Index
23/01 InsolvenzordnungNorm
ASVG §67a Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätin Dr. Julcher sowie die Hofräte Mag. Berger und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der Dr. K W, Rechtsanwältin in Wien, als Masseverwalterin im Konkurs der M GmbH, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Mai 2015, W178 2003965- 1/15E, betreffend Beiträge nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Wiener Gebietskrankenkasse, vertreten durch die Preslmayr Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Universitätsring 12; weitere Partei: Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die Revisionswerberin hat der belangten Behörde Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 20. April 2011 zu 5 S 60/11z wurde der Konkurs über das Vermögen der eingangs genannten Gesellschaft (im Folgenden: Schuldnerin) eröffnet und die Revisionswerberin zur Masseverwalterin bestellt. Das Unternehmen der Schuldnerin wurde zunächst fortgeführt, im Juli 2011 wurde letztlich die Schließung angeordnet und Masseunzulänglichkeit angezeigt.
Die Schuldnerin hat in den gegenständlichen Beitragszeiträumen (vor und nach Insolvenzeröffnung) Dienstnehmer beschäftigt und als beauftragtes Unternehmen Bauleistungen nach § 19 Abs. 1a UStG 1994 für Auftrag gebende Unternehmen (im Folgenden: Auftraggeber) erbracht. Sie war dabei nicht gemäß § 67a Abs. 3 Z 1 ASVG in die Gesamtliste der haftungsfreistellenden Unternehmen (im Folgenden: HFU-Gesamtliste; vgl. § 67b ASVG) eingetragen. Die Auftraggeber haben zur Hintanhaltung einer Haftung gemäß § 67a Abs. 3 Z 2 ASVG Zahlungen (im Folgenden: AGH-Zahlungen) von EUR 75.542,89 nach Insolvenzeröffnung an die belangte Behörde im Wege des bei dieser eingerichteten Dienstleistungszentrums (im Folgenden: DLZ; vgl. § 67c ASVG) geleistet. Die belangte Behörde hat die Zahlungen gemäß § 1416 ABGB auf die ältesten unberichtigt aushaftenden Beiträge, bei denen es sich um Insolvenzforderungen handelt, angerechnet.
2.1. Mit Bescheid vom 13. Juni 2012 stellte die belangte Behörde nach erfolgter Beitragsprüfung und Erlassung eines Rückstandsausweises auf Antrag der Revisionswerberin gemäß § 410 Abs. 1 Z 7 ASVG fest, dass auf dem Beitragskonto der Schuldnerin per 13. Juni 2012 Sozialversicherungsbeiträge von insgesamt EUR 384.788,65 inklusive Verzugszinsen für den Zeitraum 12/2010 bis 8/2011 - darin enthalten EUR 97.655,70 für 12/2010, 3/2011, 4/2011 und 8/2011 (an Insolvenzforderungen), EUR 10.625,78 für 5/2011 und 6/2011 sowie EUR 276.507,17 für NV 5/2011 bis 7/2011 (jeweils an Masseforderungen) - unberichtigt aushafteten.
Die Revisionswerberin erhob gegen den Bescheid Einspruch. Der Landeshauptmann von Wien gab mit Bescheid vom 15. April 2013 dem Einspruch Folge, indem er den Bescheid mangels hinreichender Aufschlüsselung bzw. Nachvollziehbarkeit der rückständigen Beiträge behob und die Sache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwies.
2.2. Im zweiten Rechtsgang stellte die belangte Behörde mit Bescheid vom 28. Juni 2013 fest, dass auf dem Beitragskonto per 28. Juni 2013 Beiträge von EUR 331.163,28 inklusive Verzugszinsen für den Zeitraum 12/2010 bis 8/2011 - darin (weiterhin) enthalten EUR 97.655,70 für 12/2010, 3/2011, 4/2011 und 8/2011 (an Insolvenzforderungen), EUR 11.541,27 für 5/2011 und 6/2011 sowie EUR 221.966,31 für NV 5/2011 bis 7/2011 (jeweils an Masseforderungen) - unberichtigt aushafteten.
Die Revisionswerberin erhob gegen den Bescheid einen - mit Ablauf des 31. Dezember 2013 als Beschwerde zu behandelnden - Einspruch.
3.1. Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde teilweise Folge, indem es in Ansehung der Masseforderungen feststellte, dass jeweils per 31. Mai 2012 Sozialversicherungsbeiträge inklusive Verzugszinsen von EUR 10.625,78 für 5/2011 und 6/2011 sowie EUR 178.642,-- für NV 5/2011 bis 7/2011 unberichtigt aushafteten.
3.2. Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung den eingangs (zu Punkt 1.) wiedergegebenen Sachverhalt zugrunde. Ergänzend stellte es fest, dass von den nach Insolvenzeröffnung geleisteten AGH-Zahlungen (von insgesamt EUR 75.542,89) "EUR 23.845,-- für vor Konkurseröffnung durchgeführte Bauaufträge geleistet wurden, (EUR) 51.697,87 für die nach Konkurseröffnung durchgeführten Aufträge".
3.3. Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht, gemäß § 67a Abs. 1 ASVG hafte der Auftraggeber (für die vom Auftragnehmer an die Krankenversicherungsträger abzuführenden Beiträge) im Umfang von bis zu 20 % des geleisteten Werklohns. Die Haftung entfalle gemäß § 67a Abs. 3 ASVG, wenn entweder der Auftragnehmer im Zeitpunkt der Werklohnzahlung in die HFU-Gesamtliste eingetragen sei (Z 1) oder wenn mangels einer solchen Eintragung der Auftraggeber 20 % des Werklohns gleichzeitig mit der sonstigen Werklohnzahlung an das DLZ leiste (Z 2). Nach dem Wortlaut des § 67a Abs. 4 ASVG wirke diese Leistung gegenüber dem Auftragnehmer schuldbefreiend, es handle sich um eine Drittleistung, die anfechtungsfest im Sinn der §§ 27 ff IO sei.
Sache des hier gegenständlichen Verfahrens sei die Höhe der gegenüber der belangten Behörde unberichtigt aushaftenden Sozialversicherungsbeiträge. Entscheidende Frage sei dabei, wie die von den Auftraggebern nach Insolvenzeröffnung gemäß § 67a Abs. 3 Z 2 ASVG an die belangte Behörde geleisteten AGH-Zahlungen von EUR 75.542,89 zu berücksichtigen seien, nämlich ob sie auf Insolvenzforderungen oder auf Masseforderungen der belangten Behörde anzurechnen seien.
Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung dieser Frage liege nicht vor. Es sei daher im Wege der Auslegung eine Lösung zu finden, wobei vor allem auf die Bestimmungen des § 67a Abs. 3 Z 2 und Abs. 4 ASVG abzustellen sei, welche zwar die Frage nicht unmittelbar beträfen, jedoch die Regelungsabsicht des Gesetzgebers zum Ausdruck brächten.
In den ErläutRV 523 BlgNR 23. GP 5 zum AuftraggeberInnen-Haftungsgesetz, BGBl. I Nr. 91/2008, werde zu § 67a Abs. 4 ASVG - dem zufolge die AGH-Zahlungen schuldbefreiend wirkten, als Drittleistung gälten und keiner Anfechtung im Konkurs des Auftragnehmers unterlägen - ausgeführt, dass die konkursrechtliche Privilegierung punkto Anfechtbarkeit ihre Rechtfertigung darin finde, dass die Sozialversicherungsträger einerseits über ihre Schuldner nicht disponieren könnten und andererseits Leistungspflichten gegenüber den Versicherten und sonstigen Anspruchsberechtigten hätten, die im Wesentlichen durch Beiträge zu finanzieren seien. Daraus resultiere freilich ein vehementes öffentliches Interesse an der Sicherung der Finanzierung der Sozialversicherung, die durch Praktiken der Beitragshinterziehung, welche gerade durch die vorgeschlagene Haftungsregelung eingedämmt werden sollten, bedroht sei. Durch die Statuierung, die AGH-Zahlungen einer Anfechtung im Konkurs zu entziehen, werde daher eine sachlich begründete, stark eingegrenzte Ausnahmeregelung getroffen, die zur Hintanhaltung der spezifischen Probleme im Baubereich beitrage.
Aus diesen Erläuterungen erschließe sich die Absicht des Gesetzgebers, in Bezug auf die Sozialversicherungsbeiträge eine von den allgemeinen insolvenzrechtlichen Regelungen abweichende Behandlung der AGH-Zahlungen zu schaffen. Zwar sollten nach § 65 ASVG für die Behandlung der Beiträge im Insolvenzverfahren die Vorschriften der IO maßgebend sein, § 67a ASVG stelle jedoch eine Sondernorm dar, so wie die gesamte Auftraggeberhaftung eine Sonderregelung gegen die Uneinbringlichkeit der Beiträge sei und daher in diesem Sinn auszulegen sei. Folglich sollten nach dem Willen des Gesetzgebers im Insolvenzfall die geleisteten AGH-Zahlungen der Kasse verbleiben.
Der Revisionswerberin könne nicht gefolgt werden, soweit sie ihre gegenteilige Auffassung (vgl. auch Widhalm-Budak, Ausgewählte Rechtsfragen zur Auftraggeberhaftung gemäß § 67a ASVG, ZIK 2013/67, 54) auf die vorrangige Anwendung der Bestimmungen der IO stütze. Auch aus dem Umstand, dass in § 67a Abs. 2 ASVG für die Haftungsbegründung auf den Zeitpunkt der Werklohnzahlung abgestellt werde, sei hier wenig zu gewinnen, zumal der Zeitpunkt des Haftungseintritts grundsätzlich nur das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Kasse betreffe und nicht ohne Weiteres auf das Verhältnis zum Auftragnehmer übertragbar sei. Die Argumentation, wonach die Definition der AGH-Zahlungen als Drittleistung nach der Formulierung des § 67a Abs. 4 ASVG nur dazu diene, die im unmittelbaren Zusammenhang damit normierte Anfechtungsfestigkeit zu begründen, sei im Hinblick auf die ErläutRV ebenso nicht stichhältig. Der Revisionswerberin sei aber auch insofern nicht zu folgen, als sie die AGH-Zahlungen nur dann als schuldbefreiend ansehe, wenn diese der Insolvenzmasse zugewendet würden; diese Auffassung widerspreche einerseits dem Wortlaut des § 67a Abs. 4 ASVG, andererseits sei eine vorrangige Beachtung des § 3 Abs. 2 IO bei der gebotenen verfassungsmäßigen Interpretation auszuschließen, würde diese doch zu einer doppelten Zahlungspflicht des Auftraggebers (zum einen gegenüber der Kasse aus dem Titel der Auftraggeberhaftung, zum anderen gegenüber der Insolvenzmasse aus dem Titel des Werklohns) führen, was als unsachlich und gleichheitswidrig zu erachten wäre und vom Gesetzgeber nicht gewollt sein könne.
Eine zutreffende Lösung zeige indessen Derntl (in Sonntag (Hrsg.), ASVG6 § 67a Rz 26 ff) auf. Demnach sprächen gegen einen absoluten Vorrang der Insolvenzforderungen die in der Sanierungsfeindlichkeit und Verhinderung wirtschaftlich sinnvoller Fertigstellungen liegenden Konsequenzen. Umgekehrt sei gegen den Vorrang der Masseforderungen ins Treffen zu führen, dass dadurch der durch den Gesetzgeber mit der Auftraggeberhaftung intendierte Schutz der Sozialversicherung leichtfertig preisgegeben würde. Folglich seien aber nicht haftungsrechtliche Aspekte (Haftungsbegründung mit der Werklohnzahlung) entscheidend, sondern in Anknüpfung an § 46 Z 2 IO (wonach Sozialversicherungsbeiträge dann Masseforderungen seien, wenn der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt während des Insolvenzverfahrens verwirklicht werde) die zeitraumbezogene Verwirklichung des Grundtatbestands, der in der Erbringung der Werkleistung liege und über die Beschäftigung von Dienstnehmern erst zu einem Beitragsrückstand, der eine Haftung auslösen könne, führe. Folglich seien AGH-Zahlungen für bis zur Insolvenzeröffnung erbrachte Leistungen auf den als Insolvenzforderung zu wertenden Beitragsrückstand anzurechnen, hingegen minderten AGH-Zahlungen für nach Insolvenzeröffnung erbrachte Leistungen den als Masseforderung zu wertenden Beitragsrückstand. Auf den Zeitpunkt, zu dem die AGH-Zahlungen haftungsbefreiend an die Kasse geleistet würden, komme es nicht an.
Dieser Lösung stünden auch die (schon genannten) ErläutRV 523 BlgNR 23. GP 4f nicht entgegen. Zwar sei dort festgehalten, dass es sich bei der Auftraggeberhaftung um eine vom konkreten Auftrag losgelöste Haftung handle, die mit der Werklohnzahlung an den Auftragnehmer eintrete und alle - nicht nur die aus dem konkreten Auftrag resultierenden - Beitragsschulden umfasse, die bis zum Ende des Kalendermonats, in dem gezahlt werde, fällig würden. Ferner werde festgehalten, dass die Konstruktion einer vom konkreten Auftrag losgelösten Haftung gewählt worden sei, weil die Sozialversicherungsträger oft vor unlösbaren Situationen stünden, wenn sie eine auf den konkreten Auftrag bezogene Haftung geltend machen sollten, sei doch auf Grund der sich rasch ändernden Verhältnisse und für Außenstehende undurchsichtigen Abläufe bzw. Konstruktionen in der Baubranche und des Angewiesenseins auf Informationen durch die Betroffenen eine Zuordnung der Tätigkeit der Dienstnehmer zu konkreten Baustellen, Zeiträumen und Aufträgen in der Praxis nur schwer bzw. gar nicht möglich und könnten die Betroffenen die Sozialversicherungsträger daher leicht "ins Leere laufen lassen" bzw. eine Zuordnung unmöglich machen. Allerdings seien diese Erwägungen von praktischen Überlegungen geprägt und daher auf die laufende Umsetzung der Auftraggeberhaftung zu beschränken. Sie träfen hingegen in einem Fall - wie hier -, wo eine Insolvenzverwalterin die von ihr gesichteten Unterlagen zur Verfügung habe und diese der Zurechnung der Haftungsbeträge zugrunde gelegt werden könnten, nicht zu.
Die Lösung begegne auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, sondern unterliege der rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. Ihre sachliche Rechtfertigung sei darin zu sehen, dass die Sozialversicherung gegenüber den Dienstnehmern leistungspflichtig sei, auch wenn die vom Dienstgeber geschuldeten Beiträge nicht bezahlt würden. Die Verhinderung einer Belastung der Solidargemeinschaft aller Versicherten im Insolvenzfall des Beitragsschuldners sei jedoch ein sachlicher Grund für eine Sonderregelung betreffend die Beitragsverbindlichkeiten.
Insgesamt ergebe sich daher, dass fallbezogen jene AGH-Zahlungen, die Werklöhne für Leistungen (Beschäftigungszeiten) vor Insolvenzeröffnung beträfen, die Insolvenzforderungen der belangten Behörde minderten, hingegen jene AGH-Zahlungen, die Werklöhne für Leistungen (Beschäftigungszeiten) nach Insolvenzeröffnung beträfen, die Masseforderungen minderten. Folglich hafteten die im Spruch genannten Beiträge inklusive Zinsen für die näher genannten Zeiträume gegenüber der Revisionswerberin unberichtigt aus.
3.4. Das Verwaltungsgericht sprach weiters aus, dass die Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 67a Abs. 4 ASVG im Zusammenhang mit einer Insolvenzeröffnung fehle, die Bestimmung keine klare Regelung treffe und auch in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten würden.
4. Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend machende ordentliche Revision mit einem Abänderungsantrag dahingehend, die Minderung der als Masseforderungen unberichtigt aushaftenden Sozialversicherungsbeiträge um weitere EUR 51.697,87 festzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Revisionswerberin führt zur Zulässigkeit der Revision (im Wesentlichen) aus wie das Verwaltungsgericht. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf Abweisung der Revision.
5. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Revision ist aus den von der Revisionswerberin bzw. vom Verwaltungsgericht aufgezeigten Gründen zulässig. Sie ist jedoch aus den nachstehenden Erwägungen nicht berechtigt.
6. § 67a ASVG in der Fassung des AuftraggeberInnen-Haftungsgesetzes, BGBl. I Nr. 91/2008, lautet (auszugsweise):
"Haftung bei Beauftragung zur Erbringung von Bauleistungen
§ 67a. (1) Wird die Erbringung von Bauleistungen nach § 19 Abs. 1a des Umsatzsteuergesetzes 1994 von einem Unternehmen (Auftrag gebendes Unternehmen) an ein anderes Unternehmen (beauftragtes Unternehmen) ganz oder teilweise weitergegeben, so haftet das Auftrag gebende Unternehmen für alle Beiträge und Umlagen (§ 58 Abs. 6), die das beauftragte Unternehmen an österreichische Krankenversicherungsträger abzuführen hat oder für die es nach dieser Bestimmung haftet, bis zum Höchstausmaß von 20 % des geleisteten Werklohnes, wenn kein Befreiungsgrund nach Abs. 3 vorliegt.
(2) Die Haftung nach Abs. 1 tritt mit dem Zeitpunkt der Zahlung des Werklohnes ein und umfasst alle vom beauftragten Unternehmen zu entrichtenden Beiträge und Umlagen, die bis zum Ende jenes Kalendermonates fällig werden, in dem die Leistung des Werklohnes erfolgt. (...) Die Haftung kann geltend gemacht werden, wenn zur Hereinbringung der in Abs. 1 genannten Beiträge und Umlagen erfolglos Exekution geführt wurde oder bezüglich des beauftragten Unternehmens ein Insolvenztatbestand nach § 1 IESG vorliegt. (...)
(3) Die Haftung nach Abs. 1 entfällt,
1. wenn das beauftragte Unternehmen zum Zeitpunkt der Leistung des Werklohnes in der Gesamtliste der haftungsfreistellenden Unternehmen (HFU-Gesamtliste) nach § 67b Abs. 6 geführt wird oder
2. - wenn Z 1 nicht zutrifft - das Auftrag gebende Unternehmen 20 % des zu leistenden Werklohnes (Haftungsbetrag) gleichzeitig mit der Leistung des Werklohnes an das Dienstleistungszentrum (§ 67c) überweist.
(...)
(4) Die Überweisung nach Abs. 3 Z 2 wirkt gegenüber dem beauftragten Unternehmen schuldbefreiend; sie gilt als Drittleistung und unterliegt nicht dem Zweiten Abschnitt des Ersten Hauptstückes des Ersten Teiles der Insolvenzordnung. (...)"
7.1. Fallbezogen ist zunächst festzuhalten, dass die Voraussetzungen des § 67a Abs. 1 ASVG insoweit erfüllt sind, als die Schuldnerin bzw. die Revisionswerberin in den Beitragszeiträumen unstrittig Dienstnehmer beschäftigt hat (und damit der Beitragspflicht in der Sozialversicherung unterlegen ist) und als Subunternehmerin Bauleistungen nach § 19 Abs. 1a UStG 1994 für Auftraggeber erbracht hat. Da die Schuldnerin nicht in die HFU-Gesamtliste eingetragen war, haben die Auftraggeber zur Haftungsbefreiung nach § 67a Abs. 3 Z 2 ASVG AGH-Zahlungen von EUR 75.542,89 nach Insolvenzeröffnung im Wege des DLZ an die belangte Behörde geleistet. Die belangte Behörde hat diese Zahlungen auf die ältesten als Insolvenzforderungen aushaftenden Schulden angerechnet. Im Gegensatz dazu begehrt die Revisionswerberin die Einrechnung auf die als Masseforderungen unberichtigt aushaftenden Rückstände.
Das Verwaltungsgericht hat eine vermittelnde Position insofern eingenommen, als es die - Werklöhne für Leistungen vor Insolvenzeröffnung betreffenden - AGH-Zahlungen im Betrag von EUR 51.697,87 auf die Insolvenzforderungen, die - Werklöhne für Leistungen nach Insolvenzeröffnung betreffenden - AGH-Zahlungen im Betrag von EUR 23.845,02 hingegen auf die Masseforderungen angerechnet hat. Soweit das Verwaltungsgericht dabei aktenwidrig festgestellt hat, dass von den AGH-Zahlungen "EUR 23.845,-- für vor Konkurseröffnung durchgeführte Bauaufträge geleistet wurden, (EUR) 51.697,87 für die nach Konkurseröffnung durchgeführten Aufträge", liegt ein offensichtlicher Irrtum (Verwechslung der Beträge) vor, der auch nicht wesentlich im Sinn des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a VwGG ist, wurden doch im Spruch und in der rechtlichen Begründung die Beträge fehlerfrei zugeordnet.
7.2. Die Revisionswerberin strebt - wie schon gesagt - die Anrechnung der AGH-Zahlungen in voller Höhe auf die Masseforderungen an. Entgegen dem Einwand der belangten Behörde wird damit jedenfalls eine Verletzung in einem subjektiven Recht geltend gemacht, geht es doch um die richtige Feststellung des aushaftenden Bestands an Masseforderungen im Rahmen einer Abrechnungsentscheidung (vgl. dazu etwa VwGH 17.10.2012, 2010/08/0154; 13.12.2007, 2006/14/0061), wobei die Berührung der Revisionswerberin bzw. der Insolvenzmasse in einem Recht allein schon im Hinblick auf die rechtlich verschiedene Beurteilung von Masse- und Insolvenzforderungen evident ist (vgl. § 50 IO; OGH RIS-Justiz RS0041008).
7.3. In dem Zusammenhang ist weiters festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 VwGG nicht zu prüfen hat, ob ein Revisionswerber in irgendeinem Recht verletzt wurde, sondern nur, ob jenes Recht verletzt wurde, dessen Verletzung er behauptet; ferner ist darauf hinzuweisen, dass durch den nach § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG zu bezeichnenden Revisionspunkt der Prozessgegenstand festgelegt und der Rahmen abgesteckt wird, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses gebunden ist (vgl. VwGH 28.1.2016, Ro 2015/16/0040).
Vorliegend hat sich daher die Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof auf die Frage zu beschränken, ob die Revisionswerberin in dem geltend gemachten subjektiven Recht verletzt worden ist.
8.1. Was die zentrale Rechtsfrage betrifft, inwieweit die nach Insolvenzeröffnung geleisteten AGH-Zahlungen auf die unberichtigt aushaftenden Masseforderungen anzurechnen sind, so ist diese Frage im Gesetz nicht eindeutig geregelt, weshalb es einer Lösung durch Auslegung bedarf.
8.2. Auszugehen ist dabei vom Willen des Gesetzgebers (vgl. ErläutRV 523 BlgNR 23. GP 2 ff), wonach die Auftraggeberhaftung dazu dienen soll, der Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen in der Baubranche vorzubeugen und dadurch die Ordnung auf dem Arbeitsmarkt sowie die finanzielle Stabilität und Funktionsfähigkeit der Sozialversicherung wiederherzustellen. Die Haftung soll daher (im Ergebnis) die Beitragsleistung an die Sozialversicherungsträger sicherstellen und diese vor Zahlungsausfällen bewahren. Der Gesetzgeber geht dabei von einem besonderen Schutzbedürfnis der Sozialversicherungsträger aus, die zum einen über ihre Beitragsschuldner nicht disponieren können, zum anderen aber konkrete Leistungspflichten gegenüber den Versicherten und sonstigen Anspruchsberechtigten haben. Die Stellung der Sozialversicherungsträger als Pflichtgläubiger bringt es nämlich mit sich, dass sie ein Versicherungsverhältnis auch dann nicht beenden dürfen, wenn keine Beitragszahlungen erfolgen. Hieraus resultiert freilich ein vehementes öffentliches Interesse an der Sicherung der Finanzierung der Sozialversicherung (vgl. auch Derntl in ZIK 2013/127, 90; Rebhahn/Meißnitzer in Mosler/Müller/Pfeil (Hrsg.), Der SV-Komm (171.Lfg.), § 67a ASVG Rz 88).
9.1. Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber in Ansehung der AGH-Zahlungen in § 67a Abs. 4 ASVG normiert, dass die Zahlungen als - gegenüber dem Auftragnehmer schuldbefreiende - Drittleistung gelten und nicht der Insolvenzanfechtung (nach §§ 27 ff IO) unterliegen.
9.2. Die Qualifikation als Drittleistung soll dabei zum Ausdruck bringen, dass die AGH-Zahlungen als Leistung des Auftragnehmers (Schuldners), bewirkt durch den Auftraggeber als Dritten, gelten (siehe Rebhahn/Meißnitzer, aaO Rz 85). Die vorrangige Bedeutung der Anordnung einer Drittleistung ist zwar in Bezug auf den Ausschluss des Anfechtungsrechts im Insolvenzverfahren des Schuldners zu sehen (vgl. ErläutRV 523 BlgNR 23. GP 5). Sie ist aber - trotz Normierung im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Anfechtungsausschluss - nach dem Gesetzeswortlaut nicht auf anfechtungsrechtliche Umstände zu beschränken, sondern in einem umfassenden Sinn zu verstehen (vgl. Derntl in ZIK 2013/127, 90; Rebhahn/Meißnitzer,
aaO Rz 85).
Im Hinblick auf die Qualifikation als Drittleistung versagt auch die Bezugnahme der Revisionswerberin auf § 3 Abs. 2 IO, setzt diese Bestimmung doch eine Zahlung an den Schuldner (dessen Machthaber, Zahlstelle etc.) voraus (vgl. Schubert in Schubert/Konecny, Insolvenzgesetze (6. Lfg.) § 3 KO Rz 39). Eine solche liegt bei AGH-Zahlungen an das DLZ freilich nicht vor, ist dieses doch kein Machthaber, keine Zahlstelle etc. des die Beiträge schuldenden Auftragnehmers. Auch eine Anweisungskonstruktion (oder dergleichen), die eine derartige Deutung zuließe, ist nicht zu sehen. Die AGH-Zahlungen fallen daher jedenfalls nicht in die Anwendbarkeit des § 3 Abs. 2 IO (vgl. Rebhahn/Meißnitzer, aaO Rz 85).
9.3. Der Ausschluss der Insolvenzanfechtung soll sicherstellen, dass der Insolvenzverwalter nicht jenen Teil des Werklohns, den die Auftraggeber als AGH-Zahlungen an das DLZ geleistet haben, im Wege der Insolvenzanfechtung erlangen kann. Andernfalls könnten nämlich die Insolvenzverwalter im sehr insolvenzgeneigten Baugewerbe (siehe ErläutRV 523 BlgNR 23. GP 2) die Regelung der Auftraggeberhaftung in Bezug auf die AGH-Zahlungen gleichsam sinnlos machen, wenn die Zahlungen ohnehin nicht den Sozialversicherungsträgern verbleiben, sondern in die Insolvenzmasse fallen würden (vgl. Derntl in ZIK 2013/127, 90). Der Ausschluss der Insolvenzanfechtung gilt dabei unabhängig davon, ob der Vertragsabschluss und/oder die AGH-Zahlungen vor oder nach Insolvenzeröffnung erfolgt sind (vgl. Rebhahn/Meißnitz er, aaO Rz 65, 86).
9.4. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich somit zusammengefasst, dass der Gesetzgeber die Behandlung der AGH-Zahlungen - auch im Insolvenzfall - im Sinn einer gewissen Bevorzugung der Sozialversicherungsträger vor den anderen Gläubigern ausgestaltet hat, sollen doch die AGH-Zahlungen bzw. Haftungsbeträge grundsätzlich der Versichertengemeinschaft verbleiben (vgl. Rebhahn/Meißnitzer, aaO Rz 88).
10.1. Wie bereits festgehalten wurde, sind Masse- und Insolvenzforderungen rechtlich verschieden zu beurteilen, sind doch die Massegläubiger Gläubiger eigener Art, die sofort vorab aus der Masse befriedigt werden, wohingegen die Insolvenzgläubiger nur dann zum Zug kommen, wenn nach der vollen Befriedigung der Masseforderungen etwas übrig bleibt (vgl. § 50 IO; OGH RIS-Justiz RS0041008; RS0001009). Demnach ist - wenn offene Beiträge als Masseforderungen aushaften - das Risiko der Sozialversicherungsträger, einen Ausfall zu erleiden, weit geringer als dies bei Vorliegen von Insolvenzforderungen der Fall ist (vgl. Derntl in ZIK 2013/127, 90 f).
In Ansehung der nach Insolvenzeröffnung geleisteten AGH-Zahlungen folgt daraus, dass eine vorrangige Anrechnung auf als Insolvenzforderungen aushaftende Beiträge für die Sozialversicherungsträger vorteilhafter wäre, zumal solche Forderungen andernfalls nur nachrangig zu befriedigen und im hohen Maß ausfallsträchtig wären. Indessen wäre eine vorrangige Anrechnung auf als Masseforderungen aushaftende Beiträge für die Insolvenzgläubiger bzw. die Insolvenzmasse günstiger, weil dies letztlich zu einer Erhöhung der Masse und damit der Verteilungsquote führen würde. Eine derartige Konsequenz der Auftraggeberhaftung lag freilich nicht im Plan des Gesetzgebers, soll doch - wie schon gesagt - die Auftraggeberhaftung dem Schutz der Versichertengemeinschaft vor Beitragsausfällen dienen, eine vorrangige Abdeckung von Masseforderungen würde diesen Normzweck unterlaufen (vgl. Derntl in ZIK 2013/127, 90 f; Rebhahn/Meißnitzer, aaO Rz 87).
10.2. Umgekehrt würde aber auch eine vorrangige Abdeckung der als Insolvenzforderungen unberichtigt aushaftenden Sozialversicherungsbeiträge zu erheblichen Problemen führen, wäre doch damit eine Schmälerung der Insolvenzmasse mit weiteren negativen Konsequenzen - vor allem der Verhinderung wirtschaftlich sinnvoller Fertigstellungen, der Verhinderung bzw. Erschwerung von Unternehmenssanierungen und der Ausfallserhöhung für die anderen Gläubiger - verbunden. Eine vorrangige Abdeckung der Insolvenzforderungen widerspräche insbesondere auch den wesentlichen Zielsetzungen des Insolvenzrechts, nämlich eine gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger herbeizuführen und zugleich die vorhandenen Möglichkeiten einer Unternehmenssanierung zu wahren (vgl. Derntl in ZIK 2013/127, 91 (unter Hinweis auf die ähnlich gelagerte insolvenzrechtliche Problematik bei Umsatzsteuer in Bezug auf halbfertige Bauten); siehe auch Rebhahn/Meißnitzer, aaO Rz 87).
11.1. Nach dem Vorgesagten sprechen gewichtige Gründe sowohl gegen einen absoluten Vorrang der Masseforderungen als auch gegen einen absoluten Vorrang der Insolvenzforderungen. Da das Gesetz insofern keine (eindeutige) Lösung vorgibt, schließt sich auch der erkennende Senat der von Derntl (in ZIK 2013/127, 90; derselbe in Sonntag (Hrsg.), ASVG9 § 67a Rz 27 f) vorgeschlagenen vermittelnden Lösung an (zustimmend auch Rebhahn/Meißnitzer, aaO Rz 88).
11.2. Demnach ist davon auszugehen, dass die Frage der Anrechnung der AGH-Zahlungen auf Masse- oder Insolvenzforderungen - wie auch die Unterscheidung zwischen diesen beiden Kategorien von Forderungen - insolvenzrechtlicher Natur ist. Insoweit sind also nicht haftungsrechtliche Aspekte, wie der - von der Revisionswerberin reklamierte - haftungsauslösende Zeitpunkt der Werklohnzahlung nach § 67a Abs. 2 ASVG, entscheidend. Es ist vielmehr in Anknüpfung an die §§ 46, 51 IO - vor allem die analog anzuwendenden Kriterien des § 46 Z 2 IO (wonach Beiträge zur Sozialversicherung dann Masseforderungen sind, wenn der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt während des Insolvenzverfahrens verwirklicht wurde) - der relevante Sachverhalt in der zeitraumbezogenen Verwirklichung des Grundtatbestands zu sehen, welcher in der Erbringung der Werkleistung liegt und über die Beschäftigung von Dienstnehmern erst zu einem Beitragsrückstand, der eine Haftung auslösen kann, führt (vgl. Derntl in ZIK 2013/127, 92).
Folglich sind AGH-Zahlungen zur Vermeidung einer Haftung nach § 67a Abs. 3 Z 2 ASVG (wie auch Zahlungen in Erfüllung der Haftung nach § 67a Abs. 1 ASVG selbst) für Werkleistungen, die bis zum Tag der Insolvenzeröffnung (vgl. § 2 Abs. 1 IO) erbracht wurden, auf die als Insolvenzforderungen zu wertenden Beitragsrückstände anzurechnen, hingegen für Werkleistungen, die ab dem der Insolvenzeröffnung folgenden Tag erbracht wurden, auf die als Masseforderungen unberichtigt aushaftenden Beiträge (vgl. Derntl in ZIK 2013/127, 92; siehe auch Rebhahn/Meißnitzer, aaO Rz 87).
12.1. Der soeben dargestellten Lösung stehen die Gesetzesmaterialien (vgl. ErläutRV 523 BlgNR 23. GP 4 f) nicht entgegen, wonach es sich bei der Auftraggeberhaftung um eine vom konkreten Auftrag losgelöste Haftung für sämtliche (nicht nur die aus dem konkreten Auftrag resultierenden) Beitragsschulden des Auftragnehmers handeln soll und diese Konstruktion gewählt wurde, zumal die Sozialversicherungsträger auf Grund der sich rasch ändernden und für Außenstehende undurchsichtigen Verhältnisse in der Baubranche sowie der Notwendigkeit von Informationen durch die Betroffenen vor erheblichen Schwierigkeiten stünden, wenn sie eine auf den konkreten Auftrag bezogene Haftung geltend machen sollten.
Diese Erwägungen sind nämlich von praktischen Überlegungen geleitet, die ihre Rechtfertigung im Rahmen einer laufenden Abwicklung der Auftraggeberhaftung außerhalb eines Insolvenzverfahrens haben mögen. Sie treffen jedoch in einem Fall -
wie hier -, wo im Rahmen eines anhängigen Insolvenzverfahrens die Vertragsverhältnisse ohnedies näher zu prüfen sind und daher die erforderlichen Informationen verfügbar sind, nicht zu. Es ist davon auszugehen, dass der Insolvenzverwalter die notwendigen Unterlagen, die eine Anrechnung von AGH-Zahlungen auf Masseforderungen rechtfertigen, im Einzelfall vorlegen wird.
12.2. Die aufgezeigte Lösung begegnet - im Hinblick auf die bereits dargelegten Beweggründe des Gesetzgebers sowie im Hinblick auf das Vorliegen einer sachlich begründeten und stark eingegrenzten Ausnahmeregelung zur Hintanhaltung der spezifischen Probleme in der Bauwirtschaft (vgl. ErläutRV 523 BlgNR 23. GP 4) - auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (siehe auch Rebhahn/Meißnitzer, aaO Rz 88). Für einen von der Revisionswerberin angeregten Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof besteht kein Anlass.
12.3. Für die erörterte Lösung spricht nicht zuletzt die damit verbundene Objektivierung. Bei einem Abstellen auf den Zeitpunkt der Werklohnzahlung würde nämlich die Anrechnung der AGH-Zahlungen auf Insolvenz- oder Masseforderungen unter Umständen von bloßen Zufällen (bis hin zu gezielten Verzögerungen) bei der Vornahme der Zahlungen abhängig gemacht. Beim Abstellen auf den Zeitpunkt der Werkleistungen sind derartige Unsicherheiten hingegen auszuschließen.
13.1. Bei Anwendung der dargestellten Lösung im konkreten Fall führen somit jene AGH-Zahlungen, die Werklöhne für Leistungen vor Insolvenzeröffnung betreffen, zur Minderung der als Insolvenzforderungen unberichtigt aushaftenden Beiträge, hingegen jene AGH-Zahlungen, die Werklöhne für Leistungen nach Insolvenzeröffnung betreffen, zur Minderung der als Masseforderungen unberichtigt aushaftenden Beiträge.
Davon ausgehend ist das Verwaltungsgericht ohne Rechtsirrtum zum Ergebnis gelangt, dass die AGH-Zahlungen lediglich in einem Umfang von EUR 23.845,02 von den offenen Masseforderungen in Abzug zu bringen waren und die - im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses angeführten - sonstigen Beträge weiter unberichtigt aushaften.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
13.2. Gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG konnte von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof abgesehen werden, zumal das Verwaltungsgericht - ein Tribunal im Sinn des Art. 6 EMRK und ein Gericht im Sinn des Art. 47 GRC - eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat und somit weder Art. 6 EMRK noch Art. 47 GRC der Abstandnahme von einer Verhandlung entgegenstehen (vgl. VwGH 14.11.2018, Ra 2016/08/0082; 27.7.2017, Ra 2017/22/0060).
14. Die Zuerkennung des Aufwandersatzes für die Revisionsbeantwortung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung.
Wien, am 6. März 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RO2015080019.J00Im RIS seit
18.06.2019Zuletzt aktualisiert am
18.06.2019