TE Lvwg Beschluss 2019/3/1 LVwG-AV-206/001-2019

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Veröffentlicht am 01.03.2019
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Entscheidungsdatum

01.03.2019

Norm

GewO 1994 §360 Abs1
AVG 1991 §13

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch Mag. Marzi als Einzelrichter über die Beschwerde des A, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 14. Jänner 2019, Zl. ***, betreffend Zurückweisungsbescheid i.A. gewerbliche Betriebsanlage, den

BESCHLUSS

1.   Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

2.   Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.

Begründung:

1.   Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich in Zusammenschau mit der Beschwerde nachstehender, entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

1.1.  Mit Schreiben der belangten Behörde vom 21. November 2018 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgefordert, bis 31. Jänner 2019 ergänzende Unterlagen betreffend seinen Antrag auf Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer KFZ-Service-Halle vorzulegen, andernfalls dieser Antrag zurückgewiesen werde.

1.2.  Ein Schreiben der belangten Behörde vom 4. Dezember 2018 an den Beschwerdeführer hat auszugsweise folgenden Inhalt (im Original; Ausführungen in eckiger Klammer hier und in der Folge durch das Landesverwaltungsgericht):

„[Darstellung der Verdachtsmomente und der Rechtsvorschriften]

Verfahrensanordnung

Die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt ordnet an, den der Rechtsordnung

entsprechenden Zustand der Betriebsanlage […], durch nachstehende Maßnahme herzustellen:

?    Alle gewerblichen Tätigkeiten einer KFZ-Servicestation am Standort […] sind binnen eines Tages nach Zustellung der Verfahrensanordnung einzustellen und ist die Betriebsanlage ebenso binnen eines Tages nach Zustellung der Verfahrensanordnung zu schließen.

Rechtsgrundlage:

§ 360 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994

Hinweise:

?    Bitte beachten Sie, dass die oben gesetzte Frist nicht erstreckbar ist!

?    Kommt der Gewerbetreibende dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes zu verfügen. Diese Verfügung gilt schließlich so lange bis eine rechtskräftige Genehmigung erteilt wurde.

?    Gegen diese Verfahrensanordnung ist gemäß § 7 Abs. 1 VwGVG eine abgesonderte Beschwerde nicht zulässig. Sie kann erst in der Beschwerde gegen den die Angelegenheit erledigenden Bescheid angefochten werden.“

1.3.  Mit E-Mail vom 6. Dezember 2018, eingelangt bei der belangten Behörde um 14:54 Uhr, übermittelte der Vertreter des Beschwerdeführers folgendes, ebenfalls mit 6. Dezember 2018 datiertes Schreiben:

„[Der Beschwerdeführer] hat am 6.12.2018 gegenständliche – offensichtlich gewillkürte – Verfahrensanordnung vom 4.12.2108 zugestellt erhalten und unverzüglich seinen umseits ausgewiesenen rechtsfreundlichen Vertreter kontaktiert.

Dieser hält sich bis zum 7.12.2018 berufsbedingt in *** auf.

Mein rechtsfreundlicher Vertreter hat unverzüglich mit der zuständigen Sachbearbeiterin, nämlich Frau [C], um 12.40 Uhr am 6.12.2108 telefonischen Kontakt aufnehmen wollen.

Entgegenkommender Weise hat eine Mitarbeiterin der BH Wiener Neustadt das Telefonat entgegengenommen und bekanntgegeben, dass Frau [C] auf Mittagspause ist.

Bei dem Telefonat hat sich ein konstruktives Gespräch mit Frau [D], wegen meiner höchst prekären Angelegenheit –

FRISTSETZUNG VON 1 TAG

herauskristallisiert und wurde meinem rechtsfreundlichen Vertreter zugesichert, dass sich Frau [C] nach ihrer Mittagspause SOFORT mit ihm in *** telefonisch in

Verbindung setzen wird.

Nachdem kein Rückruf kurz nach 13.00 Uhr von Frau [C] erfolgte, hat mein Anwalt neuerdings versucht Frau [C] zu erreichen und wurde ihm nachstehendes in Kurzform mitgeteilt:

.)       Frau [C] ist heute nicht mehr im Haus.

,)       Der Akte wurde Frau [E] übergeben.

.)       Auch diese ist heute nicht mehr im Haus.

Mein Anwalt hat versucht Frau [D] zu erreichen, um Klarheit zu erfahren, warum Frau [C] nicht, wie versprochen, zurückgerufen hat.

Antwort:

.)       Frau [D] ist außer Haus.

Diese eben zitierte Vorgehensweise ist einer Bezirkshauptmannschaft unwürdig und wird diese Vorgehensweise dem Bezirkshauptmann als massive Beschwerde vorgelegt werden.

Inhaltlich wird vorgebracht:

Da ich schriftlich eine Betriebsöffnung bis 31.01.2019 von der BH Wiener Neustadt zugesichert bekommen habe und sämtliche geforderten Unterlagen, insbesondere einen Elektrizitätsnachweis – nochmals wird dieser der BH Wiener Neustadt spätestens am 7.12.2018 übermittelt – der mir € 4.000,-- gekostet hat, vorgelegt habe, ist mir die Verfahrensanordnung der BH Wiener Neustadt unerklärlich und nicht nachvollziehbar.

Aus all diesen Gründen stelle ich den

ANTRAG

die BH Wiener Neustadt möge den „3-fachen Feuerwehreinsatz“ meines Anwaltes aus *** und die unerklärliche Vorgehensweise der Mitarbeiter der BH Weiner Neustadt einer entsprechenden Würdigung unterziehen und darüber hinaus möge sich die BH Wiener Neustadt an ihre schriftliche Festsetzung der Betriebsöffnung bis 31.01.2019 halten und gegenständliche Verfahrensanordnung unverzüglich schriftlich außer Kraft setzen und meinem rechtsfreundlichen Vertreter übermitteln.“

1.4.  Mit Schreiben der belangten Behörde vom 6. Dezember 2018, mit dem Betreff „Beschwerdevorlage“, wurde das oben zitierte Schreiben des Beschwerdeführervertreters vom 6. Dezember 2018 dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich „mit dem Ersuchen um Entscheidung über den Antrag auf Abweisung der Verfahrensanordnung vom 04.12.2018 vorgelegt.“

1.5.  Nach Ersuchen des Landesverwaltungsgerichts, ob das Schreiben vom 6. Dezember 2018 als Beschwerde im Sinne des VwGVG zu werten sei, führte der Beschwerdeführer mit E-Mail vom 9. Jänner 2019 wie folgt aus:

„Bezugnehmend auf das mit Ihnen am 7.01.2019 geführte Telefonat, erlaube ich mir bekanntzugeben, daß meine „Eingabe vom 6.12.2018“ nicht als Beschwerde nach dem Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz zu werten ist.

Falls diesbezüglich seitens meiner Kanzlei keine genaue Formulierung vorgenommen wurde, erlaube ich mir jetzt eine Richtigstellung dergestalt vorzunehmen, daß ich ausschließlich die Vorgehensweise der BH Wiener Neustadt, wie in meiner Eingabe vom 6.12.2018 eindeutig ersichtlich, rüge.

Aus meiner bescheidenen Rechtsauffassung verwundert es mich, daß meine Eingabe als Beschwerde gewertet wurde, nämlich deshalb, da ich keine Entscheidung, beispielsweise einen Bescheid von der BH Wiener Neustadt mit entsprechender Rechtsbelehrung erhalten habe.“

1.6.  Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich übermittelte daher den vorgelegten Verwaltungsakt samt „Beschwerde“ und E-Mail vom 9. Jänner 2019 an die belangte Behörde zurück.

1.7.  Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 14. Jänner 2019 sprach die belangte Behörde aus, dass der „Antrag vom 06.12.2018 auf Abweisung der Verfahrensanordnung“ zurückgewiesen werde, wobei als Rechtsgrundlage § 13 Abs. 3 AVG angegeben wurde.

1.8.  Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, welche auszugsweise wie folgt lautet:

„Es liegt der BH Wiener Neustadt ein Bescheid vor, aus welchem ersichtlich ist, daß am 31.01.2019 der gegenständliche Betrieb geschlossen wird.

Vorgebracht wird in diesem Zusammenhang, daß [der Beschwerdeführer] pflicht- und ordnungsgemäß sämtliche geforderten bezughabenden Unterlagen Mitte Jänner 2019, insbesondere die Pläne, der BH Wiener Neustadt vorgelegt hat.

Sohin sind sämtliche geforderten Unterlagen fristgerecht vorgelegt worden.

Eine Betriebsschließung des gegenständlichen Unternehmens ist somit obsolet geworden, das heißt weiters im Klartext, daß der Bescheid der BH Wiener Neustadt, in welchem die Betriebsschließung mit 31.01.2019 angedroht wurde, ersatzlos aufzuheben ist.

Aus all diesen Gründen wird der

ANTRAG

gestellt, den Bescheid der BH Wiener Neustadt vom 14.01.2019 ersatzlos aufzuheben.“

2.   Rechtliche Erwägungen:

2.1.1.  Eingangs ist festzuhalten, dass das vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde als „Bescheid“ bezeichnete Schreiben der belangten Behörde vom 21. November 2018, keinen Bescheid, sondern eine – nicht rechtskraftfähige und auch nicht gesondert anfechtbare – Verfahrensanordnung darstellt (vgl. VwGH vom 26. April 1990, 90/06/0044), die auch nicht „aufgehoben“ werden kann. Ebensowenig wurde damit „schriftlich eine Betriebsöffnung bis 31.01.2019 von der BH Wiener Neustadt zugesichert“ (so aber die rechtlich verfehlte Meinung des Beschwerdeführers in seinem Schreiben vom 6. Dezember 2018).

Die Einbringung eines Genehmigungsantrags für eine Betriebsanlage hindert die Vorschreibung einer Maßnahme nach § 360 Abs. 1 GewO 1994 (zB Betriebsschließung) nicht (vgl. zB VwGH vom 27. Oktober 2014, 2013/04/0079), da der Betrieb einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage bis zur erforderlichen Genehmigung unzulässig ist.

2.1.2.1.  Bei der Ermittlung von Rechtsqualität und Inhalt eines Anbringens kommt es aber nicht auf die Bezeichnung durch den Einschreiter, sondern auf den Inhalt der Eingabe, also auf das daraus erkenn- und erschließbare Ziel des Einschreiters an. Entscheidend ist, wie das Erklärte, also der Wortlaut des Anbringens unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszwecks und der Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Im Zweifel darf nicht davon ausgegangen werden, dass eine Partei einen von vornherein sinnlosen oder unzulässigen Antrag gestellt hat. Weist ein Anbringen einen undeutlichen Inhalt auf, so hat die Behörde durch Herbeiführung einer entsprechenden Erklärung den wahren Willen des Einschreiters festzustellen (vgl. zB VwGH vom 19. März 2013, 2012/21/0082).

2.1.2.2.  Ein „Antrag“, mit welchem eine bescheidmäßige Aufhebung einer Verfahrensanordnung gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 verlangt wird, ist ebenso unzulässig wie die Beschwerde gegen eine solche Verfahrensanordnung (zum Charakter einer Aufforderung nach § 360 Abs. 1 erster Satz GewO 1994 als nicht gesondert anfechtbare Verfahrensanordnung vgl. VwGH vom 24. Mai 2006, 2006/04/0033). Wäre das Schreiben vom 6. Dezember 2018 tatsächlich als Antrag auf bescheidmäßige Aufhebung der Verfahrensordnung vom 4. Dezember 2018 zu deuten, wäre der angefochtene Bescheid rechtmäßig und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

2.1.2.3.  Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes stellt das Schreiben vom 6. Dezember 2018 jedoch keinen „Antrag“ auf bescheidmäßige „Aufhebung der Verfahrensanordnung“ dar, sondern ist seinem Inhalt nach als (bloße) Dienstaufsichtsbeschwerde zu werten (zur Maßgeblichkeit des Inhaltes und der Unerheblichkeit der Bezeichnung für die Einordnung einer Eingabe als Dienstaufsichtsbeschwerde siehe auch VwGH vom 22. Dezember 2000, 2000/12/0307, mit Verweis auf VwGH vom 24. April 1996, 93/12/0217).

Das Schreiben ist nämlich schon nach seinem Wortlaut, unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszwecks und der Aktenlage (insbesondere dem ebenfalls zitierten weiteren E-Mail vom 6. Dezember 2018) eher als Dienstaufsichtsbeschwerde und nicht als – unzulässiger – „Antrag auf Aufhebung der Verfahrensanordnung“ zu werten, wenngleich durch die missverständliche Formulierung Zweifel blieben. Mit E-Mail vom 9. Jänner 2019 („daß ich ausschließlich die Vorgehensweise der BH Wiener Neustadt, wie in meiner Eingabe vom 6.12.2018 eindeutig ersichtlich, rüge“) wurde aber klargestellt, dass eine bloße Dienstaufsichtsbeschwerde vorliegt und auch keine bescheidmäßige Erledigung darüber verlangt wurde.

2.1.3.  Damit ist für den Beschwerdeführer allerdings nichts gewonnen:

Eine Dienstaufsichtsbeschwerde löst nämlich nach ständiger Rechtsprechung des VwGH keine Entscheidungspflicht aus (vgl. abermals VwGH vom 22. Dezember 2000, 2000/12/0307, sowie zB VwGH vom 16. Dezember 1992, 92/12/0073), da es ein subjektives Recht auf Wahrnehmung der Dienstaufsicht nicht gibt.

Fehlt allerdings ein Recht auf Wahrnehmung der Dienstaufsicht und damit auf bescheidmäßige Entscheidung über eine Dienstaufsichtsbeschwerde (und wurde – wie hier – eine bescheidmäßige Entscheidung darüber auch nicht verlangt), kann die Zurückweisung der Dienstaufsichtsbeschwerde nicht in subjektive Rechte des Beschwerdeführers eingreifen (vgl. VwGH vom 14. Dezember 2007, 2006/05/0152). Dasselbe gilt im Übrigen für gar nicht gestellte „Anträge“ (vgl. VwGH vom 17. Jänner 1989, 87/11/0283).

Mangels Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers ist die Beschwerde somit – gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG unter Entfall einer Verhandlung – als unzulässig zurückzuweisen (zum Rechtsschutzbedürfnis als Prozessvoraussetzung im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten vgl. zB VwGH vom 28. Jänner 2016, 2015/11/0027).

2.2.  Die Revision ist nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Die Auslegung abgegebener Erklärungen betrifft nur den Einzelfall und liegt auch diesbezüglich keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. VwGH vom 29. November 2018, Ra 2017/06/0146).

Schlagworte

Gewerberecht; Betriebsanlage; Verfahrensrecht; Verfahrensanordnung; Zwangs- und Sicherheitsmaßnahme; Betriebsschließung; Genehmigungsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.206.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

25.03.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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