TE Vwgh Beschluss 2019/2/27 Ra 2018/10/0194

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Veröffentlicht am 27.02.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
B-VG Art133 Abs4;
VStG §24;
VStG §31;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z2;
VStG §44a Z3;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §27;
VwGVG 2014 §38;
VwGVG 2014 §50;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie den Hofrat Dr. Fasching und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision des O Z in K, vertreten durch Mag. Herbert Juri, Mag. Thomas Schuster und Mag. Christian Thon, Rechtsanwälte in 9400 Wolfsberg, Bambergerstraße 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 25. September 2018, Zl. KLVwG-1737/5/2018, betreffend Übertretung des Kärntner Naturschutzgesetzes 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeisterin der Landeshauptstadt Klagenfurt), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 23. August 2017 wurden der Antrag des Revisionswerbers auf (teilweise nachträgliche) Erteilung einer naturschutzrechtlichen Ausnahmebewilligung für eine Rodung im Gesamtausmaß von etwa 8.000 m2 auf seinem im Europaschutzgebiet Lendspitz-Maiernigg gelegenen Grundstück gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 10 Abs. 3 Kärntner Naturschutzgesetz 2002 - K-NSG 2002 - sowie §§ 3 und 5 der Verordnung über die Erklärung des Gebietes Lendspitz-Maiernigg zum Europaschutzgebiet abgewiesen und dem Revisionswerber gemäß § 57 K-NSG 2002 der Auftrag erteilt, auf diesem Grundstück "den rechtmäßigen Zustand des geschlägerten Bruchwaldes" im Ausmaß von ca. 4.750 m2 binnen einen Jahres durch Wiederaufforstung auf näher bestimmte Weise herzustellen.

2 Die dagegen erhobene Revision wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 22. November 2017, Ra 2017/10/0177, zurück.

3 Mit dem durch die vorliegende Revision angefochtenen, im Beschwerdeverfahren nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, ergangenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe "im Jahr 2014 bewilligungslos (auf dem in Rede stehenden Grundstück) ca. 4.750m2 Erlenbruchwald geschlägert, die Fläche seiter regelmäßig dreimal jährlich gemäht und gemulcht, obwohl dies in Bruchwäldern verboten ist. Somit haben Sie in einem Bruchwald sonstige den Lebensraum von Tieren und Pflanzen nachhaltig gefährdende Maßnahmen gesetzt und ein bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne Bewilligung ausgeführt. Der Tatzeitraum umfasst 14.04.2014 bis 01.06.2018."

4 Der Revisionswerber habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 67 Abs. 1 lit. a und Abs. 4 iVm § 8 Abs. 1 K-NSG 2002 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 3.630,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: sieben Tage) verhängt wurde. Die Revision wurde für unzulässig erklärt.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Gemäß § 8 Abs. 1 K-NSG 2002 sind ua. in Bruchwäldern die Vornahme von Anschüttungen, Entwässerungen, Grabungen und sonstigen den Lebensraum von Tieren und Pflanzen in diesem Bereich nachhaltig gefährdenden Maßnahmen verboten.

9 Gemäß § 10 Abs. 3 leg. cit. dürfen - unter den dort genannten Voraussetzungen - Ausnahmen von den Verboten des § 8 bewilligt werden.

10 Gemäß § 67 Abs. 1 erster Satz leg. cit. begeht, wer Vorhaben, die nach diesem Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes erlassener Verordnungen bewilligungspflichtig oder verboten sind, ohne Bewilligung oder entgegen dem Verbot ausführt oder ausführen lässt, eine Verwaltungsübertretung, die von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu EUR 3.630,-- , bei Vorliegen erschwerender Umstände und im Wiederholungsfalle bis zu EUR 7.260,--, zu bestrafen ist.

11 Gemäß § 67 Abs. 4 leg. cit. endet, sofern ua. die unzulässige Durchführung einer sonstigen Maßnahme den Gegenstand einer Verwaltungsübertretung bildet, das strafbare Verhalten erst mit der Behebung der Maßnahme oder mit der Rechtskraft der nachträglich erteilten Bewilligung.

12 Soweit die Revision in den Zulässigkeitsgründen vorbringt, das Verwaltungsgericht sei von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Verbot der reformatio in peius abgewichen, ist dem zu entgegnen, dass ein Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot im Revisionsfall schon deshalb nicht vorliegt, weil im angefochtenen Erkenntnis keine höhere Geldstrafe als im verwaltungsbehördlichen Straferkenntnis verhängt wurde (wobei - entgegen dem Revisionsvorbringen - bereits die belangte Behörde von einem erhöhten Unrechtsgehalt infolge der "erheblichen" und "außerordentlichen schwerwiegenden" Beeinträchtigung von Naturschutzgütern ausgegangen ist und sohin der Bestrafung erkennbar die Deliktsqualifizierung "bei Vorliegen erschwerender Umstände" nach § 67 Abs. 1 lit. a K-NSG bzw. den hiefür vorgesehenen Strafrahmen von EUR 7.260,-- zu Grunde gelegt hat.) bzw. die Ersatzfreiheitsstrafe vom Verwaltungsgericht sogar auf sieben Tage (gegenüber zwei Wochen im Straferkenntnis) herabgesetzt wurde.

13 Soweit die Revision in den Zulässigkeitsgründen weiters vorbringt, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil es die Sache des Verwaltungsstrafverfahrens (durch Erweiterung des Tatvorwurfs bzw. Tatzeitraums) unzulässig ausgewechselt habe, ist dem zu entgegnen, dass "Sache" des Verwaltungsstrafverfahrens die dem Beschuldigten innerhalb der Verjährungsfrist zur Last gelegte Tat mit ihren wesentlichen Sachverhaltselementen, unabhängig von ihrer rechtlichen Beurteilung ist (vgl. VwGH 8.3.2017, Ra 2016/02/0226).

14 Ein unzulässiges Austauschen des Tatvorwurfs stellt nach den Grundsätzen der hg. Judikatur eine im Beschwerdeverfahren durch das Verwaltungsgericht vorgenommene Erweiterung des Tatvorwurfs bzw. die Heranziehung eines anderen als des ursprünglich der Bestrafung zu Grunde gelegten Sachverhalts dar (vgl. VwGH 30.1.2018, Ra 2017/01/0409).

15 Im vorliegenden Fall wurde dem Revisionswerber mit Aufforderung zur Rechtfertigung und darauf folgend auch mit Spruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde vorgeworfen, "durch die Schlägerung von Bruchwäldern im Ausmaß von 4.750m2 den Lebensraum von Tieren und Pflanzen in diesem Bereich nachhaltig

gefährdet (zu haben), obwohl in Moor- und Sumpfflächen ... sowie

in Bruchwäldern die Vornahme von Anschüttungen, Entwässerungen, Grabungen und sonstigen den Lebensraum von Tieren und Pflanzen in diesem Bereich nachhaltig gefährdenden Maßnahmen verboten ist". Als Rechtsgrundlagen der Bestrafung wurden die §§ 67 Abs. 1 lit. a iVm §§ 8 und 10 Abs. 3 K-NSG angeführt. Der Revisionswerber wurde sohin wegen der verbotenen bzw. bewilligungslos vorgenommenen, den Lebensraum von Tieren und Pflanzen in diesem Bereich nachhaltig gefährdenden "sonstigen Maßnahme" der Schlägerung des Bruchwaldes bestraft.

16 Das Verwaltungsgericht hat im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses - insoweit in Übereinstimmung mit dem Spruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde - dem Revisionswerber zur Last gelegt, im Jahr 2014 bewilligungslos auf der erwähnten Teilfläche ca. 4.750m2 Erlenbruchwald geschlägert zu haben, obwohl dies in Bruchwäldern verboten sei und hiedurch eine den Lebensraum von Tieren und Pflanzen nachhaltig gefährdende Maßnahmen gesetzt bzw. ein bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne Bewilligung ausgeführt zu haben. Damit hat das Verwaltungsgericht der Bestrafung denselben Tatvorwurf wie die Verwaltungsbehörde - mit all seinen nach den erwähnten Bestimmungen des K-NSG 2002 rechtserheblichen Elementen - zu Grunde gelegt.

17 Soweit das Verwaltungsgericht in den Spruch seines Erkenntnisses überdies die Feststellung aufgenommen hat, dass der Revisionswerber die besagte Fläche regelmäßig dreimal jährlich gemäht und gemulcht habe, hat es fallbezogen den Tatvorwurf lediglich präzisierend ergänzt, ohne dass dem im Hinblick auf die - allein maßgebliche - Strafbarkeit des Revisionswerbers wegen der rechtswidrigen Schlägerung des Bruchwalds nach § 67 Abs. 1 K-NSG 2002 nähere Bedeutung zukäme.

18 Ähnlich verhält es sich mit dem vom Verwaltungsgericht der Bestrafung zu Grunde gelegten maßgeblichen Tatzeitraum.

19 Dieser wurde im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses explizit mit "im Jahr 2014" angegeben.

20 Durch die weitere Erwähnung eines "Tatzeitraums" 14. April 2014 bis 1. Juni 2018 sollte - wie sich aus der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses ergibt - lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass das strafbare Verhalten des Revisionswerbers nach Maßgabe des § 67 Abs. 4 K-NSG 2002 (aufgrund nicht erfolgter Behebung der Schlägerungsmaßnahme durch Wiederherstellung der betreffenden Waldfläche) am 1. Juni 2018, dem Zeitpunkt der Erlassung des verwaltungsbehördlichen Straferkenntnisses, noch nicht beendet war.

21 Eine unzulässige Erweiterung des Tatvorwurfs bzw. des Tatzeitraums durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts liegt somit im Revisionsfall nicht vor.

22 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 27. Februar 2019

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme VerwaltungsstrafrechtBerufungsverfahrenBerufungsbescheid

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018100194.L00.1

Im RIS seit

27.03.2019

Zuletzt aktualisiert am

10.04.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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