höriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
[...]
Art. 7 - Rangfolge der Kriterien
(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antrag-steller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Auf-ahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.
KAPITEL IV
ABHÄNGIGE PERSONEN UND ERMESSENSKLAUSELN
Artikel 16 - Abhängige Personen
(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitglied-staat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des
Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.
(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.
(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.
(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese
Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Art. 17 Ermessensklauseln
(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.
Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.
Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.
(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zu-ständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.
Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat ver-fügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.
Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitglied-staat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Ver-ordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.
Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen".
Einleitung des Verfahrens
Art. 20
Einleitung des Verfahrens
(1) Das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats wird eingeleitet, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.DE L 180/42 Amtsblatt der Europäischen Union 29.6.2013
(2) Ein Antrag auf internationalen Schutz gilt als gestellt, wenn den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats ein vom Antragsteller eingereichtes Formblatt oder ein behördliches Protokoll zugegangen ist. Bei einem nicht in schriftlicher Form gestellten Antrag sollte die Frist zwischen der Abgabe der Willenserklärung und der Erstellung eines Protokolls so kurz wie möglich sein.
(3) Für die Zwecke dieser Verordnung ist die Situation eines mit dem Antragsteller einreisenden Minderjährigen, der der Definition des Familienangehörigen entspricht, untrennbar mit der Situation seines Familienangehörigen verbunden und fällt in die Zuständigkeit des Mitgliedstaats, der für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz dieses Familienangehörigen zuständig ist, auch wenn der Minderjährige selbst kein Antragsteller ist, sofern dies dem Wohl des Minderjährigen dient. Ebenso wird bei Kindern verfahren, die nach der Ankunft des Antragstellers im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten geboren werden, ohne dass ein neues Zuständigkeitsverfahren für diese eingeleitet werden muss.
(4) Stellt ein Antragsteller bei den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats einen Antrag auf internationalen Schutz, während er sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, obliegt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich der Antragsteller aufhält. Dieser Mitgliedstaat wird unverzüglich von dem mit dem Antrag befassten Mitgliedstaat unterrichtet und gilt dann für die Zwecke dieser Verordnung als der Mitgliedstaat, bei dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde.
Der Antragsteller wird schriftlich von dieser Änderung des die Zuständigkeit prüfenden Mitgliedstaats und dem Zeitpunkt, zu dem sie erfolgt ist, unterrichtet.
(5) Der Mitgliedstaat, bei dem der erste Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, ist gehalten, einen Antragsteller, der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält oder dort einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, nachdem er seinen ersten Antrag noch während des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zurückgezogen hat, nach den Bestimmungen der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen, um das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zum Abschluss zu bringen.
Diese Pflicht erlischt, wenn der Mitgliedstaat, der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats abschließen soll, nachweisen kann, dass der Antragsteller zwischenzeitlich das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen oder in einem anderen Mitgliedstaat einen Aufenthaltstitel erhalten hat.
Ein nach einem solchen Abwesenheitszeitraum gestellter Antrag im Sinne von Unterabsatz 2 gilt als neuer Antrag, der ein neues Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats auslöst.
3.4. Die Dublin III-VO ist eine Verordnung des Rechts der Europäischen Union, die Regelungen über die Zuständigkeit zur Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz von Drittstaatsangehörigen trifft. Sie gilt also nicht für mögliche Anträge auf internationalen Schutz von EU-Bürgern, ebenso wenig ist sie auf Personen anwendbar, denen bereits der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde. Das wesentliche Grundprinzip ist jenes, dass den Drittstaatsangehörigen in einem der Mitgliedstaaten das Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Asylverfahren zukommt, jedoch nur ein Recht auf ein Verfahren in einem Mitgliedstaat, dessen Zuständigkeit sich primär nicht aufgrund des Wunsches des Asylwerbers, sondern aufgrund der in der Verordnung festgesetzten hierarchisch geordneten Zuständigkeitskriterien ergibt.
3.5. Gemäß § 21 Abs. 3 2. Satz BFA-VG ist der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.
3.6. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass zum Entscheidungszeitpunkt eine Überstellung des Beschwerdeführers nach Bulgarien nicht zulässig ist, da in casu die gegenständliche Entscheidung des Bundesamtes auf Basis eines insgesamt qualifiziert mangelhaften Verfahrens ergangen ist, weshalb eine Behebung und Zurückverweisung nach § 21 Abs. 3 2. Satz BFA-VG zu erfolgen hatte.
Dies aus folgenden Erwägungen:
3.6.1. In Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO, auf den sich der nunmehr angefochtene Bescheid stützt, wird ausgeführt, dass für die Zwecke dieser Verordnung die Situation eines mit dem Antragsteller einreisenden Minderjährigen, der der Definition des Familienangehörigen entspricht, untrennbar mit der Situation seines Familienangehörigen verbunden und fällt in die Zuständigkeit des Mitgliedstaats, der für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz dieses Familienangehörigen zuständig ist, auch wenn der Minderjährige selbst kein Antragsteller ist. Ebenso ist bei Kindern - wie im gegenständlichen Fall beim Beschwerdeführer - zu verfahren, die nach der Ankunft des Antragstellers im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten geboren werden, ohne dass ein neues Zuständigkeitsverfahren für diese eingeleitet werden muss. Eine Zuständigkeitsbegründung nach dieser Norm erfolgt jedoch nur dann, sofern dies dem Wohl des Minderjährigen dient. In der nunmehr angefochtenen Entscheidung des BFA sind jedoch keine hinreichenden Ermittlungen und Feststellungen zum in Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO geforderten Wohl des minderjährigen Beschwerdeführers ersichtlich.
Das BFA vermochte im nunmehr angefochtenen Bescheid nicht nachvollziehbar darzulegen, dass im Falle des Beschwerdeführers ein Eingriff in sein durch Art. 8 EMRK geschütztes Privat- und Familienleben zulässig sei. Das BFA hat insbesondere keine geeigneten und nachvollziehbaren Ermittlungsschritte angestellt und Feststellungen getätigt, warum der Eingriff in das schützenswerte Familienverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und seinem asylberechtigten Vater im Sinne von Art. 8 EMRK im gegenständlichen Fall gerechtfertigt erscheint. Es wurde zwar festgestellt, dass der Beschwerdeführer über einen in Österreich aufhältigen Vater verfügt, über das Privat- und Familienleben sei jedoch bereits rechtskräftig abgesprochen worden. Es wurde vom BFA festgestellt, es könne davon ausgegangen werden, dass zwischen dem Beschwerdeführer und dessen Vater ein gewisses Unterstützungsverhältnis bestehe, das die Mutter im Verfahren angegeben habe, dass ein gemeinsamer Haushalt bestehe und der Beschwerdeführer sowie die Mutter mit dem Vater des Beschwerdeführers den gemeinsamen Haushalt in Österreich fortsetzen wollen. Das Vorliegen eines Familienverhältnisses im Sinne des Art. 8 EMRK zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Vater - ferner auch durch die Onkel - werde daher im gegenständlichen Fall grundsätzlich bejaht. Das BFA hat vor allem darauf verwiesen, dass die Ehe der Eltern des Beschwerdeführers nicht nachgewiesen werden konnte und bereits in der rechtskräftigen Entscheidung betreffend die Mutter Ausführungen zum Privat- und Familienleben enthalten waren. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer erst nach der Entscheidung des BVwG vom 26.04.2017, GZ: W241 2145503-1/7E, mit welcher die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA gemäß §§ 4a, 10 Abs. 1 Z 1, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen wurde, geboren wurde.
3.6.2. Die Ausführungen des BFA im nunmehr angefochtenen Bescheid vermögen eine konkrete Auseinandersetzung der belangten Behörde mit den Auswirkungen der Ausweisung auf das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers nicht zu ersetzen.
Schließlich ist - wie beweiswürdigend ausgeführt - neuerlich darauf hinzuweisen, dass mit Schreiben vom 13.04.2018 die die bulgarischen Behörden darüber informiert wurden, dass der Beschwerdeführer als Sohn seiner Mutter als Familienmitglied gemäß Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO nach Bulgarien überstellt werden würde zusammen mit seiner Mutter. Die Information darüber, dass der Vater des Beschwerdeführers, der mit dem Beschwerdeführer und dessen Mutter in Österreich im gemeinsamen Haushalt lebt, in Österreich seit 20.06.2014 asylberechtigt ist, war im Schreiben gemäß Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO an Bulgarien nicht enthalten. Nach neuerlichem Ersuchen um Rückübernahme des Beschwerdeführers und seiner Mutter an die bulgarischen Behörden wurde die österreichischen Behörden mit Schreiben des bulgarischen Innenministeriums, datiert mit 01.02.2019, darüber informiert, dass die Überstellung der beiden nicht "im besten Interesse" des Kindes und der Familieneinheit sei, da der Kindesvater rechtmäßig in Österreich aufhältig sei.
3.6.3. Insgesamt erweist sich die von der belangten Behörde vorgenommene Interessensabwägung in Bezug auf die Zulässigkeit eines Eingriffs in das von Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Privat- und Familienleben unter Berücksichtigung des Kindeswohls als unzureichend.
3.7. Das Bundesamt wird daher im fortgesetzten Verfahren im Sinne des Art. 8 EMRK eine eingehende Prüfung des in Österreichs vorhandenen Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers vorzunehmen haben. Zum Familienleben des Beschwerdeführers wird insbesondere der in Österreich asylberechtigte Vater des Beschwerdeführers zeugenschaftlich einzuvernehmen sein. In der Folge wird unter Berücksichtigung des Kindeswohles des Beschwerdeführers Feststellungen und Ausführungen zu treffen sein, ob eine Überstellung nach Bulgarien einen gerechtfertigten Eingriff ins Familienleben darstellt.
3.8. Darüber hinaus wird sich die belangte Behörde mit dem Vorliegen besonderer familiärer Umstände, bei denen es sich im Sinne von Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO um exzeptionelle Fälle handeln muss, auseinanderzusetzen haben.
An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass der Erwägungsgrund 14 der Dublin III-Verordnung betont, dass die Achtung des Familienlebens eine vorrangige Erwägung der Mitgliedstaaten sein soll. Dementsprechend hält Erwägungsgrund 17 leg. cit. auch fest, dass die Mitgliedstaaten insbesondere aus humanitären Gründen oder in Härtefällen von den Zuständigkeitskriterien abweichen können sollen, um Familienangehörige, Verwandte oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung, zusammenzuführen und deren Anträge auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn sie für eine solche Prüfung nach den in der Dublin III-VO festgelegten verbindlichen Zuständigkeitskriterien nicht zuständig sind (VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0192ua). Das gilt grundsätzlich auch für das Familienleben unter Erwachsenen.
Im vorliegenden Beschwerdefall ist allerdings - insbesondere auch, weil der Vater des in Österreich geborenen Beschwerdeführers in Österreich asylberechtigt ist und dieser mit dem Beschwerdeführer und dessen Mutter im gemeinsamen Haushalt lebt seit der Geburt des Beschwerdeführers und Unterhaltsleistungen für den Beschwerdeführer und dessen Mutter leistet - eine Gesamtbetrachtung aller oben angeführten Umstände erforderlich, um die Frage einer allfälligen Verletzung von Art. 8 EMRK unter Beachtung des Kindeswohls im Falle der Überstellung des Beschwerdeführers und damit verbunden der Verpflichtung zu einem Selbsteintritt zutreffend zu beurteilen.
3.9. Nach Vorliegen der unter Bezugnahme auf die unter Punkt 3.7. und Punkt 3.8. entsprechend erhobenen Ermittlungsergebnisse wird von der belangten Behörde letztlich auch zu prüfen sein, ob eine Einzelfallprüfung im gegenständlichen Verfahren nicht einen Selbsteintritt Österreichs gebieten würde.
3.10. Im vorliegenden Fall kann zum Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichts aufgrund der mangelnden Sachverhaltserhebungen durch die erstinstanzliche Behörde nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, ob beim Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall ein nicht durch Art. 8 EMRK gerechtfertigter Eingriff in ihr Privat- und Familienleben im Falle seiner Überstellung nach Bulgarien vorliegt bzw. ob ihm aufgrund der ihm gegenüber ausgesprochenen Außerlandesbringung ein unzulässiger Eingriff in sein von Art. 8 EMRK geschütztes Privat- und Familienleben droht.
3.11. Wie dargelegt wurde im gegenständlichen Fall der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt, weshalb gemäß § 21 Abs. 3 2. Satz BFA-VG zwingend vorzugehend war.
3.12. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, Kassation, mangelndeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W240.2197250.1.00Zuletzt aktualisiert am
27.03.2019