TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/13 G303 2175359-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.12.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

13.12.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G303 2175359-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Eva WENDLER und den fachkundigen Laienrichter Herbert WINTERLEITNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, gegen den vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, mit Schreiben vom 25.09.2017 ausgestellten

Behindertenpass mit Bescheidcharakter, OB: XXXX, wegen dem ausgewiesenen Grad der Behinderung von 50 (fünfzig) von Hundert, zu

Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) brachte am 26.07.2017 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ein. Dem Antrag war ein Konvolut an medizinischen Unterlagen angeschlossen.

2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

2.1. Im von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 22.09.2017 (am 25.09.2017 vidiert von Dr. XXXX) wird, nach persönlicher Untersuchung der BF am 08.09.2017, von Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Degenerative Wirbelsäulenveränderungen, leichte Fehlhaltung und Osteoporose Unterer Richtsatzwert entsprechend der chronisch rezidivierenden Schmerzen mit geringer Funktionseinschränkung und unauffälliger Neurologie

02.01.02

30

2

Polyarthrosen Unterer Richtsatzwert entsprechend der chronischen Belastungs- und Ruheschmerzen mit geringer Funktionseinschränkung

02.02.02

30

3

Gering bis mäßiggradige Schwerhörigkeit beidseitig Zwei Stufen über unterem Richtsatzwert entsprechend der notwendigen Hörgeräteversorgung

12.02.01

20

4

Vertikales Schielen Mittlerer Richtsatzwert entsprechend der rezid. Doppelbilder bei Bewegung (mechanisches Schielen)

11.01.03

20

5

Absencen Unterer Richtsatzwert, da Anfallsfreiheit unter Therapie seit über 5 Jahren

04.10.01

20

6

Z.n. operativer Dickdarmverkürzung Unterer Richtsatzwert, da keine Funktionsstörungen

07.04.04

10

 

Gesamtgrad der Behinderung

 

50 vH

Zum Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, dass der Behinderungsgrad der Gesundheitsschädigung (GS) 1 durch die GS 2 um eine Stufe wegen zusätzlicher Belastungsschmerzen und durch die GS 3 und die GS 4 zusammen um eine Stufe wegen Beeinträchtigung von Sinneswahrnehmungen angehoben werde. Die GS 5 und die GS 6 würden wegen fehlender Symptomatik nicht weiter anheben.

Im Vergleich zum Vorgutachten [Anm. Gutachten vom 25.01.1999, Dr. XXXX] führte die Sachverständige aus, dass die Einschätzung nach der neuen EVO erfolge. Weshalb die Wirbelsäulenveränderungen wegen nur geringer Funktionseinschränkung ohne neurologische Ausfälle um eine Stufe herabgesetzt werden würden. Der Z.n. Dickdarmverkürzung werde um zwei Stufen wegen fehlender klinischer Symptomatik herabgesetzt. Die Epilepsie (Absencen) werde wegen fehlender Symptomatik seit über fünf Jahren unter medikamentöser Therapie um eine Stufe herabgesetzt (und ohne Behinderungsrelevanz). Neue Leiden: Polyarthrosen, vertikales Schielen, Hörminderung beidseitig. Wegen der Einschätzung nach der neuen EVO werde der Gesamtgrad der Behinderung von früher 60 vH auf 50 vH herabgestuft.

3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 25.09.2017 wurde der BF der beantragte Behindertenpass übermittelt. Der Grad der Behinderung wurde darin mit 50 vH eingetragen.

4. In ihrer fristgerecht per Email übermittelten Beschwerde vom 31.10.2017 machte die BF aufgrund dessen, dass der Grad der Behinderung von 60% auf 50 % herabgesetzt wurde, folgende Einwendungen geltend: Das vertikale Schielen sei nicht nur bewegungsabhängig rezidivierend, sondern fortwährend mechanisch instabil. Infolge der Weichteilveränderung des Fettkörperlagers würde die BF ein bis zwei Mal pro Jahr eine aufwendige Brillenanpassung mit Prismenglas und Astigmatismusachsenänderung benötigen. Die Arthrosen, insbesondere des rechten Knies, sind progredient, ebenso in den Händen. Sie habe Mehrkosten für die Diät aufgrund ihrer Histaminunverträglichkeit und aufgrund der Folgen bezüglich der Dickdarmoperation. Die BF könne nur mit Trittico und Halcion einschlafen und wache mehrmals in der Nacht auf; die schmerzenden Füße habe die Gutachterin gegenüber der BF als Polyneuropathie bezeichnet. Absencen würden öfters auftreten und falle die BF manches Mal auch hin, wobei dies nicht von Relevanz sei, da sie sehr gelenkig sei. Seit 15 Jahren leide die BF an Osteoporose. Des Weiteren leide die BF an ständigen Oberkieferschmerzen als Folge der sieben Brüche in der linken Gesichtshälfte nach einem Autounfall im Jahr 2001. Dies sei bei der Begutachtung nicht erwähnt worden; auch die Lippen würden ständig brennen. Durch die angeborene Anomalie der Wirbelsäule sei die BF seit ihrem 34. Lebensjahr Schmerzpatienten. Schlussendlich verstehe die BF nicht, dass sie 20 Jahre später und nach zwei schweren Unfällen, in einem Alter von fast 73 Jahren eine geringere "Behinderteneinstufung" bekommen habe, auch wenn sich die Beurteilungsmodalitäten geändert hätten.

5. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde vorgelegt, wo sie am 03.11.2017 einlangten.

6. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurden seitens des erkennenden Gerichtes ein augenfachärztliches und ein allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

6.1. Im fachärztlichen Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, Facharzt für Augenheilkunde und Optometrie, vom 16.05.2018, wird, basierend auf der persönlichen Untersuchung der BF am 14.05.2018, im zusammengefassten Ergebnis folgendes festgehalten:

Gesundheitsschädigung

Einstufung

GdB

Doppelbilder insbesondere beim Links- und Aufblick mit Korrektur (Prismenbrille)

Eine Stufe unter dem oberen Rahmensatzwert bei Beschwerdefreiheit beim Geradeausblick mit Korrektur und Doppelbildern bei einem Seitwärtsblick ab 5-10°

20 %

Im Vergleich zum Vorgutachten von Dr. XXXX habe sich der ophthalmologische Befund nicht verändert. Die Einstufung sei ebenfalls korrekt. Daher bleibe der Grad der Behinderung der Gesundheitsschädigung durch die Doppelbilder gleich.

6.2. Im allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachten von MR Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, vom 16.07.2018, wird, basierend auf der persönlichen Untersuchung der BF, im zusammengefassten Ergebnis folgendes festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Degenerative Wirbelsäulenveränderung mit Fehlhaltung und Osteoporose Oberer RSW entsprechend der morphologischen Veränderungen an der gesamten Wirbelsäule mit Fehlhaltung und Osteoporose wobei mehrere Abschnitte betroffen sind

02.01.02

40

2

Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenkes nach Endoprothesenimplantation Oberer RSW entsprechend der Bewegungseinschränkung

02.05.18

20

3

Chronische Gelenksschmerzen im Bereich der oberen Extremität bei uneingeschränkter Beweglichkeit Oberer RSW da glaubhaft geschildert ohne Schmerzmedikation

04.11.01

20

4

Geringe bis mäßige Schwerhörigkeit beidseits Zwei Stufen über dem unteren RSW entsprechend der notwendigen Hörgeräteversorgung

12.02.01

20

5

Vertikales Schielen Laut Fachbefund Dr.is XXXX

11.01.03

20

6

Histaminunverträglichkeit Unterer RSW entsprechend der Möglichkeit der diätetischen Kompensation

07.04.04 Analogposition

10

 

Gesamtgrad der Behinderung

 

50 vH

Leiden, die

zu keiner relevanten Minderung führen:

-

Stattgehabte Absencen ohne Anfälle in den letzten Jahrzehnten sowie Medikation

-

Stattgehabte operative Dickdarmverkürzung ohne angegebener Symptomatik

Zum Gesamtgrad der Behinderung führte der Sachverständige aus, dass die führende GS 1 durch das Zusammenwirken von GS 2 und GS 3 wegen zusätzlicher orthopädischer Beeinträchtigung im Alltag um eine Stufe angehoben werde. Die GS 4, die GS 5 und die GS 6 würden keine negativ beeinflussende Wechselwirkung zeigen und können daher nicht weiter anheben.

Die Gesamtbeweglichkeit sei sehr gut und stehen somit die Schmerzen im Vordergrund, welche natürlich subjektiv zu bewerten seien. Aufgrund der Befunde und der Anamnese werde die GS 1 auf 40 % angehoben, da morphologische Veränderungen an der gesamten Wirbelsäule mit Fehlhaltung und Osteoporose, wobei mehrere Abschnitte betroffen sein würden, gegeben seien. Vom Sachverständigen werde auch eine differenzierte Einschätzung der Gelenksfunktionseinschränkung, wie oben durchgeführt, angeraten. Bezüglich der Epilepsie und der Darmfunktionsstörungen nach Darmoperation sei wie im Vorgutachten (Dr. XXXX) eine entsprechende korrekte Herabsetzung durchgeführt worden, wobei die Absencen nicht einzuschätzen seien, da anamnestisch ohne Anfälle in den letzten Jahrzehnten sowie Medikation.

7. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG seitens des erkennenden Gerichtes mit Schreiben vom 25.07.2018 zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern.

7.1. Eine Stellungnahme beziehungsweise Äußerung seitens der Verfahrensparteien langte dazu beim Bundesverwaltungsgericht nicht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF ist Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 50 von Hundert (vH). Der Behindertenpass wurde mit Schreiben der belangten Behörde vom 25.09.2017 ausgestellt.

Die BF hat einen Wohnsitz im Inland.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 04.03.1999 wurde festgestellt, dass die BF ab 15.09.1998 dem Kreis der begünstigten Behinderten angehört. Mit rechtskräftigen Bescheid der belangten Behörde vom 10.08.2005 wurde der BF die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten aberkannt.

Die BF leidet an folgenden behinderungsrelevanten Gesundheitsschädigungen:

-

Degenerative Wirbelsäulenveränderung mit Fehlhaltung und Osteoporose

(Grad der Behinderung: 40 %)

-

Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenkes nach Endoprothesenimplantation (Grad der Behinderung: 20 %)

-

Chronische Gelenksschmerzen im Bereich der oberen Extremität bei uneingeschränkter Beweglichkeit (Grad der Behinderung: 20 %)

-

Geringe bis mäßige Schwerhörigkeit beidseits (Grad der Behinderung: 20 %)

-

Vertikales Schielen (Grad der Behinderung: 20 %)

-

Histaminunverträglichkeit (Grad der Behinderung: 10 %)

Im Vordergrund des Gesamtleidenszustandes der BF steht die degenerative Wirbelsäulenveränderung mit Fehlhaltung und Osteoporose als führende Gesundheitsschädigung. Durch das Zusammenspiel der Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenkes und mit den chronischen Gelenksschmerzen im Bereich der oberen Extremität besteht eine zusätzliche orthopädische Beeinträchtigung im Alltag, welche den Grad der Behinderung um eine Stufe anhebt. Die Schwerhörigkeit, das vertikale Schielen und die Histaminunverträglichkeit zeigen keine negativ beeinflussende Wechselwirkung und erhöhen daher den Gesamtgrad der Behinderung nicht.

Der Gesamtgrad der Behinderung der BF beträgt somit weiterhin 50 (fünfzig) von Hundert (vH).

2. Beweiswürdigung:

Der unter I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und der Beschwerde sowie aus dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellung zum Wohnsitz ergibt sich aus einem Auszug des Zentralen Melderegisters und den Angaben der BF im verfahrenseinleitenden Antrag.

Die Feststellungen betreffend die Zuerkennung und Aberkennung der Begünstigteneigenschaft der BF basieren auf der vorliegenden Aktenlage.

Der Gesamtgrad der Behinderung von 50 vH wurde aufgrund der vom erkennenden Gericht eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, Facharzt für Augenheilkunde und Optometrie, vom 16.05.2018 und von MR Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, vom 16.07.2018, objektiviert.

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH 20.10.1978, 1353/78).

Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).

Der Inhalt der Sachverständigengutachten vom 16.05.2018 und vom 16.07.2018 wurde den Verfahrensparteien seitens des erkennenden Gerichts im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und zur Möglichkeit einer Stellungnahme übermittelt. Eine Stellungnahme wurde dazu weder von der BF noch von der belangten Behörde erstattet. Diese blieben somit im gegenständlichen Verfahren unbestritten und wurden nicht bekämpft.

Die eingeholten Sachverständigengutachten sind auch schlüssig, nachvollziehbar und weisen keine Widersprüche auf. Die festgestellten Gesundheitsschädigungen und deren Wechselwirkungen zueinander ergeben sich aus ihnen.

Die Einschätzungen der vorliegenden Gesundheitsschädigungen bezüglich der Höhe des Grades der Behinderung erfolgten entsprechend der anzuwendenden Anlage zur Einschätzungsverordnung korrekt und nachvollziehbar. Die diesbezüglichen Feststellungen zum Grad der Behinderung beruhen darauf.

Im Vergleich zum Sachverständigengutachten von Dr. XXXX vom 22.09.2017 wurde das Wirbelsäulenleiden der BF im nunmehr eingeholten Sachverständigengutachten von MR Dr. XXXX um eine Stufe höher eingeschätzt, da bei der BF morphologische Veränderungen an der gesamten Wirbelsäule mit Fehlhaltung und Osteoporose (mehrere Abschnitte betroffen) vorliegen und somit der obere Rahmensatzwert der Positionsnummer 02.01.02 mit einem Grad der Behinderung in Höhe 40 vH zur Anwendung kommt.

Die Gelenksfunktionseinschränkungen wurden vom Sachverständigen MR Dr. XXXX im Vergleich zum Vorgutachten im Administrativverfahren differenzierend eingeschätzt. So wurde die Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenkes gesondert mit 20 vH und die chronischen Gelenksschmerzen im Bereich der oberen Extremität ebenfalls mit 20 vH eingeschätzt. Insgesamt führt das Zusammenwirken dieser Gesundheitsschädigungen zu einer Erhöhung der führenden Gesundheitsschädigung (degenerative Wirbelsäulenveränderung) um eine Stufe, da zusätzliche orthopädische Beeinträchtigungen im Alltag laut den schlüssigen gutachterlichen Ausführungen von MR Dr. XXXX bestehen. Dies ergibt somit einen Gesamtgrad der Behinderung von 50 vH.

Das vertikale Schielen als auch die Schwerhörigkeit erhöhen den Gesamtgrad der Behinderung nicht, da keine negativ beeinflussende Wechselwirkung besteht.

Die von der BF in der Beschwerde angeführte Histaminunverträglichkeit konnte entsprechend dem Sachverständigengutachten von MR Dr. XXXX nunmehr als behinderungsrelevante Funktionseinschränkung festgestellt werden, die jedoch zu keiner Steigerung des Gesamtgrades der Behinderung führt.

Die im Sachverständigengutachten von Dr. XXXX bewerteten Gesundheitsschädigungen Absencen (Epilepsie) und Zustand nach der operativen Dickdarmverkürzung sind als nicht mehr behinderungsrelevante Leiden zu qualifizieren und im gegenständlichen Verfahren daher nicht mehr zu berücksichtigen, da durch die Dickdarmverkürzung keine klinische Symptomatik mehr besteht und auch seit Jahrzeiten keine epileptischen Anfälle aufgetreten sind.

Zum Beschwerdevorbringen der BF, dass es unverständlich sei, dass sie nach 20 Jahren eine "geringere Behinderteneinstufung" erhalten habe, nämlich eine Herabstufung von einem Grad der Behinderung von 60% auf 50%, ist folgendes auszuführen:

Im Rahmen der Feststellung der Zugehörigkeit der BF zum Kreis der begünstigten Behinderten wurde ein Grad der Behinderung von 60 v.H. festgestellt. Dieser Feststellung wurde ein ärztliches Sachverständigengutachten vom 25.01.1999 zugrunde gelegt und folgende Gesundheitsschädigungen dabei berücksichtigt:

Wirbelsäulenschädigung (Grad der Behinderung 40 v.H.), Zustand nach Dickdarmoperation (Grad der Behinderung: 30 v.H.) und Epilepsie (Grad der Behinderung: 30 v.H). Abgesehen des Umstandes, dass dieses Sachverständigengutachten mangels Aktualität, die aktuell eingeholten Sachverständigengutachten in keiner Weise entkräften kann, insbesondere da die beiden Leiden Zustand nach Dickdarmoperation und Epilepsie aktuell nach medizinischer Überprüfung nicht mehr als behinderungsrelevant einzustufen sind, ist darauf hinzuweisen, dass nunmehr die Einschätzung der Leiden unter Zugrundelegung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung zu erfolgen hat und im Gutachten aus dem Jahr 1999 die Einschätzung nach der Richtsatzverordnung, welche zu diesem Zeitpunkt rechtlich in Geltung stand, vorgenommen wurde. Diesbezüglich wird auch auf die rechtlichen Ausführungen unter Pkt. II.3.2 verwiesen.

Insgesamt bestehen seitens des Bundesverwaltungsgerichtes keine Zweifel an der Richtigkeit der vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachten von MR Dr. XXXX und Dr. XXXX. Diese werden daher der gegenständlichen Entscheidung in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung [idgF]) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990 idgF) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter gemäß § 45 Abs 4 BBG mitzuwirken.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF) geregelt (§ 1 leg. cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art. 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen.

Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt. Die ärztlichen Begutachtungen basierten je auf einer persönlichen Untersuchung der BF. Der Inhalt der vorliegenden Sachverständigengutachten wurde im Rahmen des schriftlichen Parteiengehörs nicht beeinsprucht.

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren der BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen.

Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.

Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht entgegen.

3.2. Zu Spruchteil A):

Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist;

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen;

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten;

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. I Nr. 22/1970 in der geltenden Fassung, angehören.

Nach § 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG 1998), BGBl. I Nr. 400/1998 in der geltenden Fassung, sind die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. I Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des BBG, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 leg. cit. genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010 in der geltenden Fassung) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen;

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 leg. cit. vorliegt.

Der Behindertenpass hat gemäß § 42 Abs. 1 BBG den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß § 45 Abs. 1 BBG nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:

In der vorliegenden Rechtssache wurde der BF antragsgemäß ein Behindertenpass ausgestellt. Mit der gegenständlichen Beschwerde wird nunmehr die Höhe des Grades Behinderung, welche seitens der belangten Behörde mit 50 von Hundert festgestellt und im Behindertenpass eingetragen wurde, bekämpft. Als Beschwerdegrund wurde insbesondere geltend gemacht, dass bereits im Jahr 1999 ein Grad der Behinderung mit 60 von Hundert festgestellt wurde.

Dazu ist auszuführen, dass bei der BF im Rahmen der Zuerkennung der Begünstigteneigenschaft nach den Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes mit Bescheid der belangten Behörde vom 04.03.1999 ein Grad der Behinderung von 60 von Hundert festgestellt wurde.

Mit rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde vom 10.08.2005 wurde jedoch der BF die Begünstigteneigenschaft aberkannt. Da die BF nunmehr keine begünstigte Behinderte im Sinne des § 40 Abs. 1 Z 5 ist, besteht auch rechtlich keine Bindungswirkung hinsichtlich der Höhe des Grades der Behinderung von 60 von Hundert.

Gegenständlich war daher gemäß § 41 Abs. 1 BBG unter Mitwirkung von zwei ärztlichen Sachverständigen der Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung einzuschätzen. Danach wurde ein Gesamtgrad der Behinderung in der Höhe von 50 von Hundert objektiviert und festgestellt, da auch die Gesamteinschätzung unter Bedachtnahme auf den durchgeführten Sachverständigenbeweis vorzunehmen ist (vgl. VwGH 18.10.2000, Zl. 99/09/0097).

Da auch die belangte Behörde diesen Grad der Behinderung feststellte und im Behindertenpass eingetragen hat und die BF auch insgesamt keine Rechtswidrigkeit mit ihren Beschwerdegründen geltend machen konnte, war die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G303.2175359.1.00

Zuletzt aktualisiert am

26.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten