TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/23 W222 2143369-1

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Veröffentlicht am 23.01.2019
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Entscheidungsdatum

23.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W222 2143369-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Obregon als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.10.2016, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.01.2019 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und §§ 46, 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte am 19.01.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, wozu er am 21.01.2015 Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt wurde. Der Beschwerdeführer gab an ledig zu sein und die Grundschule von 1993-2004 besucht zu haben, sowie zuletzt als Schuhverkäufer tätig gewesen zu sein. Seine Eltern, sein Bruder und seine Schwester würden in Indien aufhältig sein. Zum Fluchtgrund befragt, gab der Beschwerdeführer folgendes an: "Vor 3 Monaten gab es einen Streit bei der Hochzeit eines Freundes. Der Streit war zwischen meinem Freund bzw. Freunden und einer anderen Gruppe fremder Männer. Bei dem Streit ging es darum, dass die Schwester meines Freundes von einem dieser mir unbekannten Männer sexuell belästigt wurde bzw. eine außereheliche Beziehung pflegte. So genau weiß ich das nicht. Bei dieser Auseinandersetzung wurden insgesamt 2 Männer schwer verletzt. Ich hatte damit aber nichts zu tun. Nach diesem Vorfall wurde ich dann aber mehrmals telefonisch bedroht, weil ich angeblich bei dem Streit dabei war. Ich versteckte mich dann von Dezember 2014 bis 17.01.2015 bei einem Freund in einem Nachbardorf. Aber diese Männer kamen immer wieder zu meiner Familie und suchten nach mir. Aus Angst um mein Leben habe ich beschlossen Indien zu verlassen."

Bei der niederschriftlichen Einvernahme am 17.05.2016 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab der Beschwerdeführer an, dass es ihm gesundheitlich gut gehe, er nicht in ärztlicher Behandlung stehe und keine Medikamente nehme. In weiterer Folge führte dieser aus: "Bis zu meinem 21. Lebensjahr hab ich mich in meinem Heimatdorf aufgehalten. Danach habe ich ca. 3 Jahre lang in der Stadt XXXX in der Provinz Himachal Pradesh gearbeitet. In dieser Zeit habe ich mein Dorf gelegentlich besucht. Danach habe ich mich weiterhin bis zu meiner Ausreise in meinem Dorf aufgehalten.

LA: In Indien, waren sie wohlhabend oder hatten sie ein Haus?

VP: Wir waren arm.

LA: Haben Sie Familie in INDIEN? Wo leben die Verwandten in INDIEN?

VP: Meine Mutter ist letzte Woche gestorben. Mein Vater lebt gemeinsam mit meinem Bruder und meiner Schwester in meinem Dorf.

LA: Wie geht es Ihrer Familie? Wann hatten Sie zuletzt Kontakt zu Ihrem Vater und Ihren Geschwistern?

VP: Letzte Woche hatte ich Kontakt. Ich habe mit Ihnen telefoniert.

LA: Haben Sie sonst noch Verwandte in Indien?

VP: Ja, ich habe Onkeln und Tanten in Indien.

LA: Wo leben diese Onkeln und Tanten?

VP: Alle sind im Punjab aufhältig.

LA: Nennen Sie mir Namen, Geburtsdatum und Geburtsort Ihres Vaters und Ihrer Geschwister?

VP: Mein Vater heißtXXXX, ca. 51 Jahre alt. Das Geburtsdatum ist unbekannt. Wo er geboren wurde weiß ich nicht. Mein Bruder heißt XXXX, ca. 28 Jahre alt. Ich weiß nicht wo mein Vater und meine Geschwister geboren wurden. Meine Schwester heißt XXXX, ca. 31 Jahre alt.

LA: Wie sind Sie ins österreichische Bundesgebiet eingereist?

VP: Mein Vater hat meine Ausreise organisiert. Ich flog bis nach Moskau und danach über den Landweg nach Österreich.

Befragt gebe ich an, dass ich nicht weiß ob ich legal oder illegal eingereist bin.

LA: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?

VP: Meine Volksgruppe ist XXXX.

LA: Welche Kastenzugehörigkeit haben Sie?

VP: Meine Kastenzugehörigkeit ist XXXX.

LA: Welche Religion haben Sie?

VP: Ich bin Sikh.

LA: Welche Sprachen sprechen Sie?

VP: Ich spreche Punjabi, ein wenig Englisch.

LA: Sprechen Sie Deutsch?

VP: Nein.

LA: Möchten Sie Deutsch lernen?

VP: Ja.

LA: Leben Sie in Österreich mit jemandem zusammen?

VP: Ja, ich wohne mit zwei weiteren Personen bzw. Landsmänner zusammen.

Befragt gebe ich an, dass ich nur den Spitznamen meiner beiden Landsmänner weiß. Sie heißen XXXX und XXXX.

LA: Wo leben Sie in Österreich? Können Sie die genaue Adresse nennen.

Anm: Die VP legt einen Meldezettel vor. Der VP wohnt in der XXXX in XXXX Wien.

LA: Laut zentralem Melderegister heißt Ihr Unterkunftgeber Hr. XXXX:

In welchem Verhältnis stehen Sie zu ihm?

VP: Er ist nur ein Bekannter, sonst nichts.

LA: Haben Sie minderjährige Kinder oder sonstige Obsorgepflichten?

VP: Nein.

LA: Wie ist Ihr Personenstand?

VP: Ich bin ledig.

LA: Haben Sie Familienangehörige hier in Österreich?

VP: Nein.

LA: Welche schulischen Ausbildungen haben Sie in INDIEN absolviert?

VP: Ich habe 12 Jahre lang die Grundschule besucht.

LA: Wie haben Sie in INDIEN Ihren Lebensunterhalt finanziert?

VP: Ich war Schuhverkäufer.

LA: Welchen Berufswunsch haben Sie? Wie würden sie gerne Ihren Lebensunterhalt in Österreich bestreiten?

VP: Derzeit arbeite ich als Reklameverteiler. Ich habe keinen Berufswunsch.

LA: Beschreiben sie mir bitte Ihren Tagesablauf hier in Österreich.

VP: Von 7.00 in der Früh bis 14.00 oder 15.00 Uhr verteile ich Reklamen. Danach verbringe ich meine Zeit zu Hause.

LA: Haben Sie Freunde in Österreich?

VP: Ja, ich habe Arbeitskollegen.

LA: Wann haben Sie INDIEN verlassen?

VP: Im Dezember 2014 habe ich Indien verlassen.

LA: Wer organisierte und finanzierte die Reise?

VP: Mein Vater organisierte und finanzierte die Reise.

LA: Nennen Sie mir Ihre Fluchtroute!

VP: Ich bin gemeinsam mit dem Schlepper von Indien nach Moskau geflogen. Von dort aus ging es über mir unbekannte Wege nach Österreich.

LA: Kannten Sie den Schlepper persönlich? Wie sah er aus? Können Sie ihn kurz beschreiben?

VP: Sein Name ist mir unbekannt, aber er ist ca. 50 Jahre alt.

LA: Nennen Sie mir Ihre Fluchtgründe - bitte in allen Details und chronologischer Reihenfolge:

VP: Meine Freunde waren auf einer Hochzeit in der Stadt XXXX. Einer meiner Freunde war gemeinsam mit seiner Schwester dort. Diese wurde dort von alkoholisierten Personen auf der Hochzeit belästigt. Es kam zu einer Auseinandersetzung zwischen meinen Freunden und diesen betrunkenen Personen. Ich war zu diesem Zeitpunkt in meinem Dorf. Meine Freunde haben mich angerufen und mir von dem Vorfall erzählt. Sie sagten mir, ich solle sofort nach XXXX kommen. Als ich dort angekommen bin, habe ich gesehen, dass 2-3 Personen von jeder Seite und jeder Partei umgebracht worden sind. Die andere Partei hat mich gesehen und beschuldigten mich wegen des Todes Ihrer Freunde. Aus diesem Grund haben Sie mich mit dem Tod bedroht. Ich komme aus einer sehr einfachen Familie. Mein Vater hat mich aus diesem Grund zu einer Bekannten nach XXXX geschickt. Diese unbekannten Leute, mit dessen meine Freunde eine Auseinandersetzung hatten, kamen immer wieder zu uns nach Hause und fragten nach mir. Mein Vater hatte sehr große Angst um mich. Er hat mich ins Ausland geschickt.

LA: Haben Sie all ihre Fluchtgründe genannt?

VP: Das ist alles.

LA: Haben Sie in einem anderen Land um Asyl angesucht?

VP: Nein.

LA: Wurden Sie persönlich, aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit oder Religion, jemals verfolgt, bedroht oder entführt?

VP: Nein.

LA: Wurden Sie jemals festgenommen? Wurden Sie jemals verurteilt? Waren Sie jemals in Haft?

VP: Nein.

LA: Waren Sie in Ihrer Heimat politisch tätig? Nahmen Sie in Ihrer Heimat an Demonstrationen teil?

VP: Nein.

LA: Woher kannten Sie diese betrunkenen Personen? Sie gaben an auf der Hochzeit nicht gewesen zu sein. Woher sollten diese Personen Sie daher beschuldigen?

VP: Ja, sie kannten mich.

LA: Woher kannten Sie die Personen?

VP: Sie kommen aus dem Nachbardorf.

LA: Können Sie die Namen dieser Personen nennen? Wie sahen Sie aus?

VP: Namen weiß ich nicht, aber sie waren im Alter von 22 - 24 Jahre alt.

LA: Warum wollten Sie unbedingt nach Österreich?

VP: Mein Vater hat die Ausreise organisiert, nicht ich.

LA: Warum wollte Ihr Vater dass Sie unbedingt nach Österreich ausreisen. Gab es dazu einen bestimmten Grund?

VP: Mein Vater hat nur dem Schlepper gesagt, dass er mich ins Ausland bringen soll. Der Schlepper selbst hat entschieden, dass er mich hier her nach Österreich bringt.

LA: In INDIEN gibt es kein Meldesystem. Konnten Sie nicht in einen anderen Ort/in ein anderes Dorf flüchten wo sie die betrunkenen Personen, die Sie beschuldigt haben, nicht finden können?

VP: Ich war nie in einem anderen Bundesland. Ich kenne mich dort nicht aus.

LA: Was befürchten Sie im Falle Ihrer Rückkehr in Ihre Heimat?

VP: Ich habe Angst um mein Leben. Meine Mutter hatte sehr viele Kummer um mich und ist deshalb gestorben.

Anm: Die VP zeigt Fotos seiner verstorbenen Mutter auf dem Handy her. Die VP weint.

LA: Besuchten Sie als Sikh Tempel?

VP: Ja.

LA: Welche Tempel haben Sie besucht? Können Sie Namen nennen?

VP: Der Tempel hieß XXXX. Dieser Tempel befindet sich in meinem Dorf. Ich war aber auch in anderem Tempeln.

LA: Konnten Sie sich bei dieser Einvernahme konzentrieren und die/den Dolmetscher_in gut verstehen?

VP: Ja, ich konnte sie gut verstehen.

LA: Sind Sie damit einverstanden, dass wir in Ihrem Herkunftsstaat Nachforschungen anstellen?

VP: Ja.

LA: Hatten Sie jemals Probleme oder eine Konfrontation mit den Behörden oder der Polizei Ihres Heimatlandes?

VP: Nein mit Behörden oder der Polizei in meinem Heimatland hatte ich nie Probleme."

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig ist (Spruchpunkt III.) und dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde ausgeführt, dass seinem Vorbringen kein Glauben geschenkt werde: "Bezüglich der Gründe für Ihre Ausreise und Asylantragstellung haben Sie in Ihrer Ersteinvernahme zusammengefasst angegeben, dass Sie Indien verlassen hätten, da es eine Auseinandersetzung zwischen Ihren Freunden und einer Gruppe fremder Männer gab. Weiters gaben Sie an, dass es in dem Streit darum ging, dass die Schwester Ihrer Freunde von einem dieser Ihnen unbekannten Männer sexuell belästigt wurde bzw. eine außereheliche Beziehung pflegte. Bei dieser Auseinandersetzung wurden insgesamt 2 Männer schwer verletzt. Sie gaben an, nichts damit zu tun gehabt zu haben. Nach diesem Vorfall wurden Sie danach mehrmals telefonisch bedroht, weil Sie angeblich bei dem Streit dabei waren. Anschließend versteckten Sie sich von Dezember 2014 bis 17.01.2015 bei einem Freund in einem Nachbardorf. Allerdings kamen diese Männer immer wieder zu Ihrer Familie und suchten nach Ihnen.

In Ihrer Einvernahme am 17.05.2016 war der Korpus des Vorbringens zunächst im Wesentlichen gleichlautend. Weshalb Ihre Glaubwürdigkeit dennoch erschüttert wurde, wird im Folgenden erläutert.

Sie konnten in Bezug auf diese verfeindeten Gruppen keine Namen nennen, obwohl Sie behauptet hatten, dass es sich hierbei um Personen aus Ihrem Nachbardorf handeln würde.

Weiter meinten Sie, dass bei dieser Auseinandersetzung 2-3 Personen von jeder Seite und jeder Partei umgebracht worden seien. Sie wurden des Todes an den Personen beschuldigt, obwohl Sie zu diesem Zeitpunkt nicht vor Ort waren. Aufgefordert den Vorfall genau zu schildern, konnten Sie keine genauen Angaben zu den Personen machen. Sie gaben lediglich an, dass es sich hierbei um Personen aus Ihrem Nachbarsdorf handeln würde.

Sie konnten weiter nicht plausibel darstellen, weshalb es Ihnen nicht möglich gewesen sein soll in ein anderes Dorf zu fliehen, um dort leben zu können. Zumal Sie weder versucht hatten innerhalb Indiens an einen anderen Ort zu ziehen, um Ihren mutmaßlichen Problemen zu entgehen. Laut eigenen Angaben waren Sie erst beim besagten Ort eingetroffen, als die genannten 2-3 Personen bereits verletzt waren. Konkrete Anhaltspunkte konnten Sie nicht nennen. Sie wüssten von dieser Auseinandersetzung lediglich von Ihren Freunden. Wenn Sie das Geschilderte tatsächlich erlebt hätten, so müssten Sie sich an ungefähre Daten und jedenfalls an den Namen der Personen erinnern können. Laut Internetrecherchen hätten Sie von Ihrem Heimatdorf XXXX bis nachXXXX einen Fußweg von mindestens 3 Stunden zurück legen müssen. Daraus lässt sich schließen, dass Sie erst 3 Stunden später in XXXX angekommen wären, als die Auseinandersetzung zwischen den verfeindeten Personen bereits vorbei war.

Selbst wenn Sie tatsächlich Streit mit anderen jungen Leuten gehabt hätten und diese "Feindschaft" bei der Auseinandersetzung während einer Hochzeit entstanden sein soll, hätten Sie sich wie bereits erwähnt an die Polizei wenden können. Da in Indien kein Meldesystem existiert, hätten Sie auch in einen benachbarten Ort bzw. in einen benachbarten Staat fliehen können, wo Sie die fremden Personen, zu denen Sie laut eigenen Angaben kaum Kontakt hatten, nicht finden konnten. Außerdem ist es wenig glaubhaft zu behaupten, dass Sie diese fremden Personen wegen des Todes Ihrer Freunde beschuldigt hatten, da Sie laut eigenen Angaben erst in XXXX eingetroffen sind, als die betroffenen Personen bereits verletzt bzw. ermordet waren.

Dieser Umstand stellt Ihre behauptete Flucht enorm in Frage. Sie behaupteten so in Gefahr gewesen zu sein, dass Sie Indien hätten verlassen müssen, obwohl Sie bei der besagten Hochzeit und der Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen Person gar nicht anwesend waren.

Schlussendlich ist noch zu erwähnen, dass Sie sowohl bei Ihrer Erstbefragung als auch bei der Einvernahme im Asylverfahren vom 17.05.2016 angaben, dass Ihr Reisepass in Moskau von einem Schlepper abgenommen wurde. Mangels Fehlen eines gültigen Reisedokuments, konnte Ihre Identität nicht bewiesen werden.

Ihre Angaben Ihr Fluchtvorbringen betreffend waren widersprüchlich und vage. Beweismittel für Ihr Vorbringen brachten Sie keine in Vorlage.

Es existiert, kein Meldewesen in Ihrem Heimatland, wie sich aus dem LIB zur Lage in Indien ergibt, sodass Ihnen jedenfalls die Möglichkeit offensteht, sich an einen anderen Ort in Ihrem Herkunftsstaat zu begeben, um Ihren angeblichen Problemen zu entgehen. Dass man gerade Sie in ganz Indien suchen und auch finden sollte, ist, wie erwähnt, widersprüchlich zur im LIB geschilderten allgemeinen Lage und somit aus Sicht der Behörde nicht glaubhaft.

Abschließend ist zu erklären, dass Sie sich mit dem Verlassen Indiens dazu entschlossen hatten, die äußerste aller Möglichkeiten zu wählen, um Ihren vermeintlichen Problemen zu entgehen.

Aus Ihrer Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit im Rahmen der amtswegigen Prüfung ergibt sich keine Gefahr einer systematischen, landesweiten, staatlich geduldeten asylrelevanten Verfolgung.

Die erkennende Behörde gelangt daher im Rahmen der von ihr vorzunehmenden Beweiswürdigung zu einem den Denkgesetzen und den Erfahrungen des Lebens entsprechenden Ergebnis, indem Sie aufgrund der getroffenen Feststellungen und Ihres widersprüchlichen Vorbringens zu Ihren Fluchtgründen zu dem Schluss kommt, dass der maßgebliche, den Fluchtgrund betreffenden Sachverhalt nicht den Tatsachen entspricht und Sie mit Ihrem Vorbringen keine Verfolgungsgefahr im Sinne der GFK glaubhaft gemacht haben."

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde.

Am 09.01.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, im Rahmen derer der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen sowie zu seinen Lebensumständen in Österreich und Indien befragt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien, gehört der Religionsgemeinschaft der Sikhs an und stammt aus dem Bundesstaat Punjab.

In Indien besuchte er zwölf Jahre lang die Schule. In Indien leben der Vater und die Schwester sowie der Bruder des Beschwerdeführers sowie Onkeln und Tanten.

Im österreichischen Bundesgebiet verfügt der ledige und kinderlose Beschwerdeführer über keine Familienangehörigen und er lebt auch nicht in einer Lebensgemeinschaft. Der Beschwerdeführer spricht nicht Deutsch und hat keine österreichischen Freunde. Er ist als Zeitungszusteller tätig und verdient ca. 500 Euro im Monat, im Sommer ca. 400 bis 450 Euro. Er bezieht keine Leistungen im Rahmen der Grundversorgung. Er zahlt 130 Euro Miete. Er ist gesund, arbeitsfähig und in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer sein Herkunftsland aus den von ihm genannten Gründen verlassen hat.

Zur Lage in Indien:

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 11.4.2017: Acht Tote und über 200 Verletzten bei Demonstrationen bei Wahl in Srinagar, Kaschmir (Abschnitt 1/Relevant für Abschnitt 3.1)

Im Zuge einer Nachwahl zur Besetzung eines freien Sitzes im indischen Unterhaus, kam es am Sonntag, dem 9.4.2017, in Srinagar, Kaschmir, zu Zusammenstößen zwischen separatistischen, die Wahl boykottierenden Demonstranten und den indischen Sicherheitskräften. Während des Konflikts wurden acht Demonstranten getötet und über 200 Personen, Demonstranten und Sicherheitsbeamte, verletzt (Reuters 10.4.2017).

Am Montag den 10.4.2017 verhängte die indische Polizei eine Ausgangssperre für die Bevölkerung mehrerer Gebiete Kaschmirs, errichtete Straßensperren und schränkte den Verkehr ein (Reuters 10.4.2017).

Die Wahlbeteiligung lag bei nur 7% (Times of India 11.4.2017). Eine zweite Nachwahl, ursprünglich geplant für den 12.4.2017 in Anantnag, wurde in Anbetracht der aktuellen Lage auf den 25.5.2017 verschoben (Reuters 10.4.2017).

Indien beschuldigt Pakistan die Separatisten zu unterstützen, was in Islamabad bestritten wird (Reuters 10.4.2017).

Bei einem weiteren Vorfall am Montag sind vier mutmaßliche Kämpfer erschossen worden, als sie versuchten die umstrittene Grenze von Pakistan kommend, in der Nähe des Keran-Sektors zu infiltrieren (Reuters 10.4.2017).

Da sich seit der Tötung des einflussreichen Separatistenkämpfers Burhan Wani im Juli 2016, die Spannungen in der Region erhöht haben (BBC 10.4.2017), und es seither in Kaschmir wiederholt zu gewalttätigen Protesten kam, in deren Verlauf bisher 84 Zivilisten getötet und über 12.000 Zivilisten und Sicherheitskräfte verletzt wurden (Reuters 10.4.2017), sind vorsorglich etwa 20.000 zusätzliche indische Truppen in die Region entsandt worden (BBC 10.4.2017).

Quellen:

-

BBC (10.4.2017): Kashmir violence: Eight killed in clashes during by-election, http://bbc.in/2oo04gV, Zugriff 11.4.2017

-

Reuters (10.4.2017): India clamps down on Kashmir transport after poll violence kills 8,

http://in.reuters.com/article/india-kashmir-idINKBN17B06F, Zugriff 11.4.2017

-

Times of India (11.4.2017): Lack of pre-emptive policing led to low voter turnout in Kashmir

http://timesofindia.indiatimes.com/india/lack-of-pre-emptive-policing-led-to-low-voter-turnout-in-kashmir/articleshow/58118340.cms, Zugriff 11.4.2017

Politische Lage

Indien ist mit über 1,2 Milliarden Menschen und einer multireligiösen und multiethnischen Gesellschaft die bevölkerungsreichste Demokratie der Welt (CIA Factbook 12.12.2016; vgl. auch: AA 16.8.2016, BBC 27.9.2016). Die - auch sprachliche - Vielfalt Indiens wird auch in seinem föderalen politischen System reflektiert, in welchem die Macht von der Zentralregierung und den Bundesstaaten geteilt wird (BBC 27.9.2016). Die Zentralregierung hat deutlich größere Kompetenzen als die Regierungen der Bundesstaaten (AA 9.2016a). Im Einklang mit der Verfassung haben die Bundesstaaten und Unionsterritorien ein hohes Maß an Autonomie und tragen die Hauptverantwortung für Recht und Ordnung (USDOS 13.4.2016). Die Hauptstadt New Delhi hat einen besonderen Rechtsstatus (AA 9.2016a).

Die Gewaltenteilung zwischen Parlament und Regierung entspricht britischem Muster (AA 16.8.2016), der Grundsatz der Gewaltenteilung von Legislative, Exekutive und Judikative ist durchgesetzt (AA 9.2016a). Die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit, die über einen dreistufigen Instanzenzug verfügt, ist verfassungsmäßig garantiert (AA 16.8.2016). Das oberste Gericht in New Delhi steht an der Spitze der Judikative (GIZ 11.2016). Die Entscheidungen der staatlichen Verwaltung (Bürokratie, Militär, Polizei) unterliegen überdies der Kontrolle durch die freie Presse des Landes, die nicht nur in den landesweiten Amtssprachen Hindi und Englisch, sondern auch in vielen der Regionalsprachen publiziert wird. Indien hat zudem eine lebendige Zivilgesellschaft (AA 9.2016a).

Indien ist eine parlamentarische Demokratie und verfügt über ein Mehrparteiensystem und ein Zweikammerparlament (USDOS 13.4.2016). Die Legislative besteht aus einer Volkskammer (Lok Sabha) und einer Staatenkammer (Rajya Sabha). Darüber hinaus gibt es Parlamente auf Bundesstaatsebene (AA 16.8.2016).

Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und wird von einem Wahlausschuss gewählt, während der Premierminister Leiter der Regierung ist (USDOS 13.4.2016). Das Präsidentenamt bringt vor allem repräsentative Aufgaben mit sich, im Krisenfall verfügt der Präsident aber über weitreichende Befugnisse. Seit Juli 2012 ist Präsident Pranab Kumar Mukherjee indisches Staatsoberhaupt (AA 9.2016a). Das wichtigste Amt innerhalb der Exekutive bekleidet aber der Premierminister (GIZ 11.2016).

Wahlen zum Unterhaus finden nach einfachem Mehrheitswahlrecht ("first-past-the-post") alle fünf Jahre statt, zuletzt im April/Mai 2014 mit knapp 830 Millionen Wahlberechtigten (AA 16.8.2016). Dabei standen sich drei große Parteienbündnisse gegenüber: Die United Progressive Alliance (UPA) unter Führung der Kongresspartei, die National Democratic Alliance (NDA) unter Führung der Bharatiya Janata Party (BJP - Indische Volkspartei) und die so genannte Dritte Front, die aus elf Regional- und Linksparteien besteht sowie die aus einem Teil der India-Against-Corruption-Bewegung hervorgegangene Aam Aadmi Party (AAP) (GIZ 11.2016; vgl. auch: FAZ 16.5.2014). Abgesehen von kleineren Störungen, verliefen die Wahlen korrekt und frei (AA 16.8.2016).

Als deutlicher Sieger mit 336 von 543 Sitzen löste das Parteienbündnis NDA (AA 16.8.2016), mit der hindu-nationalistischen BJP (AA 9.2016a) als stärkster Partei (282 Sitze), den Kongress an der Regierung ab (AA 16.8.2016). Die seit 2004 regierende Kongress-geführte Koalition unter Manmohan Singh erlitt hingegen große Verluste, womit Sonia Gandhi und Sohn Rahul nun auf die Oppositionsbank rücken (Eurasisches Magazin 24.5.2014; vgl. auch:

FAZ 16.5.2014, GIZ 11.2016). Die AAP, die 2013 bei der Wahl in Delhi 28 von 70 Sitzen erringen konnte, errang landesweit nun nur vier Sitze (GIZ 11.2016; vgl. auch: FAZ 16.5.2014). Der BJP Spitzenkandidat, der bisherige Ministerpräsident von Gujarat, Narendra Modi, wurde zum Premierminister gewählt (AA 16.8.2016) und steht seit 16.5.2014 (GIZ 11.2016) einem 65-köpfigen Kabinett vor (AA 16.8.2016).

Die seit 2014 im Amt befindliche neue Regierung will nicht nur den marktwirtschaftlichen Kurs fortsetzen, sondern ihn noch intensivieren, indem bürokratische Hemmnisse beseitigt und der Protektionismus verringert werden soll. Ausländische Investoren sollen verstärkt aktiv werden (GIZ 12.2016).

Unter Premierminister Modi betreibt Indien eine aktivere Außenpolitik als zuvor. Die frühere Strategie der "strategischen Autonomie" wird zunehmend durch eine Politik "multipler Partnerschaften" mit allen wichtigen Ländern in der Welt überlagert. Wichtigstes Ziel der indischen Außenpolitik ist die Schaffung eines friedlichen und stabilen globalen Umfelds für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes und die Profilierung als aufstrebende Großmacht (AA 9.2016b). Ein ständiger Sitz im VN-Sicherheitsrat ist dabei weiterhin ein strategisches Ziel (GIZ 12.2016). Gleichzeitig strebt Indien eine stärkere regionale Verflechtung mit seinen Nachbarn an. Indien ist Dialogpartner der südostasiatischen Staatengemeinschaft (Association of Southeast Asian Nations - ASEAN) und Mitglied im "ASEAN Regional Forum" (ARF). Auch bilateral hat Indien in den letzten Monaten seine Initiativen in den Nachbarländern verstärkt. Überdies nimmt Indien am East Asia Summit und seit 2007 auch am Asia-Europe Meeting (ASEM) teil. In der BRICS-Staatengruppe (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) hat Indien im Februar 2016 von Russland den diesjährigen Vorsitz übernommen. Bei ihrem Treffen in Ufa im Juli 2015 beschloss die Shanghai Cooperation Organisation (SCO), Indien und Pakistan nach Abschluss der Beitrittsprozeduren als Vollmitglieder aufzunehmen (AA 9.2016b).

Die Beziehungen zum gleichfalls nuklear gerüsteten Nachbarn Pakistan haben sich jüngst erneut zugespitzt. In den Jahrzehnten seit der Unabhängigkeit haben sich wiederholt Phasen des Dialogs und der Spannungen bis hin zur kriegerischen Auseinandersetzung abgelöst.

Größtes Hindernis für eine Verbesserung der Beziehungen ist weiterhin das Kaschmirproblem (AA 9.2016b).

Indien ist durch das Nuklearabkommen mit den USA ein Durchbruch gelungen. Obwohl es sich bis heute weigert, dem Atomwaffensperrvertrag beizutreten, bedeutet das Abkommen Zugang zu Nukleartechnologie. Ebenfalls positiv hat sich das Verhältnis Indiens zu China entwickelt. Zwar sind die strittigen Grenzfragen noch nicht geklärt, aber es wurden vertrauensbildende Maßnahmen vereinbart, um zumindest in dieser Frage keinen Konflikt mehr herauf zu beschwören. Auch ist man an einer weiteren Steigerung des bilateralen Handels interessiert, der sich binnen eines Jahrzehnts mehr als verzehnfacht hat (GIZ 12.2016).

Die Beziehungen zu Bangladesch sind von besonderer Natur, teilen die beiden Staaten doch eine über 4.000 km lange Grenze, kontrolliert Indien die Oberläufe der wichtigsten Flüsse Bangladeschs, und war Indien maßgeblich an der Entstehung Bangladeschs beteiligt. Schwierige Fragen wie Transit, Grenzverlauf, ungeregelter Grenzübertritt und Migration, Wasserverteilung und Schmuggel werden in regelmäßigen Regierungsgesprächen erörtert. Die Beziehungen des Landes zur EU sind vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht von besonderer Bedeutung. Die EU ist der größte Handels- und Investitionspartner Indiens. Der Warenhandel in beide Richtungen hat sich faktisch stetig ausgeweitet (GIZ 12.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

-

AA - Auswärtiges Amt (9.2016a): Indien, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_AC539C62A8F3AE6159C84F7909652AC5/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 5.12.2016

-

AA - Auswärtiges Amt (9.2016b): Indien, Außenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_F210BC76845F7B2BE813A33858992D23/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Aussenpolitik_node.html, Zugriff 29.12.2016

-

BBC - British Broadcasting Corporation (27.9.2016): India country profile - Overview,

http://www.bbc.co.uk/news/world-south-asia-12557384, Zugriff 5.12.2016

-

CIA - Central Intelligence Agency (15.11.2016): The World Factbook

-

India,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/in.html, Zugriff 9.1.2017

-

Eurasisches Magazin (24.5.2014): Wohin geht die größte Demokratie der Erde?,

http://www.eurasischesmagazin.de/artikel/Indien-nach-den-Wahlen-eine-Analyse/14017, Zugriff 4.1.2017

-

FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (16.5.2014): Modi ist Mann der Stunde,

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/fruehaufsteher/wahlentscheid-in-indien-modi-ist-der-mann-der-stunde-12941572.html, Zugriff 4.1.2017

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (12.2016): Indien,

http://liportal.giz.de/indien/geschichte-staat.html, Zugriff 5.12.2016

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmBH (11.2016): Indien, Wirtschaftssystem und Wirtschaftspolitik, http://liportal.giz.de/indien/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 5.12.2016

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html, Zugriff 5.12.2016

Sicherheitslage

Indien ist reich an Spannungen entlang von Ethnien, Religionen, Kasten und auch Lebensperspektiven. Widersprüche, Gegensätze oder Konflikte entladen sich in den gesellschaftlichen Arenen und werden von der Politik aufgegriffen, verarbeitet und teilweise instrumentalisiert (GIZ 11.2016). Blutige Terroranschläge haben in den vergangenen Jahren in Indiens Millionen-Metropolen wiederholt Todesopfer gefordert (Eurasisches Magazin 24.5.2014). Die Spannungen im Nordosten des Landes gehen genauso weiter wie die Auseinandersetzung mit den Naxaliten (GIZ 11.2016). Das staatliche Gewaltmonopol wird gebietsweise von den Aktivitäten der "Naxaliten" in Frage gestellt (AA 16.8.2016).

Terroristische Anschläge in den vergangenen Jahren (Dezember 2010 in Varanasi, Juli 2011

Mumbai, September 2011 New Delhi und Agra, April 2013 in Bangalore, Mai 2014 Chennai und Dezember 2014 Bangalore) und insbesondere die Anschläge in Mumbai im November 2008 haben die Regierung unter Druck gesetzt. Von den Anschlägen der letzten Jahre wurden nur wenige restlos aufgeklärt und die als Reaktion auf diese Vorfälle angekündigten Reformvorhaben zur Verbesserung der indischen Sicherheitsarchitektur wurden nicht konsequent umgesetzt (AA 24.4.2015). Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2011 1.073 Todesopfer durch terrorismusrelevante Gewalt, für das Jahr 2012 803, für das Jahr 2013 885, für das Jahr 2014 976 für das Jahr 2015 722 und für das Jahr 2016 835 [Anmerkung: die angeführten Zahlen beinhalten Zivilisten, Sicherheitskräfte und Terroristen] (SATP 9.1.2017).

Konfliktregionen sind Jammu und Kashmir, die nordöstlichen Regionen und der maoistische Gürtel. In Jharkhand und Bihar setzten sich die Angriffe von maoistischen Rebellen auf Sicherheitskräfte und Infrastruktur fort. In Punjab kam es bis zuletzt durch gewaltbereite Regierungsgegner immer wieder zu Ermordungen und Bombenanschlägen. Neben den islamistischen Terroristen tragen die Naxaliten (maoistische Untergrundkämpfer) zur Destabilisierung des Landes bei. Von Chattisgarh aus kämpfen sie in vielen Unionsstaaten (von Bihar im Norden bis Andrah Pradesh im Süden) mit Waffengewalt gegen staatliche Einrichtungen. Im Nordosten des Landes führen zahlreiche Separatistengruppen einen Kampf gegen die Staatsgewalt und fordern entweder Unabhängigkeit oder mehr Autonomie (United Liberation Front Assom, National Liberation Front Tripura, National Socialist Council Nagaland, Manipur People's Liberation Front etc.). Der gegen Minderheiten wie Moslems und Christen gerichtete Hindu-Radikalismus wird selten von offizieller Seite in die Kategorie Terror eingestuft, vielmehr als "communal violence" bezeichnet (ÖB 12.2016).

Gegen militante Gruppierungen, die meist für die Unabhängigkeit bestimmter Regionen eintreten und/oder radikalen Auffassungen anhängen, geht die Regierung mit großer Härte und Konsequenz vor. Sofern solche Gruppen der Gewalt abschwören, sind in der Regel Verhandlungen über ihre Forderungen möglich. Gewaltlose Unabhängigkeitsgruppen können sich politisch frei betätigen (AA 16.8.2016).

Pakistan und Indien

Pakistan erkennt weder den Beitritt Jammu und Kaschmirs zur indischen Union im Jahre 1947 noch die seit dem ersten Krieg im gleichen Jahr bestehende de-facto-Aufteilung der Region auf beide Staaten an. Indien hingegen vertritt den Standpunkt, dass die Zugehörigkeit Jammu und Kaschmirs in seiner Gesamtheit zu Indien nicht zur Disposition steht (AA 9.2016b). Seit 1947 gab es bereits drei Kriege, davon zwei aufgrund des umstrittenen Kaschmirgebiets. Friedensgespräche, die 2004 begannen, wurden trotz Spannungen wegen der Kaschmirregion und sich immer wieder ereignenden schweren Bombenaschlägen bis zu den von Islamisten durchgeführten Anschlägen in Mumbai 2008, fortgesetzt (BBC 27.9.2016).

Indien wirft Pakistan vor, Infiltrationen von Terroristen auf indisches Staatsgebiet zumindest zu dulden, wenn nicht zu befördern. Größere Terroranschläge in Indien in den Jahren 2001 und 2008 und der jüngste terroristische Angriff auf eine Militärbasis im indischen Teil Kaschmirs hatten die Spannungen in den bilateralen Beziehungen erheblich verschärft. Indien reagierte auf den Anschlag, bei dem 18 indische Soldaten ums Leben kamen, mit einer begrenzten Militäroperation ("surgical strike") im pakistanisch kontrollierten Teil Kaschmirs, die sich nach indischen Angaben gegen eine bevorstehende terroristische Infiltration richtete. In der Folge kommt es immer wieder zu Schusswechseln zwischen Truppenteilen Indiens und Pakistans an der Waffenstillstandslinie in Kaschmir. Indien sieht Pakistan in der Verantwortung für die terroristischen Bedrohungen an seiner Nordwestgrenze und erhöht den Druck auf den Nachbarn, um wirksame pakistanische Maßnahmen gegen den Terrorismus zu erreichen (AA 9.2016b). Bei einem Treffen in New York Ende September 2013 vereinbarten die Premierminister Singh und Sharif lediglich, den Waffenstillstand künftig besser einhalten zu wollen (GIZ 11.2016a). Der von 2014-2015 Hoffnung gebende Dialogprozess zwischen beiden Seiten ist über die aktuellen Entwicklungen zum Stillstand gekommen. Noch am Weihnachtstag 2015 hatte Premierminister Modi seinem pakistanischen Amtskollegen einen Überraschungsbesuch abgestattet und damit kurzzeitig Hoffnungen auf eine Entspannung aufkeimen lassen (AA 9.2016b).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (24.4.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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AA - Auswärtiges Amt (9.2016b): Indien - Außenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_09493FC61FD08185D486477F8D93E1EE/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Aussenpolitik_node.html, Zugriff 5.12.2016

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BBC - British Broadcasting Corporation (27.9.2016): India country profile - Overview,

http://www.bbc.co.uk/news/world-south-asia-12557384, Zugriff 5.12.2016

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Eurasisches Magazin (24.5.2014): Wohin geht die größte Demokratie der Erde?,

http://www.eurasischesmagazin.de/artikel/Indien-nach-den-Wahlen-eine-Analyse/14017, Zugriff 5.12.2016

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (11.2016a): Indien,

http://liportal.giz.de/indien/geschichte-staat.html, Zugriff 5.12.2016

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ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2016):

Asylländerbericht Indien

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SATP - South Asia Terrorism Portal (9.1.2017): Data Sheet - India Fatalities: 1994-2016,

http://www.satp.org/satporgtp/countries/india/database/indiafatalities.htm, Zugriff 9.1.2017

(...)

Punjab

Laut Angaben des indischen Innenministeriums zu den Zahlen der Volkszählung im Jahr 2011 leben von den 21 Mio. Sikhs 16 Millionen. im Punjab (MoHA o.D.) und bilden dort die Mehrheit (USDOS 10.8.2016).

Der Terrorismus im Punjab ist Ende der 1990er Jahre nahezu zum Erliegen gekommen. Die meisten hochkarätigen Mitglieder der verschiedenen militanten Gruppen haben den Punjab verlassen und operieren aus anderen Unionsstaaten oder Pakistan. Finanzielle Unterstützung erhalten sie auch von Sikh-Exilgruppierungen im westlichen Ausland (ÖB 12.2016). Nichtstaatliche Kräfte, darunter organisierte Aufständische und Terroristen, begehen jedoch zahlreiche Morde und Bombenanschläge im Punjab und Konfliktregionen wie etwa Jammu und Kaschmir (USDOS 13.4.2016). Im Juli 2015 griffen Mitglieder einer bewaffneten Gruppe eine Polizeiwache und einen Busbahnhof in Gurdaspur im Bundesstaat Punjab an und töteten drei Zivilpersonen und vier Polizisten. 15 Personen wurden verletzt (USDOS 2.7.2016; vgl. auch: AI 24.2.2016). Es handelte sich dabei um den ersten größeren Anschlag seit den Aktivitäten militanter Sikhs in 1980er und 1990er Jahren (USDOS 2.7.2016).

Im Oktober 2015 gab es in fünf Distrikten des Punjab weitverbreitete und gewalttätige Proteste der Sikhs gegen die Regierung in Punjab. Dabei hat die Polizei auf Protestanten geschossen und zwei Personen getötet sowie 80 Personen verletzt. Grund der Proteste waren Berichte, laut denen unbekannte Täter das heilige Buch der Sikhs entweiht hätten. Die Polizei hat ein Duzend Protestanten wegen versuchten Mordes, Beschädigung öffentlichen Eigentums und des Tragens von illegalen Waffen festgenommen. Was die Aufarbeitung der Gewaltausbrüche im Jahr 1984, bei denen 3.000 Menschen, darunter hauptsächlich Sikhs, ums Leben gekommen seien betrifft, so kommen Gerichtsverfahren nur langsam voran. Zivilgesellschaftliche Aktivisten und Interessensverbände der Sikhs zeigen sich weiterhin besorgt, dass die Regierung die Verantwortlichen noch nicht zur Rechenschaft ziehen konnte (USDOS 10.8.2016).

Der illegale Waffen- und Drogenhandel von Pakistan in den indischen Punjab hat sich in letzter Zeit verdreifacht. Im Mai 2007 wurden dem indischen Geheimdienst Pläne der ISI bekannt, die gemeinsam mit BKI und anderen militanten Sikh- Gruppierungen Anschläge auf Städte im Punjab (Jalandhar, Ludhiana, Pathankot) beabsichtigten. Die Sicherheitsbehörden im Punjab konnten bislang die aufkeimende Wiederbelebung der militanten Sikh-Bewegung erfolgreich neutralisieren (ÖB 12.2016). In Jammu und Kaschmir, im Punjab und in Manipur haben die Behörden besondere Befugnisse ohne Haftbefehl Personen zu suchen und zu inhaftieren (USDOS 13.4.2016; vgl. auch:

BBC 20.10.2015). Menschenrechtsberichten zufolge kommt es im Punjab regelmäßig zu Fällen von Menschenrechtsverletzungen insbesondere der Sicherheitsbehörden (extralegale Tötungen, willkürliche Festnahmen, Folter in Polizeigewahrsam, Todesfolge von Folter etc.) (ÖB 12.2016). Ehrenmorde stellen vor allem in den nördlichen Bundesstaaten Haryana und Punjab weiterhin ein Problem dar. Menschenrechtsorganisationen schätzen, dass bis zu 10% aller Tötungen in diesen Staaten sogenannte Ehrenmorde sind (USDOS 13.4.2016).

Die Staatliche Menschenrechtskommission im Punjab hat in einer Reihe von schweren Menschenrechtsverletzungen durch die Sicherheitskräfte (Folter, Folter mit Todesfolge, extra-legale Tötungen etc.) interveniert. In vielen Fällen wurde die Behörde zu Kompensationszahlungen verpflichtet. Die Menschenrechtskommission erhält täglich 200-300 Beschwerden über Menschenrechtsverletzung und ist in ihrer Kapazität überfordert. Oft sind Unterkastige oder Kastenlose Opfer der polizeilichen Willkür (ÖB 12.2016).

Die Zugehörigkeit zur Sikh-Religion ist kein Kriterium für polizeiliche Willkürakte Die Sikhs, 60% der Bevölkerung des Punjabs, stellen im Punjab einen erheblichen Teil der Beamten, Richter, Soldaten und Sicherheitskräfte. Auch hochrangige Positionen stehen ihnen offen (ÖB 12.2016).

In Indien ist die Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit rechtlich garantiert und praktisch von den Behörden auch respektiert; in manchen Grenzgebieten sind allerdings Sonderaufenthaltsgenehmigungen notwendig. Sikhs aus dem Punjab haben die Möglichkeit sich in anderen Landesteilen niederzulassen, Sikh-Gemeinden gibt es im ganzen Land verstreut. Sikhs können ihre Religion in allen Landesteilen ohne Einschränkung ausüben. Aktive Mitglieder von verbotenen militanten Sikh-Gruppierungen, wie Babbar Khalsa International müssen mit polizeilicher Verfolgung rechnen (ÖB 12.2016).

Quellen:

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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