TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/18 W237 1415578-6

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.02.2019
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Entscheidungsdatum

18.02.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9

Spruch

W237 1415578-6/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Martin WERNER über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. Russische Föderation, vertreten durch die XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 05.04.2017, Zl. 525185804-161705274, zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids wird gemäß

§ 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 58/2018, als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 57 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA- Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 56/2018, und § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018, sowie § 52 Abs. 9 iVm § 46 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation, reiste erstmalig am 06.07.2010 illegal in das österreichische Bundesgebiet, wo sie ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz einbrachte.

1.1. Sie begründete diesen Antrag im Wesentlichen damit, ihr Heimatland wegen ihres Sohnes verlassen zu haben, der im Jahr 2003 Widerstandskämpfern geholfen habe und deshalb im Jahr 2007 auf dem Weg zur Arbeit mitgenommen und geschlagen worden sei. Man habe ihn nach zwei Tagen schließlich wieder freigelassen, allerdings sei er im selben Jahr neuerlich für zehn Tage mitgenommen worden; die Beschwerdeführerin habe ihren Sohn damals freikaufen müssen. Ihr Sohn sei daraufhin geflohen, die Beschwerdeführerin jedoch anschließend von vier maskierten und bewaffneten Soldaten belästigt worden, die nach ihrem Sohn gefragt hätten. Die Beschwerdeführerin habe befürchtet, dass diese Nachfragen nicht aufhören würden, weshalb sie schließlich geflohen sei. Ihre Tochter sei nach wie vor im Herkunftsland; auch ihr hätten diese Leute aber gedroht, sie mitzunehmen, wenn der Sohn oder die Beschwerdeführerin nicht zurückkämen. Konkrete Übergriffe habe es allerdings nicht gegeben.

1.2. Mit Bescheid vom 07.09.2010 wies das Bundesasylamt den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation ab; unter einem wurde sie aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.

Begründend führte das Bundesasylamt aus, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin derart vage und oberflächlich gewesen sei und sie nicht einmal auf mehrfache Nachfrage ein detailliertes und umfassendes Bild ihrer Fluchtgründe zeichnen habe können, dass ihren Angaben keine Glaubhaftigkeit beigemessen werden könne. Zudem habe auch der Sohn der Beschwerdeführerin sein Vorbringen, auf welchem die Beschwerdeführerin ihre Fluchtgeschichte aufgebaut habe, nicht glaubhaft machen können und sei sein Antrag auf internationalen Schutz vom Bundesasylamt ebenso als unbegründet abgewiesen worden. Abgesehen davon habe sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin auch keine konkrete individuelle Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat ergeben.

Hinsichtlich der Erkrankungen der Beschwerdeführerin sei auszuführen, dass diese nicht so schwerwiegend seien, dass sie die Zuerkennung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würden. Die Beschwerdeführerin habe in Rostow eine umfassende medizinische Behandlung erhalten und gelte als geheilt. Sie bedürfe lediglich regelmäßiger Kontrolluntersuchungen. Sie habe in Tschetschenien einer Arbeit nachgehen können und problemlos ihren Unterhalt erwirtschaftet. Es sei somit nicht davon auszugehen - insbesondere auch in Anbetracht der dem Bescheid zugrunde gelegten Länderfeststellungen zur medizinischen Versorgung in der Russischen Föderation -, dass die Beschwerdeführerin im Falle der Rückkehr in eine ausweglose Lage geraten würde.

1.3. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin durch persönliche Übernahme am 14.09.2010 zugestellt. Die Rechtsmittelfrist ließ die Beschwerdeführerin ungenützt verstreichen, weswegen der Bescheid am 28.09.2010 in Rechtskraft erwuchs. Die von der Beschwerdeführerin am 29.09.2010 eingebrachte Beschwerde wurde mit Beschluss des Asylgerichtshofes vom 28.10.2010 sodann als verspätet zurückgewiesen. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in die offene Rechtsmittelfrist wurde vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 29.11.2010 abgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde vom 29.11.2010 wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 14.03.2011 als unbegründet ab.

2. Die Beschwerdeführerin verblieb im Bundesgebiet und stellte am 10.05.2011 ihren zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

2.1. Diesbezüglich gab sie an, dass ihre Fluchtgründe nach wie vor aufrecht seien, sie somit wegen der Probleme ihres Sohnes nicht zurückkehren könne. Seit ungefähr einem Monat habe sie keinen Kontakt mehr zu ihrer Tochter, sie habe viel Negatives gehört; die Beschwerdeführerin vermute, dass ihre Tochter belästigt worden sei und Probleme bekommen habe, weil sich ihre Mutter und ihr Bruder nicht mehr in Tschetschenien aufhielten. Der psychische Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin habe sich stark verschlechtert. Der Sohn der Beschwerdeführerin lebe mit seiner Familie in Österreich und befinde sich in einem laufenden Asylverfahren, er würde sie pflegen und ihre Medikamenteneinnahme überwachen. Die Beschwerdeführerin wohne zwar mit ihrem Sohn in keinem gemeinsamen Haushalt, sie wolle dies jedoch wieder ändern.

Hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Probleme legte die Beschwerdeführerin verschiedene Befunde vor, aus welchen sich ergibt, dass sie an einer posttrauamtischen Belastungsstörung, sowie an einer generalisierten Angststörung leide und deshalb im XXXX in psychiatrischer Betreuung stehe; sie leide zudem an Hypertonie und an einer Polyneuropathie nach Chemotherapie.

Der eingeholten gutachterlichen Stellungnahme vom 24.05.2011 war zu entnehmen, dass bei der Beschwerdeführerin keine belastungsabgängige krankheitswertige psychische Störung vorliege, eine traumatypische Symptomatik habe nicht festgestellt werden können, es liege am ehesten eine generalisierte Angststörung vor, akute Suizidalität liege zum Untersuchungszeitpunkt nicht vor, eine Reisefähigkeit sei grundsätzlich gegeben.

2.2. Mit Bescheid vom 27.07.2011 wies das Bundesasylamt den zweiten Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.) und die Beschwerdeführerin unter einem aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation aus (Spruchpunkt II.). Begründend führte das Bundesasylamt aus, dass sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin kein neuer entscheidungswesentlicher Sachverhalt im Vergleich zu ihrem Erstverfahren ergebe. Die Beschwerdeführerin habe lediglich das Fortbestehen eines Sachverhalts behauptet, der bereits rechtskräftig als unglaubwürdig und nicht asylrelevant bewertet worden sei. Da weder in der maßgeblichen Sachlage, noch im Begehren und auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrags nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen lasse, stehe die Rechtskraft des Erstverfahrens dem neuerlichen Antrag entgegen.

Hinsichtlich der vorgetragenen gesundheitlichen Probleme und der vorgelegten Befunde sei auszuführen, dass im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung festgestellt worden sei, dass die Beschwerdeführerin an keiner belastungsabhängigen psychischen Störung leide, sondern lediglich eine generalisierte Angststörung bestehe. Eine solche sei in Anbetracht der Länderfeststellungen in der Russischen Föderation behandelbar bzw. seien dort auch entsprechende Medikamente erhältlich. Die Beschwerdeführerin lebe mit ihrem Sohn und dessen Familie in Österreich nicht in einem gemeinsamen Haushalt und es sei nicht ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin in einem qualifizierten Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem Sohn stehe bzw. auf diesen zwingend angewiesen sei. Über sonstige familiäre oder private Anknüpfungspunkte verfüge die Beschwerdeführerin in Österreich nicht, weshalb ihre Ausweisung keinen Eingriff in Art. 8 EMRK darstelle.

2.3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde, welche mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 31.08.2011 als unbegründet abgewiesen wurde. Zur psychischen Erkrankung der Beschwerdeführerin wurde insbesondere auf die gutachterliche Stellungnahme verwiesen, laut der eine posttraumatische Belastungsstörung eindeutig ausgeschlossen worden sei. Es sei der Eindruck entstanden, die Beschwerdeführerin habe ihr Vorbringen hinsichtlich ihres Gesundheitsstatus ohne das Vorliegen ausreichender Grundlagen massiv gesteigert, um den Status einer subsidiär Schutzberechtigten zu erlangen. Der psychische Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin habe sich somit auch im Hinblick auf das Erstverfahren nicht verschlechtert, wodurch kein entscheidungsrelevanter geänderter Sachverhalt vorliege.

3. Am 01.10.2012 stellte die Beschwerdeführerin ihren dritten Antrag auf internationalen Schutz.

3.1. Sie brachte in diesem Zusammenhang erneut vor, unter gesundheitlichen und vor allem psychischen Problemen zu leiden. Sie habe unheilbaren Krebs, in Russland erhalte sie keine Chemotherapie und die medizinische Versorgung sei generell schlechter als in Österreich. Zudem sei noch immer aktuell, dass sie wegen der Probleme ihren Sohn betreffend nicht nach Russland zurückkönne. Es belaste sie sehr, dass sich ihre Tochter nach wie vor dort befinde und sich versteckt halten müsse. Die Beschwerdeführerin legte verschiedene Schreiben und Befunde vor, laut der sie an einer posttraumatischen Belastungsstörung, rezidivierender depressiver Störung mit gegenwärtig schwerer Episode ohne psychotische Symptome, Panikstörung, ZnN. Mammae (Mastektomie re, 2009), Arzneimittel induzierte Polyneuropathie nach Chemotherapie und arterieller Hypertonie mit hyperintensiven Krisen leide. Zudem führte sie an, dass sich ihr psychischer Status verschlechtert habe, sie in hohem Maße suizidgefährdet sei und im September 2011 einen Suizidversuch unternommen habe.

Die Beschwerdeführerin wurde am 14.11.2012 einer neuerlichen gutachterlichen Untersuchung unterzogen, bei der die Ärztin zu dem Ergebnis kam, dass bei der Beschwerdeführerin keine krankheitswertige psychische Störung vorliege und "die 2011 diagnostizierte Störung [...] in Vollremission" sei.

3.2. Mit Bescheid vom 14.3.2013 wies das Bundesasylamt den dritten Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurück und die Beschwerdeführerin gemäß aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation aus.

Begründend führte das Bundesasylamt darin aus, dass sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin kein neuer entscheidungswesentlicher Sachverhalt im Vergleich zu ihrem Erstverfahren ergeben habe. Die Beschwerdeführerin habe lediglich das Fortbestehen eines Sachverhaltes behauptet, der bereits rechtskräftig als unglaubwürdig und nicht asylrelevant bewertet worden sei. Da weder in der maßgeblichen Sachlage, noch im Begehren und auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrags nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen lasse, stehe die Rechtskraft des Erstverfahrens dem neuerlichen Antrag entgegen. Hinsichtlich des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin sei auszuführen, dass auch zur vorgetragenen rezidivierenden-depressiven Störung, der posttraumatischen Belastungsstörung und der Panikstörung bereits entschiedene Sache vorliege und derartige Erkrankungen in der Russischen Föderation behandelt werden könnten. Die Beschwerdeführerin sei der verpflichtenden freiwilligen Ausreise nicht nachgekommen und habe einen Aufenthalt geradezu erzwingen wollen. Auch hinsichtlich der onkologischen Probleme habe die Beschwerdeführerin keinerlei Befunde vorgelegt, aus denen ein akuter Behandlungsbedarf zu ersehen gewesen wäre.

3.3. Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 17.04.2013 und der bekämpfte Bescheid behoben:

Die Behörde habe es verabsäumt, den entscheidungsrelevanten Sachverhalt ausreichend zu ermitteln. So gebe es im vorliegenden Fall zwei einander widersprechende Gutachten zum psychischen Zustand der Beschwerdeführerin, weshalb es unumgänglich gewesen wäre, eine weitere fachärztliche Überprüfung durchzuführen, um die Unstimmigkeiten auszuräumen. Der psychische Zustand der Beschwerdeführerin sei derart unklar, dass die Feststellung der Behandelbarkeit von psychischen Erkrankungen nicht ausreiche, um die Gewährung subsidiären Schutzes auszuschließen bzw. nicht ausgeschlossen werden könne, dass gegenständlich ein neuer wesentlicher entscheidungsrelevanter Sachverhalt vorliege. Die Behörde werde im fortgesetzten Verfahren eine psychiatrische Befundung durch einen einschlägigen Facharzt zu veranlassen haben, um den tatsächlichen psychischen Zustand der Beschwerdeführerin feststellen zu können.

3.4. Die Beschwerdeführerin wurde folglich im fortgesetzten Verfahren von einer als Sachverständige gerichtlich beeideten und zertifizierten Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie und Ärztin für Psychotherapeutische Medizin untersucht. In dem Gutachten vom 11.08.2013 kam die Ärztin nach umfangreichen Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass bei der Beschwerdeführerin eine Anpassungsstörung multifaktorieller Genese (F. 43.22, ICD-10) vorliege. Es handle sich um eine krankheitswertige und behandlungsbedürftige psychische Störung, die mit depressiver Stimmung, Angstzuständen und emotionaler Beeinträchtigung und Beeinträchtigung der psychophysischen Belastbarkeit einhergehe. Eine Simulation könne ausgeschlossen werden, eine Aggravation sei im gutachterlichen Kontext naheliegend und als kultur- und persönlichkeitsspezifisches Phänomen, aber auch als störungsimmanentes Symptom zu interpretieren.

In Folge wurde das Verfahren der Beschwerdeführerin zugelassen.

3.5. Mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 19.02.2014 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 01.10.2012 bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 144/2013, (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg.cit in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57 und 55 leg.cit. nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 leg.cit. iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 144/2013, wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 144/2013, erlassen und wurde gemäß § 52 Abs. 9 leg.cit. unter einem festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Russische Föderation gemäß § 46 leg.cit zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 leg.cit. wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise der Beschwerdeführer zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt III.).

Begründend führte die Behörde im Wesentlichen aus, dass die Beschwerdeführerin in der Russischen Föderation keinen Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen sei oder im Falle einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Notlage gedrängt werden würde. Sie verfüge in der Russischen Föderation über Familienangehörige, das Asylverfahren des in Österreich aufhältigen Sohnes sei negativ abgeschlossen worden und ihr Sohn sei in die Russische Föderation ausgewiesen worden. Die Beschwerdeführerin leide an krankheitswertigen und behandlungsbedürftigen psychischen Störungen und Hypertonie.

3.6. Die Beschwerdeführerin erhob gegen den Bescheid rechtzeitig Beschwerde.

3.6.1. Am 08.10.2014 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche Beschwerdeverhandlung statt, welche jedoch wegen eines gesundheitlichen Zwischenfalls unterbrochen werden musste.

3.6.2. Die Beschwerdeführerin wurde daraufhin im Auftrag des Bundesverwaltungsgerichts von einem weiteren Facharzt für Psychiatrie untersucht.

Mit Gutachten vom 01.12.2014 führte der Sachverständige sinngemäß und zusammengefasst aus, dass sich bei der Beschwerdeführerin eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert (ICD 10, F 33.4) finde. Unter regelmäßiger Behandlung und entsprechender medikamentöser Einstellung werde nur mehr eine sehr diskrete Restsymptomatik angeführt. Für eine in den Vorbefunden angeführte posttraumatische Belastungsstörung habe sich zum nunmehrigen Untersuchungsbefund kein Hinweis ergeben. Die bedrohlichen Ereignisse hätten allerdings vor sieben Jahren stattgefunden und wären geeignet gewesen, eine posttraumatische Belastungsstörung auszulösen, sodass zumindest nicht auszuschließen sei, dass eine posttraumatische Belastungsstörung bestanden habe, die nunmehr abgeklungen sei. Eine Fortsetzung der nervenärztlichen Behandlung und medikamentösen Einstellung sei empfehlenswert.

3.6.3. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 09.03.2015 eine weitere öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher die Beschwerdeführerin ausführlich zu ihren Fluchtgründen und ihrem Gesundheitszustand befragt wurde.

3.6.4. Die gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht sodann mit Erkenntnis vom 22.05.2015 nach denselben Rechtsgrundlagen wie im Spruch des angefochtenen Bescheids vollinhaltlich ab.

Diese Entscheidung begründete das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen damit, dass im gegenständlichen Fall keine aktuelle oder drohende Verfolgungsgefahr bestehe und eine solche auch nie bestanden habe. Das Asylverfahren ihres Sohnes sei mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 25.04.2013 rechtskräftig negativ abgeschlossen worden, weil sein Vorbringen als unglaubwürdig und widersprüchlich qualifiziert worden sei. Die Beschwerdeführerin leide an einer krankheitswertigen und behandlungsbedürftigen psychischen Störung (Anpassungsstörung multifaktorieller Genese). Im Herbst 2014 habe sich ein gebessertes Bild und ein im Wesentlichen stabiler unauffälliger psychopathologischer Querschnittsbefund dargestellt. Es sei keine psychiatrische Erkrankung fassbar gewesen, welche die Beschwerdeführerin außer Lage setzen würde, gleichlautende Angaben zu Ereignissen aus der Vergangenheit zu machen. Sie leide zudem an Bluthochdruck, Reflux, Gastritis, Übergewicht, schlechten Cholesterinwerten sowie degenerativen Veränderungen des Bewegungsapparates (Spondylose, Bandscheibenvorfall), jedoch an keiner akut lebensbedrohlichen Beeinträchtigung ihres Gesundheitszustands, die einer Rückführung in ihren Herkunftsstaat entgegenstünde. Am Ende der mündlichen Beschwerdeverhandlung habe die Beschwerdeführerin gemeint, sie habe in Österreich für die Caritas gearbeitet und sei gewillt, auch körperlich anstrengende Arbeiten zu übernehmen, sie würde sogar "auf allen Vieren jede Tätigkeit ausüben." Die Beschwerdeführerin sei nicht selbsterhaltungsfähig und lebe von der Grundversorgung, sie sei von keiner anderen in Österreich lebenden Person abhängig. Sie beherrsche die deutsche Sprache nur in geringfügigem Ausmaß und verfüge über keine Kenntnisse über die österreichische Politik, Geschichte oder Kultur; sie sei auch kein Mitglied bei einem Verein und habe nie ein nicht auf das Asylverfahren gegründetes Aufenthaltsrecht in Österreich besessen.

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass sich die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin aus den von der belangten Behörde, sowie vom Bundesverwaltungsgericht in Auftrag gegebenen Gutachten ergebe, die ausführlich, widerspruchsfrei und schlüssig seien. Die Beschwerdeführerin sei diesen Gutachten nicht substantiiert entgegengetreten, weshalb die Ergebnisse des Gutachtens den Feststellungen zu Grunde gelegt werden könnten. Dem vom Rechtsvertreter vorgelegten medizinischen Befund, wonach die Beschwerdeführerin unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leide, sei zu entgegnen, dass in diesem Befund keine nachvollziehbare oder gar substantiierte Erörterung, unter welchen Bedingungen und Voraussetzungen diese Diagnosen getroffen worden seien, vorgenommen worden sei. Auch weise die Bestätigung im Vergleich zu den eingeholten Sachverständigengutachten einen weitaus geringeren Umfang auf; so fänden sich Befunde und ärztliche Bestätigungen der letzten Monate, die sich in einer zwei- bis dreizeiligen Feststellung des Posttraumatischen Belastungssyndroms ohne jegliche Begründung erschöpfen würde, weshalb diesen Schreiben jeglicher Beweiswert zu versagen sei.

Hinsichtlich des Fluchtvorbringens sei das Bundesverwaltungsgericht nach gesamtheitlicher Würdigung und im Besonderen aufgrund der mündlichen Beschwerdeverhandlung zu dem Schluss gekommen, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin unglaubwürdig sei und nicht den Tatsachen entspreche. Besonders hervorzuheben sei, dass die Beschwerdeführerin im ersten und zweiten Rechtsgang bloß angeführt habe, dass ihr Sohn Widerstandskämpfer mit Nahrung und Wasser unterstützt habe, während sie im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 09.03.2015 erstmalig angegeben habe, dass ihr Sohn selbst Teil des Widerstands gewesen sei, womit ein gesteigertes und besonders drastisches Bild der Verfolgungssituation dargelegt worden sei, gleichzeitig jedoch ein eklatanter Widerspruch vorliege. In einer Gesamtbetrachtung sei das Bundesverwaltungsgericht angesichts der aufgezeigten Widersprüche, Unstimmigkeiten und Unplausibilitäten zum Schluss gekommen, dass das Vorbringen als erfundenes Konstrukt zwecks Asylerlangung zu werten sei und keine aktuelle individuelle Verfolgungsgefahr aus asylrelevanten Gründen bestehe.

3.7. Die Beschwerdeführerin erhob gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof, welcher die Revision mit Beschluss vom 19.01.2016 zurückwies.

4. Die Beschwerdeführerin stellte am 20.12.2016 ihren vierten Antrag auf internationalen Schutz.

4.1. Hierzu wurde sie am selben Tag von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Die Beschwerdeführerin gab zu den Gründen für den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen an, Bekannte in Österreich hätten ihr mitgeteilt, dass ihre Tochter geflüchtet sei. Die Beschwerdeführerin habe zu ihr keinen Kontakt und könne nicht mehr in ihre Heimat. Sie sei wegen psychischer Probleme zwei Wochen in stationärer Behandlung gewesen und würde sich umbringen, wenn sie abgeschoben werde.

4.2. Die Beschwerdeführerin wurde am 19.01.2017 neuerlich von einer als Sachverständige allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Ärztin für Allgemeinmedizin, Psychosomatische und Psychotherapeutische Medizin, Psychotherapeutin, untersucht. Der anschließend erstellten gutachterlichen Stellungnahme ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin bereits im Jahr 2011 bei dieser Ärztin bei einer Untersuchung gewesen sei. Zur Zeit der Befundaufnahme zeigten sich Symptome einer Anpassungsstörung F 43.2., die situativ aus dem langen Asylverfahren erklärbar seien. Daneben dürfte eine generalisierte Angststörung F 41.1. bestehen, die allerdings derzeit durch die aktuelle Situation und Symptomatik deutlich überlagert sei. Für eine PTSD hätten im Jahr 2011 wie auch jetzt keine Symptome bestanden, welche nach ICD 10 gefordert seien, um die Diagnose stellen zu können. Die Diagnosestellung erfolge symptom- und kriterienorientiert nach ICD-10 in Anlehnung an das AMDP-System unter Einbeziehung der aktuellen Forschungsergebnisse der Psychotraumatologie. Es sei anzuraten, dass die Beschwerdeführerin ein Antidepressivum der derzeitigen Substanzklasse am jeweiligen Aufenthaltsort weiter einnehme. Eine vorübergehende Verschlechterung bei Überstellung sei nicht auszuschließen, eine akute Suizidalität finde sich bei Befundaufnahme aber nicht; Affekthandlungen seien nie auszuschließen.

4.3. Am 01.03.2017 fand die niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein ihres Rechtsvertreters und einer russischen Dolmetscherin statt. Hierbei gab die Beschwerdeführerin im Wesentlichen an, sie sei kürzlich aus dem Krankenhaus entlassen worden, weil sie Suizidgedanken gehabt habe. Sie habe das Gefühl gehabt, sie müsse ihr Leben beenden, ein Psychologe habe den Rettungswagen gerufen. In den letzten fünf bis sechs Monaten habe sie die Gedanken gehabt, sich das Leben zu nehmen. Auf Nachfrage, ob sie einen Suizidversuch unternommen habe, gab sie an, dass sie sich aufhängen und von einer Brücke habe springen wollen; es brodle in ihr. Sie sei schon oft auf einer Grazer Brücke gestanden und versucht gewesen, runterzuspringen. Sie nehme die Medikamente Seractil, Cymbalta, Sevikar, Pantoprazol, Trittico retard und ein Beruhigungsmittel. Der Beschwerdeführerin wurde das Ergebnis der PSY III Untersuchung mitgeteilt. Sie entgegnete, dass sie bei ihrem Sohn und ihren Enkelkindern bleiben wolle und ohne sie nicht leben könne, weil sie niemanden außer ihnen habe. Sie habe in Tschetschenien kein Haus und könne nirgendwo hingehen, ihr Bruder habe alles weggenommen. Bevor sie nach Tschetschenien gehe, sterbe sie lieber in Österreich. Hier lebe sie von der Grundversorgung und bekomme Unterstützung von der Caritas, ihrem Sohn und ihrer Schwiegertochter. Ihr Sohn arbeite und die Schwiegertochter erlerne gerade den Beruf der Kinderbetreuerin. Als die Beschwerdeführerin noch in Wien gelebt habe, habe sie bei der Caritas gearbeitet, wofür sie auch Geld bekommen habe. Sie sei kein Mitglied in einem Verein oder einer Organisation und habe bereits Deutschkurse besucht. Zu ihren Deutschkenntnissen gab sie an, dass sie recht viel verstehe, aber derzeit unter Stress stehe, weshalb ihr vieles nicht einfalle. Auf Nachfrage, ob die Beschwerdeführerin noch Verwandte in der Russischen Föderation habe, führte sie an, dass sie drei Schwestern habe: Eine habe zwei behinderte Enkelinnen und eine sei zuckerkrank; ihr Bruder wolle die Beschwerdeführerin nicht anerkennen und nicht sehen. Ihre Tochter sei auch verheiratet, seit einem Jahr habe sie aber keinen Kontakt mehr und sie kenne ihren derzeitigen Aufenthaltsort nicht. Auf Nachfrage, ob die Möglichkeit bestehe, bei den Familienangehörigen und Verwandten in der Russischen Föderation zu wohnen, antwortete die Beschwerdeführerin, dass das nicht möglich sei, weil ihre Schwester sowieso behinderte Enkelkinder habe und ihretwegen keine zusätzlichen Probleme haben wolle. Außerdem würde sie sowieso von tschetschenischen Sicherheitskräften umgebracht werden. Keiner der Verwandten würde sie unterstützen, sie wisse auch nicht, wovon diese derzeit lebten. Früher habe sie ihr eigenes Geschäft gehabt und ihre Verwandten auch nicht um Hilfe bitten können. Ihre ältere Schwester habe Kühe und eine Art Landwirtschaft gehabt, von der sie gelebt habe; ihr Bruder habe Häuser gebaut, die anderen seien Verkäufer gewesen.

Ihr Sohn lebe mit seiner Familie in Wien und ihre Cousine wohne als österreichische Staatsbürgerin in Niederösterreich. Zu ihrem Sohn habe sie eine sehr gute Beziehung, sie würden sich ungefähr zwei bis drei Mal im Monat treffen. Ihr Sohn unterstütze sie, sie sei sehr abhängig von ihm; ab und an bekomme sie ungefähr 100,- € von ihm, er bringe ihr auch Lebensmittel und kümmere sich um sie. Auch zu ihrer Cousine habe sie eine sehr gute Beziehung. Sie Cousine arbeite jedoch sehr viel, weshalb sie sich nicht oft sehen würden. Ihre Schwiegertochter sei für sie wie eine eigene Tochter.

Auf Nachfrage, warum die Beschwerdeführerin nun den vierten Antrag auf internationalen Schutz stelle, führte sie an, dass sie niemanden mehr habe und nicht wisse, wohin sie gehen könne. Sie sei sehr abhängig von ihrer Familie und könne ohne ihre Enkel nicht leben.

Ihre Fluchtgeschichte fasste die Beschwerdeführerin folgendermaßen kurz zusammen: Sie sei wegen ihres Sohnes geflüchtet. Dieser habe irgendwann im Jahr 2003, genau wisse sie es nicht mehr, nicht näher bestimmten Leuten, sogenannten Wahabiten, zu trinken gegeben oder ihnen zum Beten Unterschlupf gewährt. Fünf Jahre später hätten die Leute vom föderalen Sicherheitsdienst ihren Sohn von der Arbeit auf der Baustelle abgeholt und die Beschwerdeführerin habe ihn freikaufen müssen. Ihr Sohn sei daraufhin drei Tage lang im Krankenhaus gewesen, weil er mit Strom gefoltert worden sei. Anschließend wären diese Leute in ihr Haus eingedrungen und hätten ihn wieder abgeholt; seitdem würden sie sie verfolgen und nicht in Ruhe lassen. Diese Leute suchten immer irgendeinen Grund, um Häuser zu verbrennen oder Leute aus der Ortschaft herauszubringen. Sie habe immer noch Angst und wenn sie nach Hause zurückkehre, würde sie umgebracht werden. Die Beschwerdeführerin befürchte, dass nicht nur sie, sondern auch ihre in der Heimat aufhältige Familie umgebracht werde. Nach Vorhalt, dass die Behörde ihren Antrag zurückweisen werde, führte die Beschwerdeführerin an, dass sie sich umbringen werde. Sie sei müde von den ganzen negativen Entscheidungen; jeden Tag denke sie darüber nach, sie könne nicht mehr essen und habe immer Angst, weil sie nicht wisse, was mit ihr passiere.

4.4. Mit Schriftsatz vom 09.03.2017 erstattete die Beschwerdeführerin durch ihren Rechtsvertreter Stellungnahme zu den ihr vorgehaltenen Länderberichten. Darin brachte sie vor, eine manifeste psychiatrische Erkrankung und insbesondere eine Angststörung aufzuweisen. Ihre suizidalen Neigungen habe die Beschwerdeführerin in der Niederschrift bereits dargelegt. Sie sei geschieden und würde im Falle einer Rückkehr keinerlei familiären Rückhalt in Tschetschenien vorfinden; als alleinstehende Frau gehöre sie zu der sozial am stärksten benachteiligten Gruppe in Tschetschenien. Ihr Wohnhaus sei von ihrem Bruder in Besitz genommen worden, weshalb eine Rückkehr dorthin nicht möglich sei. In Österreich bestehe ein sehr enger familiärer Rückhalt durch ihren Sohn und ihre Schwiegertochter, die hier zum Aufenthalt berechtigt seien. Ihr Sohn unterstütze sie finanziell und es fänden wechselseitige Besuche statt. Auch zu ihren Enkelkindern habe die Beschwerdeführerin ein intensives Naheverhältnis. Sie habe sich sehr bemüht, Deutsch zu lernen und sich in deutscher Sprache verständigen zu können. Trotz ihrer Erkrankung sei sie in der Lage, eine Beschäftigung im Bundesgebiet auszuüben. Eine Aussicht auf Erwerbstätigkeit bestehe in Tschetschenien für sie hingegen nicht, die Arbeitslosenrate betrage dort ca. 80 %. Im Falle einer Rückkehr geriete sie in eine ausweglose Lage, welche durch ihre Erkrankung noch verstärkt wäre.

4.5.1. Am 21.03.2017 wurde die Beschwerdeführerin ein weiteres Mal durch die allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige untersucht. Der im Anschluss erstellten gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren ist zu entnehmen, dass es keine wesentlichen Änderungen in der Symptomatik zu den Voruntersuchungen gegeben habe, es finde sich, wie auch bei den beiden Voruntersuchungen, ein klagsames, sehr deutliches Vorbringen der subjektiven Beschwerden. Derzeit seien die Sorge und das Grübeln über die Situation im Asylverfahren als belastendes Symptom im Vordergrund. Dies könne differenzialdiagnostisch als Anpassungsstörung F 43.22 und/oder als generalisierte Angststörung F

41.1 bewertet werden. Eine Verschlechterung sei nicht sicher auszuschließen, eine akute Selbstgefährdung finde sich derzeit - wie auch bei den beiden vorigen Begutachtungen - allerdings nicht.

4.5.2. Mit Schriftsatz vom 29.03.2017 nahm der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin dazu Stellung und führte aus, dass sich aus dem Kurzbrief des XXXX konträr zur gutachterlichen Stellungnahme das Vorliegen einer Posttraumatischen Belastungsstörung ergebe. Es werde beantragt, einen medizinischen Sachverständigen auf dem Gebiet der Psychiatrie beizuziehen und mit der Erstellung eines psychiatrischen Befundes und Gutachtens über die Beschwerdeführerin zu beauftragen. Dies unter anderem zum Beweis dafür, dass bei der Beschwerdeführerin von einer erhöhten Suizidalität auszugehen sei und nicht "lediglich" von nicht auszuschließenden Affekthandlungen. Die Beilagen des XXXX würden dies entgegen der gutachterlichen Stellungnahme indizieren.

4.6. Mit Bescheid vom 05.04.2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. I Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 161/2013, wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.). Gemäß § 57 AsylG 2005, Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016, wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 leg.cit. iVm § 9 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 25/2016, gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016, erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 leg.cit. stellte das Bundesamt fest, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 leg.cit. in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Die Zurückweisung des Antrags begründete das Bundesamt damit, dass entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliege: das letzte Asylverfahren sei mit 29.05.2015 rechtskräftig abgeschlossen worden. In diesem Verfahren seien alle bis zum Datum der Rechtskraft entstandenen Sachverhalte berücksichtigt worden, sodass darüber nicht neuerlich zu entscheiden sei. Das gesamte Vorverfahren habe auf einem nicht glaubhaften Vorbringen beruht. Die Beschwerdeführerin habe im gegenständlichen Verfahren keinen glaubhaften Sachverhalt vorgebracht, welcher nach rechtskräftigem Abschluss des Vorverfahrens entstanden sei. Es könne kein glaubhafter neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden. Unter Berücksichtigung aller bekannten Tatsachen hätten sich keine Umstände ergeben, welche einer Rückkehrentscheidung in die Russische Föderation entgegenstünden. Eine besondere Integrationsverfestigung in Österreich bestehe nicht. Die Beschwerdeführerin spreche muttersprachlich Russisch und verfüge über gebrochene Deutschkenntnisse.

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass sich aus den aktuell eingeholten Gutachten eine Anpassungsstörung und eine generalisierte Angststörung ergebe, in diesen Gutachten wären alle bis dahin vorliegenden Befunde berücksichtigt worden, auch der 14-tägige stationäre Aufenthalt der Beschwerdeführerin. Aus den Vorverfahren lägen psychiatrisch-neurologische Gutachten vor, aus denen sich in keiner Weise ein Hinweis auf akute Suizidgefahr oder Gefahr der Selbstgefährdung ergebe. Aus den Länderfeststellungen sei ersichtlich, dass in der Russischen Föderation Behandlungsmöglichkeiten bestünden, welche auch zugänglich seien und die medizinische Versorgung gewährleistet sei. Unter Verweis auf die Judikatur des EGMR stehe auch eine eventuell behauptete psychische Störung oder ein physisches Gebrechen einer Überstellung in die Russische Föderation nicht im Wege. Die Beschwerdeführerin beziehe sich im gegenständlichen Verfahren auf Rückkehrhindernisse, welche bereits im Kern in ihren Vorverfahren zur Sprache gebracht worden seien. Sie habe dieses Vorbringen um den Umstand erweitert, dass sie im Falle ihrer Rückkehr in der Russischen Föderation umgebracht werde, ihre Familie mit ihr nichts zu tun haben wolle, ihre Tochter mittlerweile verheiratet sei und die Beschwerdeführerin keinen Kontakt mehr zu ihrer gesamten Familie im Heimatland habe. Die Beschwerdeführerin habe in ihrem ersten Asylverfahren behauptet, wegen der Probleme ihres Sohnes in Gefahr zu sein; dieser habe im Jahr 2003 Widerstandskämpfern geholfen, sei 2007 von Militärangehörigen mitgenommen worden und kurze Zeit darauf ein zweites Mal inhaftiert worden, bis man Lösegeld bezahlt habe. Im dritten Asylverfahren habe die Beschwerdeführerin neu vorgebracht, dass ihr Sohn mit Strom gefoltert worden sei und sie während der zweiten Festnahme ihres Sohnes selbst auch geschlagen worden sei, was sie davor nie behauptet habe. Nachdem ihr Sohn das Land verlassen habe, seien diese Leute zwei- bis drei Mal pro Monat zu ihr gekommen und hätten nach dem Sohn gefragt, was ebenso eine Steigerung zum Vorverfahren bedeute. Die im gegenständlichen Verfahren dargestellten Angaben, wonach die Beschwerdeführerin ihren Sohn und ihre Enkelkinder nicht verlassen wolle, nach wie vor medizinische Betreuung brauche und im Falle der Rückkehr umgebracht werde, reichten nicht aus, um darin einen neuen Sachverhalt zu erkennen. Ihre Angaben gingen über bloße Vermutungen nicht hinaus. Der objektive und entscheidungsrelevante Sachverhalt sei daher unverändert, weshalb entschiedene Sache vorliege.

Zum Aufenthalt in Österreich sei anzuführen, dass sich die Beschwerdeführerin aufgrund der immer wieder negativ abgeschlossenen Asylverfahren mehrmals illegal in Österreich aufgehalten habe und der seit Jahren bestehenden Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sei. Es habe kein im Sinne des Art. 8 EMRK relevantes Familienleben festgestellt werden können. Im Heimatland würden mit ihrem Bruder, ihren drei Schwestern sowie ihrer Tochter nach wie vor Familienmitglieder leben. Der Beschwerdeführerin sei während der gesamten Aufenthaltsdauer nie ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht zugekommen. Ihre Aufenthaltsdauer in Österreich gehe nicht über Vergleichsentscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes hinaus, darüber hinaus sei ihr Aufenthalt nicht auf einer den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerung begründet. Es sei der Beschwerdeführerin möglich, in der Russischen Föderation erneut ein relevantes Familien- und/oder Privatleben aufzubauen. Aufgrund einer Gesamtabwägung sei festzustellen, dass dem im Sinne des Art. 8 EMRK relevanten Interesse an einem weiteren Aufenthalt in Österreich ein wesentlich geringerer Stellenwert zukomme als dem gewichtigen öffentlichen Interesse an einer Beendigung ihres Aufenthaltes.

4.7. Die Beschwerdeführerin erhob durch ihren Rechtsvertreter gegen den angeführten Bescheid Beschwerde und stellte einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Darin wurde der bisherige Verfahrensverlauf zusammengefasst und im Wesentlichen vorgebracht, im Bescheid sei der aktuelle psychische Zustand der Beschwerdeführerin nicht ausreichend berücksichtigt worden. Es werde nach wie vor die Begutachtung durch einen psychiatrischen Sachverständigen beantragt. Zudem werde beantragt, den Sohn als Beweis für das persönliche Naheverhältnis einzuvernehmen. Das Vorliegen einer schweren Erkrankung sei auch unter dem Aspekt des Art. 8 EMRK zu beachten, was von der belangten Behörde unerörtert und mangelhaft geblieben sei. Eine Abschiebung in die Russische Föderation würde die Beschwerdeführerin jener Gefährdung ihrer Rechte aussetzen, deren Prüfung Gegenstand des Beschwerdeverfahrens wären. Ihr sei nach der Asylantragstellung eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung erteilt und ihr Verfahren seit sechs Monaten zugelassen. Es sei kein öffentliches Interesse an der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung und der sofortigen Ausreise ohne jede Frist erkennbar.

4.8. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte den Verfahrensakt samt den Beschwerdeschriftsätzen dem Bundesverwaltungsgericht am 28.04.2017 vor.

4.8.1. Mit Schriftsatz vom 18.12.2017 übermittele der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin eine Krankenhausaufenthaltsbestätigung und einen klinisch-fachärztlichen Befundbericht vom 02.12.2017. Diesem Schriftsatz ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin einen schwerwiegenden Krankheitsschub erlitten habe und im Falle einer Abschiebung in eine lebensbedrohende Situation geraten würde. Es werde daher die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde und die Einholung eines Sachverständigengutachtens neuerlich beantragt. Zuletzt habe der behandelnde Arzt des XXXX gegenüber der Behörde versichert, dass eine Anhaltung und Abschiebung aus medizinischen Gründen aktuell lebensbedrohend sei. Das BFA sei jedoch nicht bereit, auch nur annähernd eine Genesung der Beschwerdeführerin abzuwarten, es sei ihr nicht einmal ihre Brustprothese, die ihr bei der Festnahme am 28.11.2017 abgenommen worden sei, rückerstattet. Darüber hinaus sei dem Rechtsvertreter fälschlich mitgeteilt worden, dass lediglich eine Einsicht in aktuelle ärztliche Bestätigungen geplant sei, die Beschwerdeführerin jedoch in Schubhaft genommen worden sei.

Dem beigelegten klinischen Befundbericht der XXXX vom 02.12.2017 ist zu entnehmen, dass sich die Beschwerdeführerin seit 29.11.2017 in stationärer Behandlung der psychiatrischen Abteilung befinde, sie sei wegen akuter Selbstgefährdung mit dem Rettungswagen in Polizeibegleitung gebracht worden. Es fänden sich die Diagnosen: F

43.1. Posttraumatische Belastungsstörung, F 33.2. rezidivierende depressive Störung mit gegenwärtig schwerer Episode ohne psychotische Symptome, F 41.0 Panikstörung, F 41.1. generalisierte Angststörung, chronischer Spannungskopfschmerz, PNP, ständiger Gebrauch von Schmerzmitteln, Hypertonie mit rezidivierenden Hochdruckkrisen, Hypercholesterinanämie, Morbus Scheuermann, Lumboischalgie li., Gastritis, Spinalstenose L2/L3, Diskusprotrusion L4/5, Laryngoösophagealer Reflux. Weiters wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin davor im XXXX wegen einer hypertensiven Krise, agitiert-depressiven Zustandsbilds mit akuter Suizidalität, impulshaften Versuchen einer Selbstverletzung sowie der Verweigerung von Essen, Trinken und Medikationseinnahme psychiatrisch behandelt worden sei. Die Beschwerdeführerin leide unter einer schwerwiegenden psychiatrischen Erkrankung mit multiplen somatischen Komplikationen, die notwendige Dauer des stationären Aufenthaltes sei derzeit nicht abschätzbar; unter Berücksichtigung der komplexen Situation werde von einer längeren Dauer ausgegangen, eine Abschiebung würde eine aktuelle Lebensbedrohung für die Beschwerdeführerin darstellen.

4.8.2. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.01.2018 wurde ein Facharzt für Psychiatrie und Neurologie zum Sachverständigen in gegenständlicher Beschwerdesache bestellt und folglich mit der Erstellung eines Gutachtens zum psychischen Zustand der Beschwerdeführerin betraut. Dem Sachverständigen wurde die Beantwortung folgender Fragen aufgetragen:

"1. a) Liegt eine krankheitswertige, psychische Störung vor? Wenn ja, welche?

b) Ist diese behandelbar? Wenn ja - wie? Bitte um Bekanntgabe der notwendigen Medikamente.

2. Wäre die Beschwerdeführerin in der Lage, an einer Beschwerdeverhandlung teilzunehmen bzw. ist sie einvernahmefähig? Ist die Beschwerdeführerin in der Lage, das Erlebte wiederzugeben?

3. War die Beschwerdeführerin in der Lage im Rahmen der beiliegenden Einvernahmen das Erlebte wiederzugeben?

4. a) Welche Folgen hätte eine Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Russische Föderation?

b) Wäre eine Überstellung in den Herkunftsstaat Russische Föderation aus ärztlicher Sicht möglich? Bzw. würde eine Überstellung eine unzumutbare Verschlechterung aus ärztlicher Sicht bewirken? Wäre die Beschwerdeführerin in der Lage in der Russischen Föderation den Geschäften des täglichen Lebens nachzukommen? Ist die Beschwerdeführerin eigen- und fremdgefährdend?

5. Ist die Beschwerdeführerin geschäftsfähig?

6. Bedarf die Beschwerdeführerin eines Sachwalters?"

4.8.3. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.06.2018 wurde der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid die aufschiebende Wirkung zuerkannt, weil erst auf Grundlage des noch ausstehenden Gutachtens der aktuelle Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin ermittelt werden könne, sich die Erstellung des Gutachtens aber wegen einer nicht vorhersehbaren Erkrankung des Sachverständigen verzögern werde. Derzeit könne somit (noch) nicht beurteilt werden, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin in ihren Herkunftsstaat nicht doch eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK bzw. der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde

4.8.4. Am 04.07.2018 langte schließlich das in Auftrag gegebene Gutachten des Sachverständigen vom 20.06.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Hinsichtlich der in Auftrag gegebenen

Fragen ist dem Gutachten Folgendes zu entnehmen:

Zu 1.a.: Liegt eine krankheitswertige, psychische Störung vor? Wenn ja, welche?: Aus psychiatrischer Sicht fänden sich bei der Beschwerdeführerin rezidivierende depressive Verstimmungszustände, die diagnostisch am ehesten depressiven Episoden unterschiedlichen Ausprägungsgrades zuzuordnen seien. In den letzten Monaten sei es diesbezüglich zu zwei stationären Aufenthalten im Dezember 2017 an der psychiatrischen Abteilung der XXXXund im Februar 2018 an der psychiatrischen Abteilung des XXXX gekommen, wo diagnostisch schwere depressive Episoden festgestellt worden und beide Aufnahmen wegen suizidaler Einengung unter Unterbringungsbedingungen erfolgt seien. Die depressive Symptomatik sei im Zusammenhang mit Belastungen durch die derzeitige Migrationssituation, Belastungen durch körperliche Erkrankungen und auch Ungewissheit über die weitere Zukunft zu sehen und diagnostisch im Sinne einer reaktiven Depression anzunehmen. Zum nunmehrigen Untersuchungszeitpunkt habe sich ein wesentlich gebessertes Bild im Ausmaß einer leichtgradigen depressiven Episode mit somatischem Syndrom (ICD 10: F 33.01) gefunden, es hätten sich weiterhin eine subdepressive Stimmungslage, Belastungsgefühle, insbesondere betreffend die derzeitige soziale Situation, aber auch die gesundheitliche Situation hinsichtlich diverser körperlicher Erkrankungen, Zukunftsängste, Ängste vor einer Rückführung und einer angeführten Durchschlafstörung gefunden. Weiters werde in Vorbefunden auch eine Angststörung beschrieben, die einer generalisierten Angststörung leichten Ausprägungsgrades zuzuordnen sei (ICD- 10: F41.1). In Vorbefunden werde auch die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung erwähnt, zum nunmehrigen Untersuchungszeitpunkt sei keine für eine posttraumatische Belastungsstörung spezifische Symptomatik explorierbar, wie auch schon bei Vorgutachten im Jänner 2017. Es sei nicht auszuschließen, dass eine solche bestanden haben könnte, die sich unter entsprechender Behandlung rückgebildet habe; so habe sich die Beschwerdeführerin bereits vor Jahren diesbezüglich an der Universitätsklinik in Behandlung befunden. Aus somatischer Sicht würden in Vorbefunden diverse andere Erkrankungen angeführt.

Zu 1.b.: Ist diese behandelbar? Wenn ja - wie? Bitte um Bekanntgabe der notwendigen Medikamente: Die Symptomatik sei behandelbar, die Beschwerdeführerin befinde sich in regelmäßiger nervenärztlicher Behandlung und sei entsprechend medikamentös eingestellt, sie erhalte antidepressive und schlaffördernde Medikation.

Zu 2.: Wäre die Beschwerdeführerin in der Lage, an einer Beschwerdeverhandlung teilzunehmen bzw. ist sie einvernahmefähig?

Ist die Beschwerdeführerin in der Lage, das Erlebte wiederzugeben?:

Derzeit sei keine psychische Störung in einem Ausmaß fassbar, dass die Beschwerdeführerin daran gehindert wäre, an einer Beschwerdeverhandlung teilzunehmen, bzw. ihre Einnahmefähigkeit beeinträchtigt wäre. Es sei keine psychische Erkrankung fassbar, die die Betroffene außer Lage setzen würde, Erlebtes wiederzugeben.

Zu 3.: War die Beschwerdeführerin in der Lage im Rahmen der beiliegenden Einvernahmen das Erlebte wiederzugeben?: Es fänden sich bei aller Problematik der retrospektiven Beurteilung, aber auch nach Durchsicht der Einvernahmeprotokolle keine Hinweise auf das Vorliegen einer psychischen Erkrankung in einem Ausmaß, die die Betroffene außer Lage gesetzt hätte, Erlebtes wiederzugeben.

Zu 4.a.: Welche Folgen hätte eine Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Russische Föderation?: Eine Rückführung stehe den Wünschen und Zielen der Beschwerdeführerin entgegen und sei diesbezüglich eine deutliche Angstsymptomatik fassbar. Daher sei eine Verschlechterung insbesondere der depressiven Symptomatik, möglicherweise auch wiederum mit suizidalen Einengungen und selbstschädigenden Handlungen, als möglich zu erachten.

Zu 4.b.: Wäre eine Überstellung in den Herkunftsstaat Russische Föderation aus ärztlicher Sicht möglich? Bzw. würde eine Überstellung eine unzumutbare Verschlechterung aus ärztlicher Sicht bewirken? Wäre die Beschwerdeführerin in der Lage in der Russischen Föderation den Geschäften des täglichen Lebens nachzukommen? Ist die Beschwerdeführerin eigen- und fremdgefährdend?: Es sei keine psychische Erkrankung fassbar, die die Reisefähigkeit ausschließen würde. Es sei aber anzunehmen, dass eine Rückführung eine deutliche Verschlechterung der depressiven Symptomatik, möglicherweise auch wiederum mit selbstschädigenden Handlungen und suizidaler Einengung, beinhalten könnte. Die Zumutbarkeit sei eine juristische Feststellung und könne aus psychiatrischer Sicht nicht beantwortet werden. Es sei aber auch festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin an mehreren somatischen Erkrankungen leide, u.a. auch an einer instabilen Hypertonie mit rezidivierenden Bluthochdruckkrisen. Inwieweit die somatischen Erkrankungen eine Beeinträchtigung der Reisefähigkeit beinhalten würden, könne aus psychiatrischer Sicht nicht beurteilt werden, sondern müsste aus allgemeinmedizinischer oder internistischer Sicht beurteilt werden. Es sei bei der Beschwerdeführerin keine psychische Erkrankung in einem Ausmaß fassbar, dass die Beschwerdeführerin außer Lage gesetzt wäre, in der Russischen Föderation den Geschäften des täglichen Lebens nachzukommen, sie sei daher aus psychiatrischer Sicht in der Lage den Geschäften des täglichen Lebens nachzukommen. Zum Untersuchungszeitpunkt sei keine aktuelle Suizidalität fassbar gewesen, es sei in der Vergangenheit immer wieder zu suizidalen Einengungen und Handlungen gekommen und sei eine latente Suizidalität, d.h. Eigengefährdung bei der Beschwerdeführerin bei neuerlichen Belastungen nicht ausschließbar; Hinweise für eine Fremdgefährdung wären nicht fassbar.

Zu 5.: Ist die Beschwerdeführerin geschäftsfähig?: Derzeit sei keine psychische Erkrankung in einem Ausmaß fassbar, die ihre Geschäftsfähigkeit beeinträchtige.

Zu 6.: Bedarf die Beschwerdeführerin eines Sachwalters?: Derzeit sei keine psychische Erkrankung oder geistige Behinderung fassbar, die die Beschwerdeführerin außer Lage setzen würde, ihre Angelegenheiten ohne Gefahr eines Nachteils selbständig zu regeln. Aus psychiatrischer Sicht sei derzeit die Anregung eines Sachwalterschaftsverfahrens medizinisch nicht indiziert.

4.8.5. Mit Schriftsatz vom 20.07.2018 nahm der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin zum übermittelten Gutachten Stellung und führte aus, das Gutachten zeige, dass sich bei der Beschwerdeführerin eine psychische Erkrankung finde und zusätzlich mehrere somatische Erkrankungen schwerwiegender Natur vorhanden seien. Es seien mehrere stationäre Krankenhausaufenthalte erforderlich gewesen und dokumentiert. Vom Gutachter werde eine latente Eigengefährdung in Form einer Suizidneigung diagnostiziert. Dies stehe im Einklang mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im laufenden Asylverfahren. Es werde auf die Beschwerde samt Anträgen und die erstatteten Stellungnahmen, insbesondere vom 18.12.2017, verwiesen. Die Beschwerdeführerin sei nach Kräften um eine Integration bemüht. Sie spreche gut Deutsch, habe Remunerantentätigkeit bei der Caritas verrichtet und sei seit über acht Jahren im Bundesgebiet durchgehend aufhältig. Es würden enge Familienangehörige (Sohn und Enkelkinder) rechtmäßig im Bundesgebiet leben und bestehe ein enger Kontakt und Zusammenhalt.

4.8.6. Am 22.10.2018 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung W237 zugewiesen.

4.8.6.1. Mit Schreiben vom 12.11.2018 wurden die Beschwerdeführerin und das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 17.01.2019 unter gleichzeitiger Übermittlung der aktuellen Länderberichte zur Lage in der Russischen Föderation, insbesondere Tschetschenien, geladen.

4.8.6.2. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 17.01.2019 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die russische Sprache, der Beschwerdeführerin und im Beisein ihres Rechtsvertreters eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

Darin gab die Beschwerdeführerin zu ihrer Gesundheit befragt an, sie habe Brustkrebs und eine psychische Störung. Nach einer Mastektomie ihrer rechten Brust im Jahr 2009 sei nun die zweite Brust befallen. Den Operationstermin werde sie am nächsten Tag erfahren; in diesem Zusammenhang wurde der Beschwerdeführerin aufgetragen, binnen einer Woche den konkreten Operationstermin bekannt zu geben. Sie habe Schmerzen im Rücken, in den Beinen und Händen und leide unter Bluthochdruck. Außerdem habe sie ständig Angst und könne weder ausreichend schlafen noch essen. Es bestünden immer ein Schwindelgefühl im Kopf und manchmal Orientierungsschwierigkeiten. Die Beschwerdeführerin legte betreffend ihre gesundheitlichen Beschwerden mehrere ärztliche Befunde vor.

Auf die Frage, warum sie am 20.12.2016 ihren vierten Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, erklärte sie, Angst davor zu haben, in ihren Herkunftsstaat zurückzukehren. Sie leide überhaupt ständig unter Ängsten. Wenn sie in ihr Heimatland zurückkehren könnte, um dort in Ruhe zu leben, wäre sie bereits zurückgekehrt. Sie stehe unter einem solch großen Stress, dass sie in der Folge auch eine neuerliche onkologische Erkrankung bekommen habe. Sie habe nur einen Sohn und dieser lebe in Österreich. Insofern ersuche sie, in Österreich bleiben zu können. Im Gegenzug würde sie auch gerne kostenlos arbeiten gehen, wenn sich ihr Zustand gebessert habe.

In der Folge gab die Beschwerdeführerin an, alleine in Graz zu wohnen, jedoch hielten sich ihr Sohn und zwei Enkel im Alter von acht und zehn Jahren ebenso in Österreich auf. Die Ehe ihres Sohnes sei geschieden. Der Sohn sei berufstätig und würde ebenso wie seine Ex-Frau und die Kinder in Wien wohnen; die Kinder gingen zu

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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