Entscheidungsdatum
30.01.2019Norm
BBG §40Spruch
W207 2205426-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Prof. Dr. Gerd GRUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 06.08.2018, OB: XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführerin wurde am 21.04.2017 ein bis 01.04.2018 befristeter Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H. ausgestellt; seit 17.05.2017 verfügte die Beschwerdeführerin über einen ebenfalls bis 01.04.2018 befristeten Parkausweis gemäß §29 b der Straßenverkehrsordnung. Die Ausstellung des Behindertenpasses erfolgte auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens vom 19.04.2017, in dem die Funktionseinschränkung 1."Degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Zustand nach Versteifungsoperation L4/5; Unterer Rahmensatz, da eine mäßige funktionelle Einschränkung bei Zustand nach operativer Sanierung vorliegt.", Positionsnummer 02.01.03 der Anlage der Einschätzungsverordnung, bewertet mit einem Einzelgrad der Behinderung von 50 v.H., festgestellt wurde. Im Vergleich zum Vorgutachten vom 27.02.2017, mit dem die Funktionseinschränkung 1."Degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Zustand nach Versteifungsoperation L4/5; Oberer Rahmensatz, da mäßige funktionelle Einschränkung und periphere Symptomatik, jedoch ohne relevante motorische Ausfälle.", Positionsnummer 02.01.02 der Anlage der Einschätzungsverordnung, bewertet mit einem Einzelgrad der Behinderung von 40 v.H., festgestellt wurde, wurde aufgrund der neu vorgelegten Befunde festgestellt, dass eine Vertebrostenose vorliegt. Die neu vorgelegten Befunde dokumentierten, dass das Gehen nur mit einem Rollator möglich war. Daher wurde der Grad der Behinderung im Gegensatz zum Vorgutachten vom 27.02.2017 um eine Stufe erhöht. Im April 2018 habe eine Nachuntersuchung zu erfolgen, da eine Besserung des Leidens 1 durch Rehabilitation möglich sei.
Die Beschwerdeführerin stellte am 27.02.2018 beim Sozialministeriumsservice (im Folgenden auch als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf "Neuausstellung des Behindertenpasses wegen Verlustes, Diebstahls oder der Ungültigkeit" sowie einen Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29 b StVO, der entsprechend dem von der Beschwerdeführerin unterfertigten Antragsformular für den Fall, dass sie nicht über einen Behindertenpass mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in diesem Behindertenpass verfügt, auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der genannten Zusatzeintragung in den Behindertenpass gilt. Diesen von der belangten Behörde zutreffend als einheitlicher Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gewerteten Anträgen legte die Beschwerdeführerin ein Konvolut an medizinischen Unterlagen sowie eine Kopie ihres befristeten Parkausweises für Behinderte bei.
Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag. In diesem Sachverständigengutachten vom 11.05.2018 wurde nach Durchführung einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 12.04.2018 Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - ausgeführt:
"...
Anamnese:
Letzte Begutachtung im Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen am 22.02.2017, Gesamtgrad der Behinderung 40% (Degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Zustand nach Versteifungsoperation L4/5 40%)
Zwischenanamnese:
04/2017 TLIF L4 bis S1 bei Zustand nach PLIF L4/L5 09/2016 und Schraubenlockerung
Derzeitige Beschwerden:
"Die letzte Operation im April 2017 hat keine Besserung gebracht, seither sind die Schmerzen noch stärker und die Beweglichkeit noch eingeschränkter. Die Schmerzausstrahlung in den Oberschenkel hat sich allerdings gebessert. Habe aber jetzt zunehmend eine Vorfußheberschwäche, bereits vor der Operation aufgetreten, im rechten Fuß. Der rechte Fuß gibt immer wieder nach. Gehe seit Oktober 2016 mit dem Rollator, nun habe ich auch im Haus einen Rollator. Habe ständig Schmerzen und nehme täglich Schmerzmittel."
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Medikamente: Duloxetin, Spirobene, Paspertin bei Bedarf, Lyrica aktuell pausiert, Durotif,
Exforge, Thrombo ASS, Novalgin dreimal 2, Novalgin Tropfen bei Bedarf, Ascalan, Crestor,
Xanor, Neurobion, Lassie jeden 2. Tag, Transtec Pflaster, Temgesic
Allergie:0
Nikotin:0
Laufende Therapie bei Hausarzt Dr. F., 1110, Orthopädische Ambulanz XXX, derzeit keine physikalischen Behandlungen
Sozialanamnese:
verheiratet, 2 Kinder, lebt in Wohnung im 2. Stockwerk + 5 Stufen.
Berufsanamnese: Pensionistin
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Wirbelsäulenzentrum 2018-02-20 (Z.n. Fusion L4-S1 Lumbago Affektion des re. Sprunggelenks ISG-Affektion rechtsseitig Die mitgebrachte NLG zeigt außerdem Peroneus rechtsseitig der grenzwertig ist, alle anderen Befunde der oberen und unteren Extremitäten unauffällig. Das Gangbild weiterhin eingeschränkt auf maximal 100 Meter mit einem Rollator. Wie mit der Pat. geplant wäre eine ISG-Infiltration rechtsseitig vorgesehen, die Pat. möchte sich dieses noch überlegen)
Wirbelsäulenzentrum 2018-02-06 (St.p. TLIF L4-S1 04/2017, bei der klinischen Untersuchung lässt sich im Liegen bei der Untersuchung der Kennmuskeln keine Kraftgradminderung objektiv erfassen. Alle Kennmuskeln zeigen einen KG 5/5. Allerdings gelingt im Stehen der Hakengang re. nicht. Nach einigen Schritten kommt es zu einer krampfartigen Krallenbildung der Zehen das weiterhin das Gehen erschwert. Verändert hat sich im Vergleich zum präoperativen Befund, dass der ins Bein ausstrahlende Schmerz nicht mehr vorhanden ist. Die Schmerzen beziehen sich hauptsächlich auf den Rücken. Dzt. nimmt sie Tramal 100mg retard 2x1. Unter dieser Therapie ist die Pat. relativ beschwerdearm. Die Hauptproblematik besteht jedoch im Sinne der Schwäche des Beines. Dysästhesien sind keine zu erheben.)
MRT der LWS 10.01.2018 (progrediente Anschlussdegeneration im Segment L3/L4, regredient imponierendes residuelles KMÖ im LWK 5 bei bekannter Deckplattenimpression und stationär geringer bis mäßiger Keilwirbelbildung.)
Wirbelsäulenzentrum Wien XXX 2017-04-28 (Schraubenlockerung L4 und L5 bds. Cage- Sinterung L4/5 Z.n. TLIF L4/5 mit Neurolyse L4 und L5 bds. 9/16 Arterielle Hypertonie Osteoporose Periphere arterielle Verschlusskrankheit Grad l-ll Z.n. Dünndarmteilresektion 1968.
Durchgeführte Maßnahmen Operation: 2017-04-18 Revision L4/5, Dekompression L4/5 re., Fusionsverlängerung S1 mit TLIF L5/S1, Neurolyse L5, Schraubenwechsel L4 und L5 bds.)
Nachgereichter Befund:
Röntgen der LWS mit Schrägaufnahmen und Funktionsaufnahmen vom 9. 4. 2018 (Postinterventionelle Verhältnisse nach Stabilisationsoperation L4 bis S1 mit
Diskusinterponaten L4/L5 und L5/S1, Palacos LWK4. Deutlich ventral betonte Höhenreduktion LWK 5, Anterolisthese von L4 ohne Dynamik auf den Funktionsaufnahmen, geringgradige Osteochondrose L2 bis L4 und gering-bis mäßiggradig ausgeprägte Spondylarthrose L3 bis L5)
Medikamentenliste, verordnet in der Schmerzordination Dr. G. vom 10. 4. 2018
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
gut, 70 Jahre
Ernährungszustand:
gut
Größe: 164,00 cm Gewicht: 74,00 kg Blutdruck: 140/90
Klinischer Status - Fachstatus:
Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen
Thorax: symmetrisch, elastisch
Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.
Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.
Integument: unauffällig
Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:
Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse.
Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.
Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.
Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.
Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.
Becken und beide unteren Extremitäten:
Freies Stehen sicher möglich, Kraft proximal und distal KG 5/5, im Liegen beidseits kein Vorfußheben unter Schmerzangabe, im Stehen:
Zehenballenstand mit Anhalten unauffällig, Fersenstand rechts nicht durchgeführt, links möglich, Einbeinstand mit Anhalten möglich. Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse: Bandmaß Oberschenkel beidseits 48 cm, Unterschenkel beidseits 33,5 cm.
Beinlänge ident.
Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine trophischen Störungen, die Sensibilität wird im Bereich des rechten Sprunggelenks außenseitig in einem kleinen Areal als gestört angegeben, sonst als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich. Sprunggelenk rechts: unauffällig
Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich. Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.
Wirbelsäule:
Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, deutlich Hartspann, Narbe LWS median 12 cm, Druckschmerz im Bereich der LWS und paralumbal rechts
Aktive Beweglichkeit:
HWS: in allen Ebenen endlagig eingeschränkt beweglich
BWS/LWS: FBA: 30 cm, in allen Ebenen zur Hälfte eingeschränkt beweglich
Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.
Gesamtmobilität - Gangbild:
Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen mit Rollator in Begleitung des Gatten, Bandage am rechten Sprunggelenk, das Gangbild ist rechts hinkend, mit Rollator ataktisches Vorführen des rechten Beins, teilweise unsicher.
Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.
Status Psychicus:
Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Zustand nach Versteifungsoperation L4/S1 Oberer Rahmensatz, da deutlich eingeschränkte Beweglichkeit und andauernder analgetischer Therapiebedarf ohne maßgebliches objektivierbares neurologisches Defizit.
02.01.02
40
2
Bluthochdruck
05.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 1 wird durch Leiden 2 nicht erhöht, da kein ungünstiges Zusammenwirken vorliegt.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
keine
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Hinzukommen von Leiden 2
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Keine Änderung
[X] Dauerzustand
Frau S. kann trotz ihrer Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen:
[X] NEIN
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine. Es liegen keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule vor, welche die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränken. An den Hüft- und Kniegelenken und Sprunggelenken sind keine relevanten Funktionsbehinderungen gegeben. Es sind belastungsabhängige Probleme der Wirbelsäule im Vordergrund, welche die Steh- und Gehleistung mäßig einschränken. Die Gesamtmobilität ist jedoch ausreichend, um kurze Wegstrecken, allenfalls unter Verwendung eines einfachen Hilfsmittels, zurücklegen zu können und um Niveauunterschiede zu überwinden, eine höhergradige Gangbildbeeinträchtigung konnte nicht festgestellt werden. Das behinderungsbedingte ständige Erfordernis der Verwendung eines Rollators zum Zurücklegen kurzer Wegstrecken ist durch festgestellte Leiden nicht begründbar. Das sichere Aus- und Einsteigen und der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln sind somit möglich. An der oberen Extremität sind keine relevanten Funktionsbehinderungen fassbar, die Kraft seitengleich und gut, sodass die Benützung von Haltegriffen zumutbar und möglich ist.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein
Begründung:
Versteifung L4 bis S1
..."
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 14.05.2018 wurde die Beschwerdeführerin über das Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt. Der Beschwerdeführerin wurde in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, binnen drei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme abzugeben.
Die Beschwerdeführerin brachte am 28.05.2018 eine Stellungnahme folgenden Inhalts ein:
"...
Im Gutachten wurden nicht jene Medikamente angeführt, die mir tatsächlich verordnet wurden (ausgenommen Thrombo Ass).
Nachstehend führe ich jene Medikamente an, die mir verschrieben wurden:
• Thrombo Ass 100 mg - morgens
• Ramipril 1,25 mg morgens und 1,25 mg - abends
• Tramal 100 mg (1 x morgens, 1 x abends) bzw. Tramal Tropfen 100 mg - 20 Tropfen morgens und 20 Tropfen abends Aufbaukalk 1+2
• Oleovit Tropfen
Wie auf Seite 3 des Gutachtens angeführt, sei die Medikamentenliste verordnet in der Schmerzordination Dr. G. vom 10.04.2018 - möchte ich anmerken, dass mir weder die Schmerzordination noch Herr Dr. G. bekannt sind.
Betrifft Seite 4 des Gutachtens: Ich möchte feststellen, dass ich auf Grund meiner schweren
Gangstörung orthopädische Stiefletten trage und sonst keine anderen Schuhe. Beim An- und Ausziehen meiner Schuhe benötige ich die Hilfe einer zweiten Person. Auch bei der Untersuchung durch Frau DDr. G. war dies der Fall., wie auf Seite 2 unter Punkt Zusammenfassung relevanter Punkte 2. Absatz beschrieben steht, kommt es zu einer krampfartigen Krallenbildung der Zehen das weiterhin das Gehen erschwert.
Es hat die Gutachterin Fr. DDr. G. selbst festgehalten, dass das Gangbild weiterhin auf max. 100 m mit einem Rollator eingeschränkt ist (siehe Befund vom KH XXX vom 20.02.2018).
Zusammen mit den Rückenschmerzen und dem instabilen Fuß führt das dazu, dass ich keine öffentlichen Verkehrsmittel (wie Bus, Straßenbahn, U-Bahn) nutzen kann. Das hat sich seit meinem letzten Antrag nicht gebessert. Zudem darf ich auf ärztliche Anweisung weiterhin bestimmte Bewegungen nicht ausführen (Bücken, Strecken, Heben, Tragen, abrupte Drehbewegungen). Das Ein- und Aussteigen in öffentliche Verkehrsmittel ist mir aufgrund meines Gesundheitszustandes nicht möglich. Selbst beim Auto muss ich sehr vorsichtig und langsam zugange sein.
Zu sämtlichen Arztbesuchen muss mich daher mein Mann fahren, somit ist auch mein soziales Leben eingeschränkt, da ich aufgrund meiner motorischen Probleme auf fremde Hilfe angewiesen bin.
Daher bitte ich Sie in einem neuerlichen Gutachten, die o.a. Befunde zu berücksichtigen und hoffe auf einen positiven Bescheid meines Ansuchens auf einen Behindertenpass.
..."
Dieser Stellungnahme legte die Beschwerdeführerin einen Ambulanzbrief eines näher genannten Spitals vom 20.02.2018, einen Befundbericht eines näher genannten Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie vom 23.05.2018 und eine Verordnung für Heilbehelfe und Hilfsmittel vom 24.05.2018 bei.
Aufgrund der eingebrachten Stellungnahme bzw. der neu vorgelegten Befunde holte die belangte Behörde eine Stellungnahme der Fachärztin für Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin, welche das Gutachten vom 11.05.2018 erstellt hat, vom 03.08.2018 ein. In dieser Stellungnahme wird - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form dargestellt - Folgendes ausgeführt:
"...
AW erklärt sich mit dem Ergebnis der Begutachtung vom 12. 4. 2018 nicht einverstanden und wendet im Rahmen einer Stellungnahme vom 28. 5. 2018 ein, dass eine falsche Medikamentenliste angeführt worden sei - Unterfertigte bedauert diesen Irrtum.
Sie trage orthopädische Stiefeletten und benötige zum Anziehen und Ausziehen der Schuhe die Hilfe einer 2. Person. Sie habe eine krampfartige Krallenstellung der Zehen, was das Gehen erschwere. Das Gangbild sei auf maximal 100 m mit einem Rollator eingeschränkt, siehe Befund Krankenhaus XXX vom 20. 2. 2018.
Zusammen mit den Rückenschmerzen und dem instabilen Fuß führe das dazu, dass sie keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen könne. Das Einsteigen in öffentliche Verkehrsmittel und Aussteigen sei nicht möglich, sie werde von ihrem Mann mit dem Auto gebracht.
VO vom 24.05.2018 für Schienenversorgung bei Peroneusläsion
Bericht Dr. L., Facharzt für Orthopädie vom 23. 5. 2018 (Zustand nach TLIF, Schmerzen, Peroneusläsion rechts. Infiltrationen, physikalische Therapie. Patient ist nur mit Rollator und das nur auf kurze Strecken mobil)
Befund Krankenhaus XXX vom 20. 2. 2018 (Zustand nach Fusion L4 bis S1, Lumbago, Affektion des rechten Sprunggelenks, ISG Affektion rechts. Fusion in den MRT Bildern regelrecht. Beschwerden derzeit gleichbleibend, vor allem bei Belastung, gluteal rechts. NLG:
Peronäus rechtsseitig grenzwertig, Gehen maximal 100 m mit Rollator. ISG Infiltration wird empfohlen, Ergotherapie zur Verbesserung im Fußbereich)
Stellungnahme:
Maßgeblich für die Einstufung behinderungsrelevanter Leiden nach den Kriterien der EVO sind objektivierbare Funktionseinschränkungen unter Beachtung sämtlicher vorgelegter Befunde.
Dabei konnte im Bereich der unteren Extremitäten, vor allem des rechten Fußes, kein sicherer Hinweis auf eine maßgebliche Lähmung bzw. Vorfußheberschwäche festgestellt werden, siehe seitengleiche Bemuskelung.
Die Gelenke der unteren Extremitäten sind frei beweglich. Ein objektivierbares Substrat für eine Ataxie des rechten Beins liegt nicht vor, sodass das behinderungsbedingte Erfordernis der Verwendung eines Rollators zum Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300-400 m nicht begründbar ist. Das Überwinden von Niveauunterschieden ist anhand festgestellter Funktionseinschränkungen nicht erheblich erschwert.
An der getroffenen Einstufung wird festgehalten, da durch die vorgelegten Befunde kein eindeutiger Nachweis eines neurologischen Defizits objektivierbar ist.
..."
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 06.08.2018 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin vom 27.02.2018 auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab und führte begründend aus, dass das durchgeführte medizinische Beweisverfahren einen Grad der Behinderung von 40 v.H. ergeben habe und somit die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten, das einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Das medizinische Sachverständigengutachten vom 11.05.2018 und die eingeholte ergänzende Stellungnahme vom 03.08.2018 wurden der Beschwerdeführerin gemeinsam mit dem Bescheid übermittelt. Anmerkend wurde ausgeführt, dass über den Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gem. § 29 b der Straßenverkehrsordnung nicht abgesprochen worden sei, da die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht vorliegen würden.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin am 05.09.2018 fristgerecht eine handschriftliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, in der sie - im Wesentlichen eingeschränkt auf eine Bezugnahme auf die Frage der Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - ausführt, dass es ihr nicht möglich sei, Wegstrecken von ca. 200 Meter aus eigener Kraft zurückzulegen und dass damit eine behinderungsbedingte Notwendigkeit zur Benutzung eines Rollators begründbar sei. Es sei ihr daher nicht möglich, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Der Beschwerde wurden keine neuen medizinischen Unterlagen beigelegt. Die der Beschwerde beigelegten medizinischen Unterlagen, nämlich der Ambulanzbrief eines näher genannten Spitals vom 20.02.2018, der Befundbericht eines näher genannten Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie vom 23.05.2018 und die Verordnung für Heilbehelfe und Hilfsmittel vom 24.05.2018 waren von der Beschwerdeführerin bereits mit ihrer Stellungnahme vom 28.05.2018 vorgelegt und von der Gutachterin bei der Erstellung ihrer Stellungnahme vom 03.08.2018 berücksichtigt worden.
Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 11.09.2018 von der belangten Behörde vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin brachte am 27.02.2018 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.
Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Die Beschwerdeführerin leidet unter folgenden Funktionseinschränkungen:
1. Degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Zustand nach Versteifungsoperation L4/S1; deutlich eingeschränkte Beweglichkeit und andauernder analgetischer Therapiebedarf ohne maßgebliches objektivierbares neurologisches Defizit.
2. Bluthochdruck
Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt aktuell 40 v.H.
Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen und deren Ausmaß und der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im oben wiedergegebenen, von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 11.05.2018 sowie deren ergänzende Stellungnahme vom 03.08.2018 der Entscheidung zu Grunde gelegt.
2. Beweiswürdigung:
Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.
Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im österreichischen Bundesgebiet ergibt sich aus einer vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Behördenanfrage aus dem Zentralen Melderegister.
Die Feststellung, dass bei der Beschwerdeführerin zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt ein Grad der Behinderung von 40 v.H. vorliegt, gründet sich auf das oben wiedergegebene, auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin und auf den von der Beschwerdeführerin im Verfahren vor der belangten Behörde und im Rahmen ihrer Stellungnahme vom 28.05.2018 vorgelegten medizinischen Unterlagen basierende medizinische Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 11.05.2018 bzw. auf deren ergänzende Stellungnahme vom 03.08.2018.
Im orthopädischen Sachverständigengutachten bzw. in der ergänzenden Stellungnahme wird auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und unter Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß schlüssig und nachvollziehbar eingegangen. Die diesbezüglich getroffenen Einschätzungen auf Grundlage der Anlage der Einschätzungsverordnung, basierend auf den im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befunde und unter Berücksichtigung der vorgelegten medizinischen Unterlagen, entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.
Mit dem Beschwerdevorbringen wird keine Rechtswidrigkeit der von der medizinischen Sachverständigen vorgenommenen einzelnen Einstufungen der festgestellten Leiden konkret behauptet und ist eine solche auch von Amts wegen nicht ersichtlich. Das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten vom 11.05.2018 schlüsselt konkret und umfassend auf, welche Funktionseinschränkungen bei der Beschwerdeführerin vorliegen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden. Aufgrund der von der Beschwerdeführerin im Verfahren vor der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen und einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin konnte gegenwärtig kein höherer Grad der Behinderung als 40 v.H. objektiviert werden.
In ihrer Beschwerde vom 05.09.2018 beschränkt sich die Beschwerdeführerin im Wesentlichen auf das Vorbringen, dass ihr die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht möglich sei. Insoweit die Beschwerdeführerin inhaltlich aber auf die Frage der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Bezug nimmt, ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde über die beantragte Zusatzeintragung nicht bescheidmäßig abgesprochen hat, weshalb diese Frage nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ist. Da aber mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 40 v.H. kein Anspruch auf die Ausstellung eines Behindertenpasses besteht, sind im Übrigen - dies sei lediglich der Vollständigkeit halber erwähnt - auch die Vornahme allfälliger Zusatzeintragungen (wie z.B. "Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel") und die Ausstellung eines Ausweises gemäß § § 29 b StVO (Parkausweis) rechtlich nicht zulässig.
Der Beschwerde wurden keine neuen medizinischen Unterlagen beigelegt, die die vorgenommenen Einstufungen widerlegen oder die diesen entgegenstehen würden. Der Ambulanzbrief eines näher genannten Spitals vom 20.02.2018, der Befundbericht eines näher genannten Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie vom 23.05.2018 und die Verordnung für Heilbehelfe und Hilfsmittel vom 24.05.2018 wurden bereits mit der Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 28.05.2018 vorgelegt und von der Gutachterin bei der Erstellung ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 03.08.2018 berücksichtigt, zumal auch das sich (lediglich) aus der Anamnese des Ambulanzbriefes vom 20.02.2018 ergebende Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung ("Gangbild weiterhin eingeschränkt auf maximal 100 Meter mit einem Rollator") im Rahmen der persönlichen Untersuchung ebensowenig objektiviert werden konnte wie ein ausreichend konkretes Substrat für eine Ataxie des rechten Beins bzw. wie ein eindeutiger Nachweis eines neurologischen Defizits.
Die Beschwerdeführerin ist daher dem medizinischen Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 11.05.2018 bzw. deren ergänzender Stellungnahme vom 03.08.2018 im Ergebnis nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachtens einer Fachärztin für Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 11.05.2018 bzw. deren ergänzender sachverständiger Stellungnahme vom 03.08.2018. Diese im Verfahren eingeholten Gutachten werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
1. Zur Entscheidung in der Sache
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:
"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
...
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
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§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
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§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
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§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."
Wie oben unter Punkt II.2. im Rahmen der beweiswürdigenden Ausführungen, auf die verwiesen wird, ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das im Rahmen des Verfahrens eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 11.05.2018 bzw. deren ergänzende Stellungnahme vom 03.08.2018 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin aktuell 40 v.H. beträgt.
Die Beschwerdeführerin ist den Ausführungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen, denen das Bundesverwaltungsgericht folgt, in der Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten, sie hat kein Sachverständigengutachten bzw. keine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien und sie hat auch sonst im Rahmen des Verfahrens keine Unterlagen vorgelegt, die ein zusätzliches Dauerleiden belegen würden oder aber Hinweise auf eine wesentliche Änderung gegenüber den bereits im Verfahren vor der belangten Behörde berücksichtigten Leidenszuständen ergeben würden.
Das medizinische Sachverständigengutachten vom 11.05.2018 ist auch nicht zu beanstanden, wenn es im Sinne des § 3 Abs. 3 und 4 der Einschätzungsverordnung eine entscheidungswesentliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung in dem Sinne, dass sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirken würde oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen würden, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen würden, im gegenständlichen Fall nicht gegeben sieht.
Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.
Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer belegten Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung im Rahmen einer neuerlichen Antragstellung beim Sozialministeriumservice - allerdings nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG - in Betracht kommt.
Was schließlich den Umstand betrifft, dass die belangte Behörde über den Antrag auf Ausstellung eines § 29 b StVO-Parkausweises nicht bescheidmäßig abgesprochen hat, so ist der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass diese Frage mangels Vorliegens eines bekämpfbaren Bescheides nicht verfahrensgegenständlich ist im gegenständlichen Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund der vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen medizinischen Sachverständigengutachten geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W207.2205426.1.00Zuletzt aktualisiert am
25.03.2019