TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/15 G303 2178425-1

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Veröffentlicht am 15.01.2019
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Entscheidungsdatum

15.01.2019

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G303 2178425-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Eva WENDLER und den fachkundigen Laienrichter Herbert WINTERLEITNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, vom 27.09.2017, OB: XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs.1 dritter Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen" in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 1 Abs. 2, 42 Abs. 1 und 45 Abs. 1 und 2 des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. I Nr. 283/1990, sowie § 1 Abs. 4 Z 1 lit. i der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, in Verbindung mit § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, in der jeweils geltenden Fassung, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) brachte am 29.06.2017 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass ein. Dem Antrag waren ein radiologischer Befund von Dr. XXXX vom 22.06.2017, eine Kopie des Behindertenausweises sowie eine Bestätigung des Zentralen Melderegisters angeschlossen.

2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens betreffend den Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 21.08.2017, wurde basierend auf der persönlichen Untersuchung des BF am 18.08.2017, im Wesentlichen folgendes festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Position bzw. der Rahmensätze:

Pos. Nr.

GdB %

1

Degenerative und posttraumatische Veränderungen an Gelenken Oberer Richtsatzwert, miteingeschätzt Funktionseinschränkungen rechte Schulter mittel- bis höhergradig, li. Schulter leichtgradig. Leichtgradige Funktionseinschränkung auch in Hüftgelenken und li. Kniegelenk.

02.02.02

40

2

Degenerative Wirbelsäulen- und Bandscheibenveränderungen mehrerer Etagen Unterer Richtsatzwert, miteingeschätzt belastungsabhängige Schmerzen ohne maßgeblich neurologische Ausfallssymptomatik.

02.01.02

30

3

Hypacusis beidseits Miteingeschätzt Hörgeräteversorgung - aus dem VGA 2014 übernommen.

12.02.01

30

Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.

 

 

 

Zur Histaminintoleranz

wurde festgehalten, dass der BF nur ein Informationsblatt des LKH Graz vorgelegt habe, jedoch keinen persönlichen Befund. Eine Einschätzung sei diesbezüglich nicht möglich.

3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 22.08.2017 wurde dem BF mitgeteilt, dass laut Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens ein Grad der Behinderung von 50 % festgestellt wurde. Es sei daher ein neuer Behindertenpass auszustellen.

4. In weiterer Folge stellte der BF am 01.09.2017 den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich der Verordnung (genannt "D3") des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996, (im Folgenden VO 303/1996)" sowie am 19.09.2017 den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 zweiter Teilstrich VO 303/1996" (genannt "D2") in den Behindertenpass bei der belangten Behörde.

4.1. Den Anträgen waren ein Schreiben von Dr. XXXX, Facharzt für Innere Medizin, vom 15.09.2017, ein Befundbericht des Landeskrankenhauses - Universitätsklinikum Graz, Labor der Klinischen Abteilung für Nuklearmedizin, vom 23.08.2017 sowie ein allgemeines Informationsschreiben zur Ernährung bei Histaminintoleranz des Landeskrankenhauses - Universitätsklinikum Graz, angeschlossen.

5. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens betreffend den Antrag auf Vornahme einer Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996" ("D3") wurde seitens der belangten Behörde ein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt.

Im Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 18.09.2017, wird aufgrund der Aktenlage folgendes festgehalten:

Der nun vorgelegte Laborbefund weise nicht auf das Vorliegen einer Histaminintoleranz hin. Es liege zwar ein leicht erhöhter Histaminspiegel vor, jedoch eine ausreichend hohe Funktion der Diaminoxidase, sodass das Vorliegen einer Histaminintoleranz laut Befund unwahrscheinlich sei. Aufgrund dessen werde nun auch eine Histaminintoleranz nicht als neue Gesundheitsschädigung eingeschätzt und somit auch der Zusatz "D3" nicht befürwortet.

Das Vorliegen folgender Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung wurde verneint:

Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie, Aids, Phenylketonurie oder eine vergleichbare schwere Stoffwechselerkrankung nach Pos. 09.03.; Gallen-, Leber- oder Nierenkrankheit; Erkrankungen des Verdauungssystems.

6. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27.09.2017 wurde der Antrag des BF auf Vornahme der Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996" vom 01.09.2017 in den Behindertenpass abgewiesen.

Gestützt wurde die Entscheidung der belangten Behörde auf das Sachverständigengutachten vom 18.09.2017. Dieses sei als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt. Danach würden die Voraussetzungen für diese Zusatzeintragung nicht vorliegen.

7. Gegen den oben angeführten Bescheid vom 27.09.2017 brachte der BF mit Schreiben vom 20.10.2017 binnen offener Frist die als "Berufung" bezeichnete Beschwerde ein. Darin wird ausdrücklich festgehalten, dass sich seine Beschwerde gegen die Nichtvornahme der Zusatzeintragung für "Leberdiät" richte. Der BF führte begründend aus, dass er eine strenge Diät einhalten müsse, aufgrund dessen brauche er keine Medikamente einzunehmen. Würde der BF keine Diät halten, gehe es ihm sehr schlecht. Dadurch würden dem BF viel höhere Kosten entstehen. Deshalb ersuche er um den Eintrag in den Behindertenpass.

8. In weiterer Folge wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens betreffend den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 zweiter Teilstrich VO 303/1996" ("D2") seitens der belangten Behörde eine ärztliche Stellungnahme geholt.

In der ärztlichen Stellungnahme von Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 16.11.2017, wurde zusammengefasst zur vorgebrachten Hepatitis ausgeführt, dass die alleinige Bestätigung des Internisten für eine Einschätzung nicht ausreichend sei, notwendig zur Einschätzung einer behinderungsrelevanten Hepatitis seien aktuelle Leberfunktionsparameter sowie Laborbefunde, die das Vorliegen einer aktuell floriden und somit behinderungsrelevanten Hepatitis bestätigen würden.

Zusätzlich führte die Sachverständige wiederholend hinsichtlich des Histaminbefundes aus, dass ein leicht erhöhter Histaminspiegel bei ausreichender Aktivität der Diaminoxidase vorliege, sodass eine Histaminintoleranz unwahrscheinlich sei. Außerdem sei die Probe hämolytisch. Ein neuer oder anderweitiger Befund hinsichtlich der Histaminintoleranz liege nicht vor.

Es könne also derzeit aufgrund der vorliegenden Befundlage bzw. Bestätigungsschreiben weder eine Histaminintoleranz noch eine Hepatitis als Gesundheitsschädigung eingeschätzt werden, noch könne ein dementsprechender Diätzusatz befürwortet werden.

9. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 16.11.2017 wurde der Antrag des BF auf Vornahme der Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 zweiter Teilstrich VO 303/1996" vom 19.09.2017 in den Behindertenpass abgewiesen.

Gestützt wurde die Entscheidung der belangten Behörde auf die oben angeführte ärztliche Stellungnahme der Sachverständigen Dr. XXXX vom 16.11.2017. Diese sei als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt worden. Danach würden die Voraussetzungen für diese Zusatzeintragung nicht vorliegen.

10. Die gegenständliche Beschwerde vom 20.10.2017 und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde vorgelegt und sind am 01.12.2017 beim Bundesverwaltungsgericht eingegangen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist im Besitz eines Behindertenpasses.

Er leidet an keinen Funktionsbeeinträchtigungen des Verdauungssystems im Sinne des Abschnitts 07 der Anlage zur Einschätzungsverordnung und an keinen Funktionsbeeinträchtigungen des endokrinen Systems im Sinne des Abschnitts 09 der Anlage zur Einschätzungsverordnung sowie an keinen Malignomen des Verdauungstraktes im Sinne des Abschnittes 13 der Anlage zur Einschätzungsverordnung.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27.09.2017 wurde der Antrag des BF auf Vornahme der Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996" vom 01.09.2017 in den Behindertenpass abgewiesen. Dieser Bescheid wurde mit der am 23.10.2017 bei der belangten Behörde eingelangten Beschwerde bekämpft.

Mit weiterem Bescheid der belangten Behörde vom 16.11.2017 wurde der Antrag des BF auf Vornahme der Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 zweiter Teilstrich VO 303/1996" vom 19.09.2017 in den Behindertenpass abgewiesen. Gegen diesen Bescheid wurde kein Rechtsmittel erhoben.

2. Beweiswürdigung:

Der unter I. angeführte Verfahrensgang und die Feststellung zum Besitz eines Behindertenpasses ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und der Beschwerde sowie aus dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellungen zu den oben angeführten Bescheiden und der Beschwerde basiert auf der vorliegenden unbestrittenen Aktenlage. Ebenso konnte aufgrund der vorliegenden Aktenlage festgestellt werden, dass der oben näher bezeichnete Bescheid der belangten Behörde vom 16.11.2017 unbeeinsprucht blieb.

In den ärztlichen Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 18.09.2017 und vom 21.08.2017 wurde eindeutig festgehalten, dass keine Erkrankung des Verdauungssystems und folglich keine Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung diesbezüglich vorliegen. Der vorgelegte Laborbefund wurde bei der Begutachtung durch die Amtssachverständige berücksichtigt.

Die diesbezüglichen gutachterlichen Ausführungen der ärztlichen Sachverständigen Dr. XXXX sind schlüssig und widerspruchsfrei und werden auch der gegenständlichen Entscheidung des erkennenden Gerichtes in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.

Dass der BF an Funktionsbeeinträchtigungen des endokrinen Systems im Sinne des Abschnitts 09 der Anlage zur Einschätzungsverordnung beziehungsweise an Malignomen des Verdauungstraktes leidet wurde weder vorgebracht, noch von Amts wegen festgestellt.

Aufgrund des eindeutigen Ergebnisses des medizinischen Ermittlungsverfahrens vor belangten Behörde zur verfahrensgegenständlichen Zusatzeintragung, des Umstandes, dass das Beschwerdevorbringen sich ausschließlich auf die Lebererkrankung ("Leberdiät"), welche jedoch im Rahmen des zweiten Teilstriches der VO 303/1996 zu berücksichtigen wäre und hier nicht verfahrensrelevant ist, und der Tatsache dass im Rahmen der Beschwerdeerhebung keine weiteren medizinischen Beweismittel in Vorlage gebracht wurden, war von einer weiteren medizinischen Begutachtung abzusehen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gegenständlich liegt somit eine Senatszuständigkeit vor.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter gemäß § 45 Abs. 4 BBG mitzuwirken.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten) noch Art 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen.

Der Rechtsprechung des EGMR (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) kann entnommen werden, dass er das Sozialrecht auf Grund seiner technischen Natur und der oftmaligen Notwendigkeit, Sachverständige beizuziehen, als gerade dazu geeignet ansieht, nicht in allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. Eriksson v. Sweden, EGMR 12.04.2012; Schuler-Zgraggen v. Switzerland, EGMR 24.06.1993).

Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt, ist durch seine "technische" Natur, nämlich durch medizinisches Fachwissen, gekennzeichnet. Da der Sachverhalt auch aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren des BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen, zudem auch die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt wurde.

Weder Art 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten) noch Art 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) stehen hier einem Entfall der mündlichen Verhandlung entgegen.

3.2. Zu Spruchteil A):

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Der Behindertenpass hat gemäß § 42 Abs. 1 BBG den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 45 BBG Abs. 1 sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 1 Abs. 4 Z 1 lit. i der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes eine Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen aufweist, einzutragen.

Diese Eintragung ist bei Funktionsbeeinträchtigungen im Sinne der Abschnitte 07 und 09 der Anlage zur Einschätzungsverordnung sowie bei Malignomen des Verdauungstraktes im Sinne des Abschnittes 13 der Anlage zur Einschätzungsverordnung entsprechend einem festgestellten Grad der Behinderung von mindestens 20% vorzunehmen.

Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet gemäß § 1 Abs. 5 der anzuwendenden Verordnung ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:

Wie den getroffenen Feststellungen zu entnehmen ist, leidet der BF an keinen Funktionsbeeinträchtigungen des Verdauungssystems im Sinne des Abschnittes 07 der Anlage zur Einschätzungsverordnung und an keinen Funktionsbeeinträchtigungen des endokrinen Systems im Sinne des Abschnittes 09 der Anlage zur Einschätzungsverordnung sowie an keinen Malignomen des Verdauungstraktes im Sinne des Abschnittes 13 der Anlage zur Einschätzungsverordnung.

Das Vorliegen einer dieser Funktionsbeeinträchtigungen ist jedoch gemäß § 1 Abs. 4 Z 1 lit. i der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen rechtliche Voraussetzung für die Eintragung, dass der BF eine Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen aufweist.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Im Übrigen ist darauf zu hinzuweisen, dass der äußerste Rahmen für die Prüfbefugnis des erkennenden Gerichtes die "Sache" des bekämpften Bescheides ist (VwGH 09.09.2015, Ra 2015/04/0012; 26.03.2015, Ra 2014/07/0077). "Sache" des bekämpften Bescheides war die seitens des BF beantragte Zusatzeintragung "D3:

Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich der VO 303/1996" in den Behindertenpass, welche somit den Entscheidungsrahmen des erkennenden Gerichtes bildete.

Die Frage, ob der BF an einer Gallen-, Leber- oder Nierenkrankheit gemäß § 2 Abs. 1 zweiter Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen leidet, war somit nicht Gegenstand des Verfahrens.

Darüber wurde im später ergangenen Bescheid vom 16.11.2017 abgesprochen und wurde dem BF die Möglichkeit eingeräumt dagegen ein Rechtsmittel zu ergreifen. Dieses wurde jedoch nach der vorliegenden Aktenlage nicht erhoben.

3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da im gegenständlichen Fall keine Rechtsfrage zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Schlagworte

Behindertenpass, Sachverständigengutachten, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G303.2178425.1.00

Zuletzt aktualisiert am

26.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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