Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des ATK, (geboren am 23. März 1969), in Graz, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 31. Jänner 1995, Zl. Fr 102/4-94, betreffend Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Februar 1994 war der Asylantrag des Beschwerdeführers, eines Staatsbürgers von Sri Lanka, abgewiesen worden.
Bei einer niederschriftlichen, seine "Fremdenpolizeiliche-Behandlung" betreffenden Einvernahme durch die Bundespolizeidirektion Graz am 5. Mai 1994 gab der Beschwerdeführer an, gegen diesen Bescheid Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht zu haben. Ein Antrag wurde vom Beschwerdeführer anlässlich dieser Einvernahme nicht gestellt, eine allfällige Bedrohung oder Verfolgung in seinem Heimatstaat nicht erwähnt.
Mit Bescheid vom 20. Mai 1994 stellte die Bundespolizeidirektion Graz gemäß § 54 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, fest, dass keinerlei stichhaltige Gründe für die Annahme bestünden, dass der Beschwerdeführer in Sri Lanka Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu sein bzw. dass dort sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht sei. Dieser Bescheid wurde damit begründet, dass die im Asylverfahren vom Beschwerdeführer gemachten Angaben unglaubwürdig seien.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 8. Juni 1994 Berufung, in welcher er sachverhaltsbezogene Angaben hinsichtlich der Stichhaltigkeit der von ihm behaupteten Gefahr in Sri Lanka machte und den Antrag stellte, "in Stattgebung der Berufung dem Rechtsmittel des Ast Folge zu geben, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und festzustellen, dass eine Abschiebung bzw. Zurückschiebung des Ast in sein Heimatland unzulässig ist, allenfalls den angefochtenen Bescheid auf(zu)heben und zur neuerlichen Verfahrensergänzung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen".
Daraufhin erließ die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (die belangte Behörde) den mit der vorliegenden Beschwerde angefochtenen Bescheid vom 31. Jänner 1995, mit dem sie der Berufung "keine Folge" gab und aussprach, dass der Bescheid der Behörde erster Instanz "mangels Vorliegen eines Antrages gemäß § 54
(1) FrG ersatzlos aufgehoben" werde.
Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass für die Erlassung eines Feststellungsbescheides nach § 54 FrG eine konkrete Antragstellung unabdingbar sei. Der Beschwerdeführer habe jedoch keinen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit seiner Abschiebung nach Sri Lanka gestellt. Die Behörde erster Instanz habe es unterlassen, den Beschwerdeführer niederschriftlich auf die Möglichkeit einer Antragstellung nach § 54 FrG hinzuführen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zunächst beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte und von diesem mit Beschluss vom 13. Juni 1995 dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde, mit welcher der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft und dessen Aufhebung beantragt wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 54 Abs. 1 FrG hat die Behörde auf Antrag eines Fremden mit Bescheid festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht ist.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind für die Beurteilung eines Anbringens (§ 13 AVG) dessen wesentlicher Inhalt, der sich aus dem gestellten Antrag erkennen lässt, und die Art des in diesem gestellten Begehrens maßgebend. Es kommt nicht auf Bezeichnungen und zufällige Verbalformen an, sondern auf den Inhalt des Anbringens, das erkennbare oder zu erschließende Ziel eines Parteischrittes. Ist erkennbar, dass ein Antrag entgegen seinem Wortlaut auf etwas anderes abzielt, so kommt es auf die erkennbare Absicht des Einschreiters an (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1999, Zl. 95/21/1079, mwN). Hat ein Antrag einen unklaren oder einen nicht genügend bestimmten Inhalt, so hat die Behörde den Gegenstand des Anbringens von Amts wegen - etwa durch Vernehmen der Beteiligten - zu ermitteln (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. September 1996, Zl. 96/20/0530). Antragsbedürftige Verwaltungsakte dürfen jedoch von der Behörde nicht von Amts wegen gesetzt werden; geschieht dies dennoch, so ist der Verwaltungsakt rechtswidrig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. November 1977, Slg. Nr. 9425/A).
Im vorliegenden Fall lag der Behörde erster Instanz bei Erlassung ihres Bescheides keine als Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Sri Lanka deutbare Erklärung des Beschwerdeführers vor. Der angefochtene, den erstinstanzlichen Bescheid mit dieser Begründung aufhebende Bescheid ist daher nicht rechtswidrig.
Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 30. April 1999
Schlagworte
Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1995210931.X00Im RIS seit
11.07.2001