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10 VerfassungsrechtNorm
VfGG §33Leitsatz
Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags; kein minderer Grad des Versehens; Zurückweisung der Beschwerde als verspätetSpruch
I. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird keine Folge gegeben.
II. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Mit Schriftsatz vom 26. Februar 1997 (zur Post gegeben am selben Tag) stellte B S einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist für die Einbringung einer Beschwerde gemäß Art144 Abs1 B-VG gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. Dezember 1996, Z307.294/2-III/11/96, und brachte unter einem eine auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde gegen den genannten Bescheid ein. Er begründet den Antrag im wesentlichen damit, daß das Briefkuvert mit der am 31. Jänner 1997 zur Postabfertigung bereitgestellten Beschwerde in eine Spalte zwischen den beiden Arbeitstischen im Sekretariat des Beschwerdevertreters gefallen sei, wo es nicht sogleich bemerkt worden sei. Es habe sich dabei ausschließlich um ein - bisher noch nie vorgekommenes - manipulatives Mißgeschick des Sekretärs des Beschwerdevertreters gehandelt.
Dem Antrag ist eine vom Sekretär unterfertigte eidesstattliche Erklärung beigeschlossen, mit welcher dieser bestätigt, daß er das Briefkuvert am 12. Februar 1997 gefunden habe, daß er sich daran erinnere, daß der Beschwerdevertreter am vorletzten möglichen Tag der Frist, welcher der 31. Jänner 1997 gewesen sein müsse, die Beschwerde unterfertigt habe, sowie daß er an diesem Tag alle Schriftstücke aus der Postmappe kuvertiert und zur Post getragen habe. Außerdem wurde dem Antrag eine Ablichtung aus dem Terminkalender vom 3. Februar 1997 beigeschlossen, aus dem hervorgehen soll, daß der letzte Tag der Beschwerdefrist ins Fristenbuch eingetragen und später durchgestrichen worden ist.
2. Der Antrag ist nicht gerechtfertigt.
Da das VerfGG in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ZPO idF der Zivilverfahrens-Novelle 1983, BGBl. 135/1983, sinngemäß anzuwenden: Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Unter "minderem Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (vgl. VfSlg. 9817/1983).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor: Schon nach dem Antragsvorbringen und der dem Antrag beigelegten eidesstattlichen Erklärung besteht kein Anhaltspunkt für die Annahme, daß die Fristversäumung auf nur leichter Fahrlässigkeit beruhen könnte. Es handelt sich nicht bloß um einen minderen Grad des Versehens, wenn ein eine Beschwerde nach Art144 Abs1 B-VG enthaltendes Briefkuvert in eine Spalte zwischen zwei Tische fällt und dort für fast zwei Wochen unentdeckt liegen bleibt.
Der Wiedereinsetzungsantrag war sohin abzuweisen.
3. Bei diesem Ergebnis war die mit dem Wiedereinsetzungsantrag verbundene Beschwerde nach Art144 Abs1 B-VG als verspätet zurückzuweisen.
4. Diese Beschlüsse wurden gemäß §33 bzw. §19 Abs3 Z2 litb VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt.
Schlagworte
VfGH / Wiedereinsetzung, VfGH / FristenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1997:B477.1997Dokumentnummer
JFT_10029688_97B00477_00