TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/5 W178 2209328-1

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Veröffentlicht am 05.02.2019
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Entscheidungsdatum

05.02.2019

Norm

AuslBG §18 Abs12
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W178 2209328-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Maria PARZER als Einzelrichterin fachkundigen Laienrichter DI Dr. Stefan EBNER und Dr. Peter SCHNÖLLER als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX, Slowenien, vertreten durch RA Mag. Peter Petz, gegen den Bescheid des AMS, Wien Esteplatz vom 27.07.2018, Zl. idF der Beschwerdevorentscheidung vom 18.10.2018, betreffend Entsendebescheinigungen nach § 18 Abs 12 AuslBG zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Das AMS Wien Esteplatz hat mit Bescheid vom 27.07.2018 auf Antrag der XXXX, auf Bestätigung der EU-Entsendung des Drittstaatsangehörigen Herrn XXXX, Zimmerertischler, (XXXX, Wien) festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Entsendung nach § 18 Abs. 12 AuslBG nicht vorliegen. Die Entsendung der ausländischen Arbeitskraft zum genannten Unternehmen wurde untersagt. Zur Begründung wurde angeführt, dass kein von den Produkten, Dienstleistungen oder Zwischenergebnissen des Auftraggebers abweichendes oder unterscheidbares und dem ausländischen Werkersteller zurechenbares Werk erstellt oder an der Erstellung mitgewirkt werden wird.

2. Dagegen wurde Beschwerde erhoben und vorgebracht, dass man alle geforderten Unterlagen beigebracht habe, sogar die Projektunterlagen, obwohl diese nicht notwendig seien; es würden die Lohn- und Arbeitsbedingungen eingehalten und es liege kein Untersagungsgrund nach § 18 Abs. 1 ARÜG vor.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 16.10.2018 wurde der Beschwerde keine Folge gegeben und es wurde im Wesentlichen die Begründung im Bescheid wiederholt.

4. Dagegen wurde seitens der Bf ein Vorlageantrag eingebracht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die XXXX (Auftragnehmerin= Beschwerdeführerin -Bf) ist eine in Slowenien angesiedelte Baufirma.

Die Auftraggeberin ist die XXXX mit dem Sitz in Wien. Die Bf war als Subunternehmerin der XXXX für das Bauprojekt in Wien 16., Heigerleinstraße 27-29 mit Schalungszimmerer-Arbeiten tätig.

Herr XXXX, geboren am 01.01.1985, ist serbischer Staatsbürger, Wohnsitz in Slowenien. Er sollte von der Bf als Tischlerzimmerer zur XXXX für die Zeit von 29.05.2018 bis 30.09.2018 entsandt werden.

Herr XXXX ist in Slowenien zur Sozialversicherung gemeldet, vgl. A1 Bescheinigung vom 22.08.2018 des slowenischen Trägers; er hat einen legalen aufenthaltsrechtlichen Status in Slowenien und eine Arbeitsgenehmigung, vgl. Ausweiskopie. Er sollte für die gegenständliche Tätigkeit € 14„--pro Stunde, monatlich € 2.406,90 verdienen, vgl. Arbeitsvertrag vom 11.02.2016 und Dienstzettel für die Arbeit in Österreich vom 20.06.2018. Es war der Kollektivvertrag für Schalungszimmerer zur Anwendung kommen, mit der Einstufung als Facharbeiter.

Der Arbeitsvertrag bei der Bf begann am 13.01.2017 (lt. Meldung) und sollte bis 31.12.2018 laufen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorliegenden Akt der belangten Behörde, einschließlich der von der Bf vorgelegten Unterlagen. Es wurde nicht bestritten, dass die vorgelegten Bestätigungen und sonstigen Urkunden echt und richtig sind.

Das A1 Formular (Bescheinigung über den für die Sozialversicherung zuständigen Mitgliedsstatt nach der Verordnung (EG) Nr. 883/2004) ist insofern auch im slowenischen Original brauchbar, als es auch auf Deutsch verfügbar (www.sozialversicherung.at) ist und in jeder Sprachfassung der Mitgliedsstaaten in denselben Zeilen und Spalten dieselben Angaben einzutragen sind.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

§ 18. AuslBG:

Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, bedürfen, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, einer Beschäftigungsbewilligung. Dauern diese Arbeiten nicht länger als sechs Monate, bedürfen Ausländer einer Entsendebewilligung, welche längstens für die Dauer von vier Monaten erteilt werden darf.

......

12) Für Ausländer, die von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich entsandt oder überlassen werden, ist keine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erforderlich, wenn

1. sie ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung oder Überlassung nach Österreich hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen rechtmäßig beschäftigt sind,

2. die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen gemäß § 3 Abs. 3 bis 6, § 4 Abs. 2 bis 5 und § 5 des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes (LSD-BG), BGBl. Nr. 44/2016, im Fall der Überlassung gemäß § 10 AÜG, § 3 Abs. 4, § 4 Abs. 2 und 5 und § 6 LSD-BG sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden und

3. im Fall der Überlassung kein Untersagungsgrund gemäß § 18 Abs. 1 AÜG vorliegt.

Die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen (Zentrale Koordinationsstelle) hat die Meldung über die Beschäftigung betriebsentsandter oder überlassener Ausländer gemäß § 19 Abs. 2 bis 4 LSD-BG unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen zwei Wochen ab Einlangen der Meldung dem Unternehmen und dem Auftraggeber oder Beschäftiger, der die Arbeitsleistungen in Anspruch nimmt, das Vorliegen der Voraussetzungen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung bzw. EU-Überlassungsbestätigung) oder bei Nichtvorliegen die Entsendung oder Überlassung zu untersagen. Unbeschadet der Meldepflicht gemäß § 19 Abs. 2 bis 4 LSD-BG sowie sonstiger Pflichten nach dem AÜG, darf die Beschäftigung bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU-Entsendebestätigung bzw. EU-Überlassungsbestätigung begonnen werden.

Die Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (im Folgenden kurz: Richtlinie 96/71) lautet auszugsweise:

Artikel 1

Anwendungsbereich

(3) Diese Richtlinie findet Anwendung, soweit die in Absatz 1 genannten Unternehmen eine der folgenden länderübergreifenden Maßnahmen treffen:

a) einen Arbeitnehmer in ihrem Namen und unter ihrer Leitung in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats im Rahmen eines Vertrags entsenden, der zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem in diesem Mitgliedstaat tätigen Dienstleistungsempfänger geschlossen wurde, sofern für

b) einen Arbeitnehmer in eine Niederlassung oder ein der Unternehmensgruppe angehörendes Unternehmen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats entsenden, sofern für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem Arbeitnehmer besteht, oder

c) als Leiharbeitsunternehmen oder als einen Arbeitnehmer

zur Verfügung stellendes Unternehmen einen Arbeitnehmer in ein verwendendes Unternehmen entsenden, das seinen Sitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat oder dort seine Tätigkeit ausübt, sofern für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitsunternehmen oder dem einen Arbeitnehmer zur Verfügung stellenden Unternehmen und dem Arbeitnehmer besteht.

3.2 Zur Frage der Beschwer:

Da die Beschäftigung nur bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU-Entsendebestätigung begonnen werden darf, liegt es im rechtlichen Interesse des Bf, dass festgestellt werde, ob die Voraussetzungen für eine EU-Entsendebestätigungen vorlagen.

3.3 In der Sache:

Der Wortlaut und die sich aus der Regierungsvorlage ergebenden Motive der Gesetzwerdung des § 18 Abs. 12 AuslBG idgF BGBl I Nr. 78/2007 zeigen, dass mit diesem die Regelungen für die Entsendung ausländischer Arbeitskräfte durch Unternehmen aus EWR-Mitgliedstaaten nunmehr vollständig an die unionsrechtlichen Vorgaben angepasst werden sollten (RV 215 Blg. Nr XXIII. GP, S 5), vgl. VwGH Ra 2017/09 vom 12.09.2017/0023.;

Von der Richtlinie 96/71/EG erfasst ist sowohl (Art. 1 Abs. 3 lit. a) die grenzüberschreitende Entsendung eines Arbeitnehmers durch ein Unternehmen, um einen von diesem Unternehmen eingegangenen Werkvertrag zu erfüllen, als auch (Art. 1 Abs. 3 lit. c) - insoweit im Einklang mit dem AÜG - die grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung, nämlich die grenzüberschreitende Entsendung eines Arbeitnehmers durch ein Unternehmen zum Zwecke (lediglich) der Überlassung an ein anderes (den Arbeitnehmer verwendendes) Unternehmen (vgl. auch Erk vom 6. November 2012, 2012/09/0130, und vom 19. März 2014, 2013/09/0159).

Selbst im Falle der Verneinung des Vorliegens von Arbeitskräfteüberlassung ist eine Meldepflicht für die grenzüberschreitende Entsendung von Arbeitnehmern unionsrechtlich nicht von vornherein ausgeschlossen (Hinweis Urteil des EuGH in der Rs Santos Palhota, C-515/08, in welchem dieser die Unionsrechtskonformität der Meldepflicht einer grenzüberschreitenden Entsendung - und zwar ohne nach der Entsendungsart iSd Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 96/71/EG zu differenzieren - nicht grundsätzlich in Frage gestellt hat).

3.4 Im konkreten Fall:

Beide Unternehmen (das entsendende und die in diesem Mitgliedstaat tätige Dienstleistungsempfängerin) haben ihren Sitz in einem Mitgliedsstaat der EU. Der Beschäftigte ist Drittstaatsangehöriger.

Die Richtlinie ist auch auf Drittstaatsangehörige wie den hier entsandten serbischen Beschäftigten anzuwenden.

Unter Anwendung dieser Kriterien ergibt sich im gegenständlichen Fall bei der Beurteilung des oben festgestellten Sachverhaltes Folgendes:

Eine Entsendung liegt vor, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für eine befristete Dauer in einem anderen Staat Arbeitsleistungen für ihren Arbeitgeber erbringen. Nach den vorliegenden Unterlagen handelt es sich um eine Entsendung.

Eine Beschäftigung eines ausländischen Arbeitnehmers im Rahmen einer Entsendung zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung in Österreich durch ein Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums ist gemäß § 18 Abs. 12 AuslBG nur dann ohne Beschäftigungs- oder Entsendebewilligung zulässig, wenn die in Z 1 und 2 leg.cit. genannten Kriterien erfüllt sind.

3.4.1 Diese sind: Ordnungsgemäße Zulassung zur Beschäftigung im Entsendestaat und rechtmäßige Beschäftigung im Unternehmen über die Entsendung oder Überlassung nach Österreich hinaus, weiters Einhaltung der österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen und der sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen.

3.4.2 Eine der Voraussetzungen ist also, dass über die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem entsendenden Unternehmen (hier Bf) und dem jeweiligen Arbeitnehmer besteht, das ist im vorliegenden Fall unstrittig, ebenso, dass es rechtmäßig ist.

3.4.3 Weites ist der Beschäftigte in Slowenien zur Beschäftigung zugelassen und ordnungsgemäß zur Sozialversicherung gemeldet.

3.4.4 Die vereinbarte Entlohnung entspricht dem kollektivvertraglichen Mindestlohn, das wurde auch seitens des AMS nicht in Frage gestellt.

Das zugesagte Monatsentgelt von 2.406,90 entspricht dem Mindestlohn (2018) für qualifizierte Tätigkeit im Kollektivertrag für Arbeiter in der Bauindustrie und dem Baugewerbe (Schalungszimmerer sind dort umfasst).

Die Entsenderichtlinie ist sowohl auf Arbeitskräfteüberlassung als auch für eine Entsendung im engeren Sinn anzuwenden. Es ist in beiden Fällen eine Bestätigung auszustellen, vgl. den Gesetzestext und selbst das Merkblatt des AMS, im Akt der belangten Behörde.

Die Untersagung der Entsendung nach § 18 Abs 12 AuslBG war somit nicht rechtmäßig.

Nach § 18 Abs. 12 vorletzter Satz AuslBG ist als Normadressaten auch der inländische Auftraggeber (vgl. B 19. März 2014, Ro 2014/09/0031).

3.5 Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung konnte nach § 24 VwGVG unterbleiben, weil der wesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt ist.

Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

EU-Entsendebestätigung, Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W178.2209328.1.00

Zuletzt aktualisiert am

26.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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