TE Bvwg Beschluss 2019/1/15 W107 2160803-2

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Veröffentlicht am 15.01.2019
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Entscheidungsdatum

15.01.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §32 Abs1 Z2

Spruch

W107 2160803-2/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr. Sibyll BÖCK über den Antrag von XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Michael NIERLA, Annagasse 5, 1010 Wien, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.10.2018, W107 2160803-1/20E, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens auf internationalen Schutz:

A)

Der Antrag auf Wiederaufnahme abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der nunmehrige Wiederaufnahmewerber, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste schlepperunterstützt illegal (als Minderjähriger) in die Republik Österreich ein und stellte am 04.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich seines Herkunftsstaates Afghanistan.

2. Bei seiner Erstbefragung am 04.08.2015 durch einen Organwalter des öffentlichen Sicherheitsdienstes wurde er im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu zu seiner Identität, seiner Reiseroute, seinem Fluchtgrund und einer allfälligen Rückkehrgefährdung einvernommen. Als Fluchtgrund gab er versuchte Zwangsrekrutierung durch die Taliban an. Sein Vater sei deswegen misshandelt worden. Aus Angst sei er mit Unterstützung seines Onkels geflohen.

3. Anlässlich seiner niederschriftlich festgehaltenen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) am 06.12.2016 wiederholte der (bereits volljährige) Wiederaufnahmewerber im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu seinen Fluchtgrund wie bei der Erstbefragung und führte im Wesentlichen zusammengefasst aus, er sei in Pakistan geboren und mit seinen Eltern 2013 nach Afghanistan zurückgekehrt. Sein Vater sei von den Taliban wegen des Beschwerdeführers geschlagen worden, weil er sich geweigert habe, dass er für diese in den Kampf ziehen sollte. Die Taliban hätten junge Männer wie den Beschwerdeführer gebraucht. Daher sei er geflohen. Sein Vater könne nun wieder in Ruhe leben und habe keine Probleme mehr.

4. Mit Bescheid des BFA vom 18.05.2017 wurde der Antrag des Wiederaufnahmewerbers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Wiederaufnahmewerber eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Wiederaufnahmewerbers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Es wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

5. Mit Verfahrensanordnung vom 18.05.2017 wurde dem Wiederaufnahmewerber amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

6. Mit Schreiben vom 02.06.2017 erhob der Wiederaufnahmewerber, unterstützt durch den beigegebenen Rechtsberater, vollinhaltlich Beschwerde gegen den - nachweislich am 23.05.2017 zugestellten - spruchgegenständlichen Bescheid und wendete im Wesentlichen ein, dass sehr wohl eine persönliche Bedrohung des nunmehrigen Wiederaufnahmewerbers durch die Taliban bestanden habe und Männer - wie er - im wehrfähigen Alter zur Gruppe des "möglicherweise gefährdeten Personenkreises in Afghanistan" gehören würden. Zudem sei er nunmehr verlobt und weise bereits große Fortschritte beim Erwerb der deutschen Sprache auf.

7. Am 08.06.2017 legte das BFA die Beschwerde und den Akt des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zur Entscheidung vor. In einem verzichtete das BFA auf die Durchführung und Teilnahme an einer mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG.

8. Das BVwG führte am 12.09.2017 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu, eines länderkundigen Sachverständigen (im Folgenden: "SV") und des ausgewiesenen Rechtsvertreters eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, im Zuge derer der Wiederaufnahmewerber ausführlich zu seinen Beweggründen hinsichtlich seiner Ausreise aus Afghanistan und zu seinen Rückkehrbefürchtungen befragt wurde.

9. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.10.2018, W107 2160803-1/20E, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 18.05.2017 - nach Einholung von Stellungnahmen des nunmehrigen Wiederaufnahmewerbers zur Lage in seinem Herkunftsstaat - hinsichtlich sämtlicher Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen. Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

10. Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.10.2018 wurde beiden Verfahrensparteien am 03.10.2018 zugestellt und ist rechtskräftig.

11. Gegen das Erkenntnis des BVwG vom 02.10.2018 wurde das Rechtsmittel der außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof (in Folge: VwGH) - verbunden mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - erhoben. Dieses wurde dem VwGH am 19.11.2018 vorgelegt. Mit Beschluss des VwGH vom 13.12.2018 wurde dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG stattgegeben.

12. Mit Eingabe des bevollmächtigten Rechtsvertreters vom 19.10.2018 wurde der im Spruch genannte, auf § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG gestützte Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.10.2018, W107 2160803-1/20E, abgeschlossenen Verfahrens gestellt.

Zur Begründung des Wiederaufnahmeantrags wurde vorgebracht, dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.10.2018 liege die Annahme zu Grunde, dass Kabul eine innerstaatlichen Fluchtalternative darstelle. Aufgrund der Annahme, es liege eine innerstaatliche Fluchtalternative, nämlich in Kabul vor, sei dem Antragsteller sowohl die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten verweigert worden. Zwischenzeitig habe die UNHCR jedoch neue Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, datierend auf den 30.08.2018, veröffentlicht, wonach die Region Kabul nicht (mehr) als taugliche innerstaatliche Flucht- oder Neuansiedlungsalternative angesehen werden könne. Hinsichtlich des übrigen Staatsgebietes von Afghanistan werde in den UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 angeführt, dass durch die große Anzahl an Binnenvertriebenen und aufgrund der verheerenden Dürre ein menschenwürdiges Überleben in Afghanistan nicht sichergestellt werden könne. Auf Grundlage dieser bereits im Entscheidungszeitpunkt gültigen UNHCR-Richtlinien, welche zweifellos "neue Tatsachen oder Beweismittel" im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG darstellen würden, wäre dem Wiederaufnahmewerber folglich zumindest der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen gewesen. Der Bruder der Verlobten des Wiederaufnahmewerbers sei erst am 10.10.2018 im Wege einer Internetrecherche auf die UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 gestoßen und ergebe sich aus der Chronologie, dass dieser von den aktuellen UNHCR-Richtlinien im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 12.09.2017 ohne Verschulden keinen Gebrauch habe machen können.

Unter Vorlage der UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 (in englischer Fassung) wurde beantragt, das Beschwerdeverfahren zu W107 2160803-1 wiederaufzunehmen und eine weitere Verhandlung anzuberaumen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und Rechtzeitigkeit des Antrags:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. Fuchs hält in Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), § 32 VwGVG, Anm. 13, fest, dass der Systematik des VwGVG folgend anzunehmen ist, dass sämtliche Entscheidungen über Wiederaufnahmeanträge - als selbstständige Entscheidungen - in Beschlussform zu erfolgen haben.

Die in § 32 Abs. 2 VwGVG festgesetzte Frist, einen Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen ab dem Zeitpunkt einbringen zu müssen, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, ist im vorliegenden Fall gewahrt. Der Wiederaufnahmewerber erlangte am 10.10.2018 Kenntnis von den UNHCR-Richtlinien und vorliegender Antrag wurde am 19.10.2018 eingebracht. Der Antrag erweist sich somit als rechtzeitig.

2. Zu A) Abweisung des Wiederaufnahmeantrages:

Der Antrag ist aber nicht begründet:

2.1. Anzuwendende Rechtslage:

Die maßgebliche Bestimmung des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2017, lautet (auszugsweise, wörtlich):

"Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn

[...]

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder

3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

..."

2.2. Voraussetzung für die Wiederaufnahme des Verfahrens ist, dass die das seinerzeitige Verfahren abschließende Entscheidung mit einem ordentlichen Rechtsmittel nicht mehr anfechtbar, also formell rechtskräftig ist. Die Zulässigkeit und auch die Erhebung von Rechtsmitteln bei den Höchstgerichten hindern, selbst wenn der Beschwerde oder der Revision aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, nicht den Eintritt der formellen Rechtskraft (VwGH 16.09.1980, 1079/79; 23.02.2012, 2010/07/0067; 28.02.2012, 2012/05/0026). Entscheidungen eines Verwaltungsgerichtes werden mit ihrer Erlassung rechtskräftig. Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.10.2018 wurde mit seiner Zustellung am 03.10.2018 rechtskräftig (vgl. VwGH 26.11.2015, Ro 2015/07/0018; 19.01.2016, Ra 2015/01/0070; 24.05.2016, Ra 2016/03/0050; 31.01.2017, Ra 2017/03/0001). Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass mit Beschluss des VwGH vom 13.12.2018, Ra 2018/14/0239-10, dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG stattgegeben wurde.

2.3. Die Bestimmungen über die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im VwGVG entsprechen - wie aus der Regierungsvorlage zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 (2009 der Beilagen, XXIV. GP) hervorgeht - weitgehend den Bestimmungen der §§ 69 bis 72 AVG mit den entsprechenden Anpassungen aufgrund der Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz. Durch den Ausschluss der Anwendung des IV. Teiles des AVG ist das AVG in diesem Bereich für unanwendbar erklärt worden, wobei aufgrund der inhaltlichen Übereinstimmung und ähnlichen Formulierung der Bestimmung des § 32 Abs. 1 bis 3 VwGVG mit § 69 AVG die bisher ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidungen sinngemäß anzuwenden sind bzw. die bisherigen Judikaturlinien zu § 69 AVG herangezogen werden können (vgl. in diesem Sinne etwa VwGH 28.06.2016, Ra 2015/10/0136, wo ausgesprochen wurde, dass die Wiederaufnahmegründe des § 32 Abs. 1 VwGVG denjenigen des § 69 Abs. 1 AVG nachgebildet seien und daher auf das bisherige Verständnis dieser Wiederaufnahmegründe zurückgegriffen werden könne).

2.4. Der gegenständliche Antrag zielt darauf ab, das mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.10.2018 rechtskräftig abgeschlossene Verfahren aufgrund neuer Tatsachen bzw. Beweismittel iSd § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG wiederaufzunehmen.

2.5. Nach ständiger - auf § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG übertragbarer - Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 Abs. 1 Z 2 AVG nur auf solche Tatsachen d.h. Geschehnisse im Seinsbereich (vgl. VwGH 15.12.1994, 93/09/0434; 04.09.2003, 2000/17/0024) oder Beweismittel, d. h. Mittel zur Herbeiführung eines Urteils über Tatsachen (vgl. VwGH 16.11.2004, 2000/17/0022; 24.04.2007, 2005/11/0127), gestützt werden, die erst nach Abschluss eines Verfahrens hervorgekommen sind und deshalb von der Partei ohne ihr Verschulden nicht geltend gemacht werden konnten.

Es muss sich also um Tatsachen und Beweismittel handeln, die beim Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden waren, deren Verwertung der Partei aber ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich wurde ("nova reperta"), nicht aber um erst nach Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens neu entstandene Tatsachen und Beweismittel ("nova producta" bzw. "nova causa superveniens").

Neu entstandene Tatsachen, also Änderungen des Sachverhalts nach Abschluss des Verfahrens, erübrigen eine Wiederaufnahme des Verfahrens, weil in diesem Fall einem Antrag auf der Basis des geänderten Sachverhalts die Rechtskraft des bereits erlassenen Bescheides nicht entgegensteht. Bei Sachverhaltsänderungen, die nach der Entscheidung über einen Asylantrag eingetreten sind, ist kein Antrag auf Wiederaufnahme, sondern ein neuer Antrag (auf internationalen Schutz) zu stellen (vgl. dazu VwGH 19.02.1992, 90/12/0224 ua; 25.10.1994, 93/08/0123; 25.11.1994, 94/19/0145; 18.12.1996, 95/20/0672; 07.04.2000, 96/19/2240; 20.06.2001, 95/08/0036; 17.02.2006, 2006/18/0031).

2.6. Dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.10.2018 wurde u.a. das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan, Stand 29.06.2018, zugrunde gelegt sowie die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016 (deutsche Fassung).

Wenn nun der Wiederaufnahmewerber in seinem Antrag zusammengefasst im Wesentlichen vorbringt, aus den aktuellen UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 gehe hervor, dass die Stadt Kabul nicht als innerstaatliche Fluchtalternative in Betracht komme und ein menschenwürdiges Überleben auch im übrigen Staatsgebiet von Afghanistan aufgrund der großen Anzahl an Binnenvertriebenen und der verheerenden Dürre nicht sichergestellt sei, was eine anderslautende, dem Antrag des Wiederaufnahmewerbers stattgebende Entscheidung herbeigeführt hätte, so ist diesem Vorbringen aus folgenden Erwägungen entgegenzutreten:

Dem Wiederaufnahmewerber ist zunächst insoweit Recht zu geben, als er vorbringt, dass die Tatsachen (z.B. über die Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan und die bestehenden Risikoprofile), auf denen die am 30.08.2018 herausgegebenen UNHCR-Richtlinien basieren, bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.10.2018 bestanden haben. Dies ergibt sich daraus, dass die Richtlinien - sofern nicht anders angegeben - auf den dem UNHCR am 31.05.2018 bekannten Informationen beruhen (vgl. FN 2 auf S. 5 der Richtlinien). In den Richtlinien vom 30.08.2018 äußert UNHCR angesichts der gegenwärtigen Sicherheitslage sowie der menschenrechtlichen und humanitären Situation in Kabul die Auffassung, dass eine interne Flucht- und Neuansiedlungsalternative in dieser Stadt allgemein nicht zur Verfügung stehe (vgl. UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018, Seite 114: "UNHCR considers that given the current security, human rights and humanitarian situation in Kabul, an Internal Flight or Relocation Alternative (IFA/IRA) is generally not available in the city.").

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist den UNHCR-Richtlinien besondere Beachtung zu schenken (s. VwGH 22.11.2016, Ra 2016/20/0259, mwN; 08.08.2017, Ra 2017/19/0118; zur "Indizwirkung" vgl. VwGH 10.12.2014, Ra 2014/18/0103 bis 0106, mwN). Diese Rechtsprechung geht auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zurück, in der dieser erkannte, dass Empfehlungen internationaler Organisationen zweifelsohne Gewicht zukommt, wenn es um die Beurteilung der allgemeinen Verhältnisse vor Ort geht. Sie ersparen jedoch nicht eine nähere Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt (vgl. VwGH 13.11.2001, 2000/01/0453).

Unbeschadet dessen verkennt der antragstellende Wiederaufnahmewerber jedoch, dass die Richtlinien des UNHCR im gegebenen Zusammenhang weder "neue Tatsachen" noch ein "neues Beweismittel" iSd § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG darstellen.

Bei den UNHCR-Richtlinien handelt es sich um eine Hilfestellung für Entscheidungsträger bei der Beurteilung des internationalen Schutzbedarfs von Asylwerbern. Die hier in Rede stehende Einschätzung des UNHCR zur Relevanz und Zumutbarkeit einer internen Flucht- und Neuansiedlungsalternative in der Stadt Kabul stellt keine "neue Tatsachenfeststellung", sondern vielmehr eine geänderte Schlussfolgerung des UNHCR auf Basis der bereits zum Entscheidungszeitpunkt bestandenen und dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.10.2018 zugrunde gelegten Tatsachen (insbesondere betreffend die Sicherheits- und Versorgungslage in Kabul) dar und kann insoweit als (unverbindliche) Empfehlung oder als eine Art "Rechtsgutachten" angesehen werden (vgl. auch BVwG 11.10.2018, W210 2181071-2).

Die geänderte Schlussfolgerung des UNHCR zur Relevanz und Zumutbarkeit einer internen Flucht- und Neuansiedlungsalternative in Kabul in seinen Richtlinien vom 30.08.2018 vermag auch deshalb weder "neue Tatsachen" noch ein "neues Beweismittel" zu begründen, weil die Beurteilung der Möglichkeit und Zumutbarkeit der Verweisung auf eine innerstaatliche Fluchtalternative rechtlicher Natur ist, mag diese auch anhand konkreter einzelfallbezogener Sachverhaltsfeststellungen erfolgen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt festgestellt hat, unterscheidet § 11 AsylG 2005 nach seinem klaren Wortlaut zwei getrennte und selbständig zu prüfende Voraussetzungen der innerstaatlichen Fluchtalternative. Zum einen ist zu klären, ob in dem als innerstaatliche Fluchtalternative ins Auge gefassten Gebiet Schutz vor asylrechtlich relevanter Verfolgung und vor Bedingungen, die nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Gewährung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würden, gegeben ist. Demgemäß verbietet sich die Annahme, der Schutz eines Asylwerbers sei innerstaatlich zumindest in einem Teilgebiet gewährleistet, jedenfalls dann, wenn in dieser Region Verhältnisse herrschen, die Art. 3 MRK widersprechen. Zum anderen setzt die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative voraus, dass dem Asylwerber der Aufenthalt in diesem Gebiet zugemutet werden kann. Die Zumutbarkeit des Aufenthalts ist daher von der Frage der Schutzgewährung in diesem Gebiet zu trennen. Selbst wenn in dem betreffenden Gebiet also keine Verhältnisse herrschen, die Art. 3 MRK widersprechen (oder auf Grund derer andere Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz erfüllt wären), wäre eine innerstaatliche Fluchtalternative bei Unzumutbarkeit des Aufenthaltes in diesem Gebiet zu verneinen (vgl. etwa VwGH 05.04.2018, Ra 2018/19/0154).

Dass es sich sowohl bei der Frage, ob im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan in Kabul die reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK besteht, als auch bei der Frage der Zumutbarkeit einer in Betracht kommenden innerstaatlichen Fluchtalternative jeweils um eine rechtliche Beurteilung handelt, welche freilich in den Feststellungen Deckung finden muss, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits klargestellt (vgl. etwa VwGH 27.06.2017, Ra 2016/18/0277; 21.03.2018, Ra 2017/18/0372; 02.08.2018, Ra 2017/19/0229).

Die von UNHCR geäußerte Auffassung, wonach angesichts der gegenwärtigen Sicherheitslage sowie der menschenrechtlichen und humanitären Situation in Kabul eine interne Flucht- und Neuansiedlungsalternative in dieser Stadt allgemein nicht zur Verfügung stehe, stellt daher eine dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl - und letztlich dem Bundesverwaltungsgericht - obliegende, auf konkreten Feststellungen basierende, rechtliche Beurteilung im Einzelfall dar.

Im Übrigen besteht die Möglichkeit, Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes auch im Hinblick auf eine im Lichte der zum jeweiligen Entscheidungszeitpunkt verfügbaren Länderinformationen und der persönlichen Umstände des Asylwerbers in rechtlicher Hinsicht als möglich und zumutbar erachteten innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul im Wege außerordentlicher Rechtsmittel zu bekämpfen. Von dieser Möglichkeit hat der Wiederaufnahmewerber Gebrauch gemacht (vgl. Pkt. I.7.).

Das Bundesverwaltungsgericht kommt aus den dargelegten Erwägungen daher zur Ansicht, dass die vom Wiederaufnahmewerber ins Treffen geführte - in den Richtlinien vom 30.08.2018 enthaltene - Einschätzung des UNHCR zur Relevanz und Zumutbarkeit einer internen Flucht- und Neuansiedlungsalternative in der Stadt Kabul keinen Wiederaufnahmegrund iSd § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG darstellt.

2.7. Überdies hätte die Einschätzung des UNHCR zur Relevanz und Zumutbarkeit einer internen Flucht- und Neuansiedlungsalternative in Kabul - unbeschadet der Frage des Bestehens eines Wiederaufnahmegrundes - weder allein noch in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anderslautendes Erkenntnis herbeigeführt:

Was die Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten anlangt, ist auszuführen, dass sich das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.10.2018 tragend auf eine fehlende Glaubhaftmachung der behaupteten Verfolgung stützte, weshalb eine allenfalls bestehende innerstaatliche Fluchtalternative nicht maßgeblich für die Entscheidung war (vgl. etwa VwGH 24.01.2017, Ra 2016/01/0338).

Betreffend die Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten wurde im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.10.2018 nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtslage und der dazu ergangenen höchstgerichtlichen Rechtsprechung auszugsweise Folgendes ausgeführt:

"Wie den Länderberichten zu entnehmen ist, stellt sich die Sicherheitslage in der Heimatprovinz des Beschwerdeführers (Baghlan) als vergleichsweise instabil dar (vgl. I.1.2.2.1.). Vor dem Hintergrund der getroffenen Länderfeststellungen kann die Heimatprovinz des Beschwerdeführers nicht zu den "sicheren" Provinzen Afghanistans gezählt werden, weshalb dem Beschwerdeführer eine Rückführung in seine Heimatprovinz allenfalls erschwert oder sogar verunmöglicht wäre.

[...]

Trotz der weiterhin als instabil zu bezeichnenden allgemeinen Sicherheitslage in Afghanistan erscheint eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Afghanistan im Hinblick auf die regional und sogar innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt unterschiedliche Sicherheitslage nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Der Beschwerdeführer kann nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes unter Berücksichtigung der Länderberichte und den vom Beschwerdeführer dargelegten persönlichen Lebensumständen aus folgenden Gründen in zumutbarer Weise auf die Übersiedlung in andere Landesteile Afghanistans, konkret in die Provinz Herat sowie in die Provinzhauptstädte Kabul oder Mazar-e Sharif verwiesen werden:

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen gesunden, kinderlosen, jungen Mann im erwerbsfähigen Alter, bei dem die grundsätzliche Teilnahme am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Er ist zwar in Pakistan geboren, dort jedoch in einem afghanischen Familienverband aufgewachsen und spricht eine der Landessprachen Afghanistans (Paschtu) muttersprachlich. Der Beschwerdeführer hat seine Sozialisierung somit innerhalb des afghanischen Kulturkreises erfahren, weshalb er mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftslandes bestens vertraut ist. Im Alter von dreizehn Jahren kehrte der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Familie zurück nach Afghanistan und verbrachte dort seine gesamte Jugend bis zu seiner Ausreise aus Afghanistan im Sommer 2015. Sämtliche Familienmitglieder des Beschwerdeführers leben nach wie vor in Afghanistan. Der Beschwerdeführer steht nach wie vor in Kontakt mit seiner Familie in Afghanistan (vgl. VwGH 10.09.2018, Ra 2018/19/0312).

Der Beschwerdeführer verfügt über eine neunjährige Schulbildung und über eine Ausbildung zum Tischler. Zudem verrichtete er in Pakistan Hilfstätigkeiten auf Baustellen. Der Beschwerdeführer kann lesen und schreiben. Er gab zudem selbst an, neben seiner Muttersprache (Paschtu) auch über Sprachkenntnisse in Dari und Farsi zu verfügen sowie ein wenig Urdu und gut Englisch zu sprechen. Wie festgestellt, ist zwar die wirtschaftliche Situation in Kabul, insbesondere den Arbeits- und Wohnungsmarkt sowie auch die Versorgungslage mit lebensnotwendigen Gütern betreffend als angespannt zu bezeichnen, jedoch kann den Länderfeststellungen kein grundlegender Mangel in der Versorgung mit diesen Gütern entnommen werden. Der Beschwerdeführer ist aufgrund seiner Schulbildung, Berufsausbildung und bisherigen Arbeitserfahrungen in der Lage, für ein ausreichendes Einkommen zu sorgen. Er hat die Möglichkeit, an seine Ausbildung und Berufserfahrung anzuknüpfen oder in einem verwandten Berufsfeld tätig zu sein. Letztlich ist der Beschwerdeführer auch in der Lage, sich allenfalls durch Gelegenheitsarbeiten eine Existenzgrundlage zu sichern. Darüber hinaus verfügt der Beschwerdeführer über Familienangehörige in Kabul, auf deren Unterstützung er im Falle einer Neuansiedelung in diesem Landesteil zählen kann. Es ist davon auszugehen, dass diese den Beschwerdeführer bei der Suche nach einer Unterkunft unterstützen oder ihm vorübergehend sogar Wohnraum zur Verfügung stellen würden. In Kabul sowie im Umland stehen eine große Anzahl an Häusern und Wohnungen zur Verfügung. Da Rückkehrer darüber hinaus bis zu zwei Wochen im IOM Empfangszentrum in Jangalak untergebracht werden können, ist eine erste Versorgung des Beschwerdeführers in Kabul jedenfalls gewährleistet. Da der Beschwerdeführer seine Verwandten in Kabul in der Vergangenheit bereits mehrfach besuchte, ist ihm Kabul nicht gänzlich fremd. Es kann daher vorausgesetzt werden, dass der Beschwerdeführer auch mit den örtlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten in Kabul zumindest grundlegend vertraut ist und auch in diesem Punkt auf die nötige Unterstützung seiner Verwandten setzen kann.

Darüber hinaus ist Kabul eine für Normalbürger, die nicht mit Ausländern zusammenarbeiten, vergleichsweise sichere und über den jeweiligen Flughafen gut erreichbare Stadt, auch wenn es dort vermehrt zu Anschlägen kommt. Innerhalb Kabuls existieren in verschiedenen Vierteln unterschiedliche Sicherheitslagen.

Betreffend die allgemeine Sicherheitslage in Kabul wird seitens des erkennenden Gerichts im Hinblick auf die oben angeführten Länderfeststellungen zwar keineswegs verkannt, dass die Situation (auch) in der Stadt Kabul nach wie vor angespannt ist. Dennoch ist festzuhalten, dass die afghanische Regierung die Kontrolle über Kabul und größere Transitrouten hat. Aus dem vorliegenden Berichtsmaterial geht hervor, dass Terroranschläge, insbesondere auf Einrichtungen mit Symbolcharakter, in Kabul nicht auszuschließen sind und in unregelmäßigen Abständen auch stattfinden. Jedoch begründet allein der Umstand, dass an diesen Orten ein Bombenanschlag terroristischer Gruppierungen erfolgen könnte, bei der derzeitigen Gefahrenlage für den Beschwerdeführer noch keine stichhaltigen Gründe für ein reales Risiko der Verletzung seiner durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte bzw. liegt deshalb noch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen Konflikts vor (VwGH 25.04.2017, 2017/01/0016, mwN). Die in der Stadt Kabul verzeichneten Anschläge ereignen sich hauptsächlich im Nahebereich staatlicher Einrichtungen und richten sich mehrheitlich gezielt gegen die Regierung und internationale Organisationen sowie Restaurants, Hotels oder ähnliche Einrichtungen, in denen vorwiegend ausländische Personen verkehren. Diese Gefährdungsquellen sind jedoch in reinen Wohngebieten nicht in einem solchen Ausmaß anzunehmen, dass die Lage in der Stadt Kabul nicht insgesamt als ausreichend sicher bewertet werden könnte.

Die oben gemachten Ausführungen gelten im Wesentlichen auch für die Provinz Herat und die Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif, welche als zwei der sichersten Regionen Afghanistans angesehen werden und ebenfalls über internationale Flughäfen gut erreichbar sind. Hinsichtlich der Sicherheitslage in Herat und Mazar-e Sharif ist festzuhalten, dass auch diese Landesteile sowie die Transitrouten den Länderfeststellungen nach unter Kontrolle der Regierung stehen, wobei sich Sicherheitsvorfälle auf Regierungsgebäude, Militärangehörige, hochrangige Ziele und ausländische Sicherheitskräfte beschränken. Dass der Beschwerdeführer zu einer dieser Gruppen zählt, ist im gegenständlichen Verfahren nicht hervorgekommen. Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans. Ihre Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif fungiert als Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Auch Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes und wird als vergleichsweise friedliche gewertet. Der Beschwerdeführer ist also auch in Mazar-e Sharif oder Herat in der Lage, sich seinen Lebensunterhalt zunächst mit Gelegenheitsjobs zu sichern und in weiterer Folge an seine Schul- und Berufsausbildung anzuknüpfen. Es gibt daher auch bezüglich dieser Städte keinen Grund zur Annahme, dass der Beschwerdeführer auf lange Sicht gesehen dort nicht in der Lage wäre eine Existenz aufzubauen. Der Beschwerdeführer hat nicht zuletzt auch in Mazar-e Sharif entfernte Verwandte mütterlicherseits, welche dem Beschwerdeführer zumindest bei anfänglichen Schwierigkeiten zur Seite stehen könnten. Zudem gehört der Beschwerdeführer keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls in Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif für ihre Existenzsicherung aufkommen kann.

[...]

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass eine schwierige Lebenssituation für den Asylwerber im Fall seiner Rückführung in den Herkunftsstaat, vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht, primär gestützt auf mangelnde tragfähige Beziehungen und/oder fehlende Ortskenntnisse in Großstädten, oder eine schwierige Situation bei der Wohnraum- oder Arbeitsplatzsuche, nach der Judikatur des VwGH explizit nicht ausreicht, um die Voraussetzungen zur Erlangung von subsidiärem Schutz glaubhaft zu machen (VwGH 25.04.2017, Ra 2017/01/0016; 19.06.2017, Ra 2017/19/0095).

Vor dem Hintergrund des Vorbringens, wonach der Beschwerdeführer mangels tragfähiger sozialer und familiärer Anknüpfungspunkte außerhalb seiner Heimatprovinz bei einer Rückkehr nach Afghanistan vorerst auf sich alleine gestellt wäre, wird auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs verwiesen, wonach einem gesunden Asylwerber im erwerbsfähigen Alter, der eine der Landessprachen Afghanistans beherrscht, mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut ist und die Möglichkeit hat, sich durch Gelegenheitstätigkeiten eine Existenzgrundlage zu sichern, die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative zugemutet werden könne, und zwar selbst dann, wenn er nicht in Afghanistan geboren wurde, dort nie gelebt und keine Angehörigen in Afghanistan hat (vgl. VfGH 12.12.2017, E2068/2017).

Unter Berücksichtigung der dargelegten allgemeinen Gegebenheiten im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers und der aufgezeigten persönlichen Umstände im Zuge der gegenständlichen Einzelfallprüfung des Beschwerdeführers erscheint es insgesamt möglich, dass der Beschwerdeführer sowohl in Kabul als auch in Herat oder Mazar-e Sharif Fuß fasst und dort ein Leben ohne unbillige Härten führen kann, wie es auch andere Landsleute in diesen Regionen führen. Auch eine drohende Verletzung seiner Rechte unter dem Gesichtspunkt ökonomischer Überlegungen, etwa in dem Sinn, dass der Beschwerdeführer aufgrund einer Zurückführung nach Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif in eine ausweglose Situation geriete, kann vor dem Hintergrund des Beschwerdesachverhalts nicht bejaht werden.

Im Übrigen könnte der Beschwerdeführer auch - zumindest in der Anfangszeit - finanzielle Unterstützung (bspw. durch Überweisungen) seiner Familienangehörigen erhalten. Insgesamt erscheint es möglich und zumutbar, dass er bei einer Neuansiedelung mittelfristig Fuß fasst. Der VwGH hat bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass die Lage in Afghanistan sowohl hinsichtlich der Sicherheitslage in einzelnen Landesteilen als auch der wirtschaftlichen Situation angespannt ist, dass aber das Prüfungskalkül des Art 3 EMRK, das für die Annahme einer solchen Menschenrechtsverletzung das Vorhandensein einer die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz bedrohenden Lebenssituation unter exzeptionellen Umständen fordert, davon zu unterscheiden ist (vgl VwGH 20.09.2017, Ra 2017/19/0205, 18.10.2017, Ra 2017/19/0420). Eine schwierige Lebenssituation bei einer Rückkehr nach Afghanistan - insbesondere, wie hier, auch hinsichtlich einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Kabul (Stadt) - bedeutet für sich genommen keine reale Gefahr einer Verletzung des Art 3 EMRK (vgl VwGH 08.08.2017, Ra 2017/19/0118; 18.10.2017, Ra 2017/19/0157, mwN; VwGH 25.04.2017, Ra 2017/01/0016; 19.06.2017, Ra 2017/19/0095). Auch der Umstand, dass ein Rückkehrer nicht über ausreichende Kenntnisse der örtlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten in Kabul verfügt, wäre im vorliegenden Fall für die Annahme der Unzumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative nicht ausreichend (vgl VwGH 25.05.2016, Ra 2016/19/0036; 08.09.2016, Ra 2016/20/0063).

[...]

Die Rückverbringung des Beschwerdeführers nach Afghanistan steht unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen nicht im Widerspruch zu § 8 Abs. 1 AsylG 2005, weshalb das BFA dem Beschwerdeführer nach den genannten Bestimmungen den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zu Recht nicht zuerkannt hat."

Nach der ausdrücklichen Anordnung in § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG stellen neu hervorgekommene Tatsachen oder Beweise nur dann einen Grund für die Wiederaufnahme des Verfahrens dar, wenn sie allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anderslautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten. Es muss sich also um neu hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel handeln, die den Sachverhalt betreffen und die, wenn sie schon im wiederaufzunehmenden Verfahren berücksichtigt worden wären, zu einer anderen Feststellung des Sachverhalts und voraussichtlich zu einer im Hauptinhalt des Spruchs anderslautenden Entscheidung geführt hätten (VwGH 14.06.1993, 91/10/0107; 27.09.1994, 92/07/0074; 30.06.1998, 98/05/0033; 22.02.2001, 2000/04/0195; 20.12.2005, 2005/12/0124).

Die vom Wiederaufnahmewerber ins Treffen geführten UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 könnten daher - ungeachtet der obigen Ausführungen - nur dann maßgeblich sein, wenn sie nach ihrem objektiven Inhalt (und unvorgreiflich ihrer inhaltlichen Bewertung) dazu geeignet wären, dass es im wieder aufzunehmenden Verfahren bei ihrer Zugrundelegung voraussichtlich zu einer im Hauptinhalt des Spruchs anders lautenden Entscheidung gekommen wäre (vgl. auch VwGH 08.08.2017, Ra 2017/19/0118; 23.01.2018, Ra 2018/18/0001).

Dies ist aus nachfolgend näher dargelegten Gründen nicht der Fall:

Im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.10.2018 führte die Prüfung der maßgeblichen Kriterien im konkreten Fall des Wiederaufnahmewerbers zu dem Ergebnis, dass diesem - als innerstaatliche Flucht- und Neuansiedlungsalternative in Bezug auf seine Herkunftsprovinz - eine Ansiedelung in Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat möglich und zumutbar ist.

Soweit UNHCR in seinen Richtlinien vom 30.08.2018 die Auffassung vertritt, dass angesichts der gegenwärtigen Sicherheitslage in Kabul eine relevante interne Flucht- und Neuansiedlungsalternative in dieser Stadt allgemein nicht zur Verfügung stehe (S. 114), ist festzuhalten, dass sich die Ausführungen zur Sicherheitslage von jenen des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.10.2018 im Wesentlichen nur dadurch unterscheiden, dass die Richtlinien vom 30.08.2018 (auch im Unterschied zu jenen vom 19.04.2016) ausdrücklich auf das nicht quantifizierte Risiko hinweisen, Opfer von generalisierter Gewalt im Zuge der Teilnahme an tagtäglichen sozialen oder wirtschaftlichen Aktivitäten zu werden. Es ergibt sich aus den Richtlinien vom 30.08.2018 allerdings nicht, dass die Beurteilung im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.10.2018, wonach sich die in der Stadt Kabul verzeichneten Anschläge hauptsächlich im Nahebereich staatlicher Einrichtungen ereignen und sich mehrheitlich gezielt gegen die Regierung und internationale Organisationen sowie Restaurants, Hotels oder ähnliche Einrichtungen richten, in denen vorwiegend ausländische Personen verkehren, unzutreffend gewesen sei. Somit waren diese Gefährdungsquellen in reinen Wohngebieten nicht in einem solchen Ausmaß anzunehmen, dass die Lage in der Stadt Kabul nicht insgesamt als ausreichend sicher bewertet werden konnte.

Nach den aktualisierten Richtlinien vom 30.08.2018 ist UNHCR vor dem näher dargestellten Hintergrund der Ansicht, dass eine vorgeschlagene innerstaatliche Flucht- und Neuansiedlungsalternative nur sinnvoll möglich (und zumutbar) ist, wenn die Person Zugang zu Unterkünften, grundlegenden Dienstleistungen wie Sanitärversorgung, Gesundheitsversorgung und Bildung sowie Möglichkeiten für den Lebensunterhalt oder nachgewiesene und nachhaltige Unterstützung für den Zugang zu einem angemessenen Lebensstandard hat. Darüber hinaus hält UNHCR eine innerstaatliche Flucht- und Neuansiedlungsalternative nur für zumutbar, wenn die Person Zugang zu einem Unterstützungsnetzwerk von Mitgliedern ihrer (erweiterten) Familie oder Mitgliedern ihrer größeren ethnischen Gemeinschaft in der Gegend der potenziellen Umsiedlung hat, die beurteilt wurden, bereit und in der Lage zu sein, dem Antragsteller in der Praxis echte Unterstützung zu leisten. Weiters ist UNHCR der Ansicht, dass die einzige Ausnahme von der Anforderung der externen Unterstützung alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im erwerbsfähigen Alter sind, soweit keine spezifischen Vulnerabilitäten (wie näher beschrieben) vorliegen. Unter bestimmten Umständen können diese Personen ohne familiäre und soziale Unterstützung in urbaner und semi-urbaner Umgebung leben, soweit diese Umgebung über die notwendige Infrastruktur und Lebensgrundlagen verfügt, um die Grundbedürfnisse des Lebens zu decken und soweit diese einer wirksamen staatlichen Kontrolle unterliegt (vgl. S. 109 f.).

Dass der Wiederaufnahmewerber besondere Vulnerabilitäten aufweisen würde, die seine Ansiedlung in einer afghanischen Großstadt unzumutbar machen würden, ist weder im Verfahren vor dem BFA noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hervorgekommen.

2.8. Selbst wenn man mit dem Wiederaufnahmewerber eine innerstaatliche Fluchtalternative in der Hauptstadt Kabul nicht annehmen möchte, wäre selbst nach den vom Wiederaufnahmewerber angeführten UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 - entgegen dem Wiederaufnahmevorbringen - eine Ansiedlung in anderen afghanischen Landesteilen, die unter tatsächlicher staatlicher Kontrolle stehen und die über die notwendige Infrastruktur und Möglichkeiten zur Sicherung des Lebensunterhalts verfügen, aufgrund der persönlichen Umstände des Antragstellers, die im zugrundeliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren geprüft wurden, möglich und zumutbar.

Soweit UNHCR die Auffassung vertritt, dass angesichts der gegenwärtigen Sicherheitslage sowie der menschenrechtlichen und humanitären Situation in Kabul eine interne Flucht- und Neuansiedlungsalternative in dieser Stadt allgemein nicht zur Verfügung stehe (S. 114), ist festzuhalten, dass eine entsprechende Schlussfolgerung im Hinblick auf die Stadt Mazar-e Sharif und die Provinz Herat in den aktualisierten UNHCR-Richtlinien nicht enthalten ist. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher derzeit auch nicht davon aus, dass UNHCR eine innerstaatliche Flucht- und Neuansiedlungsalternative in Mazar-e Sharif oder Herat generell ausschließt. Zum Wiederaufnahmevorbringen, wonach gemäß den UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 auch die übrigen Landesteile Afghanistans aufgrund der hohen Anzahl an Binnenvertriebenen und der vorherrschenden Dürre kein menschenwürdiges Leben bieten würden, ist auszuführen, dass der Zugang zu Unterkunft, grundlegender Versorgung wie sanitärer Infrastruktur, Gesundheitsdiensten und Bildung sowie Erwerbsmöglichkeiten insbesondere in der Stadt Mazar-e Sharif und auch in der Provinz Herat mit Blick auf die aktuelle Berichtslage nach wie vor grundsätzlich gegeben. Auch ist der aktuellen Quellenlage nicht zu entnehmen, dass die Grundversorgung der Bevölkerung (mit Nahrungsmittel und Trinkwasser) in Mazar-e Sharif oder Herat generell nicht mehr gewährleistet oder das Gesundheitsversorgungssystem zusammengebrochen wäre.

Im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.10.2018 wurde die Rückkehrsituation nicht nur betreffend die Hauptstadt Kabul, sondern auch hinsichtlich der Städte Mazar-e Sharif und Herat geprüft und erörtert. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Erkenntnis vom 02.10.2018 - nach Prüfung des Einzelfalles unter Berücksichtigung der allgemeinen Gegebenheiten und der persönlichen Umstände des Antragstellers sowie unter Beachtung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung - (auch) eine Rückkehr des Wiederaufnahmewerbers nach Mazar-e Sharif und Herat für möglich und zumutbar erachtet und die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides unter anderem deshalb tragend gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Die Berücksichtigung der in den UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 enthaltenen Neueinschätzung der Lage in Kabul hätte daher weder allein noch in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich zu einem anderen Verfahrensergebnis geführt.

2.9. Die UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 stellen daher nach eingehender Prüfung keine taugliche Grundlage dafür dar, die rechtliche Würdigung, dem Antragsteller stehe in Afghanistan eine zumutbare Fluchtalternative zur Verfügung, in Zweifel zu ziehen. Wäre das Beweismittel, auf das sich der Wiederaufnahmeantrag stützt, bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht vorgelegen, hätte es keine andere, im Ergebnis zur Zuerkennung von Asyl oder subsidiärem Schutz führende rechtliche Würdigung erfahren.

2.10. Aus den dargelegten Erwägungen sind die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG nicht erfüllt, weshalb der gegenständliche Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens spruchgemäß abzuweisen ist. Aus denselben Gründen bleibt auch für eine amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens kein Raum.

2.9. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung

Da die Sachlage aufgrund der Aktenlage als erklärt erscheint, konnte eine mündliche Erörterung der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben. Im vorliegenden Fall liegen keine widersprechenden prozessrelevanten Behauptungen vor, die es erforderlich machen würden, dass sich das Gericht im Rahmen einer mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck von der Glaubwürdigkeit von Zeugen bzw. Parteien verschafft. Vielmehr ist die hier zu beantwortende Frage, ob ein Wiederaufnahmegrund iSd § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG vorliegt, rechtlicher Natur. Dem Entfall der Verhandlung stehen im Ergebnis weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegen (vgl. VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0140).

3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053). Im Übrigen ergeht die vorliegende Entscheidung in Anlehnung an die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den maßgeblichen Bestimmungen des § 69 AVG bzw. § 32 VwGVG.

Schlagworte

Voraussetzungen, Wiederaufnahme, Wiederaufnahmeantrag,
Wiederaufnahmegrund

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W107.2160803.2.00

Zuletzt aktualisiert am

25.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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