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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §13 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, in der Revisionssache der O P T in W, vertreten durch Mag. Katrin Ehrbar, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Dorotheergasse 12, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 22. August 2018, VGW-151/050/9213/2018-5, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 30. April 2018 wies der Landeshauptmann von Wien (belangte Behörde) den Antrag der Revisionswerberin vom 30. Juli 2015 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Angehöriger" nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) gestützt auf § 13 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 19 Abs. 3 NAG zurück.
Die Revisionswerberin sei - so die belangte Behörde - mit Schreiben vom 21. Februar 2018 zur Vorlage (ua.) eines gültigen Reisedokumentes (der vorgelegte Reisepass sei mit 29. November 2016 abgelaufen) aufgefordert und auf die Möglichkeit eines Zusatzantrags nach § 19 Abs. 8 NAG hingewiesen worden. Mit E-Mail vom 11. März 2018 habe die Revisionswerberin mitgeteilt, dass die (von ihr beantragte) Ausstellung eines neuen Reisepasses bislang nicht erfolgt sei und daher eine Verlängerung des Reisepasses beabsichtigt wäre. Eine telefonische Rückfrage beim Konsulat der Botschaft von Venezuela in Wien durch die belangte Behörde habe ergeben, dass ein vom Konsulat angeregter Antrag auf Verlängerung des Reisepasses (da eine Neuausstellung des Reisepasses derzeit nicht möglich sei) von der Revisionswerberin bislang nicht eingebracht worden sei. Da die Revisionswerberin - so die belangte Behörde abschließend - die fehlenden Unterlagen nicht fristgerecht vorgelegt und keinen Zusatzantrag gemäß § 19 Abs. 8 NAG eingebracht habe, müsse der Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels zurückgewiesen werden.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 22. August 2018 wies das Verwaltungsgericht Wien die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin ab. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde für unzulässig erklärt.
Im Beschwerdeverfahren habe die Revisionswerberin - so das Verwaltungsgericht - zunächst auf die Schwierigkeiten bei der Neuausstellung bzw. Verlängerung ihres Reisepasses verwiesen und bei einer Vorsprache am 22. Juni 2018 sodann vorgebracht, dass nach Auskunft ihres Bruders (der bei der Passbehörde in Venezuela nachgefragt habe) "der Antrag genehmigt worden sei und sie aber warten müsse". Am 13. August 2018 habe die Revisionswerberin dem Verwaltungsgericht ihren Originalreisepass vorgelegt, bei dem es sich - so das Verwaltungsgericht - immer noch um den im behördlichen Verfahren vorgelegten Reisepass "mit dem Ablaufdatum vom 29. November 2016" gehandelt habe.
In seinen rechtlichen Erwägungen verwies das Verwaltungsgericht auf (näher zitierte) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach das Fehlen von - dem Antrag anzuschließenden - Unterlagen (wie der Kopie eines gültigen Reisedokumentes) einen Mangel im Sinn des § 13 Abs. 3 AVG darstelle. Sowohl die belangte Behörde als auch das Verwaltungsgericht hätten der Revisionswerberin mehrfach die Möglichkeit zur Behebung dieses Mangels gegeben. Da die Revisionswerberin diesem Auftrag bis dato nicht nachgekommen sei, sei die Beschwerde abzuweisen gewesen.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
5 Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, weder die belangte Behörde noch das Verwaltungsgericht hätten sie aufgefordert, ihr mit 11. März 2018 erstattetes Vorbringen zu präzisieren und insbesondere zu klären, ob sie damit einen Zusatzantrag nach § 19 Abs. 8 NAG habe stellen wollen. Zudem sei der Revisionswerberin zu Unrecht keine Möglichkeit eingeräumt worden, zum Ergebnis der Ermittlungen der belangten Behörde beim Konsulat der Botschaft von Venezuela Stellung zu nehmen. Auch dies habe das Verwaltungsgericht nicht aufgegriffen.
Zu diesem Vorbringen ist Folgendes festzuhalten:
6 Die fehlende Vorlage eines gültigen Reisepasses begründet einen Mangel im Sinn des § 13 Abs. 3 AVG, weshalb die belangte Behörde die Vorlage der fehlenden Urkunde verlangen durfte (siehe VwGH 13.12.2011, 2010/22/0146; 28.5.2015, Ra 2015/22/0029). Die Revisionswerberin bestreitet nicht, dass sie ungeachtet der diesbezüglichen Aufforderung bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 30. April 2018 kein gültiges Reisedokument vorgelegt hat. Die Angemessenheit der Mängelbehebungsfrist wird nicht in Zweifel gezogen. Ebenso unstrittig (und mit den Verwaltungsakten in Einklang stehend) ist, dass das Aufforderungsschreiben der belangten Behörde eine Belehrung gemäß § 19 Abs. 8 letzter Satz NAG enthielt (vgl. demgegenüber zum Unterbleiben der gebotenen Belehrung VwGH 27.7.2017, Ra 2017/22/0107, mwN).
7 Die belangte Behörde hat der Zurückweisung des Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zugrunde gelegt, dass die Revisionswerberin keinen Zusatzantrag nach § 19 Abs. 8 NAG gestellt habe. Daran vermag der - von der Revisionswerberin ins Treffen geführte - Umstand, dass die belangte Behörde ungeachtet dessen beim Konsulat der Botschaft von Venezuela Erkundigungen über die Möglichkeit der Ausstellung eines Reisepasses eingeholt hat, nichts zu ändern. Somit fehlt es der von der Revisionswerberin monierten unterbliebenen Einräumung von Parteiengehör an Relevanz, weil diese Auskunft und deren Würdigung durch die belangte Behörde bei einer Antragszurückweisung ohne Vorliegen eines Zusatzantrags nach § 19 Abs. 8 NAG nicht entscheidungserheblich ist.
8 Im Fall der Zurückweisung eines Antrags ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage, ob die Zurückweisung zu Recht erfolgt ist (vgl. etwa VwGH 29.4.2010, 2008/21/0302; 17.10.2016, Ra 2016/22/0059, mwN). Vorliegend sind die unterbliebene Urkundenvorlage und die erfolgte Belehrung nach § 19 Abs. 8 NAG unstrittig. Die Rechtswidrigkeit der Zurückweisung könnte zwar auch darin begründet sein, dass die belangte Behörde zu Unrecht das Vorliegen eines Antrags nach § 19 Abs. 8 NAG verneint (und ausgehend davon darüber nicht entschieden) hat. Es ist aber zum einen nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde das E-Mail vom 11. März 2018 nicht als Zusatzantrag nach § 19 Abs. 8 NAG gewertet hat und auch nicht von einem unklaren Inhalt dieses Anbringens ausgegangen ist. Zum anderen ist nicht ersichtlich, dass die Revisionswerberin die Annahme der belangten Behörde, es sei kein Zusatzantrag nach § 19 Abs. 8 NAG gestellt worden, im Beschwerdeverfahren bestritten hat. Weder das im Zuge der Erhebung der Beschwerde erstattete Vorbringen der Revisionswerberin, laut Auskunft ihres Bruders sei ihr Antrag bereits genehmigt, noch die Vorlage ihres - mittlerweile verlängerten (siehe dazu sogleich) - Reisepasses im August 2018 lassen den Schluss zu, die Revisionswerberin habe im Beschwerdeverfahren die fehlende Auseinandersetzung mit einem von ihr gestellten Zusatzantrag, wonach ihr die Vorlage eines gültigen Reisepasses nicht möglich oder zumutbar sei, gerügt. Ausgehend davon musste sich das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall auch nicht damit befassen, ob die belangte Behörde die Revisionswerberin zu einer Präzisierung des Inhalts ihres Anbringens vom 11. März 2018 hätte auffordern müssen.
9 Da eine im Beschwerdeverfahren erfolgte Urkundenvorlage am Vorliegen des diesbezüglichen Zurückweisungsgrundes zum Zeitpunkt der Entscheidung durch die belangte Behörde nichts ändern könnte, ist zwar nicht nachvollziehbar, weshalb das Verwaltungsgericht seinerseits die Revisionswerberin zur Vorlage eines gültigen Reisedokumentes aufgefordert hat. (Ebenso wenig ist nachvollziehbar, weshalb das Verwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dass der im August 2018 von der Revisionswerberin vorgelegte Reisepass, der nach der im Akt befindlichen Kopie mittlerweile bis 7. Juni 2020 verlängert worden ist, keine Verlängerung aufweise.) Da das Verwaltungsgericht aber das Vorliegen des Zurückweisungsgrundes hinsichtlich des bekämpften Bescheides zutreffend bejaht hat, kommt es darauf fallbezogen nicht an. Die Bestätigung der den Antrag zurückweisenden Entscheidung ist im Ergebnis zu Recht erfolgt (siehe dazu wiederum VwGH Ra 2015/22/0029).
10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
11 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 28. Februar 2019
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die SacheBeschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Bindung an den Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018220237.L00Im RIS seit
27.03.2019Zuletzt aktualisiert am
26.04.2019