TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/11 G304 2190058-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.10.2018
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Entscheidungsdatum

11.10.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G304 2190058-1/6E

G304 2190060-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER als Vorsitzende, sowie den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER und den fachkundigen Laienrichter Helmut WEIß als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, gegen die Bescheide des Sozialministeriumservice, Landesstelle Kärnten, vom 31.01.2018 und 01.02.2018, Sozialversicherungsnummer: XXXX, betreffend den festgestellten Grad der Behinderung und betreffend die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" nicht vorliegen, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde betreffend den festgestellten Grad der Behinderung wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde betreffend Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wird gemäß §§ 1 Abs. 2, 40, 41 Abs. 1, 42 und 45 des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. Nr. 283/1990, sowie § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, in der jeweils geltenden Fassung, stattgegeben.

Die Voraussetzungen für die Eintragung des Zusatzes "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass liegen vor.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 22.12.2017 hat die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Kärnten, (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß §29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis) samt Beilagen eingebracht.

Auf dem Antragsformular steht folgender Hinweis:

"Wenn Sie noch nicht im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" sind, gilt dieser Antrag auch auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass."

2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 26.01.2018 wird aufgrund der am 23.01.2018 durchgeführten Begutachtung der BF im Wesentlichen Folgendes festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Zustand nach Rektumamputation bei Rektumkarzinom Mittlerer Rahmensatz bei Notwendigkeit einer Dauerstomaversorgung und chemotherapieinduzierten Gefühlsstörungen in beiden Beinen

13.01.03

70

2

Degenerative Veränderung der Wirbelsäule unterer Rahmensatz bei chronischem Schmerz mit mittelgradiger Bewegungseinschränkung, keinen sensomotorischen Defiziten, entsprechenden Befunden, derzeit keine Therapie erforderlich

02.01.02

30

3

Diabetes mellitus mittlerer Rahmensatz bei stabilem Zustand unter Medikation

09.02.01

20

4

arterielle Hypertonie fixer Rahmensatz bei entsprechender Medikation

05.01.01

10

Gesamtgrad der Behinderung 70 v.H.

 

 

 

Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung (GdB) wurde ausgeführt:

"GS 1 führt, GS 2 steigert bei mäßiger Bewegungseinschränkung nicht weiter, GS 3 und GS 4 steigern bei stabilem Zustand unter Medikation nicht."

3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 31.01.2018 wurde der BF ihr Behindertenpass samt beigelegtem Sachverständigengutachten vom 26.01.2018 übermittelt, und ihr ein festgestellter Grad der Behinderung in Höhe von 70 v.H. mitgeteilt.

Folgende "Anmerkung" wurde angefügt:

"Die Entscheidung über die von Ihnen beantragte Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel", welche für die Ausstellung eines Parkausweises erforderlich ist, erfolgt gesondert."

4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 01.02.2018 wurde der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen. Begründend dafür wurde ausgeführt, dass im Ermittlungsverfahren ein Gutachten eingeholt worden sei. Nach diesem Gutachten würden die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der einen Bestandteil der Begründung bildenden Beilage - dem eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. XXXX - zu entnehmen. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt worden. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke (300 bis 400 Meter) nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, auch unter der Verwendung der zweckmäßigsten Behelfe, ohne Unterbrechung zurückgelegt werden könne oder wenn die Verwendung des erforderlichen Behelfs die Benützung des öffentlichen Transportmittels in hohem Maß erschweren würde.

Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauerhafte Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieses Verkehrsmittels angegebenen Bedingungen auswirke.

Folgende "Anmerkung" wurde noch angefügt:

"Über den Antrag auf Ausstellung eines §29b - Ausweises nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) wird nicht abgesprochen, da die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht vorliegen."

5. Gegen diesen Bescheid und gegen den zuvor ausgestellten Behindertenpass der BF wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Es wurde um nochmalige Begutachtung und Beurteilung ihres Gesundheitszustandes ersucht.

6. Am 22.03.2018 langten gegenständliche Beschwerden samt dazugehörigen Verwaltungsakten beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) ein.

7. Mit Schreiben des BVwG vom 24.05.2018, Zahl: G304 2190058-1/2Z, 2190060-1/2Z, wurde Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, ersucht, ein Sachverständigengutachten auf der Grundlage der Einschätzungsverordnung zu erstellen und dieses binnen sechs Wochen ab Begutachtung dieser Verfügung dem BVwG zu übermitteln.

Mit weiterem Schreiben des BVwG vom 24.05.2018, Zahl: G304 2190058-1/2Z, 2190060-1/2, wurde die BF aufgefordert, sich am 26.06.2018, um 09.30 Uhr bei Dr. XXXX zur ärztlichen Begutachtung einzufinden.

8. In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX vom 26.06.2018 wird auf Grundlage der Einschätzungsverordnung nach Durchführung einer Begutachtung des BF am 26.06.2018 im Wesentlichen Folgendes festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Zustand nach Rektumamputation bei Rektumkarzinom Operation 11/2016 Mittlerer Rahmensatz bei Notwendigkeit einer Dauerstomaversorgung und chemotherapieinduzierten Gefühlsstörungen in beiden Beinen

13.01.03

70

2

Degenerative Veränderung der Wirbelsäule seit vielen Jahren Unterer Rahmensatz bei chronischem Schmerz mit mittelgradiger Bewegungseinschränkung, degenerative Veränderungen in der Bildgebung, derzeit keine Therapie erforderlich

02.01.02

30

3

Diabetes mellitus Seit Jahren, letzter Langzeitwert 6,9% Mittlerer Rahmenwert bei stabilem Zustand unter Medikation

09.02.01

20

4

arterielle Hypertonie fixer Rahmensatz bei entsprechender Medikation

05.01.01

10

Gesamtgrad der Behinderung 70 v.H.

 

 

 

Als "Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung" wurde ausgeführt:

"Führend ist die Gesundheitsschädigung 1, weil sie die Schwerwiegendste ist. Die anderen Gesundheitsschädigungen stehen einerseits nicht in einer schwerwiegenden, direkten, ungünstigen Wechselwirkung zu der führenden Gesundheitsschädigung und sind andererseits nur gering ausgeprägt, daher steigern sie nicht."

Eine Nachuntersuchung wurde für 11/2021 vorgesehen - nach Ablauf der Heilungsbewährung.

Im Sachverständigengutachten wurde unter "subjektive Beschwerden" angeführt:

"Ich hatte eine schwere Wundheilungsstörung und bin über 1 Monat lang mit einer Vacuumtherapie versorgt worden. Ich habe auch Nervenschmerzen im Bein, bin im Kreuz infiltriert worden. Dann wurde mir Lyrica verschrieben, seither sind die Beschwerden etwas besser und ich kann wieder schlafen. Ich kann langsamen Schrittes 400 Meter spazieren gehen mit meinem Hund. In meinem Haus habe ich viele Stufen, das Stiegen steigen fällt mir schwer. Ich versstehe nicht warum ich nicht am Behindertenparkplatz stehen darf. Ich bin Diabetikerin. Mein letzter Langzeitwert war bei 6,9%."

Es wurde Folgendes festgehalten:

"Kann eine kurze Wegstrecke selbstständig zurückgelegt werden?

Ja, sie geht täglich etwa 400 Meter weit mit dem Hund spazieren.

Ist das Ein- und Aussteigen bei einem üblichen Niveauunterschied ohne fremde Hilfe möglich?

Ja, sie muss zu ihrer Haustüre 24 Stufen zurücklegen, das ist möglich.

Ist ein sicherer Transport im öffentlichen Verkehrsmittel unter den üblichen Transportbedingungen möglich?

Ja, es sind keine Stürze dokumentiert, sie benützt keine Gehhilfe."

9. Mit Verfügung des BVwG 12.07.2018, Zl. G304 2190058-1/4Z, 2190060-1/4Z, der BF zugestellt am 18.07.2018, wurde der BF das eingeholte Sachverständigengutachten übermittelt und ihr zur Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen zehn Tagen ab Zustellung dieser Verfügung Stellung zu nehmen.

10. Eine Stellungnahme dazu langte bislang beim BVwG nicht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF ist im Besitz eines Behindertenpasses. Ihr Grad der Behinderung beträgt 70 v.H.

Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung ist nicht zumutbar" liegen vor.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

2.2. Die BF brachte im gegenständlichen Fall bei der belangten Behörde zweimal dieselbe Beschwerde ein, wobei jeweils die OB-Nummer des abweisenden Bescheides hinsichtlich beantragter Zusatzeintragung angeführt wurde.

Inhaltlich wandte sich die BF mit ihrer Beschwerde gegen die gesamte dem Bescheid vom 01.02.2018 zugrundeliegende sachverständige Beurteilung, sowohl hinsichtlich festgestellten Behinderungsgrades als auch hinsichtlich beantragter Zusatzeintragung, wie aus der Angabe der "OB-Nummer" des die beantragte Zusatzeintragung abweisenden Bescheides in ihrer Beschwerde in Zusammenhang mit folgendem allgemeingehaltenen Beschwerdevorbringen deutlich wird:

"Ich bitte um nochmalige Begutachtung und Beurteilung meines Gesundheitszustandes (...). Die Beurteilung entspricht nicht meiner Gesundheit. (...)."

Da im Schreiben der belangten Behörde vom 31.01.2018 auf einen hinsichtlich der beantragten Zusatzeintragung noch gesondert ergehenden Bescheid hingewiesen wurde und für die BF offensichtlich ein "bescheidmäßiger" Zusammenhang zwischen Ausstellung ihres Behindertenpasses mit darin festgestelltem Behinderungsgrad von 70 v. H. und Abweisung ihres Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund einer dauerhaften Mobilitätseinschränkung mit Bescheid der belangten Behörde vom 01.02.2018 bestand, führte sie in ihrer Beschwerde nur den nach Übermittlung des Behindertenpasses ergehenden Bescheid vom 01.02.2018 an, obwohl für sie sowohl ihr Behindertenpass als auch der darauffolgende abweisende Bescheid Beschwerdegegenstand war.

2.3. Die Feststellung hinsichtlich des GdB gründet sich auf das seitens des BVwG eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 26.06.2018.

2.4. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (im Folgenden: VwGH) muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zu Grund gelegt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).

Der VwGH führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).

2.5. Basierend auf der ständigen Rechtsprechung des VwGH bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" in einen Behindertenpass regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, das die Auswirkungen der Gesundheitsschädigung auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilt, sofern diese Frage nicht in einem unmittelbar zuvor durchgeführten Verfahren gemäß § 14 Abs. 2 Behinderteneinstellungsgesetz im Rahmen der ärztlichen Begutachtung ausreichend behandelt wurde oder die Unzumutbarkeit aufgrund der Art der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt (VwGH vom 20.03.2001, GZ 2000/11/0321).

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).

2.6. Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das von Amts wegen eingeholte Gutachten der Amtssachverständigen Dr. XXXX schlüssig, nachvollziehbar und weist dieses keine Widersprüche auf. In diesem Gutachten wird auf die Art und Leiden der BF und deren Ausmaß ausführlich eingegangen.

2.6.1. Die Sachverständige stellte in ihrem Gutachten vom 26.06.2018 einen GdB in Höhe von 70 v.H. und damit denselben Behinderungsgrad wie mit Vorgutachten vom 26.01.2018 fest. Da die BF nach Vorhalt dieses Sachverständigengutachtens keine Einwendung dagegen erhoben hat, wird dieses Gutachten jedenfalls hinsichtlich festgestellten Behinderungsgrades gegenständlicher Entscheidung zugrunde gelegt.

2.6.2. Die selbstständige Zurücklegung einer kurzen Wegstrecke wurde bejaht und angeführt, dass die BF imstande sei, täglich etwa 400 Meter weit mit dem Hund spazieren zu gehen. Ein- und Aussteigen bei einem üblichen Niveauunterschied ohne fremde Hilfe wurde für möglich gehalten, sei der BF doch auch die Überwindung der 24 Stufen zu ihrer Haustüre möglich. Auch ein sicherer Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln wurde unter den üblichen Transportbedingungen für möglich gehalten. Es seien keine Stürze dokumentiert, die BF benütze keine Gehhilfe.

Im gegenständlichen Fall hatte die 72-jährige BF im Jahr 2016 einen künstlichen Darmausgang erhalten, wobei sich nach der Operation eine schwere Wundheilungsstörung gebildet hat, weswegen sie ein Monat lang - mehrfach - mit einer Vaccumtherapie (erg.: d.i. eine Sonderform des feuchten Wundverbandes, bei der mit Unterdruck gearbeitet wird) versorgt werden musste. Abgesehen von ihren mit dieser schweren Wundheilungsstörung zusammenhängenden Schmerzen hat sie auch von ihrer Wirbelsäule ausgehende Schmerzen. Die BF gab bei ihrer Untersuchung am 26.06.2018 "Nervenschmerzen im Bein" an und brachte vor, sie habe aufgrund ihrer Wirbelsäulenbeschwerden infiltriert werden müssen. Seit sie das Medikament "Lyrica" gegen ihre Schmerzen einnehme, sei eine Beschwerdeverbesserung eingetreten. Sie könne - langsam - 400 Meter spazieren gehen. Die Bewältigung der (24) Stufen in ihrem Haus falle ihr schwer.

Im Sachverständigengutachten vom 26.06.2018 wurde angeführt, dass die Einschätzung aus dem Vorgutachten vom 26.01.2018 den Leiden der BF entspreche und sich auch an den einzelnen Positionen aus dem Vorgutachten nichts geändert habe.

Die BF wird laut Sachverständigengutachten vom 26.06.2018 mit folgenden Medikamenten behandelt: "Lyrica, Duloxetin, Euthyrox, Losartan HCT, Vemetia, Atorvadivid, Estrofem und bei Bedarf - etwa jeden zweiten bis dritten Tag - Novalgintropfen.

Eine Internetrecherche ergab zu dieser medikamentösen Behandlung der BF, dass das Medikament "Lyrica" bei Nervenschmerzen eingesetzt wird, "Duloxetin" durch seinen schmerzlindernden Effekt bei durch Diabetes ausgelösten Nervenschmerzen hilft, "Euthyrox" auch bei Muskel- und Gelenksschmerzen eingesetzt wird, "Losarthan" blutruck-, "Velmetia" blutzuckersenkend und "Atorvadivid" blutfettregulierend wirkt, und "Novalgintropfen" bei akuten starken Schmerzen nach Verletzungen oder Operationen zum Einsatz kommen.

Demnach nimmt die BF die schmerzlindernden Medikamente "Lyrica" und "Duloxatin", "Euthyrox" und bei Bedarf "Novalgintropfen".

Gegenüber den im Vorgutachten angeführten von der BF bei Schmerzen benötigten Medikamenten sind noch die Medikamente "Euthyrox" und bei Bedarf, wenn auch nur jeden zweiten bis dritten Tag "Novalgintropfen" hinzugekommen.

Die BF berichtete im Zuge ihrer dem Vorgutachten vom 26.01.2018 zugrundeliegenden Begutachtung am 23.01.2018 über Schmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich mit ständiger Ausstrahlung in ihr linkes Bein und betonte, nur in seltenen Fällen Schmerzmittel einzunehmen, weil sie bereits sehr viele Medikamente einnehme.

Bei ihrer Begutachtung am 26.06.2018 gab die BF an, seit Einnahme des schmerzstillenden Medikamentes "Lyrica" sei eine Besserung ihrer Beschwerden eingetreten. Das Schmerzmittel "Lyrica" hat die BF dem Vorgutachten zufolge jedoch bereits zum Zeitpunkt ihrer Voruntersuchung am 23.01.2018 eingenommen. Im Vorgutachten vom 26.06.2018 wurden keine konkret bei starken Schmerzen eingenommene Schmerzmittel angeführt, sondern nur auf Schmerzmittel bei Bedarf verwiesen.

Im allgemeinmedizinischen Vorgutachten vom 26.06.2018 wurde auf das Vorbringen der BF, auf die Medikation einigermaßen gut anzusprechen, derzeit nur in seltenen Fällen Schmerzmittel einzunehmen, und seit ihrer Chemotherapie Gefühlsstörungen in beiden Beinen zu haben, verwiesen.

Die BF betonte am 26.06.2018, eine Wegstrecke von 400 Metern nur langsam zurücklegen zu können. Dass sie, wie im Sachverständigengutachten vom 26.06.2018 angeführt wird, "Novalgintropfen" "etwa jeden zweiten bis dritten Tag" einnimmt, zeugt jedenfalls von einem regelmäßigen Bedarf danach und demzufolge auch von offensichtlich regelmäßig auftretenden starken Schmerzen der BF, wogegen diese Tropfen helfen.

Vor dem Hintergrund, dass laut einem Internetrechercheergebnis "Novalgintropfen" bei akuten und chronischen Schmerzen starker Ausprägung zum Einsatz kommen, wenn andere Behandlungen keine ausreichende Linderung versprechen, ergibt sich offensichtlich aufgrund immer wieder stark auftretender Schmerzen für die BF die Notwendigkeit zur Einnahme eines stark schmerzstillenden Medikamentes.

Die derzeit 72-jährige BF hat in beiden Beinen Gefühlsstörungen und chronische Schmerzen in Zusammenhang mit ihrem Wirbelsäulenleiden und kann, wie sie selbst in ihrer Untersuchung am 26.06.2018 angab, eine Wegstrecke von 400 Metern nur langsam und die 24 Stufen in ihrem Haus nur schwer überwinden.

Der Sachverständige ist in seinem Sachverständigengutachten vom 26.06.2018 davon ausgegangen, dass die BF eine kurze Wegstrecke selbstständig zurücklegen, bei einem üblichen Niveauunterschied ohne fremde Hilfe ein- und aussteigen könne und auch sicher in öffentlichen Transportmitteln transportiert werden könne. Eine erhebliche Funktionseinschränkung der BF wurde nicht festgestellt.

Der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zufolge (VwGH 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128, 20.10.2011, Zl. 2009/11/0032, 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186) ist jedenfalls auch die Art und das Ausmaß der angegebenen Schmerzen sowie deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zu prüfen.

Da die BF laut Sachverständigengutachten vom 26.06.2018 derzeit auf die regelmäßige Einnahme von stark schmerzstillenden Tropfen offensichtlich zur Bekämpfung ihrer in Zusammenhang mit ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung chronisch gewordenen starken Schmerzen angewiesen ist und es ihr ihren Angaben zufolge schwer fällt, die Stufen bei ihr zuhause zu überwinden und nur "langsam" 400 Meter und damit eine für die beantragte Zusatzeintragung relevante Wegstrecke zurückzulegen, kann der BF die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund einer schmerzbedingt dauerhaften erheblichen Mobilitätseinschränkung nicht zugemutet werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des BVwG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - im Folgenden: BVwGG) entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des BVwG durch den Senat zu erfolgen.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 des Bundesbehindertengesetzes genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 des Bundesbehindertengesetzes anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - im Folgenden: VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

3.2. Zu Spruchteil A)

I. betreffend Feststellung des Grades der Behinderung:

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§1 Abs. 2 BBG)

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören. (§ 40 Abs. 1 BBG)

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt. (§ 41 Abs. 1 BBG)

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

(2) Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderungen in den Voraussetzungen zu erwarten sind.

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG).

Im gegenständlichen Fall wurde mit Bescheidcharakter aufweisendem Behindertenpass vom 31.01.2018 ein Grad der Behinderung der BF in Höhe von 70 v.H festgestellt. Diese Feststellung beruht auf dem Vorgutachten vom 26.01.2018. Die Beschwerde gegen den mit Vorgutachten festgestellten Grad der Behinderung wird daher abgewiesen.

II. betreffend Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

Gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 der am 01. Jänner 2014 in Kraft getretenen Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen, die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

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erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

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erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

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erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

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eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

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eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach

§ 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d vorliegen.

Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wird, wie unter Punkt 2.2. näher ausgeführt, der 72-jährigen BF aufgrund regelmäßiger starker Schmerzen in Zusammenhang mit ihrem Wirbelsäulenleiden und einer deswegen erheblichen Mobilitätseinschränkung nicht für zumutbar gehalten. Der Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 01.02.2018 war daher spruchgemäß stattzugeben.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).

Im gegenständlichen Fall wurde der GdB der BF unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen unter Berücksichtigung des Vorbringens der BF und der aktenmäßigen Befunde festgesetzt. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht bestrittenen Sachverständigengutachtens vom 26.06.2018 in Zusammenschau mit dem gesamten Akteninhalt geklärt, weshalb die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben konnte.

3.4. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.

Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Zulassung der Revision war gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zudem zu verneinen, weil die gegenständliche Entscheidung in Wesentlichen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G304.2190058.1.00

Zuletzt aktualisiert am

26.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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