Entscheidungsdatum
15.02.2019Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
W185 2176955-2/3E
W185 2176957-2/3E
W185 2176941-2/3E
W185 2176952-2/3E
W185 2188580-2/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter in den amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch die mündlich verkündeten Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle West, vom 12.02.2019, Zlen. 1) 1092668608-190141854, 2) 1092668706-190141875, 3) 1092669703, 4) 1092669605 und 5) 1181824010 jeweils erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend 1) XXXX, geb. XXXX, 2) XXXX, geb. XXXX, 3) XXXX, geb. XXXX, 4) XXXX, geb. XXXX und
5) XXXX, geb. XXXX, die Minderjährigen vertreten durch den Kindesvater XXXX, sämtliche StA. Afghanistans, beschlossen:
A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF und § 22 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, nicht rechtmäßig. Die zitierten Bescheide werden daher aufgehoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz
(B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) sind Staatsangehörige aus Afghanistan, gehören der Volksgruppe der Turkmenen an, sind sunnitische Muslime, reisten am 28.10.2015 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am selben Tag jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz.
Seinen Antrag begründete der Erstbeschwerdeführer in seiner Erstbefragung am 29.10.2015 sowie seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 06.10.2017 im Wesentlichen damit, dass er als Mitglied der turkmenischen Minderheit von den Taliban bedroht und verfolgt worden sei. Einige seiner Cousins seien bereits getötet worden, einem Onkel hätten die Taliban beide Beine abgeschnitten. Sein Vater sei von einem namentlich genannten Taliban aus dem Nachbardorf wegen Grundstückstreitigkeiten umgebracht worden. Nach dem Tod seines Vaters habe der genannte Taliban dessen Grundstücke in Besitz genommen; Präsident Karzai habe dem Erstbeschwerdeführer die Grundstücke danach wieder zurückgegeben. Er hätte Angst gehabt, dass ihm und seiner Frau ähnliches wie seinem Vater passieren könnte, da auch er Grundstücksstreitigkeiten gehabt habe. Bei diesen Streitigkeiten sei angeblich auch einer seiner Cousins ums Leben gekommen. Ihr Leben sei in Gefahr gewesen, weshalb die Beschwerdeführer dann auch geflüchtet seien. Im Dorf habe es keine Polizei gegeben, auch der Dorfälteste habe nichts für die Beschwerdeführer tun können. Ein Freund habe einen Schlepper organisiert. Bei einer Rückkehr in die Heimat befürchte er, von den Taliban getötet zu werden. Gesundheitliche Probleme wurden insofern releviert, als der Erstbeschwerdeführer Saroten gegen Schlafprobleme einnehme. Unter einem stellte der Erstbeschwerdeführer Asylanträge für die mj Dritt- und Viertbeschwerdeführer. Die Kinder seien gesund und hätten keine eigenen Fluchtgründe. Die Zweitbeschwerdeführerin gab an, früher Antidepressiva genommen zu haben; jetzt nehme sie keine mehr. Sie sei im 6. Monat schwanger. Ihre Eltern und zwei ihrer Brüder seien auch auf dem Weg nach Europa; da zwischenzeitiger der Kontakt abgebrochen sei, wisse sie nicht, wo sich die Genannten derzeit aufhalten würden. Auch die Zweitbeschwerdeführerin sei Mitglied der turkmenischen Minderheit in Afghanistan und sei von den Taliban terrorisiert worden. Sie hätten sich als Minderheitenmitglieder nicht frei bewegen können und hätten "viele Probleme" gehabt. Mitglieder ihrer Familie seien getötet oder schwer verletzt worden. Sie bestätigte das Fluchtvorbringen des Erstbeschwerdeführers, die Verletzung ihres Onkels und den Tod dessen Sohnes bei der Verteidigung der Zweitbeschwerdeführerin gegen den namentlich genannten Taliban aus dem Nachbardorf. Sie selbst sei nie konkret bedroht oder verfolgt worden. Im Falle einer Rückkehr in die Heimat befürchte sie, von den Taliban getötet zu werden.
Mit Bescheiden des Bundesamtes vom 24.10.2017 (hinsichtlich des Erst- bis Viertbeschwerdeführers) bzw vom 26.02.2018 (bezüglich der Fünftbeschwerdeführerin), wurden die Anträge auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 leg. cit. diese Anträge auch bezüglich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen (Spruchpunkt II.), ihnen ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen diese eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.), und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen festgelegt (Spruchpunkt IV.).
Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden nach Abhaltung einer mündlichen Verhandlung am 01.08.2018 mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.09.2018, Zl. W105 2176955-1/10E, W105 2176957-1/11E, W105 2176941-1/9E, W105 2176952-1/9E und W105 2188580-1/9E, in allen Spruchpunkten abgewiesen. Das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer wurde auf das Wesentliche beschränkt folgendermaßen wiedergegeben:
Der Erstbeschwerdeführer habe im Rahmen der Erstbefragung ausdrücklich angegeben, dass seinem Onkel beide Beine von Taliban abgeschnitten worden seien. Diese Darstellung finde sich jedoch weder in der Einvernahme des Erstbeschwerdeführers vor dem Bundesamt noch in jener der Zweitbeschwerdeführerin. Auch im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG hätten die BF derartiges nicht vorgebracht. Vielmehr würden sich spätere Angaben der BF hinsichtlich des Schicksals des nämlichen Onkels darauf beschränken, dass dieser vom namentlich genannten Taliban und dessen Gefolgsleuten dermaßen geschlagen worden sei, dass er aufgrund der dabei erlittenen Verletzungen ein Bein verloren habe. Es entstehe der Eindruck, dass es sich bei der berichteten Fluchtgeschichte lediglich um ein erfundenes Konstrukt, nicht jedoch um einen Erlebnisbericht handle, da völlig undenkbar sei, dass man vergessen würde, ob ein naher Verwandter im Zuge von Misshandlungen als Verletzungsfolge ein Bein verloren hätte oder aber diesem vorsätzlich beide Beine gleichsam amputiert worden wären. Im Zusammenhang mit dem angeführten Onkel würde sich ein weiterer Widerspruch finden, zumal der Erstbeschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung erklärt habe, dass die Taliban seinen Onkel "vielleicht auf die Berge" mitgenommen hätten, wo sie ihn so verprügelt hätten, dass dieser schließlich mit nur einem Bein zurückgekommen sei. Demgegenüber habe die Zweitbeschwerdeführerin angegeben, dass die Taliban so stark auf den Onkel eingeschlagen hätten, "bis dieser ins Spital gebracht" worden sei. Widersprüchlich seien auch die Schilderungen der BF hinsichtlich des Vorfalls, bei welchem der Cousin des Erstbeschwerdeführers erschossen worden sein solle. So habe der Erstbeschwerdeführer erstinstanzlich angegeben, telefonisch erfahren zu haben, dass sein Cousin bei dem betreffenden Vorfall von einer Kugel getroffen worden und daran gestorben sei. Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung habe der Erstbeschwerdeführer dann behauptet, den Schuss auf seinen Cousin persönlich gesehen zu haben. Dies habe auch die neben ihm stehende Gattin gesehen. Demgegenüber habe die Zweitbeschwerdeführerin erklärt, im selben Raum mit dem Cousin gewesen zu sein, als dieser erschossen worden sei. Die BF hätten sich hinsichtlich der ins Treffen geführten Bedrohungsszenarien schließlich auch in chronologischer Hinsicht in grobe Widersprüche verwickelt. So habe der Erstbeschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG erklärt, dass zwischen dem Vorfall, bei welchem sein Onkel ein Bein verloren habe und der Ermordung seines Cousins 4 bis 5 Monate vergangen gewesen wären, wohingegen die Zweitbeschwerdeführerin den Zeitraum zwischen den beiden Vorfällen mit "glaublich 3 Jahren und 10 Monaten" angegeben habe. Eine derart gravierende Differenz lasse sich letztlich nur damit erklären, dass das gesamte Vorbringen nicht den Tatsachen entsprechen würde. Widersprüchlich sei schließlich auch, dass die Zweitbeschwerdeführerin erstinstanzlich angegeben habe, dass die genannten Vorfälle nicht bei der Polizei angezeigt worden seien, der Erstbeschwerdeführer demgegenüber jedoch mehrmals erklärt habe, zweimal bei der Polizei betreffend einer Anzeigenerstattung gewesen zu sein. Der Erstbeschwerdeführer habe sich einmal vor und einmal nach der Ermordung seines Cousins an die Polizei gewandt.
Begründend wurde von der Widersprüchlichkeit und letztlich der daraus resultierenden Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens der BF ausgegangen. Die Erkenntnisse wurden den BF am 25.09.2018 zugestellt.
Die Erkenntnisse erwuchsen in Rechtskraft; sie wurden nicht angefochten. Die BF haben in der Folge Österreich verlassen und am 04.10.2018 und 10.10.2018 in Deutschland um Asyl angesucht.
Am 22.01.2019 stellten die BF nach einer Rückübernahme aus Deutschland neuerlich Anträge auf internationalen Schutz in Österreich (Folgeanträge).
Diese begründeten der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin in einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 22.01.2019 im Wesentlichen damit, dass ihre alten Fluchtgründe immer noch aufrecht seien; neue Fluchtgründe hätten die BF nicht. Sie seien nach Deutschland gegangen und hätten dort um Asyl angesucht, da sie in Österreich zwei negative Entscheidungen erhalten hätten. In der Einvernahme vor dem Bundesamt am 30.01.2019 gab der Erstbeschwerdeführer im Wesentlichen an, dass die mj BF keine eigenen Fluchtgründe hätten. Der Erstbeschwerdeführer leide nicht an Krankheiten; er sei gesund. Auch den mj BF gehe es momentan gut, alle seien gesund. Der mj Drittbeschwerdeführer sei vor einem Jahr im Genitalbereich operiert worden; jetzt gehe es diesem aber wieder gut. Der Erstbeschwerdeführer habe nicht die finanziellen Mittel gehabt, um die negative Entscheidung des BVwG zu bekämpfen. Neue Fluchtgründe würden nicht vorliegen. Die Zweitbeschwerdeführerin erklärte, dass es ihr aufgrund der negativen Entscheidungen in Österreich und der Reise nach Deutschland psychisch "nicht gut" gehe; sie werde sich jedoch bemühen, die Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Wegen der psychischen Probleme sei sie nicht in ärztlicher Behandlung. Nach der negativen Entscheidung in Österreich seien die BF nach Deutschland weitergereist, da eine Rückkehr nach Afghanistan für die BF "unmöglich" sei. An den Ausreisegründen der BF habe sich nichts geändert. Außer den bereits angegebenen Gründen hätten die BF keine anderen Gründe.
Im Zuge der Befragung wurde dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin persönlich eine Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG 2005 mit der Mitteilung, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache iSd § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a AsylG 2005 aufzuheben, ausgefolgt. Der Erstbeschwerdeführer erklärte hiezu, dass dies "seltsam" sei und er diese Verfahrensanordnung nicht unterschreiben werde.
In einer "Stellungnahme zur Ersteinvernahme" vor dem Bundesamt am 12.02.2019 wurde dem Erstbeschwerdeführer, in Beisein eines Rechtsberaters und nach durchgeführter Rechtsberatung, mitgeteilt, dass weiterhin beabsichtigt sei, seinen Asylantrag wegen rk entschiedener Sache zurückzuweisen. Der Erstbeschwerdeführer erklärte hiezu, dass die BF in Afghanistan "Probleme" gehabt hätten; wenn die BF nach Afghanistan zurückgeschickt würden, würde dies bedeuten, dass 5 unschuldige Leute getötet würden. Er fühle sich im Stich gelassen; sie seien nicht fair behandelt worden. Die BF hätten in Afghanistan Probleme, ihr Leben sei dort in Gefahr. Die Zweitbeschwerdeführerin erklärte, dass die BF keine neuen Gründe hätten. Die BF könnten auf keinen Fall nach Afghanistan zurückkehren, da sie dort in Lebensgefahr wären. Die Kinder würden hier zur Schule gehen, die Söhne zu Hause deutsch sprechen, die Tochter sei hier in Österreich zur Welt gekommen. Es gehe ihr psychisch nicht gut; sie könne nicht schlafen und weine untertags ständig. Sie nehme Antidepressiva ein und habe wegen der Schlafstörungen und der Depressionen einen Termin bei einem Psychiater.
Mit den im Spruch genannten, im Anschluss an die Einvernahmen am 12.02.2019 mündlich verkündeten Bescheiden des Bundesamtes, wurde jeweils der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG 2005 gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben.
Festgestellt wurde darin, dass die Identität der BF nicht feststehe. Die BF würden nicht an schweren, lebensbedrohenden Krankheiten leiden. Die BF würden über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung verfügen. Im Verfahren zum ersten Antrag hätten die BF ausgeführt, dass sie Afghanistan aufgrund von Grundstücksstreitigkeiten und einer Bedrohung durch die Taliban verlassen hätten. Es sei festgestellt worden, dass das Vorbringen der BF nicht glaubhaft gewesen sei. Im gegenständlichen Verfahren hätten sich die BF auf die ursprünglichen, nicht glaubhaften Gründe, bezogen; weitere Gründe seien nicht vorgebracht worden. Im Zuge der gegenständlichen Folgeanträge habe sich daher kein neuer objektiver Sachverhalt ergeben. Die vorliegenden Anträge auf internationalen Schutz würden daher voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein. Zur Gefährdungssituation bei einer Abschiebung wurde ausgeführt, dass unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden könne, dass die Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung der BF nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für diese als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Zum Privat- und Familienleben der BF wurde festgestellt, dass diese in Österreich keine Angehörigen oder sonstigen Verwandten, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis oder eine besonders enge Beziehung bestünde, hätten. Im Oktober 2018 hätten die BF Österreich verlassen und seien nach Deutschland gegangen. Seit der Rückkehr am 22.01.2019 würden sich die BF erst wenige Wochen in Österreich aufhalten. Die die BF betreffende allgemeine maßgebliche Lage im Herkunftsstaat habe sich seit Rechtskraft der ersten Entscheidung (25.09.2018) nicht entscheidungswesentlich geändert. In weiterer Folge wurden Feststellungen zur Situation im Herkunftsland der BF getroffen.
In der Beweiswürdigung wurde angeführt, dass die BF gesund wären. Lediglich der mj Drittbeschwerdeführer hätte sich vor einem Jahr einer Operation unterziehen müssen; jetzt gehe es diesem jedoch wieder gut. Die Zweitbeschwerdeführerin habe angegeben, an psychischen Problemen zu leiden; sie sei diesbezüglich jedoch nicht in ärztlicher Behandlung. Hinsichtlich der Gründe für die voraussichtliche Entscheidung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die BF im gegenständlichen Verfahren angegeben hätten, dass es seit dem ersten Verfahren zu keinen Änderungen gekommen sei. Hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin wurde ausgeführt, dass im ersten Verfahren festgestellt worden sei, dass diese kein westliches Verhalten oder einen westlichen Lebensstil angenommen hätte, deren Aufgabe für die Zweitbeschwerdeführerin unmöglich wäre oder dieser einen unzumutbaren Leidensdruck auferlegen würde. Im Verfahren seien auch keine Hinweise auf eine nunmehr vorliegende westliche Orientierung hervorgekommen. Für die Behörde stehe daher fest, dass die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein werden. Aufgrund der Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Verbindung mit dem Vorbringen der BF drohe diesen keine Verletzung wie in § 12a Abs 2 Z 3 AsylG beschrieben. Das Erstverfahren sei seit 25.09.2018 rechtskräftig. Die gegen die BF ausgesprochene Rückkehrentscheidung sei aufrecht, zumal diese das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten seither nicht verlassen hätten. Die BF würden über kein sonstiges Aufenthaltsrecht verfügen. Die nunmehrigen Anträge seien voraussichtlich zurückzuweisen, da die BF keinen neuen Sachverhalt vorgebracht hätten und sich auf ihre schon behandelten Fluchtgründe beziehen würden. Die Ausstellung eines EU-Laissez Passer sei jederzeit möglich. Auch habe sich die allgemeine Lage in deren Herkunftsland nicht entscheidungswesentlich geändert. Bereits im Vorverfahren sei festgestellt worden, dass den BF bei einer Abschiebung oder Rückkehr in ihr Herkunftsland keine Verletzung ihrer Integrität drohe. Da sich die allgemeine Lage wie auch die persönlichen Verhältnisse und der körperliche Zustand der BF seit der letzten Entscheidung des Bundesamtes nicht entscheidungswesentlich geändert hätten, sei davon auszugehen, dass eine Abschiebung in den Herkunftsstaat zu keiner Bedrohung der angeführten Menschenrechte führen werde. Die Feststellung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung, welche in Rechtskraft erwachsen sei, sei somit nach wie vor nicht anzuzweifeln. Nach negativer Entscheidung des ersten Verfahrens seien die BF freiwillig nach Deutschland gegangen und würden sich erst wenige Wochen wieder in Österreich aufhalten. Es lägen somit alle Voraussetzungen für eine Aufhebung des Abschiebeschutzes vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die BF sind Staatsangehörige aus Afghanistan. Deren Identität steht nicht fest.
Die Erst- bis Viertbeschwerdeführer stellten am 28.10.2015 erste Anträge auf internationalen Schutz in Österreich. Für die in Österreich zur Welt gekommene Fünftbeschwerdeführerin wurde von deren gesetzlichen Vertreterin am 14.02.2018 ein Asylantrag gestellt.
Die Anträge der Erst- bis Viertbeschwerdeführer wurden mit Bescheiden des Bundesamtes vom 24.10.2017, der Antrag der Fünftbeschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 26.02.2018, abgewiesen, den BF wurde weiters subsidiärer Schutz und Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht gewährt, jeweils eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Abschiebung nach Afghanistan für zulässig erklärt sowie eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise festgelegt.
Mit Erkenntnissen des BVwG vom 19.09.2018 wurden die Beschwerden der BF gegen die genannten Bescheide als unbegründet abgewiesen.
Die BF in weiterer Folge aus dem Bundesgebiet in die Bundesrepublik Deutschland aus und stellten dort am 04.10.2018 und am 10.10.2018 Anträge auf internationalen Schutz.
Nach einer Rückübernahme aus Deutschland stellten die BF am 22.01.2019 neuerlich Anträge auf internationalen Schutz in Österreich (Folgeanträge).
Mit den im Spruch angeführten Mandatsbescheiden des Bundesamtes vom 12.02.2019 wurde der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a AsylG 2005 aufgehoben.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen hiezu sowie die Feststellungen zur Person der BF ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu Spruchteil A):
§ 12 Abs. 1 AsylG 2005 idgF lautet:
Faktischer Abschiebeschutz
"Ein Fremder, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, kann, außer in den Fällen des § 12a, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder nach einer Einstellung bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 24 Abs. 2 nicht mehr zulässig ist, weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden (faktischer Abschiebeschutz); § 32 bleibt unberührt. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet ist zulässig. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt. § 16 Abs. 4 BFA-VG gilt".
§12a Abs. 2 AsylG 2005 idgF lautet:
Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen
"Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn
1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,
2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und
3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde".
§ 22 Abs. 10 Asylg 2005 idgF:
"Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden".
§ 22 BFA-VG idgF lautet:
Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes
(1) "Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden".
Als Folgeantrag gilt laut Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 idgF jeder einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag.
Gegen die BF besteht nach den - mit 25.09.2018 rechtskräftigen - Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.09.2018 jeweils eine Rückkehrentscheidung, die noch aufrecht ist.
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321). "Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235; 17.09.2008, 2008/23/0684; 11.11.2008, 2008/23/1251; 19.02.2009, 2008/01/0344; 06.11.2009, 2008/19/0783). Werden nur Nebenumstände modifiziert, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, so ändert dies nichts an der Identität der Sache. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. zB VwGH 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2007, 2004/20/0100; 17.09.2008, 2008/23/0684; 19.02.2009, 2008/01/0344; 06.11.2009, 2008/19/0783). Liegt keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vor und hat sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt nicht geändert, so steht die Rechtskraft des Vorbescheides einer inhaltlichen Erledigung des neuerlichen Antrages entgegen. Stützt sich ein Asylantrag auf einen Sachverhalt, der verwirklicht worden ist, bevor das Verfahren über einen (früheren) Antrag beendet worden ist, so steht diesem (späteren) Antrag die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Gegenüber neu entstandenen Tatsachen (novae causae supervenientes; vgl. VwGH 20.2.1992, 91/09/0196) fehlt es an der Identität der Sache; neu hervorgekommene Tatsachen (oder Beweismittel) rechtfertigen dagegen allenfalls eine Wiederaufnahme iSd § 69 Abs. 1 Z 2 AVG (wegen nova reperta; zur Abgrenzung vgl. zB VwGH 04.05.2000, 99/20/0192; 21.09.2000, 98/20/0564; 24.08.2004, 2003/01/0431; 04.11.2004, 2002/20/0391), bedeuten jedoch keine Änderung des Sachverhaltes iSd § 68 Abs. 1 AVG. Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes ausgeschlossen, sondern auch dann, wenn dasselbe Begehren auf Tatsachen und Beweismittel gestützt wird, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183 mwN; 24.08.2004, 2003/01/0431; 17.09.2008, 2008/23/0684).
Es erfordert eine Prognose, um bestimmen zu können, dass der Asylantrag voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird (vgl. die Erläut. zur RV des FrÄG 2009, 330 BlgNR 24. GP, 13: "Die Z 2 stellt eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Antrags dar."). Es kann daher der Fall eintreten, dass die Prognose, der Antrag werde zurückzuweisen sein, nicht zutrifft und sich im Laufe des Verfahrens herausstellt, dass eine inhaltliche Entscheidung über den Antrag zu treffen sein wird (vgl. nochmals die Erläut. zur RV des FrÄG 2009, 330 BlgNR 24. GP, 13: "In keinem Fall wird mit der Aufhebung des Abschiebeschutzes die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz selbst vorweggenommen, auch wenn in der Praxis wohl regelmäßig eine zurückweisende Entscheidung gemäß § 68 AVG folgen wird. Vielmehr handelt es sich um eine der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz vorgelagerte Prüfung im Rahmen des Zulassungsverfahrens."). Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes kann in diesen Fällen dazu führen, dass der Asylwerber trotzdem - vor der inhaltlichen Entscheidung über den Antrag - außer Landes gebracht wird und dass dies u.U. mit Folgen verbunden ist, vor denen das Asylrecht gerade schützen will. An eine solche Prognose sind daher strengere Maßstäbe anzulegen als in vergleichbaren Fällen (etwa der Beschleunigung eines Verfahrens gemäß § 27 Abs. 4 AsylG 2005 auf Grund der irrigen Prognose, der Asylantrag werde abzuweisen sein). Umgekehrt steht der Verzicht auf die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes der Zurückweisung des Asylantrages gemäß § 68 Abs. 1 AVG selbstverständlich nicht entgegen. In diesem Zusammenhang hat es auch Bedeutung, dass das Bundesasylamt auch dann, wenn die Voraussetzungen vorliegen, den faktischen Abschiebeschutz nicht aufheben muss, sondern dass ihm das Gesetz Ermessen einräumt (verbo "kann" in § § 12a Abs. 2 AsylG 2005); die Ermessensübung ist im Bescheid zu begründen. In Frage werden bei der notwendigen Abwägung z.B. Umstände kommen wie jener, wie lange Zeit seit der Rechtskraft des Vorbescheides verstrichen ist, wenn der neue Antrag gestellt wird, oder wie häufig der Asylwerber Asylanträge stellt (vgl. dazu AsylGH 03.03.2010, Zl. C5 265.439-2/2010/2E).
Gegenständlich stellt sich die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes durch die Behörde bereits aus folgenden Gründen als nicht rechtmäßig dar:
In den, den faktischen Abschiebeschutz aufhebenden Bescheiden setzt sich die Behörde in keinster Weise mit der Situation minderjähriger Rückkehrer in der Provinz Herat auseinander. Die Behörde ging in den Bescheiden auf die Minderjährigkeit der Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer nicht ein; sie unterließ vielmehr jegliche Auseinandersetzung mit den kinderspezifischen Länderberichten und der Frage, ob den derzeit zehn-, fünf- bzw einjährigen Beschwerdeführern im Falle einer Rückkehr eine Verletzung ihrer gemäß Art 2 und 3 EMRK gewährleisteten Rechte droht. Die Entscheidungen des Bundesamtes sind daher in Bezug auf die mj Drittbis Fünftbeschwerdeführer begründungslos ergangen (vgl VfGH 27.2.2018, E 3507/2017-15; 21.9.2017, E 2130/2017 u.a.). Die angeführten Mängel schlagen gemäß § 34 Abs 4 AsylG 2005 auch auf die Entscheidungen betreffend den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin durch.
Nicht berücksichtigt wurde auch der Umstand der derzeit herrschenden Dürrekatastrophe in der Provinz Herat und mögliche Auswirkungen auf die Versorgungssituation der Beschwerdeführer im Falle ihrer Rückkehr. Hiezu werden Feststellungen zu treffen sein.
Da auch im verkürzten Verfahren nach § 12a AsylG 2005 der amtswegige Ermittlungsgrundsatz (in Zusammenschau mit den Mitwirkungspflichten des Asylwerbers gemäß § 15 AsylG 2005) naturgemäß aufrecht bleibt, bedarf es sohin der weiter oben dargelegten Auseinandersetzung im Rahmen einer nachvollziehbaren Beweiswürdigung.
Nach dem Gesagten kann das Bundesverwaltungsgericht im derzeitigen Verfahrensstadium - innerhalb des zur Verfügung stehenden und in mehrfacher Hinsicht eingeschränkten Beurteilungsspielraums - nicht abschließend beurteilen, ob die Verfahren nicht zuzulassen gewesen wären, die vorliegenden Anträge wegen entschiedener Sache jedenfalls zurückzuweisen sein werden bzw. die Abschiebung der BF keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde. Unabhängig davon ist aber auch nicht davon auszugehen, dass die Nachholung bzw. Ergänzung von Ermittlungen sowie die Vornahme einer abweichenden Beweiswürdigung von der Überprüfungskompetenz des Bundesverwaltungsgerichts nach § 22 Abs. 1 BFA-VG umfasst sind. Dagegen spricht allein schon der Umstand, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung gemäß § 22 Abs. 1 2. Satz BFA-VG untersagt ist, wobei auch die kurze Entscheidungsfrist der Nachholung entsprechender Ermittlungen in realiter entgegenstehen wird.
Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist somit - angesichts der nicht aussagekräftigen Beweiswürdigung des Bundesamtes - nicht rechtmäßig und waren die Bescheide vom 12.02.2019 sohin aufzuheben.
Der Vollständigkeit halber ist abschließend noch anzumerken, dass der Entscheidung des Bundesamtes auch keine erkennbare - mit der Anwendung einer Kann-Bestimmung notwendig verknüpfte - Interessenabwägung zwischen den öffentlichen Interessen an einer (besonders) raschen Abschiebung der Beschwerdeführer gegenüber deren privaten Interessen an einem Verbleib erkennen lässt, sondern auf das bloße Vorliegen der Voraussetzungen nach § 12a Abs. 2 AsylG abstellt (vgl. VfGH 29.11.2016, Zl. E 2151/2015-18).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Da die in der vorliegenden Entscheidung die maßgeblichen Rechtsfragen klar waren und keiner Auslegung bedurften, ging das Bundesverwaltungsgericht nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 133 Abs. 4 V-BVG aus.
Die Revision ist sohin gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Schlagworte
aktuelle Länderfeststellungen, Begründungsmangel, faktischerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W185.2188580.2.00Zuletzt aktualisiert am
27.03.2019