TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/8 W251 2159748-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.01.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

08.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W251 2159748-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den mit 16.03.2016 datierten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Zl. 1101157301 - 16002885, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 07.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Am 07.01.2016 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass die Taliban ihn mit dem Tod bedroht haben, da er seine Arbeit nicht habe aufgeben wollen. Er habe für die afghanische Regierung gearbeitet und Autos repariert.

3. Am 05.04.2017 fand eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) statt. Zu seinen Fluchtgründen gab er im Wesentlichen an, dass es Krieg in Afghanistan gegeben habe. Er habe als Autolackierer gearbeitet, bis er wegen dem Krieg keine Arbeit mehr gehabt habe. Er habe seine Frau dann gebeten, ihn bei der Ausreise zu unterstützen. Diese haben dann mit ihrer Mutter gesprochen. Daraufhin wurde ein Grundstück verkauft, sodass der Beschwerdeführer Afghanistan habe verlassen können. Er sei jedoch niemals persönlich bedroht worden.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab und erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Der Bescheid ist offenkundig unrichtig mit dem Datum 16.03.2016 datiert. Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 11.05.2017 zugestellt. Mit Verfahrensanordnung vom 05.05.2017 wurde der Beschwerdeführer verpflichtet ein Rückkehrgespräch in Anspruch zu nehmen.

Begründend wurde im Bescheid im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe nicht habe glaubhaft machen können. Es drohe dem Beschwerdeführer auch keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Der Beschwerdeführer sei ein gesunder, arbeitsfähiger Mann, der noch über ein familiäres Unterstützungsnetz in Afghanistan verfüge und somit bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht in eine ausweglose Situation geraten würde. Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich zudem über kein schützenswertes Privat- und Familienleben, das einer Rückkehrentscheidung entgegenstehen würde.

5. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass das Ermittlungsverfahren sowie die Beweiswürdigung mangelhaft seien. Der Beschwerdeführer habe eine Autowerkstatt betrieben, in der er Autos für verschiedenste Personen, darunter auch die Regierung, repariert und lackiert habe. Die Taliban hätten den Beschwerdeführer aufgefordert Tätigkeiten für die Regierung zu unterlassen, zum Freitagsgebet zu kommen und den Islam zu befolgen, ansonsten werden die Taliban den Beschwerdeführer töten und sein Geschäft niederbrennen. Der Beschwerdeführer habe jedoch das Freitagsgebet nicht besucht. Ein Freund habe dem Beschwerdeführer erzählt, dass sein Geschäft in Brand gesteckt worden sei, woraufhin der Beschwerdeführer sein Geschäft aufgesucht habe. Der Beschwerdeführer habe so festgestellt, dass sein Geschäft niedergebrannt worden sei.

6. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 22.10.2018 in Anwesenheit eines Dolmetschers und im Beisein des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt in Österreich den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX. Er ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Usbeken an, bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben. Der Beschwerdeführer spricht Dari als Muttersprache sowie Farsi, Türkisch, Usbekisch und etwas Deutsch und Hindi. Der Beschwerdeführer ist verheiratet, er hat keine Kinder (AS 1; AS 71; Verhandlungsprotokoll vom 22.10.2018, OZ 8, S. 7f; AS 71).

Der Beschwerdeführer wurde in der Provinz Kunduz in der Stadt Kunduz geboren. Seine Eltern sind früh verstorben. Der Beschwerdeführer ist mit seinem Bruder und seiner Schwester aufgewachsen und hat bei seiner Tante mütterlicherseits gelebt (OZ 8, S. 8; AS 71). Der Beschwerdeführer hat neun Jahre lang eine Schule besucht, er hat eine Ausbildung zum Autolackierer gemacht. Der Beschwerdeführer hat mit seinem 12 Lebensjahr begonnen als Autolackierer zu arbeiten, dies hat er bereits gemacht während er zur Schule gegangen ist (AS 73; OZ 8, S. 8).

Die Schwester des Beschwerdeführers, seine Tante mütterlicherseits und dessen Ehemann, seine Ehefrau und eine Cousine leben in Kunduz in Afghanistan in einem Eigentumshaus. Der Beschwerdeführer hat Kontakt zu seiner Familie (OZ 8, S. 10). Ein Cousin des Beschwerdeführers lebt in Deutschland. Der Bruder des Beschwerdeführers lebt in Österreich (OZ 8, S. 11).

Der Beschwerdeführer ist unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich eingereist und hält sich seit zumindest Jänner 2016 durchgehend in Österreich auf (AS 1).

Der Beschwerdeführer hat an einem Deutschkurs auf dem Niveau A1 teilgenommen (Beilage ./A, ./B, ./D, ./F). Der Beschwerdeführer hat eine Deutschprüfung auf dem Niveau A1 abgelegt (Beilage ./K). Der Beschwerdeführer hat an einem Werte- und Orientierungskurs teilgenommen (Beilage ./C).

Der Beschwerdeführer lebt von der Grundversorgung. Er unterstützt eine Organisation seit September 2018 bei der Sortierung und Ausgabe von Lebensmitteln. Der Beschwerdeführer hat beim Hilfswerk seit Februar 2017 insgesamt 70 Stunden gemeinnützige Arbeit verrichtet (Beilage ./G bis ./I). Der Beschwerdeführer hat im Sommersemester 2017 an einem Gitarrenunterricht teilgenommen (Beilage ./J). Der Beschwerdeführer hat zwei Monate lang bei einem Restaurant 10 Stunden in der Woche auf geringfügiger Basis gearbeitet (OZ 8, S. 13; Beilage ./L, ./M).

Der Beschwerdeführer verfügt, abgesehen von seinem Bruder in Österreich, weder über Verwandte noch über sonstige enge soziale Bindungen in Österreich (OZ 8, S. 14-15). Der Bruder des Beschwerdeführers lebt seit 2009 in Österreich (Beilage ./V). Der Bruder des Beschwerdeführers und der Beschwerdeführer haben von Mai 2016 bis November 2017 gemeinsam in einer Wohnung gelebt (Beilage ./I). Der Beschwerdeführer besucht seinen Bruder und dessen Familie regelmäßig. Der Beschwerdeführer wird derzeit von seinem Bruder finanziell nicht unterstützt. Der Beschwerdeführer kann von seinem Bruder jedoch finanzielle Unterstützung bekommen, wenn er eine solche benötigt (OZ 8, S. 14-15).

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten, er ist gesund (OZ 8, S. 16; AS 69).

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Verfolgungsvorbringen kann nicht festgestellt werden.

1.2.1. Weder der Beschwerdeführer noch seine Familie wurden in Afghanistan von den Taliban aufgesucht oder von diesen bedroht. Der Beschwerdeführer hat keine Autos für die Regierung lackiert und auch nicht für die Regierung gearbeitet. Die Werkstatt des Beschwerdeführers wurde nicht niedergebrannt.

Der Beschwerdeführer hat Afghanistan weder aus Furcht vor Eingriffen in die körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlasen.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan droht dem Beschwerdeführer individuell und konkret weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch Mitglieder der Taliban oder durch andere Personen. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan droht dem Beschwerdeführer auch keine Zwangsrekrutierung durch die Taliban oder durch andere Personen.

1.2.2. Der Beschwerdeführer hatte wegen seiner Religionszugehörigkeit und wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit keine Schwierigkeiten in Afghanistan.

1.2.3. Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines in Österreich ausgeübten Lebensstils oder seinem Aufenthalt in einem europäischen Land in Afghanistan psychischer oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Dem Beschwerdeführer würde bei einer Rückkehr in die Provinz Kunduz aufgrund der dort herrschenden allgemeinen Sicherheitslage ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.

Die Wohnraum- und Versorgungslage ist in Mazar-e Sharif sehr angespannt. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung in der Stadt Mazar-e Sharif kann der Beschwerdeführer jedoch grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen.

Zudem kann der Beschwerdeführer von seiner Familie, insbesondere von seinem Bruder, zumindest vorübergehend finanziell unterstützt werden. Der Beschwerdeführer kann auch Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.

Es ist dem Beschwerdeführer möglich nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedlung in der Stadt Mazar-e Sharif Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

1.4. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Sicherheitslage

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 11.09.2018 - LIB 11.09.2018, S. 27).

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (LIB 11.09.2018, S. 27).

Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren. Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt) bedrohen. Dies ist den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zuzuschreiben (LIB 11.09.2018, S. 30).

Im Jänner 2018 waren 56.3% der Distrikte unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung, während Aufständische 14.5% der Distrikte kontrollierten bzw. unter ihrem Einfluss hatten. Die übriggebliebenen 29.2% der Distrikte waren umkämpft. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten, die von Aufständischen kontrolliert werden, waren mit Stand Jänner 2018 Uruzgan, Kunduz und Helmand. Alle Provinzhauptstädte befanden sich unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung (LIB 11.09.2018, S. 38).

Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht. In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt. Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheits-operationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden; auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (LIB 11.09.2018, S. 31).

Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (LIB 11.09.2018, S. 31). Die Auflistung der high-profile Angriffe zeigt, dass die Anschläge in großen Städten, auch Kabul, hauptsächlich im Nahebereich von Einrichtungen mit Symbolcharakter (Moscheen, Tempel bzw. andere Anbetungsorte), auf Botschaften oder auf staatliche Einrichtungen stattfinden. Diese richten sich mehrheitlich gezielt gegen die Regierung, ausländische Regierungen und internationale Organisationen (LIB 11.09.2018, S. 32 ff, 36).

Provinz Kabul:

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul-Stadt. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.679.648 geschätzt. In der Hauptstadt Kabul leben unterschiedliche Ethnien: Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Sikhs und Hindus. Ein Großteil der Bevölkerung gehört dem sunnitischen Glauben an, dennoch lebt eine Anzahl von Schiiten, Sikhs und Hindus nebeneinander. Kabul verfügt über einen internationalen Flughafen (LIB 11.09.2018, S. 52f).

Einst als relativ sicher erachtet, ist die Hauptstadt Kabul von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen der Taliban betroffen, die darauf abzielen, die Autorität der afghanischen Regierung zu untergraben. Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen inklusive des IS versuchen in Schlüsselprovinzen und -distrikten, wie auch in der Hauptstadt Kabul, Angriffe auszuführen. Im Zeitraum 1.1.2017- 30.4.2018 wurden in der Provinz 410 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, die sich überwiegend in der Hauptstadt Kabul ereigneten (LIB 11.09.2018, S. 53). Im Heimatdistrikt des Beschwerdeführers, Farzah, ereigneten sich im Zeitraum vom 01.01.2017 bis 30.04.2018 keine sicherheitsrelevanten Vorfälle, sodass dieser Distrikt als sicher zu betrachten ist (LIB 11.09.2018, S. 54, siehe Abbildung).

Kunduz:

Kunduz liegt 337 km nördlich von Kabul. Die Provinz hat 1.049.249 Einwohner. In der Provinz leben Paschtunen, Usbeken, Tadschiken, Turkmenen, Hazara und Paschai. Kunduz zählt zu den relativ volatilen Provinzen Afghanistans, in der Aufständische aktiv sind. In den Jahren 2015 und 2016 fiel Kunduz-Stadt jeweils einmal an Taliban-Aufständische; die Stadt konnte in beiden Fällen von den afghanischen Streitkräften zurückerobert werden. Im gesamten Jahr 2017 wurden 377 zivile Opfer (93 getötete Zivilisten und 284 Verletzte) in der Provinz Kunduz registriert. Hauptursache waren Bodenangriffe, gefolgt von IEDs und gezielten Tötungen (LIB 11.09.2018, S. 138ff).

Mazar-e Sharif:

Mazar-e Sharif ist die Hauptstadt der Provinz Balkh. Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana und Pul-e-Khumri und ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst (LIB 11.09.2018, S. 71).

In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen, durch den die Stadt sicher zu erreichen ist (LIB 11.09.2018, S. 71).

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans, sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (LIB 11.09.2018, S. 72).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt (LIB 11.09.2018, S. 61f).

Dürre:

Aufgrund der Dürre wird die Getreideernte geringer ausfallen, als in den vergangenen Jahren. Da die Getreideernte in Pakistan und im Iran gut ausfallen wird, kann ein Defizit in Afghanistan ausgeglichen werden. Die Preise für Getreide waren im Mai 2018 verglichen zum Vormonat in den meisten großen Städten unverändert und lagen sowohl in Herat-Stadt als auch in Mazar-e Sharif etwas unter dem Durchschnitt der Jahre 2013-2014 (Beilage ./O, S. 3). Das Angebot an Weizenmehl ist relativ stabil (Beilage ./P, S. 8). Aufgrund der Dürre wurde bisher kein nationaler Notstand ausgerufen (Beilage ./O, S. 11).

Für die Landflucht spielen die Sicherheitslage und die fehlende Beschäftigung eine Rolle. Durch die Dürre wird die Situation verstärkt, sodass viele Haushalte sich in städtischen Gebieten ansiedeln. Diese Personen - Vertriebene, Rückkehrer und Flüchtlinge - siedeln sich in informellen Siedlungen an (Beilage ./P, S. 2, S. 5). Dort ist die größte Sorge der Vertriebenen die Verfügbarkeit von Lebensmitteln, diese sind jedoch mit der Menge und der Regelmäßigkeit des Trinkwassers in den informellen Siedlungen und den erhaltenen Hygienesets zufrieden. Viele Familien, die Bargeld für Lebensmittel erhalten, gaben das Geld jedoch für Schulden, für Gesundheitsleistungen und für Material für provisorische Unterkünfte aus. Vielen Familien der Binnenvertriebenen gehen die Nahrungsmittel aus bzw. können sich diese nur Brot und Tee leisten (Beilage ./P, S. 6). Arme Haushalte, die von einer wassergespeisten Weizenproduktion abhängig sind, werden bis zur Frühjahrsernte sowie im nächsten Jahr Schwierigkeiten haben, den Konsumbedarf zu decken (Beilage ./P, S. 11). Es werden, um die Folgen der Dürre entgegen zu treten, nationale und internationale Hilfsmaßnahmen für die Betroffenen gesetzt (Beilage ./P, S. 17ff).

Die Abnahme der landwirtschaftlichen Arbeitsmöglichkeiten zusammen mit der steigenden Migration sowie der hohen Anzahl an Rückkehrerin und Binnenvertriebenen führt zu einer Senkung der Löhne für Gelegenheitsarbeit in Afghanistan und zu einer angespannten Wohnraum- und Arbeitsmarktlage in urbanen Gebieten (Beilage ./P, S. 15f).

Von Mai bis Mitte August 2018 sind ca. 12.000 Familie aufgrund der Dürre aus den Provinzen Badghis und Ghor geflohen um sich in der Stadt Herat anzusiedeln. Dort leben diese am westlichen Stadtrand von Herat in behelfsmäßigen Zelten, sodass am Rand der Stadt Herat die Auswirkungen der Dürre am deutlichsten sind (Beilage ./O, S. 5f). Mittlerweile sind 60.000 Personen nach Herat geflohen (Beilage ./P, S. 5). Es ist besonders die ländliche Bevölkerung, insbesondere in der Provinz Herat, betroffen (Beilage ./P, S. 7). Personen die von der Dürre fliehen, siedeln sich in Herat-Stadt, in Qala-e-Naw sowie in Chaghcharan an, dort wurden unter anderem Zelte, Wasser, Nahrungsmittel sowie Geld verteilt (Beilage ./O, S. 10; Beilage ./P, S. 2).

Während das Lohnniveau in Mazar-e Sharif weiterhin über dem Fünfjahresdurchschnitt liegt, liegt dieses in Herat-Stadt 17% unter dem Fünfjahresdurchschnitt (Beilage ./O, S. 8). Es gibt keine signifikante dürrebedingte Vertreibung bzw. Zwangsmigration nach Mazar-e Sharif- Stadt (Beilage ./P, S. 3; Beilage ./O, S. 1 und 3). Im Umland der Stadt Mazar-e Sharif kommt es zu Wasserknappheit und unzureichender Wasserversorgung (Beilage ./O, S. 2).

Die Stadt Mazar-e Sharif selbst ist nicht von den Auswirkungen der Dürre betroffen.

Medizinische Versorgung

Es gibt keine staatliche Krankenkasse und die privaten Anbieter sind überschaubar und teuer, somit für die einheimische Bevölkerung nicht erschwinglich. Eine begrenzte Zahl staatlich geförderter öffentlicher Krankenhäuser bieten kostenfreie medizinische Versorgung. Alle Staatsbürger haben Zugang zu medizinischer Versorgung und Medikamenten. Die Kosten für Medikamente in diesen Einrichtungen weichen vom lokalen Marktpreis ab. Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Mazar-e-Sharif, Herat und Kandahar. Medikamente sind auf jedem Markt in Afghanistan erwerblich, Preise variieren je nach Marke und Qualität des Produktes (LIB 11.09.2018, S. 206 ff).

Psychische Erkrankungen sind in öffentlichen und privaten Klinken grundsätzlich behandelbar. Die Behandlung in privaten Kliniken ist für Menschen mit durchschnittlichen Einkommen nicht leistbar. In öffentlichen Krankenhäusern müssen die Patienten nichts für ihre Aufnahme bezahlen. In Kabul gibt es zwei psychiatrische Einrichtungen: das Mental Health Hospital und die Universitätsklinik Aliabad. Zwar gibt es traditionelle Methoden bei denen psychisch Kranke in spirituellen Schreinen unmenschlich behandelt werden. Es gibt jedoch aktuelle Bemühungen, die Akzeptanz und Kapazitäten für psychiatrische Behandlungsmöglichkeiten zu stärken und auch Aufklärung zu betreiben. Die Bundesregierung finanziert Projekte zur Verbesserung der Möglichkeiten psychiatrischer Behandlung und psychologischer Begleitung in Afghanistan (LIB 11.09.2018, S. 327 f). In Mazar-e Sharif gibt es ein privates neuropsychiatrisches Krankenhaus (Alemi Hospital) und ein öffentliches psychiatrisches Krankenhaus (LIB 11.09.2018, S. 327).

Wirtschaft

Angesichts des langsamen Wachstums, sicherheitsbedingter Versorgungsunterbrechungen und schwacher landwirtschaftlicher Leistungen, nimmt die Armut weiterhin zu (LIB 11.09.2018, S. 321).

Für ca. ein Drittel der Bevölkerung ist die Landwirtschaft (inklusive Tiernutzung) die Haupteinnahmequelle. Die Arbeitslosigkeit betrifft hauptsächlich gering qualifizierte bildungsferne Personen; diese sind auch am meisten armutsgefährdet. Es müssten jährlich geschätzte 400.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt integrieren zu können. Mehr als ein Drittel der männlichen Bevölkerung (34,3%) Afghanistans und mehr als die Hälfte der weiblichen Bevölkerung (51,1%) sind nicht in der Lage, eine passende Stelle zu finden (LIB 11.09.2018, S. 321).

Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist angespannt und die Arbeitslosigkeit ist hoch. Sogar für gut ausgebildete und gut qualifizierte Personen ist es schwierig ohne ein Netzwerk einen Arbeitsplatz zu finden, wenn man nicht empfohlen wird oder dem Arbeitgeber nicht vorgestellt wird. Vetternwirtschaft ist gang und gebe. Arbeitgeber bewerten persönliche Beziehungen und Netzwerke höher als formelle Qualifikationen. Es gibt lokale Webseiten, die offene Stellen im öffentlichen und privaten Sektor annoncieren. Die meisten Afghanen sind unqualifiziert und Teil des informellen, nicht-regulierten Arbeitsmarktes. Der Arbeitsmarkt besteht Großteiles aus manueller Arbeit ohne Anforderungen an eine formelle Ausbildung und spiegelt das niedrige Bildungsniveau wieder. In Kabul gibt es öffentliche Plätze, wo sich Arbeitssuchende und Nachfragende treffen. Viele bewerben sich, nicht jeder wird engagiert. Der Lohn beträgt für Hilfsarbeiter meist USD 4,3 und für angelernte Kräfte bis zu USD 14,5 pro Tag (EASO Afghanistan Netzwerke aus Jänner 2018, Beilage ./III, S. 29 - 30).

In Kabul und in großen Städten stehen Häuser und Wohnungen zur Verfügung. Es ist auch möglich an Stelle einer Wohnung ein Zimmer zu mieten. Dies ist billiger als eine Wohnung zu mieten. Heimkehrer mit Geld können Grund und Boden erwerben und langfristig ein eigenes Haus bauen. Vertriebene in Kabul, die keine Familienanbindung haben und kein Haus anmieten konnten, landen in Lagern, Zeltsiedlungen und provisorischen Hütten oder besetzen aufgelassene Regierungsgebäude. In Städten gibt es Hotels und Pensionen unterschiedlichster Preiskategorien. Für Tagelöhner, Jugendliche, Fahrer, unverheiratete Männer und andere Personen, ohne permanenten Wohnsitz in der jeweiligen Gegend, gibt es im ganzen Land Angebote geringerer Qualität, sogenannte chai khana (Teehaus). Dabei handelt es sich um einfache große Zimmer in denen Tee und Essen aufgetischt wird. Der Preis für eine Übernachtung beträgt zwischen 0,4 und 1,4 USD. In Kabul und anderen großen Städten gibt es viele solche chai khana und wenn ein derartiges Haus voll ist, lässt sich Kost und Logis leicht anderswo finden. Man muss niemanden kennen um dort eingelassen zu werden (EASO Afghanistan Netzwerke aus Jänner 2018, Beilage ./III, S. 31).

Rückkehrer:

Im Jahr 2017 kehrten sowohl freiwillig, als auch zwangsweise insgesamt 98.191 Personen aus Pakistan und 462.361 Personen aus Iran zurück. Bis Juli 2017 kehrten aus Europa und der Türkei 41.803 Personen nach Afghanistan zurück (LIB 11.09.2018, S. 334 f).

Auch wenn scheinbar kein koordinierter Mechanismus existiert, der garantiert, dass alle Rückkehrer/innen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, und dass eine umfassende Überprüfung stattfindet, können Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, dennoch verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer/innen und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig. Außerdem erhalten Rückkehrer/innen Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) (z. B. IPSO und AMASO). Nichtsdestotrotz scheint das Sozialkapital die wichtigste Ressource zu sein, die Rückkehrer/innen zur Verfügung steht, da keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer existieren und familiäre Unterbringungsmöglichkeiten für Rückkehrer/innen daher als die zuverlässigste und sicherste Möglichkeit erachtet werden. So kehrt der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer/innen direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Für jene, die diese Möglichkeit nicht haben sollten, stellen die Regierung und IOM eine temporäre Unterkunft zur Verfügung, wo Rückkehrer/innen für maximal zwei Wochen untergebracht werden können (LIB 11.09.2018, S. 335 f).

IOM, IRARA, ACE und AKAH bieten Unterstützung und nachhaltige Begleitung bei der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Schulungen an. NRC bietet Rückkehrer/innen aus Pakistan, Iran und anderen Ländern Unterkunft sowie Haushaltsgegenstände und Informationen zur Sicherheit an und hilft bei Grundstücksstreitigkeiten. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (ICRC) unterstützt Rückkehrer/innen dabei, ihre Familien zu finden (LIB 11.09.2018, S. 336f).

Psychologische Unterstützung von Rückkehrer/innen wird über die Organisation IPSO betrieben - alle Leistungen sind kostenfrei. Diejenigen, die es benötigen und in abgelegene Provinzen zurückkehren, erhalten bis zu fünf Skype-Sitzungen von IPSO. Für psychologische Unterstützung könnte auch ein Krankenhaus aufgesucht werden; möglicherweise mangelt es diesen aber an Kapazitäten (LIB 11.09.2018, S. 337f).

Die Großfamilie ist die zentrale soziale Institution in Afghanistan und bildet das wichtigste soziale Sicherheitsnetz der Afghanen. Alle Familienmitglieder sind Teil des familiären Netzes. Die Großfamilie trägt zu Schutz, Betreuung und Versorgung ihrer Mitglieder bei. Sie bildet auch eine wirtschaftliche Einheit; die Männer der Familie sind verpflichtet, die Mitglieder der Großfamilie zu unterstützen und die Familie in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Auslandsafghanen pflegen zumeist enge Kontakte mit ihren Verwandten in Afghanistan. Nur sehr wenige Afghanen in Europa verlieren den Kontakt zu ihrer Familie. Die Qualität des Kontakts mit der Familie hängt möglicherweise auch davon ab, wie lange die betreffende Person im Ausland war bzw. wie lange sie tatsächlich in Afghanistan lebte, bevor sie nach Europa migrierte. Der Faktor geographische Nähe verliert durch technologische Entwicklungen sogar an Wichtigkeit. Der Besitz von Mobiltelefonen ist mittlerweile "universell" geworden und digitale Kommunikation wird eine zunehmende Selbstverständlichkeit, vor allem in den Städten. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migrant/innen in Afghanistan dar. Dennoch haben alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen (LIB 11.09.2018, S. 338 f).

Familien in Afghanistan halten in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren (LIB 11.09.2018, S. 339).

Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. So sind einige Rückkehrer/innen auf soziale Netzwerke angewiesen, wenn es ihnen nicht möglich ist, auf das familiäre Netz zurückzugreifen. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer/innen besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden (LIB 11.09.2018, S. 339).

Ethnische Minderheiten:

In Afghanistan leben mehr als 34.1 Millionen Menschen. Es sind ca. 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara und 9% Usbeken. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt (LIB 11.09.2018, S. 282f).

Die Dari-sprachige Minderheit der Tadschiken ist die zweitgrößte und zweitmächtigste Gemeinschaft in Afghanistan, sie machen etwa 30% der afghanischen Gesellschaft aus. In der Hauptstadt Kabul sind sie knapp in der Mehrheit. Die Tadschiken sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 25% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert (LIB 11.09.2018, S. 287f). Tadschiken sind allein aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit in Afghanistan weder psychischen noch physischen Bedrohungen ausgesetzt.

Religionen:

Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 84,7 und 89,7% Sunniten. Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Anhänger anderer Religionen sind frei, ihren Glauben im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auszuüben (LIB 11.09.2018, S. 272). Sunniten sind allein aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit in Afghanistan weder psychischen noch physischen Bedrohungen ausgesetzt

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt sowie in den Gerichtsakt, durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden Beilage ./I bis ./VI und Beilage ./A bis bis ./P (Konvolut ZMR, GVS, Strafregister Beilage ./I;

Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 11.09.2018, Beilage ./II;

Bericht EASO, Afghanistan Netzwerke aus Jänner 2018, Beilage ./III;

Übersetzungen aus den EASO-Guidelines ins Deutsche - Punkt III. und Punkt V, Beilage ./IV; Erstbefragung des Bruders des Beschwerdeführers vom 23.06.2019, Beilage ./V; Einvernahmeprotokoll des Bruders des Beschwerdeführers beim Bundesasylamt vom 11.08.2009, Beilage ./VI; Teilnahmebestätigung Deutsch A1, Beilage./A;

Teilnahmebestätigung "Deutsch lernen A1", Beilage./B Teilnahmebestätigung Werte- und Orientierungskurs, Beilage./C;

Teilnahmebestätigung A1 Deutsch lernen A1, Beilage./D; Bestätigung gemeinnützige Arbeit vom 18.10.2018, Beilage./E;

Teilnahmebestätigung 20.01.2017 Deutsch A1, Beilage./F; Bestätigung

gemeinnützige Tätigkeit vom 03.04.2017, Beilage./G; Bestätigung

gemeinnützige Tätigkeit vom 18.05.2017, Beilage./H; Bestätigung

gemeinnützige Tätigkeit vom 18.10.2018, Beilage./I; Bestätigung Instrumentalunterricht Gitarre vom 27.06.2017, Beilage./J; Kopie ÖSD-Zertifikat A1, Beilage./K; Lohnzettel vom 28.07.2018, Beilage./L; Auszug Sozialversicherung, Beilage./M; Stellungnahme vom 19.10.2018, Beilage./N; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Lage in Herat-Stadt und Mazar-e Sharif anhaltender Dürre vom 13.09.2018, Beilage./O; Anfragebeantwortung ACCORD, Folgen von Dürre in den Städten Herat und Mazar-e Sharif vom 12.10.2018, Beilage./P ).

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen basieren auf den in den Klammern angeführten Beweismitteln.

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem Bundesamt, in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seiner Muttersprache, seinem Lebenslauf (sein Aufwachsen sowie seine familiäre Situation, seine Schul- und Berufsausbildung) gründen sich auf seinen diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Das Gericht geht davon aus, dass Schweigervater des Beschwerdeführers (der Ehemann der Tante des Beschwerdeführers) nicht verstorben ist und noch in Kunduz lebt. Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt an, dass der Schweigervater für ihn ein kleines Haus verkauft habe und ihm aus dem Verkaufserlös USD 10.000 gegeben habe damit der Beschwerdeführer die Flucht finanzieren kann (AS 75). In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass der Schweigervater bereits vor sieben oder acht Jahren gestorben sei - sohin lange Zeit vor der Flucht des Beschwerdeführers (OZ 8, S. 12). Diese Angaben des Beschwerdeführers sind nicht in Einklang zu bringen. Der Beschwerdeführer gab auch in der Verhandlung an, dass das Haus der Familie immer noch dem Ehemann seiner Tante (seinem Schwiegervater) gehöre. Wenn der Schwiegervater stirbt, dann gehöre das Haus seiner Ehefrau (OZ 8, S. 11). Dies macht auf das Gericht den Eindruck, als würde der Schweigervater des Beschwerdeführers noch immer das Haus besitzen und noch in Kunduz leben. Das Gericht geht daher davon aus, dass der Schwiegervater des Beschwerdeführers noch lebt.

Die Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich (insbesondere zur Aufenthaltsdauer, seinen Deutschkenntnissen, seinen fehlenden engen sozialen Anknüpfungspunkten in Österreich und seiner Integration in Österreich) stützen sich auf die Aktenlage (vgl. insbesondere den Auszug aus dem Grundversorgungs-Informationssystem), auf die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (OZ 8, S. 12ff) sowie auf die von ihm in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen.

Hinweise auf nachhaltige Integrationsschritte (soziale/berufliche Integration) des Beschwerdeführers in Österreich sind weder dem Verwaltungs- noch dem Gerichtsakt zu entnehmen und wurden auch im Verlauf der mündlichen Verhandlung nicht vorgebracht.

Es kann auch keine besondere Beziehungsintensität zwischen dem Beschwerdeführer und dessen in Österreich lebenden Bruder festgestellt werden. Der Bruder des Beschwerdeführers hält sich bereits seit Juni 2009 in Österreich auf (Beilage ./V). Der Beschwerdeführer hält sich erst seit Jänner 2016 in Österreich auf (AS 1). Die Brüder waren daher bereits seit ca. 7 Jahren getrennt. Der Beschwerdeführer hat vom 04.05.2016 bis 30.11.2017 bei seinem Bruder in Österreich gewohnt, danach ist er von dort in ein anderes Bundesland gezogen (Beilage ./I). Der Beschwerdeführer gab zudem bereits beim Bundesamt an, dass er vorhabe sich von seinem Bruder zu trenne und sich eine eigene Wohnung zu suchen (AS 75). Es ist daher für das Gericht keine besonders enge Beziehungsintensität erkennbar.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung und auf dem Umstand, dass im Verfahren nichts Gegenteiliges hervorgekommen ist.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister (Strafregisterauszug vom 18.10.2018).

2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

2.2.1. Soweit der Beschwerdeführer vorbrachte, ihm drohe Lebensgefahr durch die Taliban, weil er Autos für die Regierung repariert bzw. lackiert habe, kommt seinem Vorbringen aus nachfolgenden Gründen keine Glaubhaftigkeit zu:

Zunächst ist festzuhalten, dass das Gericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und aufgrund des persönlichen Eindrucks des Beschwerdeführers davon ausgeht, dass ihm hinsichtlich seines Fluchtvorbringens keine Glaubwürdigkeit zukommt. Der Beschwerdeführer wurde zu Beginn der Verhandlung angehalten, sein Vorbringen gleichbleibend, konkret und nachvollziehbar zu gestalten. Diesen Anforderungen ist der Beschwerdeführer jedoch nicht gerecht geworden. Der Beschwerdeführer präsentierte sowohl beim Bundesamt als auch vor Gericht eine bloße Rahmengeschichte, die er selbst auf mehrfaches Nachfragen kaum mit Details ergänzen konnte. Die Angaben des Beschwerdeführers blieben gänzlich detaillos und vage. Der Beschwerdeführer gab auch ausweichende Antworten. Es ergaben sich viele Unplausibilitäten, die seine Angaben unglaubhaft scheinen lassen. Das Gericht verkennt zwar nicht, dass die behaupteten Vorfälle schon einige Zeit zurückliegen und deshalb Erinnerungslücken einer vollkommen detaillierten Erzählung entgegenstehen können. Dass der Beschwerdeführer die Ereignisse jedoch in einer derart oberflächlichen und nicht stringenten Weise wie in der mündlichen Verhandlung schildern würde, wäre allerdings nicht anzunehmen, hätten sich die Ereignisse tatsächlich so zugetragen und wären sie von fluchtauslösender Intensität. Die erzählte Geschichte erweckte für das Gericht daher den Eindruck, dass es sich lediglich um eine auswendig gelernte konstruierte Geschichte handelt.

2.2.2. Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt, in der freien Erzählung, auf die Aufforderung die Fluchtgründe in Einzelheiten und so detailliert darzulegen wie möglich, nur eine grobe Rahmengeschichte an:

"Mein leben war in der Heimat in Gefahr. Deshalb habe ich meine Heimat verlassen. Wenn wir unser Haus verlassen haben, war immer

Krieg vor der Tür. Es gab Explosionen ... Ich bin in die Stadt

gegangen um als Autolackierer zu arbeiten, damit meine frau nicht verhungert. Ich war eine Woche in der Arbeit, dann hat der Krieg angefangen und die Arbeit war wieder zu Ende, ich musste wieder nach Hause. Mein Bruder hat immer gesagt, ich soll auf eignenden Beinen stehen und etwas aus mir machen. Ich habe meiner Frau dann gesagt, ich habe niemanden außer dir, mach was, dass ich hier wegkomme, damit wir dann ein besseres Leben haben. Sie hat dann mit ihrer Mutter gesprochen, wir haben über das Grundstück geredet, damit wir es verkaufen und ich mit dem Geld weg kann und hierher kommen kann und ein besseres und ruhiges leben habe." (AS 77)

Bereits bei diesen Angaben fällt auf, dass der Beschwerdeführer keine konkret und individuell gegen ihn gerichtete Bedrohung angeben konnte. Zudem präsentierte der Beschwerdeführer bereits beim Bundesamt bloß eine vage Rahmengeschichte ohne lebensnahe Details.

Auf konkrete Frage räumte der Beschwerdeführer beim Bundesamt auch ein, dass er niemals persönlich bedroht worden sei. Er habe seine Heimat nur aufgrund der allgemeinen Situation verlassen, wegen der schlechten Sicherheitslage und der schlechten Wirtschaftslage und da er keine Arbeit gefunden habe. Der Beschwerdeführer wurde beim Bundesamt auch mit seinen Angaben in der Erstbefragung konfrontiert, wonach er von den Taliban bedroht worden wäre, da er für die Regierung gearbeitet habe. Der Beschwerdeführer gab auf den Vorhalt an, dass er dies bei der Erstbefragung nicht so gesagt habe (AS 77).

Es ist daher bereits aus den Angaben beim Bundesamt keine konkret und individuell gegen den Beschwerdeführer gerichtete Bedrohung zu erkennen.

2.2.3. Auch die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung in der freien Erzählung waren vage und ausweichend und ohne lebensnahe Details:

"Ich konnte nicht mehr in Afghanistan arbeiten, weil die Sicherheitslage sehr schlecht war. Ich hatte eine Autolackierer-Werkstatt. Wir waren zwei Partner. Unser Geschäft war gut. Ich konnte meinen Lebensunterhalt, für mich, als auch für meine Familie, bestreiten. Wir wurden von den Taliban schikaniert. Nach dem Fall der Kunduz-Stadt durch die Taliban konnten wir nicht mehr unser Geschäft weiter gut betreiben. Unser Geschäft lag in der Nähe vom Distrikt Chahrdara. Nachdem die Taliban die Stadt erobert hatten, wurden wir von ihnen belästigt. Sie warfen uns vor, dass wir die Regierungsautos auch lackieren. Warum machen wir das? Aber es war unser Job. Wir haben auch Regierungsfahrzeuge lackiert. Das heißt, Taliban meinten, dass das Gebiet den Taliban gehöre. Warum lackieren wir die Regierungsautos. Wir wurden immer wieder von den Taliban belästigt, ein bis zweimal kamen die Taliban zu uns mit ihren Fahrzeugen. Wir müssten beten gehen, sagten die Taliban. Wir wurden ermahnt und bedroht, dass wir nicht mehr die Regierungsfahrzeuge lackieren dürften. Wir wurden massiv von ihnen belästigt. Ich hatte sehr viel Angst vor den Taliban. Wir mussten auch immer beten gehen, weil wir dazu gezwungen wurden." (OZ 8, S. 16)

Auch die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung bilden lediglich eine grobe Rahmengeschichte ohne lebensnahe Details. Das Gericht hat nicht den Eindruck, dass es sich bei diesen Angaben um tatsächliche Erlebnisse handelt.

2.2.4. Zudem sind in den Angaben des Beschwerdeführers erhebliche Widersprüche enthalten, die sein Fluchtvorbringen, wonach er doch von den Taliban mit dem Umbringen bedroht worden sei, gänzlich unglaubhaft scheinen lassen.

Während der Beschwerdeführer beim Bundesamt angab noch nie persönlich bedroht worden zu sein (AS 77), führte der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde aus, dass er von den Taliban mit dem Tode bedroht worden sei, man habe ihm auch angedroht seine Autowerkstatt niederzubrennen (AS 253). Es ist nicht plausibel, dass der Beschwerdeführer beim Bundesamt angab, dass es keine persönlich gegen ihn gerichtete Bedrohungen gegeben hat, wenn er in der Beschwerde von Mord- und Branddrohungen gegen ihn persönlich spricht. Sowohl eine Bedrohung mit dem Tode als auch eine Drohung mit Brandanschlägen müsste besonders einprägsam sein und daher im Gedächtnis bleiben, sodass nicht nachvollziehbar ist, weshalb der Beschwerdeführer dies beim Bundesamt nicht angegeben hat. Die Angaben des Beschwerdeführers zu den Bedrohungen durch die Taliban sind nicht glaubhaft und nicht nachvollziehbar.

Der Beschwerdeführer wurde in der mündlichen Verhandlung auch befragt, warum er den Brandanschlag auf sein Geschäft beim Bundesamt nicht erwähnt hat. Der Beschwerdeführer gab an, dass er dazu nicht befragt worden sei (OZ 8, S. 18). Dies ist jedoch nicht nachvollziehbar. Der Beschwerdeführer wurde beim Bundesamt aufgefordert sämtliche Fluchtgründe in Einzelheiten und so detailliert wie möglich darzulegen. Der Beschwerdeführer wurde auch befragt, ob es konkrete gegen ihn gerichtete Bedrohungen gegeben habe (As 77). Der Beschwerdeführer wurde auch befragt, ob er noch weitere Fluchtgründe habe (As 77). Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer nach diesen Fragen und Aufforderungen konkrete Drohungen oder einen Brandanschlag nicht genannt hat, zumal es sich bei einem Brandanschlag um ein besonders einprägsames Ereignis handeln müsste. Es liegt daher eine nicht glaubhafte Steigerung des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers vor.

In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer in der freien Erzählung zunächst nur vage und ausweichend an, dass er von den Taliban sekkiert, ermahnt und bedroht worden sei. Der Beschwerdeführer konnte dabei jedoch nur detaillose und vage Angaben machen und keine konkreten Vorfälle nennen (OZ 8, S. 17).

In der Beschwerde gab der Beschwerdeführer zudem an, dass seine Werkstatt niedergebrannt worden sei. Dies habe er von einem Freund erfahren, woraufhin er sein Geschäft aufgesucht habe und seinen Verlust habe feststellen müssen (AS 252). Nach diesen Angaben hat der Beschwerdeführer daher selber sein Geschäft aufgesucht und selber festgestellt, dass dieses niedergebrannt worden wäre. In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer jedoch an, dass das Geschäft erst nach seiner Flucht niedergebrannt worden sei (OZ 8, S. 17). Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer sich einmal selber bei seinem Geschäft vor Ort vom Brandanschlag überzeugt habe und der Beschwerdeführer ein anderes Mal angibt, dass der Brandanschlag während seiner Flucht geschehen sei, seine Frau habe ihn angerufen, ihm mitgeteilt, dass das Geschäft niedergebrannt worden sei und er das Land verlassen solle (OZ 8, S. 18).

Es ist auch nicht plausibel, dass der Beschwerdeführer einmal in der Verhandlung angibt, dass seine Frau ihm vom Brandanschlag auf das Geschäft erzählt habe und er in der Beschwerde angibt, dass ein Freund, der ein benachbartes Geschäft besessen habe, ihm von dem Brandanschlag erzählt habe (AS 252). Die Angaben des Beschwerdeführers sind nicht glaubhaft.

Das Gericht geht daher davon aus, dass weder der Beschwerdeführer noch seine Familie jemals von den Taliban bedroht oder angegriffen worden sind und der Beschwerdeführer in Afghanistan von den Taliban auch nicht gesucht wird.

2.2.5. Auch die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Tätigkeit für die afghanische Regierung waren sehr inkonsistent. Der Beschwerdeführer gab bei der Erstbefragung an, dass er für die afghanische Regierung Autos gearbeitet, nämlich Autos repariert habe (AS 9). Beim Bundesamt gab der Beschwerdeführer jedoch an, dass er nicht für die afghanische Regierung gearbeitet habe (AS 77). Aufgrund der divergierenden Angaben geht das Gericht davon aus, dass der Beschwerdeführer nicht für die afghanische Regierung gearbeitet hat und für diese auch keine Autos lackiert oder repariert hat.

2.2.6. Auch darüber hinaus vermochte der Beschwerdeführer eine individuelle und konkrete Betroffenheit von Verfolgung aufgrund seiner Eigenschaft als Usbeke und Sunnit nicht aufzuzeigen.

2.2.7. Aufgrund der Kürze seines Aufenthalts ist in Zusammenhang mit dem von ihm in der Beschwerdeverhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck nach Ansicht des Gerichts nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer eine westliche Lebenseinstellung in einer ihn in Afghanistan exponierenden Intensität übernommen hätte. Es ist auch nicht erkennbar, warum gerade der Beschwerdeführer gegenüber hunderttausend anderen Rückkehrern in eine derart exponierte Lage geraten soll, dass er auf Grund seines Lebensstils oder auf Grund seines Aufenthaltes in einem westlichen Land psychischer oder physischer Bedrohung in Afghanistan ausgesetzt wäre.

Es ist weder den Angaben des Beschwerdeführers noch den beigezogenen Länderberichten zu entnehmen, dass Rückkehrer aus Europa in besondere Form von Gewalt und Bedrohung betroffen wären, sodass auch eine generelle (Gruppen-)Verfolgung von Rückkehrern aus Europa nicht festgestellt werden konnte.

2.3. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat und zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

Die Feststellungen zu den Folgen einer Rückkehr des Beschwerdeführers in seine Herkunftsprovinz Kunduz ergeben sich aus den o.a. Länderberichten. Daraus geht unter anderem hervor, dass die Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers volatil ist.

Die Feststellungen zu den Folgen einer Ansiedlung des Beschwerdeführers in außerhalb seiner Herkunftsprovinz gelegenen Landesteilen, insbesondere in der Stadt Mazar-e Sharif, ergeben sich - unter Berücksichtigung der von UNHCR aufgestellten Kriterien für das Bestehen einer internen Schutzalternative für Afghanistan - aus den o.a. Länderberichten zu Mazar-e Sharif und aus den Angaben des Beschwerdeführers.

In Mazar-e Sharif finden überwiegend Angriffe in Regierungs- und Botschaftsnähe, also mit möglichst hoher medialer Reichweite, statt. Dabei kam es immer wieder zu zivilen Opfern. Die Regierung ist jedoch in der Lage hier die Sicherheit abseits dieser High-Profile Attentate zu gewährleisten. Das Gericht geht daher davon aus, dass es in der Stadt Mazar-e Sharif zu Anschlägen kommt, jedoch nicht in allen Stadtteilen.

Dass die Wohnraum- und Versorgungslage angespannt ist ergibt sich aus den Länderberichten, wonach in großen Städten zwar an sich Wohnraum zur Verfügung steht, es jedoch eine erhebliche Anzahl an Rückkehrern gibt, sodass die Lage angespannt ist. Auch gibt es nicht genügend Arbeitsplätze. Den Länderinformationen zur Dürresituation ist nicht zu entnehmen, dass die Stadt Mazar-e Sharif (im Gegensatz zur Stadt Herat) von den Auswirkungen der Dürre betroffen wäre. Der Entscheidung wurden zwei aktuelle Anfragebeantwortungen zu Grunde gelegt. Wäre die Stadt Mazar-e Sharif auch von einer Dürre betroffen, so wäre dies in den Berichten jedenfalls ausdrücklich enthalten. Das Gericht geht daher davon aus, dass die Stadt Mazar-e Sharif derzeit nicht von den Auswirkungen der Dürre betroffen ist.

Der Beschwerdeführer ist in Afghanistan aufgewachsen, sodass er entsprechend der afghanischen Kultur und den afghanischen Gepflogenheiten sozialisiert ist. Der Beschwerdeführer ist grundsätzlich in der Lage sich schnell zu Recht zu finden und sich an neue Situationen anzupassen.

Der Beschwerdeführer hat eine Schule besucht. Er hat eine Ausbildung zum Autolackierer gemacht und er kann auf eine langjährige Berufserfahrung zurückgreifen. Zudem kann der Beschwerdeführer sowohl auf Rückkehrunterstützung als auch auf finanzielle Unterstützung durch seinen in Österreich lebenden Bruder zurückgreifen.

Der Beschwerdeführer ist zudem im erwerbsfähigen Alter, gesund, volljährig und arbeitsfähig.

Das Gericht geht daher auf Grund dieser Umstände davon aus, dass sich der Beschwerdeführer nach anfänglichen Schwierigkeiten, in Mazar-e Sharif niederlassen und sich dort eine Existenz ohne unbillige Härte aufbauen könnte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1 Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides - Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten

3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder der staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (VwGH vom 05.09.2016, Ra 2016/19/0074).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, VwGH vom 05.09.2016, Ra 2016/19/0074).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz dann zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten. Auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (VwGH vom 08.09.2015, Ra 2015/18/0010)

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG liegt es am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat eine Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd Zivilprozessordnung (ZPO) zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der Beschwerdeführer die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten