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41/02 Staatsbürgerschaft;Norm
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des DR in H, geboren am 10. Oktober 1974, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 30. November 1998, Zl. Ia 370-56/98, betreffend Abweisung des Antrages auf Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 30. November 1998 wies die belangte Behörde das Ansuchen des Beschwerdeführers um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß §§ 10, 11a, 12, 13 und 14 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 - StbG - ab.
Die belangte Behörde stellte folgenden - vom Beschwerdeführer im Wesentlichen auch nicht in Abrede gestellten - Sachverhalt fest:
"Der Verleihungswerber wurde am 10.10.1974 in Doboj/Bosnien Herzegowina geboren. Er ist eigenberechtigt und besitzt die Staatsangehörigkeit von Bosnien Herzegowina. Die österreichische Staatsbürgerschaft hat er nie besessen. Der Verleihungswerber hat seit 1.9.1980 ununterbrochen den Hauptwohnsitz in Österreich.
Der Verleihungswerber ist seit 12.12.1997 mit der österreichischen Staatsangehörigen Kerstin Reiner, geb. am 18.6.1977, verheiratet. Der Antragsteller hat zusammen mit seiner Gattin ein gemeinsames Kind, Sandro Raphael Reiner, geb. am 26.4.1997. Er hat zwei Jahre die Volksschule besucht. Wegen Sprachschwierigkeiten besuchte er von 1982 bis 1991 die Sonderschule. Anschließend hatte er in Schwarzach den Hauptschulabschluss nachgeholt. Von 1993 bis 1997 absolvierte er eine Bäckerlehre. Seit 1993 arbeitet er bei der Bäckerei Mangold in Lochau.
Der Verleihungswerber wurde vom Landesgericht Feldkirch am 5.8.1994, Zl. 20 Vr 718/94, wegen des Verbrechens des Diebstahles durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z. 1 StGB, des Verbrechens der schweren Hehlerei nach § 164 Abs. 1 und 4 StGB sowie des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer Geldstrafe in der Höhe von 240 Tagsätzen a S 50,--, im Uneinbringlichkeitsfalle zu 120 Tagen Freiheitsstrafe, verurteilt. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Antragsteller hat zusammen mit anderen Personen in der Silvesternacht 1993/94 in Lochau Bargeld und mehrere Flaschen Alkohol sowie eine Schreckschusspistole mit Leuchtmunition aus der Alten Fähre gestohlen, nachdem ein Mittäter mit einem Stein das Bullauge eingeschlagen hatte und der Antragsteller vor der Alten Fähre wartete und teilweise Diebesgut abnahm. Am 14.3.1993 hat er in Bregenz Zigaretten an sich gebracht und konsumiert, die durch Aufbrechen eines Zigarettenautomaten erbeutet wurden, wobei ihm der Umstand, dass es sich um gestohlene Zigaretten handelte bekannt war. Der Antragsteller fuhr mit seinem PKW am 14.3.1994 in Hard gegen eine Straßenabsperrung der Gemeinde Hard, wobei einige Holzstücke abbrachen.
Von der Bezirkshauptmannschaft Bregenz wurde der Verleihungswerber mit Bescheid vom 13.8.1997, Zl. X-22258-1997, wegen Übertretung nach §§ 38 Abs. 5 und 99 Abs. 3 lit. a StVO mit einer Geldstrafe von S 700,-- rechtskräftig bestraft."
Im Wesentlichen gestützt auf die Begehung zweier Verbrechen sowie eines Vergehens führte die belangte Behörde aus, selbst wenn seit der letzten Tat (14. März 1994) mehr als vier Jahre vergangen seien, so sei doch zu berücksichtigen, dass die Taten in einem Zeitraum von einem Jahr begangen worden seien und es sich durchwegs um gravierende Delikte gegen fremdes Eigentum gehandelt habe. Dieses Verhalten lasse den Schluss zu, dass der Verleihungswerber möglicherweise auch in Zukunft wesentliche, zur Abwehr und Unterdrückung von Gefahren für Leben, Gesundheit, Sicherheit sowie öffentliche Ruhe und Ordnung erlassene Vorschriften missachten werde. Er erfülle die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 6 StBG nicht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer wendet im Wesentlichen ein, die belangte Behörde habe außer Acht gelassen, dass er nur unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren zu einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe verurteilt worden sei, welche am 12. November 1998 endgültig nachgesehen worden sei. Dies vermittle in Verbindung mit seiner Ehe mit seiner österreichischen Gattin und seiner Beschäftigung den Eindruck, "dass eine konkrete Wiederholungsgefahr zweifellos nicht besteht". Aus der "Einheit der Rechtsordnung und der Aufgabenteilung des demokratischen Rechtsstaates ebenso wie nach dem verfassungsrechtlichen Rücksichtnahmegebot" stehe es "einer in Strafsachen nicht kompetenten Behörde nicht zu", dem Beschwerdeführer im Falle, dass er sich nach gerichtlicher Verurteilung bewähre und nicht mehr rückfällig werde, "grundlos und ohne den geringsten Anknüpfungspunkt Unverlässlichkeit für die Zukunft zu prognostizieren".
Dass im gegenständlichen Fall zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG erfüllt, wurde von der Behörde richtig erkannt und wird vom Beschwerdeführer auch nicht bezweifelt. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkannt hat, ist dabei vom Gesamtverhalten des Einbürgerungswerbers, welches wesentlich durch das sich aus der Art, Schwere und Häufigkeit der von ihm begangenen Straftaten ergebende Charakterbild bestimmt wird, auszugehen. Hiebei stellt der Gesetzgeber nicht auf formelle Gesichtspunkte ab, sondern ist es lediglich maßgebend, ob es sich um Rechtsbrüche handelt, die den Schluss rechtfertigen, der Betreffende werde auch in Zukunft wesentliche, zum Schutz vor Gefahren für das Leben, die Gesundheit, die Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung erlassene Rechtsvorschriften missachten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 11. November 1997, Zl. 96/01/1047).
Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung kommt es bei der von der belangten Behörde richtigerweise auf die der gerichtlichen Verurteilung zugrundeliegenden Tathandlungen gestützten Prognose nicht darauf an, ob die gerichtliche Verurteilung unter Setzung einer Probezeit bedingt nachgesehen oder unbedingt augesprochen wurde. Die von der Behörde vorzunehmende Prognose künftigen Wohlverhaltens des Verleihungswerbers ist - unabhängig vom Strafausspruch und der bedingten Strafnachsicht - aufgrund der Schwere der der strafgerichtlichen Verurteilung zugrundeliegenden Taten zu treffen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 1998, Zl. 97/01/1039). Die bedingte Strafnachsicht (§ 43 Abs 1 StGB) berührt nur den Vollzug einer Verurteilung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 1998, Zl. 98/01/0449).
Der Beschwerdeführer kann der Ansicht der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegentreten, dass sie aus den der Verurteilung zugrundeliegenden Straftaten, bei denen es sich um wiederholte gravierende, mit Vorsatz begangene und teilweise auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Verstöße gegen strafrechtliche Bestimmungen zum Schutz des Eigentums handelt und welche in einem Zeitraum von einem Jahr begangen wurden, trotz des Umstandes, dass der Beschwerdeführer sich seit seiner letzten strafgerichtlichen Verurteilung keine weitere Begehung strafgerichtlich zu ahndender Taten zuschulden kommen ließ, noch nicht zum Schluss gelangt ist, er werde in Hinkunft Gewähr dafür bieten, keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit zu bilden.
Denn entgegen der der Beschwerde offenbar zugrundeliegenden Ansicht des Beschwerdeführers hat er sich nicht im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG insgesamt wohlverhalten. Die der von der belangten Behörde festgestellten rechtskräftigen Bestrafung vom 13. August 1997 wegen Übertretung des § 38 Abs. 5 iVm § 99 Abs. 3 lit. a StVO zugrundeliegende Tathandlung (Mißachtung des Rotlichtes einer Verkehrslichtsignalanlage) betrifft die Verletzung einer Schutznorm, die der Sicherheit des Straßenverkehrs dient (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 21. April 1999, Zl. 98/01/0335). Auch unter diesem Gesichtspunkt erscheint die Prognoseentscheidung der belangten Behörde daher nicht rechtswidrig.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 12. Mai 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999010008.X00Im RIS seit
12.06.2001