TE Lvwg Erkenntnis 2019/2/25 LVwG-2019/43/0205-2

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Veröffentlicht am 25.02.2019
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Entscheidungsdatum

25.02.2019

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs2;
AVG §13 Abs5;
VwGVG §33 Abs1;

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seine Richterin Mag. Julia Schmalzl über

1.   die Beschwerde der AA, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid des Stadtmagistrats Z vom 30.11.2018, Zl ****, und

2.   den Wiedereinsetzungsantrag der AA, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 1, Z, betreffend die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Stadtmagistrats Z vom 30.11.2018, Zl ****,

zu Recht erkannt:

1.   Gemäß § 7 Abs 4 iVm §§ 28 und 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen.

2.   Gemäß § 33 Abs 1 VwGVG wird der Wiedereinsetzungsantrag als unbegründet abgewiesen.

3.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang, entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Mit Straferkenntnis des Stadtmagistrats Z vom 30.11.2018, Zl ****, wurde über die Beschwerdeführerin wegen Übertretung des § 14 Abs 1 lit a Tiroler Parkabgabegesetz eine Geldstrafe von € 50 (Ersatzfreiheitsstrafe ein Tag) verhängt. Dieses Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführerin zuhanden ihres rechtsfreundlichen Vertreters am 30.11.2018 zugestellt.

Die vorliegende Beschwerde der Beschwerdeführerin wurde am 28.12.2018 um 12:24 Uhr per Fax übermittelt.

Die Amtsstunden des Stadtmagistrats Z sind auf dessen Website unter der Rubrik Amtstafel (Hyperlink im Original enthalten) kund-gemacht. Demnach finden diese von Montag bis Donnerstag von 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr und von 13:00 Uhr bis 16:00 Uhr, sowie am Freitag von 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr statt. An selber Stelle findet sich die „Bekanntmachung, Stadtmagistrat Z Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 und Bundesabgabenordnung GZ. ****, 21.06.2018“, in welcher festgehalten ist: „Die Empfangsgeräte der bei der Stadt Z eingerichteten Behörden und Dienststellen für elektronische Anbringen in Form von Telefax, E-Mail und Online-Formular werden außerhalb der Amtsstunden nicht betreut. Ihr Anbringen gilt erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht und eingelangt, auch wenn es bereits vorher in den elektronischen Verfügungsbereich der Stadt Z gelangt ist.“

Mit Schreiben vom 31.01.2019 hielt das Landesverwaltungsgericht der Beschwerdeführerin vor, dass entsprechend den obigen Daten ihre Beschwerde verspätet eingebracht worden sei. Daraufhin legte die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 13.02.2019, eingelangt beim Landesverwaltungsgericht am 15.02.2019, eine Stellungnahme vor und stellte in eventu einen Wiedereinsetzungsantrag betreffend die Versäumung der Beschwerdefrist gegen den oe Bescheid des Stadtmagistrats Z vom 30.11.2018.

II.      Beweiswürdigung:

Die obigen Feststellungen sind im Wesentlichen den Verfahrensakten, insbesondere den darin enthaltenen Rückscheinen, entnommen. Die Kundmachung der Amtsstunden sowie die Bekanntmachung betreffend elektronische Anbringen beim Stadtmagistrat Z sind unter der oben genannten Internetadresse veröffentlicht.

III.     Rechtslage:

Die hier relevanten Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 138/2017, lauten wie folgt:

„§ 7

Beschwerderecht und Beschwerdefrist

(1) Gegen Verfahrensanordnungen im Verwaltungsverfahren ist eine abgesonderte Beschwerde nicht zulässig. Sie können erst in der Beschwerde gegen den die Sache erledigenden Bescheid angefochten werden.

(2) Eine Beschwerde ist nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat.

(3) Ist der Bescheid bereits einer anderen Partei zugestellt oder verkündet worden, kann die Beschwerde bereits ab dem Zeitpunkt erhoben werden, in dem der Beschwerdeführer von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs 2 Z 1 B-VG beträgt vier Wochen. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs 1 Z 2 B-VG beträgt sechs Wochen. Sie beginnt

1.   in den Fällen des Art. 132 Abs 1 Z 1 B-VG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung,

2.   in den Fällen des Art. 132 Abs 1 Z 2 B-VG dann, wenn der Bescheid dem zuständigen Bundesminister zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, sonst mit dem Zeitpunkt, in dem der zuständige Bundesminister von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat,

3.   in den Fällen des Art. 132 Abs 2 B-VG mit dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, wenn er aber durch diese behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, mit dem Wegfall dieser Behinderung, und

4.   in den Fällen des Art. 132 Abs 5 B-VG dann, wenn der Bescheid dem zur Erhebung der Beschwerde befugten Organ zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, sonst mit dem Zeitpunkt, in dem dieses Organ von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 33

(1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

[…]“

Die hier relevante Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG), BGBl 51/1991, idF BGBl I Nr 58/2018, lautet wie folgt:

„§ 13

Anbringen

(1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen. Erscheint die telefonische Einbringung eines Anbringens der Natur der Sache nach nicht tunlich, so kann die Behörde dem Einschreiter auftragen, es innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich oder mündlich einzubringen.

(2) Schriftliche Anbringen können der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen.

(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

(4) Bei Zweifeln über die Identität des Einschreiters oder die Authentizität eines Anbringens gilt Abs 3 mit der Maßgabe sinngemäß, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf der Frist als zurückgezogen gilt.

(5) Die Behörde ist nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten, und, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit verpflichtet, mündliche oder telefonische Anbringen entgegenzunehmen. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind im Internet und an der Amtstafel bekanntzumachen.

[…]

§ 32

Fristen

(1) Bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.

(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.“

IV.      Erwägungen:

1st  Zu Spruchpunkt 1. – verspätete Einbringung der Beschwerde

Die Beschwerdeführerin bringt vor, eine Rechtsmittelfrist ende erst mit Ablauf ihres letzten Tages, somit um 24:00 Uhr. Die Beschuldigte sei nicht dafür verantwortlich, dass unterschiedliche Behörden ihre Amtsstunden unterschiedlich regeln würden – dies unter Hinweis auf die offenbar verschiedenen Regelungen beim Landesgericht Z, der Bezirkshauptmannschaft Z und des Stadtmagistrats Z. Es reiche nicht aus, die Amtsstunden bloß im Internet bekannt zu geben. Vielmehr hätte in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Straferkenntnisses mitgeteilt werden müssen, dass die Beschwerde innerhalb der Amtsstunden einzubringen gewesen sei.

Des Weiteren führte die Beschwerdeführerin aus, es könne nicht ausreichen, dass behördliche Amtsstunden bloß im Internet veröffentlicht werden müssten, um faktisch die gesetzlich eingeräumten Rechtsmittelfristen zu verkürzen. Dies auch unter dem Gesichtspunkt, dass sich auf diese Weise die Amtsstunden jederzeit bzw jeden Tag ändern könnten. Überdies sei die Kundmachung des Stadtmagistrats Z mangelhaft. Wenn nämlich „Anbringen in Form von Telefax, E-Mail und Onlineformular außerhalb der Amtsstunden nicht betreut“ würden, bestehe die Möglichkeit, dass beispielsweise ein um 7:00 Uhr in der Früh [rechtzeitig] eingebrachtes Rechtsmittel nur deshalb zurückgewiesen würde, weil es nicht innerhalb der Amtsstunden eingebracht worden sei. Dies könne nicht im Sinne des Gesetzgebers sein.

Die gegenständliche Vorgehensweise sei zudem gleichheitswidrig im Sinne des Verfassungsgesetzes. Es sei nicht einzusehen, dass jemand, der beispielsweise krankheitsbedingt auf eine elektronische Einbringung angewiesen sei, schlechter gestellt werde, als jemand der physisch in der Lage sei, zur nächstgelegenen Post zu gehen um dort eine Eingabe zu tätigen.

Grundsätzlich ist zum vorliegenden Sachverhalt festzustellen, dass die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG gemäß § 7 Abs 4 VwGVG vier Wochen beträgt. Diese Frist beginnt gemäß § 7 Abs 4 Z 1 VwGVG mit dem Tag der Zustellung – im vorliegenden Fall am 30.11.2018 – zu laufen. Gemäß § 32 Abs 2 AVG – diese Bestimmung ist zufolge des § 17 VwGVG auch vom Landesverwaltungsgericht anzuwenden – enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Da der angefochtene Bescheid dem Zweitbeschwerdeführer am Freitag, dem 30.11.2018, zugestellt wurde, endete die vierwöchige Beschwerdefrist, auf welche in der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheids ausdrücklich hingewiesen wurde, am Freitag, dem 28.12.2018. Der oe Kundmachungen (Feststellungen zu Punkt I.) zufolge können Anbringen ein Stadtmagistrat Z von Montag bis Donnerstag von 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr und von 13:00 Uhr bis 16:00 Uhr, sowie am Freitag von 8:00 Uhr bis 12:00 rechtswirksam eingebracht werden und gelten andernfalls erst mit Wiederbeginn dieser Amtsstunden als rechtswirksam eingebracht. Die mit E-Mail vom Freitag, dem 28.12.2018 um 12:24 Uhr übermittelte Beschwerde, galt daher erst mit Beginn der Amtsstunden am Montag, dem 31.12.2018 um 8:00 Uhr als eingebracht, und erweist sich daher als verspätet.

Wenn die Beschwerdeführerin die dem eben dargestellten Überlegungen zugrundeliegenden Regelungen aus grundrechtlichen Erwägungen überhaupt in Frage stellt, ist auf das hierzu ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs G 106/2013 vom 03.03.2014 zu verweisen. Insofern als sie vermeint, es müsste ein entsprechender Hinweis bereits in der Rechtsmittelbelehrung enthalten sein, ist dem das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs Ra 2014/02/0167 vom 14.04.2016 entgegenzuhalten. Die von der Beschwerdeführerin außerdem aufgeworfene Frage, ob ein außerhalb der Amtsstunden „zu früh“ eingebrachtes Rechtsmittel womöglich auch als verspätet anzusehen sein könne, stellt sich schon aus dem Grund nicht, da die entsprechende Kundmachung ausdrücklich festgelegt, dass Anbringen mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht und eingelangt gelten.

Zusammengefasst ist das Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht geeignet, Zweifel an der oben dargestellten und vom Verwaltungsgerichtshof ständig vertretenen Rechtsansicht hervorzurufen, dass nämlich das gegenständliche Vorbringen als verspätet anzusehen ist (VwGH 2008/04/0089 vom 22.04.2009, Ra 2018/02/0185 vom 28.06.2018, Ra 2017/03/0071 vom 02.08.2017 ua).

2nd  Zu Spruchpunkt 2 – Wiedereinsetzung nach § 33 VwGVG

Ihren Wiedereinsetzungsantrag begründete die Beschwerdeführerin damit, dass aufgrund des Versäumnisses des Stadtmagistrats Z, in der Rechtsmittelbelehrung auf die Amtsstunden hinzuweisen – wenn überhaupt – Ein minderer Grad des Versehens auf Seiten der Beschwerdeführerin vorliege. Es handelt sich somit rechtlich gesehen um ein unabwendbares bzw unvorhergesehenes Ereignis, welches die Beschwerdeführerin davon abgehalten habe, ihre Beschwerde rechtzeitig einzubringen.

Hierzu ist festzuhalten, dass der oben zitierte § 33 VwGVG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eröffnet. Es müssen hierzu jedoch die Kriterien des § 33 Abs 1 kumulativ vorliegen, nämlich muss die Verspätung durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis hervorgerufen worden seien und darf das diesbezügliche Verschulden der Partei über einen minderen Grad des Versehens nicht hinausgehen.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass nach der zu § 71 Abs 1 AVG ergangenen Rechtsprechung – deren Grundsätze auf § 33 VwGVG übertragbar sind – das Verschulden des Vertreters dem Verschulden des vertretenen Wiedereinsetzungswerbers gleichzusetzen ist (zB VwGH Ra 2017/19/0113 vom 20.04.2017). Bei der Prüfung, ob diesbezüglich mehr als ein minderer Grad des Versehens vorliegt, ist an Rechtsanwälte ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundiger und bisher noch nie im gerichtlichen Verfahren beteiligten Personen; für die richtige Beachtung der Rechtsmittelfrist ist grundsätzlich immer der Rechtsanwalt selbst verantwortlich (VwGH Ra 2017/22/0064 vom 31.05.2017 ua). Wie der Verwaltungsgerichtshof zu VwGH 2008/05/0122 vom 23.06.2008 ausgesprochen hat, darf letzterer nicht auffallend sorglos gehandelt, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben.

Unter diesen Gesichtspunkten kann im vorliegenden Fall ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis nicht erkannt werden, zumal die maßgeblichen Vorschriften des § 13 Abs 2 und 5 AVG bereits mit der Novelle BGBl I 2008/5 im Wesentlichen ihre heutige Fassung erhielten. Auf Grund dieser Rechtslage sprach der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach zu per E-Mail eingebrachten Anbringen aus, dass diese nach Ende der Amtsstunden nicht fristwahrend eingebracht werden können (VwGH 2008/04/0089 vom 22.04.2009, Ra 2018/02/0185 vom 28.06.2018, Ra 2017/03/0071 vom 02.08.2017 ua). Aus demselben Grund und gerade, da diese Frage nicht nur in der Rechtsprechung ausführlich diskutiert wurde, kann auch das Vorliegen eines bloß minderen Grades des Versehens nicht festgestellt werden.

Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 Abs 1 VwGVG liegen daher nicht vor.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrens-hilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Julia Schmalzl

(Richterin)

Schlagworte

Beschwerde am letzten Tag der Beschwerdefrist nach Ende der Amtsstunden per E-Mail eingebracht;
Beschwerde verspätet;
Zurückweisung;
kein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.43.0205.2

Zuletzt aktualisiert am

25.03.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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