TE Dok 2019/2/21 G 4 -DK IV/2016

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Veröffentlicht am 21.02.2019
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Norm

BDG 1979 §43 Abs1
BDG 1979 §44 Abs1

Schlagworte

Manipulation bei der Zeiterfassung, Handheld-Eingaben, Pausebuchungen, Geldstrafe

Text

D I S Z I P L I N A R E R K E N N T N I S

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen hat durch MR Mag. Friedrich PAUL als Senatsvorsitzenden sowie MR Mag. Felix KOLLMANN und ADir Franz Weninger als weitere Mitglieder des Disziplinarsenates IV nach der am 21. Februar 2019 in Anwesenheit der Disziplinaranwältin MR Mag. Ursula BACHMAIR, MBA und der Verteidigerin, RA Mag.Christine Schneidhofer, durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

NN

Beamter des Ruhestandes

ehem. Zusteller der Zustellbasis XX

ist

s c h u l d i g.

Er hat als Zusteller der Zustellbasis XX

1.   entgegen den erteilten Weisungen (Dienstanweisung vom 12. Dezember 2012 und Schulung betreffend Dienstaufzeichnung) die Zeiterfassung mittels MDE-Gerät, zu seinen Gunsten und zum Nachteil des Dienstgebers, nicht vorschriftsgemäß durchgeführt, an den nachfolgend angegebenen Tagen jeweils Pausen bzw. Zeitbuchungen wie „Dienstgang Ende“ nicht den Tatsachen entsprechend eingegeben und dadurch Mehrleistungen ausgewiesen sowie unzulässige Privatfahrten durchgeführt, indem er

a)   am 12. April 2016 nach der Zustellung am Gangordnungspunkt (GO) x „xx“ um 11:50 Uhr nicht den nächsten GO „xx“ angefahren, sondern unzulässigerweise zu seiner ca. 2,3 km entfernten Privatadresse „xx“ außerhalb seines Zustellrayons gefahren ist, um eine Ruhepause zu konsumieren und die von 11:50 Uhr bis 12:40 Uhr gemachte Pause (=50 Minuten) nicht korrekt gebucht hat, sondern lediglich eine Pause von 12:03 Uhr bis 12:33 Uhr im MDE-Gerät gebucht, damit eine nicht erfasste Pausenzeit von insgesamt 20 Minuten an Dienstzeit vorgetäuscht hat sowie zusätzliche Fahrkilometer von 4,6 km absolviert hat;

eine weitere nicht gebuchte Pause von 13:28 Uhr bis 13:35 Uhr bei der Abgabestelle „xx“ beim xxcafe konsumiert hat, was einen nicht gerechtfertigten Zeitaufwand von 7 Minuten darstellt;

nach Bedienung seiner letzten Abgabestelle „xx“, von 14:56 Uhr bis 15:00 Uhr den Postpartner xx aufgesucht hat und nicht mit der Bedienung der letzten Abgabestelle, sondern erst um 15:05 Uhr „GEHEN“ gebucht und weitere 5 Minuten ungerechtfertigt als Arbeitszeit dargestellt, somit in Summe an diesem Tag 32 Minuten als Arbeitszeit vorgetäuscht hat;

b)   am 14. April 2016 nach der Zustellung am GO xx nicht den nächsten GO „xx“ angefahren , sondern zu seiner ca. 2,3 km entfernten Privatadresse „xx“ außerhalb seines Zustellrayons gefahren ist, um eine Ruhepause zu konsumieren und die von 12:01 Uhr bis 12:44 Uhr gemachte Pause (=43 Minuten) nicht korrekt gebucht, sondern lediglich eine Pause von 12:07 Uhr bis 12:40 Uhr eingegeben und damit eine nicht erfasste Pausenzeit von insgesamt 10 Minuten an Dienstzeit vorgetäuscht hat sowie zusätzliche Fahrkilometer von 4,6 km absolviert hat;

an der Abgabestelle „xx“ beim xxcafe eine weitere nicht gebuchte Pause von 13:41 Uhr bis 13:51 Uhr konsumiert hat, wodurch weitere 10 Minuten ungerechtfertigt als Arbeitszeit vorgetäuscht wurden;

nach Bedienung der letzten Abgabestelle sich von 15:01 Uhr bis 15:17 Uhr beim Postpartner xx aufgehalten hat, wobei für die Übergabe von zwei Einschreibsendungen nicht ein erforderlicher Aufenthalt von ca. 4 Minuten, sondern 16 Minuten festgestellt wurde und damit mindestens 12 Minuten an Arbeitszeit vorgetäuscht wurden;

die „Gehen“ Buchung nicht nach Beendigung seiner Tätigkeit beim Postpartner xx um 15:17 Uhr, sondern erst beim Einlangen an seiner Heimadresse um 15:21 Uhr ins MDE Gerät eingegeben hat, dadurch weitere 4 Minuten vorgetäuscht, somit in Summe an diesem Tag 36 Minuten als Arbeitszeit vorgetäuscht hat;

c)   am 19. April 2016 „Dienstgang Anfang“ um 8:29 Uhr und die Bedienung der ersten Abgabestelle um 8:53 Uhr gebucht hat, wobei jedoch die errechnete Anfahrtszeit für die betreffenden 7 km ca. 10 Minuten beträgt und sich, bei 24 Minuten gebuchter Anfahrtszeit, ein nicht gerechtfertigter Zeitaufwand von 14 Minuten ergibt;

die Ruhepause nicht zu Beginn der Pause bei der Abgabestelle GO xx und am Ende bei der Abgabestelle GO „xx“ gebucht hat, sondern erneut bei Ankunft und Verlassen seiner Privatadresse von 12:05 Uhr bis 13:37 Uhr, wobei jeweils 5 Minuten für das Verlassen und die Rückfahrt zu seinem Rayon als Arbeitszeit dargestellt wurden, was somit einer vorgetäuschten Arbeitszeit von 10 Minuten entspricht sowie wiederum eine ungerechtfertigte Privatfahrt von 4,6 km mit dem Dienstfahrzeug absolviert hat;

bei der Abgabestelle „xx“ beim xxcafe eine ungerechtfertigte Pause von 13:56 Uhr bis 14:08 Uhr konsumiert und somit eine nicht erbrachte Arbeitszeit von 12 Minuten vorgetäuscht hat und nach Bedienung der letzten Abgabestelle sich für einen dienstlich nicht begründeten Zeitraum von 15 Minuten von 14:51 Uhr bis 15:06 Uhr beim Postpartner xx aufhielt und dadurch mindestens 10 Minuten an Arbeitszeit vorgetäuscht hat, in Summe an diesem Tag 46 Minuten als Arbeitszeit vorgetäuscht hat.

NN hat damit die Dienstpflichten eines Beamten nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, nämlich

seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zu Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen (§ 43 Abs.1 BDG 1979),

seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen (§ 44 Abs. 1 BDG 1979)

schuldhaft verletzt und dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen.

Es wird daher über ihn gemäß § 126 Abs. 2 in Verbindung mit § 134 Abs. Z 2 BDG 1979 die

Disziplinarstrafe der

G e l d s t r a f e

in der Höhe von € 200

verhängt.

Gemäß § 117 Abs. 2 BDG 1979 wird festgehalten, dass keine Verfahrenskosten zu ersetzen sind.

B e g r ü n d u n g

NN, geboren am xx.xx.1954, verheiratet, stand seit xx.xx.1974 im Postdienst.

Mit xx.xx.1978 wurde er zur Beamten ernannt. NN wurde mit Ablauf des xx.xx.2017 in den Ruhestand versetzt.

NN wurde bei der Zustellbasis XX als Zusteller in einem Gleitzeitdurchrechnungsmodell verwendet.

Aus der Dienstbeurteilung des Beamten vom 4. August 2016 geht unter anderem hervor, dass vom Beamten dienstliche Anweisungen kritisiert und meist nur zögerlich durchgeführt werden. Prozesse werden, trotz Aufforderung, nicht eingehalten. Mitarbeitergespräche erzielen nicht den gewünschten Erfolg, da der Beamte auch in sendungsschwachen Zeiten Korridorstunden aufbaut.

Herr K., Distributionsleiter, der ZB XX, führt in einer weiteren Dienstbeurteilung vom 2. März 2017 aus, NN erbringe eine durchschnittliche Arbeitsleistung und erfülle dabei nur teilweise die von ihm geforderte Qualität. Mehrleistungen würden nur widerwillig erbracht. Neue bzw. veränderte Aufgabenstellungen würden von NN nur zögerlich angenommen. Die vorgeschriebenen Prozesse würden nur bedingt eingehalten. Auf dienstliche Anordnungen reagiere NN oft uneinsichtig. Er zeige gegenüber anderen Kollegen kaum Hilfsbereitschaft.

In einer weiteren Dienstbeschreibung vom 7. März 2017 halt Herr K. fest, dass Qualitätsstandards nicht eigehalten werden würden, NN agiere nur in Teilbereichen kundenorientiert, Aufwand und Nutzen stünden nicht im richtigen Verhältnis, so seien Kundenwünsche ohne Berücksichtigung des zeitlichen Aufwandes und der vorhandenen Ressourcen erfüllt worden. Sendungen seien unter Missachtung der Regelprozesse trotz vorhandener Briefkästen direkt in die Geschäfte gebracht worden. Für die Rücksendung vorgesehene Kleinpakete habe NN regelmäßig in die Abgabebriefkästen eingeworfen, wodurch bei der Briekastenentleerung Mehraufwand entstanden sei.

Die Arbeitsgeschwindigkeit liege unter der Durchschnittsleistung und sei völlig unabhängig vom Arbeitsanfall, auch bei geringem Sendungsaufkommen komme es zu keinem Zeitabbau. Selbst bei Unterstützung durch die Kollegen konnte keine nennenswerte Reduzierung der Stunden festgestellt werden.

NN zeige sich gleichgültig gegenüber seiner Arbeitsleistung, auf dienstliche Anordnungen reagiere er oft mit Uneinsichtigkeit. Kritikfähigkeit sei nicht vorhanden gewesen. Eine persönliche Weiterentwicklung sei nicht erkennbar gewesen.

Zum Sachverhalt:

NN wies am 30. März 2016 Korridorstunden im Ausmaß von +165,04 Stunden auf. Dadurch wurden von H., Qualitätsmanagement Mitte, Outdoorkontrollen durchgeführt und das im Spruch dargestellte, nicht den Vorschriften entsprechende, Verhalten festgestellt. Bei diesen Kontrollen wurde an den im Spruch angeführten Tagen beobachtet, dass der Beamte durch verkürzte oder nicht vorgenommene Pauseneingaben im Zeiterfassungssystem längere Dienstzeiten ausgewiesen habe sowie die Befahrung des Zustellbezirkes nicht auf der wirtschaftlich kürzesten Fahrtstrecke erfolgte, sondern er nicht zulässige Fahrten zu seiner Wohnadresse durchführte.

Im Zuge der niederschriftlichen Befragung am 25. April 2016 gab unter anderem NN an, dass er „die Pause immer erst zu Hause, beim Verlassen des Fahrzeuges“ buche. Er habe diesbezüglich nie eine Aufklärung bekommen. Andere kurze Arbeitsunterbrechungen, z.B. beim Golfplatz, würden sich aufgrund des Kontaktes mit ihm bekannten Personen ergeben. Es sei ihm bekannt, die letzte Buchung bei der letzten Abgabestelle oder nach Beendigung der Tätigkeiten beim Postpartner abzuschließen. Er habe aufgrund einer „Sondersituation“ einen „Fehler“ begangen. Zum Vorwurf der Manipulationen gab der Beamte an: „manche sind vielleicht gerechtfertigt, andere sind es nicht. Zum Beispiel die Mittagspause.“

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der Disziplinarverfügung des Personalamtes Graz vom 22. September 2016, der niederschriftlichen Befragung des Beamten vom 25. April 2016, der Dienstanweisung vom 12. Dezember 2012, der Dienstbeurteilung des Beamten vom 4. August 2016 und den SAP-Ausdrucken.

Mit Disziplinarverfügung des Personalamtes X vom 22. September 2016 wurde über NN eine Geldbuße in Höhe von EUR 600,-- verhängt. Dem Beamten wurde vorgeworfen, dass er Pausen gar nicht bzw. falsch gebucht habe und DIENSTGANG ENDE sowie GEHEN-Buchungen falsch bzw. später als tatsächlich gebucht habe.

Begründet wird die disziplinäre Bestrafung damit, dass ein Vortäuschen von Arbeitszeiten im Ergebnis – wenn mit Vorsatz begangen – einen Dienstgeberbetrug und damit eine gerichtlich strafbare Handlung darstellen kann, da dieses zu einem finanziellen Schaden beim Arbeitgeber führe.

Durch diese Handlungsweise sei der Österreichischen Post AG auch ein Vertrauensschaden zugefügt worden, da wesentliche Interessen des Dienstgebers gefährdet bzw. betroffen wurden.

Mit innerhalb offener Frist eingebrachtem Einspruch vom 3. November 2016 bekämpfte NN die Disziplinarstrafe und ersucht um Prüfung der Sach- und Rechtslage, Aufhebung des Bescheides und Absehen von einer Strafe.

Der Beamte führte unter anderem aus, dass die Fahrt zur ersten Abgabestelle 13 Minuten betrage und die Verladung sowie die Verkehrslage nicht berücksichtigt sei. Am 12. April 2016 habe er seine Pause zu Hause von 12:03 bis 12:33 Uhr konsumiert, da er aufgrund von Medikamenten dringend das WC aufsuchen musste und das öffentliche WC weiter entfernt war. Überdies sei der Zeitaufwand bei der Abgabestelle „xx“ nachvollziehbar und sachlich zu begründen. An dieser Adresse hätten sich zu diesem Zeitpunkt drei Abgabestellen – mit außerordentlich vielen bescheinigten Sendungen – befunden.

Am 14. April 2016 habe er seine Pause wiederum zu Hause von 12:07 bis 12:40 Uhr konsumiert.

Die Dauer des Aufenthaltes beim Postpartner xx wurde unter anderem mit dem Zeitaufwand nach Art und Menge der Sendungen – Anzahl der Landannahmesendungen, hinterlegte RS-Briefe und Hybridbriefe – begründet.

Ihm sei „dezidiert nie untersagt“ worden, dass er seine Pause nicht zu Hause abhalten könne. Überdies sei er nicht geschult worden, „Pause“ schon bei der letzten Abgabestelle zu drücken. Er gestehe aber „eine gewisse Schuld ein“, weil er die Fahrzeit zu sich nach Hause als Arbeitszeit gebucht habe. Er zeige trotz seines Alters immer die Bereitschaft zu Mitbesorgungen und habe sich stets kollegial verhalten.

Gemäß § 132 BDG 1979 hat bei einem Einspruch gegen eine Disziplinarverfügung die Disziplinarkommission zu entscheiden, ob ein Verfahren einzuleiten ist. Der Bezug habende Einleitungsbeschluss wurde am

16. Jänner 2017 seitens der Disziplinarkommission gefasst.

In der mündlichen Verhandlung beschloss die Disziplinarkommission die Vertagung auf unbestimmte Zeit zur Durchführung ergänzender Ermittlungen.

Mit Schreiben vom 7. April 2017 richtete die Disziplinarkommission Fragestellungen an die Dienstbehörde, kurz gefasst zu den Themenstellungen

?    unerlaubtes Verlassen des Zustellganges zum Zweck einer Pause an der Wohnadresse;

?    Fahrt mit dem Dienst-PKW zum Zweck der Konsumation einer Mittagspause;

?    Eingaben von Pausen bzw. Ruhepausen in das MDE-Gerät bzw. Handheld;

?    Konsumation und Nichtbuchung von weiteren Zeiten durch den Beschuldigten, an denen er keine Arbeitsleistung erbracht hat.

Nach erfolgter Anberaumung der mündlichen Verhandlung am 21. Februar 2019 übermittelte Frau RA Mag. Schneidhofer ein Schreiben an die Disziplinarkommission, in welchem im Wesentlichen ausgeführt wird, NN habe keinesfalls in Schädigungs- und Betrugsabsicht gehandelt. Weiters wird der Vorwurf der ungerechtfertigten Anfahrtszeit an den Tagen 12. April 2016, 14. April 2016 und 19. April 2016 bestritten. Die an der Wohnadresse absolvierten Pausen wurden mit Medikamenteneinnahme und damit begründet, dass der Wohnort in einer geringeren Entfernung liege als ein öffentliches WC. Zur Abgabestelle xx wird ausgeführt, der höhere Zeitaufwand für die Aufgabenbewältigung resultiere-sinngemäß zusammengefasst- aus der örtlichen Gegebenheit bei der Abgabestelle. Hinsichtlich der Thematik des erhöhten Zeitaufwandes beim Postpartner wird im Wesentlichen auf die grundsätzliche Abhängigkeit von der Sendungskonstellation und der durchgeführten Abrechnung verwiesen. Es werde auch auf die Judikatur der Höchstgerichte verwiesen, der zu Folge die Mittagspause zu bezahlen sei. Auch wurde die von Herrn K. verfasste Dienstbeurteilung in Frage gestellt.

In einer vom Senatsvorsitzenden eingeholten Stellungnahme führte der Bereichsleiter Brieflogistik Mitte, Herr R., aus, NN habe im Zeitraum 1.Jänner 2015 bis 30. September 2017 5 Mitbesorgungen mit 5,7 Stunden erbracht. Er habe NN als destruktiven Mitarbeiter erlebt, der den Arbeitgeber u.a. mit unmachbaren Rayonen, körperlicher Überstrapazierung älterer Mitarbeiter, etc. konfrontiert habe. NN sei ein ständiger Unruheherd gewesen, seine Anwesenheit habe wesentlich zu einer negativen Stimmung beigetragen.

In der mündlichen Verhandlung am 21. Februar 2019 -die unter Zustimmung der Verteidigung aufgrund der Abwesenheit von Frau ADir Schmidt in geänderter Senatszusammensetzung stattfand- hielt der Senatsvorsitzende fest, unstrittig sei, dass eine Zeit-/Pausenbuchung korrekt vorzunehmen ist. NN habe „Fehler“ zugegeben. Privatfahrten mit Dienst-PKW seien nicht zulässig. Die Gangordnung sei einzuhalten. Rückforderungsansprüche wegen zu Unrecht empfangener Leistungen seien nicht aktenkundig. Auch die Dienstbeschreibung des Bereichsleiters Brieflogistik Mitte ist negativ. Der Sachverhalt werde als gegeben angenommen.

Der Senat hat Folgendes erwogen:

In der in Abwesenheit von NN und in Anwesenheit der Verteidigung durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde letztendlich der Fokus auf die im Folgenden dargestellten Kernfragen gelegt:

Der Sachverhalt im Spruch wurde seitens des Senates im Rahmen der freien Beweiswürdigung als gegeben angenommen. Die Rechtfertigungen von NN werden im Gesamtkontext als Schutzbehauptungen gewertet.

Seine Sichtweise bezüglich des Pausenbegriffes zeigt sich u.a. in der Befragung des NN vom 25. April 2016, in der er ausführte, es gebe manchmal bekannte Personen vor allem beim Golfplatz und daher spreche man oder schüttle die Hand. Er sei 20 Jahre Bürgermeister gewesen und unterhalte sich daher mit den Leuten (auf die Frage, warum er regelmäßig nur 30 Minuten Pause buche und die restlichen konsumierten Pausen als Arbeitszeit einpflege).

Die Vorschriften über die korrekte Zeiterfassung in der Briefzustellung wurden in der Dienstanweisung vom 12. Dezember 2012 (Basis ist die Betriebsvereinbarung „IST-Zeit in der Briefzustellung“ Teil C, Punkt 16 „Zeiterfassung“ vom 5. September 2012), die allen Zustellern nachweislich zugegangen ist, umfassend und nachvollziehbar geregelt und durch Schulungen den Zustellern mehrmals entsprechend kommuniziert.

Darin wird ausdrücklich festgehalten, dass Manipulationen jeglicher Art mit dem Ziel einer unrichtigen Erfassung der Arbeitszeit strengstens verboten sind und arbeits- bzw. dienstrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Es besteht die Verpflichtung, mittels MDE-Gerät korrekte und den Tatsachen entsprechende Zeitbuchungen, insbesondere Pausenbuchungen, durchzuführen. NN nahm u.a. an der Schulung zum Thema Zeiterfassung, Mehrleistungen/Überstunden, Dienstzeiten/Pausen am 24. Dezember 2012 teil.

Somit ist die Kenntnis der Regelungen eindeutig gegeben.

Auch die -in Frage gestellte Dienstbeurteilung des Distributionsleiters K. - wurde im Grundsatz vom Bereichsleiter Brieflogistik Mitte bestätigt. Auch in diesem Punkt zeigt sich die Wahrnehmung des NN im Gegensatz zu den Eindrücken der Vorgesetzten.

Die Österreichische Post AG ist gerade bei Heimfahrtgenehmigungen und der eingeschränkten Kontrollmöglichkeit im Außendienst in besonderem Maße darauf angewiesen, dass die Angaben des Beamten über seine Dienstzeiten und Pausen der Wahrheit entsprechen. Unkorrekte Angaben sind als schwerer Missbrauch zu werten und geeignet, das Vertrauen in die getreue und redliche Erfüllung der dienstlichen Aufgaben zu beeinträchtigen, wenn nicht sogar gänzlich zu zerstören.

Die Österreichische Post AG muss sich darauf verlassen können, dass die vom Zusteller gebuchten Dienst- und Pausenzeiten der Realität entsprechen, da eine tägliche Kontrolle betrieblich nicht durchführbar ist.

Auch wenn konzediert wird, dass sich einige der festgestellten Buchungsdifferenzen in einem relativ kleinen Rahmen bewegen, ist jedoch die Wichtigkeit von korrekten Dateneingaben hervorzuheben. Es darf dabei nicht übersehen werden, dass die täglich angesammelten Differenzen in der Summe eine nicht unerhebliche Stundenanzahl ergeben. Da Gutstunden über der Anzahl von 150 Stunden als Überstunden gewertet und ausbezahlt werden müssen, bzw. der Zustellbezirk bei permanenter Unterauslastung neu systemisiert werden müsste, entsteht der Österreichischen Post AG durch die im Spruch dargestellte Vorgangsweise, bei nicht rechtzeitiger Aufdeckung, auch ein beträchtlicher materieller Schaden.

Festgehalten wird, dass eine Rückforderung zu Unrecht empfangener Leistungen der Aktenlage nicht zu entnehmen ist.

Aufgrund der Heimfahrtgenehmigung des Beamten hätte dieser die Dienstende-Buchungen bei der letzten Abgabestelle bzw. bei der Benachrichtigungsfiliale vornehmen müssen. Durch die verspäteten Buchungen ist überdies zusätzliche Arbeitszeit ausgewiesen und damit vorgetäuscht worden.

Die Befolgung dienstlicher Weisungen – insbesondere die genaue und den Anordnungen entsprechende Angabe der Pausen und des Dienstendes sowie elementare Vorschriften über die wirtschaftliche Befahrung des Zustellbezirkes – stellt demnach eine der Kernpflichten eines Beamten dar und ist eine Grundvoraussetzung, dass der Dienstbetrieb mit zahlreichen Mitarbeitern und Dienststellen ordnungsgemäß funktionieren kann.

Die Unterstützung seiner Vorgesetzten und die damit verbundene Befolgung von dienstlichen Anordnungen sind somit eine wesentliche Voraussetzung für einen reibungslosen Betriebsablauf (§ 44 Abs. 1 BDG 1979).

Das Disziplinarrecht hat den Zweck, Beeinträchtigungen des Vertrauensverhältnisses, die durch Fehlverhalten der Beamten entstehen, zu beseitigen bzw. zu vermeiden.

Einerseits soll bei den Beschuldigten ein konstruktiver Gesinnungswandel (Einsicht) erreicht werden, der sie davon abhält, künftig weitere Dienstpflichtverletzungen zu begehen (Spezialprävention), andererseits muss mit dem Strafmittel auch ein Signal an andere Beamte gesetzt werden, diese von der Begehung von Dienstpflichtverletzungen abzuhalten, beziehungsweise ihr normgerechtes Verhalten zu bestätigen (Generalprävention). In spezialpräventiver Hinsicht war aber zu berücksichtigen, dass NN mit Ablauf des 30. September 2017 in den Ruhestand versetzt wurde und damit eine Wiederholungsgefahr nicht gegeben ist. Aus generalpräventiven Gründen bestand dennoch Handlungsbedarf, da klar zu stellen ist, dass eine derart gleichgültige Einstellung gegenüber den Dienstpflichten keinesfalls toleriert wird.

Mildernd wurde die lange Verfahrensdauer gewertet. Als erschwerend wurden die Nachhaltigkeit der Fehlbuchungen, des nicht weisungskonformen Verlassens des Rayons, der missbräuchlichen Verwendung des Dienstfahrzeuges für tägliche Privatfahrten, der weisungswidrigen Nichteinhaltung der Gangfolge sowie die negativen Dienstbeurteilungen gewertet.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Nach mündlicher Verkündigung des Erkenntnisses erfolgte die Rechtsmittelbelehrung durch den Vorsitzenden.

Sowohl Verteidiger als auch Disziplinaranwältin gaben einen Rechtsmittelverzicht ab.

Somit ist das Erkenntnis in Rechtskraft erwachsen.

-END-

Zuletzt aktualisiert am

25.03.2019
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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