Entscheidungsdatum
11.02.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W234 2009362-3/10E
W234 2135281-3/5E
W234 2135279-3/9E
W234 2135277-3/9E
W234 2135275-3/9E
W234 2195577-2/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Thomas HORVATH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.11.2018, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I und II des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 68 AVG als unbegründet abgewiesen.
III. Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 sowie § 52 Abs. 9 iVm § 46 und § 55 Abs. 1a FPG 2005 und § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Thomas HORVATH über die Beschwerde von XXXX (auch XXXX ) XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.11.2018, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I und II des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 68 AVG als unbegründet abgewiesen.
III. Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 sowie § 52 Abs. 9 iVm § 46 und § 55 Abs. 1a FPG 2005 und § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Thomas HORVATH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.11.2018, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I und II des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 68 AVG als unbegründet abgewiesen.
II. Spruchpunkt VII des angefochtenen Bescheids wird ersatzlos behoben.
III. Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 sowie § 52 Abs. 9 iVm § 46 und § 55 Abs. 1a FPG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Thomas HORVATH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.11.2018, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I und II des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 68 AVG als unbegründet abgewiesen.
II. Spruchpunkt VII des angefochtenen Bescheids wird ersatzlos behoben.
III. Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 sowie § 52 Abs. 9 iVm § 46 und § 55 Abs. 1a FPG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Thomas HORVATH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.11.2018, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I und II des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 68 AVG als unbegründet abgewiesen.
II. Spruchpunkt VII des angefochtenen Bescheids wird ersatzlos behoben.
III. Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 sowie § 52 Abs. 9 iVm § 46 und § 55 Abs. 1a FPG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Thomas HORVATH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.11.2018, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I und II des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 68 AVG als unbegründet abgewiesen.
II. Spruchpunkt VII des angefochtenen Bescheids wird ersatzlos behoben.
III. Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 sowie § 52 Abs. 9 iVm § 46 und § 55 Abs. 1a FPG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Mit den hier angefochtenen Bescheiden des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden Bundesamt) wurden Folgeanträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz vom 27.07.2018 für den Status von Asyl- wie subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (jeweils Spruchpunkte I und II). Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurden den Beschwerdeführern nicht erteilt (jeweils Spruchpunkt III). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurden Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 gegen die Beschwerdeführer erlassen (jeweils Spruchpunkt IV). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 wurde festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei (jeweils Spruchpunkt V). Den Beschwerdeführern komme keine Frist für Ihre freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1a FPG 2005 zu (jeweils Spruchpunkt VI). Schließlich wurde gegen sämtliche Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 FPG 2005 ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (jeweils Spruchpunkt VII).
1.2. Die Zurückweisung der Folgeanträge auf internationalen Schutz begründet das Bundesamt im Wesentlichen damit, dass kein - verglichen mit dem letzten rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren - wesentlich geänderter Sachverhalt vorliege.
Der Erstbeschwerdeführer habe keine seit Abschluss des letzten Asylverfahrens mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.05.2018 wesentlich geänderten Fluchtgründe glaubhaft vorgebracht; auch die übrigen Beschwerdeführer würden ihre Anträge mit der Bedrohung des Erstbeschwerdeführers im Herkunftsstaat begründen. An der mangelnden Glaubwürdigkeit der nunmehr behaupteten Fluchtgründe würden auch die durch den Erstbeschwerdeführer beigebrachten Beweismittel - insbesondere ein Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 21.06.2018, wonach der Erstbeschwerdeführer in Abwesenheit zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden sei, sowie ein Video, das eine Abbildung des Erstbeschwerdeführers als Teil einer Kollektion von Abbildungen polizeilich zur Fahndung ausgeschriebener Personen zeigen soll, nichts ändern. Auch hätten sich die örtlichen Gegebenheiten in der Russischen Föderation seit der letzten inhaltlichen Asylentscheidung nicht maßgeblich geändert.
Auch in der Erkrankung der Drittbeschwerdeführerin - sie leide an Hypothyreose - liege keine wesentliche Sachverhaltsänderung.
Da sich auch die maßgeblichen Rechtsvorschriften nicht wesentlich geändert hätten, seien die Anträge auf internationalen Schutz mithin wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
Den Beschwerdeführern seien auch keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 zu erteilen.
Gegen die Beschwerdeführer seien Rückkehrentscheidungen zu erlassen. Da sämtliche Familienmitglieder von Rückkehrentscheidungen betroffen seien, werde in das Recht der Beschwerdeführer auf Achtung ihres Familienlebens nicht eingegriffen. Der mit der Rückkehrentscheidung einhergehende Eingriff in ihr Recht auf Achtung ihres Privatlebens erscheine gerechtfertigt: Ihr Aufenthalt in Österreich sei nur auf wiederholte Asylanträge zurückzuführen. Nie sei den Beschwerdeführern ein Aufenthaltsrecht abseits jenes in Asylverfahren zugekommen. Auch würden bei den Beschwerdeführern keine Erkrankungen vorliegen, welche ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden. Ferner sei keine Gefährdung der Beschwerdeführer in der Russischen Föderation erkennbar, welche der Zulässigkeit ihrer Abschiebung dorthin entgegenstehen würde.
Schließlich komme den Beschwerdeführern wegen der Zurückweisung ihrer Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 55 Abs. 1a FPG 2005 keine Frist für eine freiwillige Ausreise zu.
Gegen sämtliche Beschwerdeführer würden ein befristete Einreiseverbote in der Dauer von zwei Jahren erlassen.
Diese Bescheide wurden den Beschwerdeführern am 05.12.2018 zugestellt.
Gegen diese Bescheide richten sich die hier zu erledigenden Beschwerden (BF1-AS 555 ff), welche am 14.12.2018 beim Bundesamt einlangten sowie die ergänzenden Beschwerdeschriften vom 19.12.2018. Die Beschwerdeführer rügen im Wesentlichen die Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens des Bundesamtes und die Fehlerhaftigkeit von dessen rechtlicher Beurteilung. Es liege nämlich keine res iudicata vor. Die Drittbeschwerdeführerin leide an Hypothyreose. Die Behörde habe zur Behandlungsmöglichkeit in Russland keine ausreichende Ermittlungstätigkeit gesetzt. Das Kindeswohl der Drittbeschwerdeführerin und des Viert-, Fünft-, und Sechstbeschwerdeführers sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Der lange Aufenthalt der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin hätte zu einem Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 in Österreich führen müssen. Den Beschwerdeführern drohe wegen der prekären Sicherheitslage in der Russischen Föderation im Fall ihrer Rückkehr eine Verletzung von Art. 3 und Art. 2 EMRK. Das Verfahren sei nicht mit der erforderlichen Tiefe geführt worden. Die Beschwerdeführer berufen sich auf näher genannten Berichte, wonach die Sicherheitslage im gesamten Nordkaukasus stark risikobehaftet sei. Es liege damit keine entschiedene Rechtssache vor. Zudem erscheine die Verhängung von Einreiseverboten als unzulässig.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage sämtlicher Asylanträge der Beschwerdeführer, ihrer Einvernahmen vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, der bisherigen Verfahrensergebnisse des Bundesverwaltungsgerichts, der Beschwerden gegen die angefochtenen Bescheide vom 30.11.2018, der im Verfahren vorgelegten Schriftsätze sowie der Einsichtnahme in die Verwaltungs- und Gerichtsakten, das Zentrale Melderegister, das Fremden- und Grundversorgungs-Informationssystem und das Strafregister der Republik Österreich werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:
1.1. Zu den bisherigen Verfahren:
Der Erstbeschwerdeführer reiste im Oktober 2013 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 12.10.2013 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz ein. Die Zweitbeschwerdeführerin reiste gemeinsam mit den minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführern im Februar 2015 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte für sich und die minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer am 26.02.2015 (erste) Anträge auf internationalen Schutz. Diese (ersten) Anträge auf internationalen Schutz der Erst- bis Fünftbeschwerdeführer wies letztlich das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnissen vom 13.10.2017 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab, sodass Erst- bis Fünftbeschwerdeführer durch Rückkehrentscheidungen zum Verlassen des Bundesgebiets verpflichtet wurden.
Nach der Geburt des minderjährigen Sechstbeschwerdeführers am 20.12.2017 im österreichischen Bundesgebiet, stellten die Beschwerdeführer am 26.01.2018 (weitere) Anträge auf internationalen Schutz. Diese wurden in der Sache behandelt und mit Sammelerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.05.2018 W236 2009362-2, 2135281-2, 2135279-2, 2135277-2, 2135275-2, 2195577-1 (hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status von Asyl- wie subsidiär Schutzberechtigten) als unbegründet abgewiesen; dieses Sammelerkenntnis sah Rückkehrentscheidungen gegen sämtliche Beschwerdeführer vor. Dieses Sammelerkenntnis begründete das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlich damit, dass das Fluchtvorbringen des Erstbeschwerdeführers nicht als glaubhaft gemacht habe festgestellt werden können. Konkret habe nicht festgestellt werden können, dass der Erstbeschwerdeführer den Ehemann seiner Cousine, welcher dem Vorbringen nach Widerstandskämpfer gewesen sei und dem seitens der Behörden ein im September 2011 auf den Polizeiabteilungsleiter der Stadt XXXX verübtes Attentat vorgeworfen worden sei, seit dem Jahr 2001 mittels Obdachgewährung unterstützt hätte. Es habe weiters nicht festgestellt werden können, dass der Erstbeschwerdeführer wegen dieser Unterstützungsleistungen bzw. der Beteiligung an dem Attentat am 09.09.2013 von Polizisten von zu Hause mitgenommen, drei Tage lang festgehalten, verhört und zu bestimmten Personen befragt worden sei, wobei er erst nach Intervention durch einen Bekannten, welcher der Polizeileiter der Stadt gewesen sein soll, wieder freigekommen sei, um unmittelbar darauf die Flucht nach Europa anzutreten. Es habe ferner nicht festgestellt werden können, dass das Haus der Beschwerdeführer im Februar 2014 umstellt worden sei und die Zweitbis Fünftbeschwerdeführer sich fortan dort nicht mehr hätten aufhalten können. Ebenso habe auch sonst nicht festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführer ihren Herkunftsstaat aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen oder nach einer allfälligen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Übergriffe zu befürchten hätten. Weiters seien auch keine stichhaltigen Gründe dafür vorgelegen, dass die Beschwerdeführer konkret Gefahr gelaufen wären, in ihrem Herkunftsstaat der Folter, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe bzw. der Todesstrafe unterworfen zu werden.
Beweiswürdigend hielt die meritorische Entscheidung vom 26.01.2018 W236 2009362-2, 2135281-2, 2135279-2, 2135277-2, 2135275-2, 2195577-1 fest, dass infolge der gravierenden Widersprüche zwischen den Angaben des Erstbeschwerdeführers und seiner Gattin die Fluchtgründe als unglaubwürdig gewertet würden. Die seitens des Erstbeschwerdeführers und seines Vertreters vorgelegten Filmaufnahmen könnten sein Vorbringen weder belegen noch die aufgezeigten Widersprüche aufklären. Vielmehr würden in diesen Filmsequenzen einerseits Autoverfolgungen ohne Möglichkeit jeglicher Personenidentifizierung gezeigt, andererseits würden Aufnahmen von Militärfahrzeugen in einer Ortschaft gezeigt, die ebenfalls keinerlei Beleg für eine Verfolgung des Beschwerdeführers bildeten. Der Erstbeschwerdeführer nehme gegen seine psychische Belastung diverse Medikamente ein. Die minderjährige Drittbeschwerdeführerin leide an Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion). Der Erstbeschwerdeführer und die minderjährige Drittbeschwerdeführerin würden damit an keinen schweren physischen oder psychischen, akut lebensbedrohlichen und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankungen leiden, die einer Rückführung in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden. Wie den aktuellen Länderfeststellungen entnommen werden könne, sei die medizinische Versorgung im Herkunftsstaat grundsätzlich gewährleistet, sodass auch die Krankheiten der Beschwerdeführer behandelbar seien. Weder der Erstbeschwerdeführer noch die minderjährige Drittbeschwerdeführerin würden an akut lebensbedrohlichen Erkrankungen leiden, welche einer Überstellung in die Russische Föderation entgegenstehen würden.
1.2. Zum nunmehrigen Vorbringen
Das im nunmehrigen Verfahren erstattete Vorbringen des Erstbeschwerdeführers, dass er - ausgelöst durch die Vorkommnisse um seinen Cousin und seine Unterstützung desselben im Jahre 2013 - wegen einer fingierten Strafsache seit Abschluss des zuletzt in der Sache behandelten Asylverfahrens durch ein russisches Gericht in Abwesenheit zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden wäre und dass nach ihm polizeilich gefahndet würde, weist keinen glaubhaften Kern auf, der es gestatten würde, die hier maßgeblichen Folgeanträge in der Sache zu erledigen.
Zu den Beschwerdeführern
Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind Eheleute und die Eltern der übrigen Beschwerdeführer. Sämtliche Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, Angehörige der awarischen Volksgruppe und weisen die im Spruch bezeichneten Identitäten auf. Der Erstbeschwerdeführer hält sich seit Oktober 2013 durchgehend im Bundesgebiet auf. Die Zweitbeschwerdeführerin sowie die minderjährige Drittbeschwerdeführerin sowie der Viert- und Fünftbeschwerdeführer halten sich seit Februar 2015 durchgehend im österreichischen Bundesgebiet auf. Der Sechstbeschwerdeführer wurde bereits im Bundesgebiet geboren und hat dieses noch nie verlassen. Die Beschwerdeführer wohnen im gemeinsamen Haushalt und die minderjährigen Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer sind von den Eltern in sozialer und ökonomischer Hinsicht abhängig.
Die Beschwerdeführer verfügen in Österreich über die Kernfamilie hinaus über keine weiteren Angehörigen.
Der Erstbeschwerdeführer nimmt Medikamente gegen erhöhten Blutdruck und absolviert deswegen kardiologische Kontrolltermine; schon zumindest seit dem 06.01.2018 leidet er unter erhöhtem Blutdruck. Zudem leidet der Erstbeschwerdeführer an einer Panikstörung (episodisch paroxysmale Angst, F41.0) und einer rezidivierenden depressiven Störung mittleren Grades mit somatischem Syndrom (F33.11), steht deswegen in medikamentöser Behandlung und absolviert seit fünf Jahren Termine bei einem Psychiater, zuletzt im Intervall von ein- bis zweimal pro Monat. Auch leidet er schon zumindest seit dem 06.01.2018 an latenter Tuberkulose und Schuppenflechte. Ansonsten ist der Erstbeschwerdeführer gesund. Die Drittbeschwerdeführerin leidet an Hyperthyreose (Schilddrüsenunterfunktion) und absolviert zweimal im Jahr ärztliche Kontrolltermine; ansonsten ist sie gesund. Die übrigen Beschwerdeführer sind gesund.
Die Zweitbeschwerdeführerin ist nicht schwanger.
Die Angehörigen der Beschwerdeführer leben im Herkunftsstaat in XXXX (so der Bruder, die Schwestern und der Vater des Erstbeschwerdeführers sowie die Mutter, der Bruder und die Schwestern, Tanten, Onkel und Cousins der Zweitbeschwerdeführerin). Die Drittbeschwerdeführerin, der Viert- und Fünftbeschwerdeführer besuchen gegenwärtig die Volksschule XXXX . Die Drittbeschwerdeführerin, der Viert- und Fünftbeschwerdeführer verfügen bereits über einen guten Grundwortschatz der deutschen Sprache und können sich auf Deutsch verständlich mitteilen. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin verfügen über Grundkenntnisse der deutschen Sprache angeeignet. Der Erstbeschwerdeführer ist im Forstwesen erwerbstätig und erzielt damit ein monatliches Einkommen in Höhe von etwa 350 bis 400 Euro und arbeitet zudem unregelmäßig als Trainer für Freestyle-Wrestling. Zudem verfügt er über eine Einstellungszusage eines Handelsunternehmens, das keine der Höhe nach bestimmte Bezahlung zusichert.
Die anderen Beschwerdeführer sind in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen.
Der Erstbeschwerdeführer wie die Zweitbeschwerdeführerin sind arbeitsfähig. Mit Blick auf ihre Arbeitsfähigkeit, das umfangreiche familiäre Netzwerk vor Ort sowie mit Blick darauf, dass die Grundversorgung der Bevölkerung dort gesichert ist und auch Sozialleistungen zur Verfügung stehen (siehe dazu sogleich die Länderfeststellungen) ist nicht zu erwarten, dass die Beschwerdeführer nach ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat in eine ihre Existenz bedrohende Notlage geraten würden.
Die Beschwerdeführer werden in Österreich von Angehörigen einer Schule, insbesondere durch deren Direktor, unterstützt. Auch besucht die Zweitbeschwerdeführerin regelmäßig eine Beratung für schwangere Frauen und erhält dort Gutscheine.
Die Beschwerdeführer sind unbescholten. Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin beherrschen die russische Sprache.
Darüber hinaus konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer weiterreichenden Integration der Beschwerdeführer in Österreich festgestellt werden. Die Beschwerdeführer reisten trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidungen bislang nicht aus dem österreichischen Bundesgebiet aus. Die Beschwerdeführer verfügten über keine Aufenthaltsberechtigung außerhalb von Asylverfahren.
Im gegenständlichen Verfahren ergab sich weder eine maßgebliche Änderung in Bezug auf die die Beschwerdeführer betreffende asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat, noch in sonstigen in den Personen der Beschwerdeführer gelegenen Umständen. Insbesondere konnten keine wesentlichen Änderungen ihres Gesundheitszustandes bzw. ihrer Krankheitsbilder festgestellt werden; auch in den Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsstaat sind keine wesentlichen Änderungen eingetreten (siehe zu alledem auch die folgenden Länderfeststellungen unten). Eine wesentliche Änderung der Rechtslage konnte ebenfalls nicht festgestellt werden. In Bezug auf die individuelle Lage der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation konnte keine seit Abschluss des letzten in der Sache geführten Asylverfahrens maßgeblich geänderte Situation festgestellt werden.
1.3. Zur Lage in der Russischen Föderation, insbesondere in Dagestan, stellt das Bundesverwaltungsgericht folgende Ausführungen des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation vom 31.08.2018 in der Fassung der Kurzinformation vom 12.11.2018 als örtliche Gegebenheiten im Herkunftsstaat fest:
Änderungen seit Mai 2018:
Erstens wurde weitere, die Zeugen Jehovas betreffende Literatur in die "Föderale Liste extremistischer Materialien" des Justizministeriums der RF
(http://minjust.ru/ru/extremist-materials?field_extremist_content_value) aufgenommen. Es handelt sich dabei um die Positionen 4471, 4472, 4485 bis 4488 und 4502, die aufgrund der Entscheidungen diverser russischer Gerichte am 5.7.2018 bzw. am 31.8.2018 in die Liste aufgenommen wurden. Zweitens wurde der Erlass N 11 "Über die gerichtliche Praxis in Strafsachen zu Verbrechen mit extremistischer Ausrichtung" des Plenums des Obersten Gerichts vom 28.6.2011 am 20.9.2018 novelliert, die Definition der Z 20 Abs. 2, was unter einer Teilnahme an einer extremistischen Organisation iSd Art. 282.2 russ. StGB zu verstehen ist, ist aber ebenso unverändert geblieben wie der Art. 282.2 russ. StGB ("Organisation der Tätigkeit einer extremistischen Organisation") selbst. Auch die Entscheidung des Obersten Gerichts der RF N AKPI 17-238 vom 20. April 2017, mit der das "Leitungszentrum der Zeugen Jehovas in Russland" als extremistische Organisation eingestuft und verboten wurde, ist unverändert gültig. Unter dem Link http://gorod-che.ru/new/2018/10/10/58877 findet sich ein Artikel vom 10.10.2018, wonach fünf Bewohner der Kirowsker Oblast festgenommen wurden wegen des Versuches, die Tätigkeit einer religiösen Organisation, die die Glaubenslehre der Zeugen Jehovas weiterverbreitet, wieder aufzunehmen. Trotz der Verbotsentscheidung des Obersten Gerichts vom 20.4.2017 hätten die Festgenommenen laut Untersuchungskomitee - in voller Kenntnis der Gerichtsentscheidung - in der Zeit vom 16.8.2017 bis zum 29.9.2018 beschlossen, die religiöse Tätigkeit wieder aufzunehmen. Unter Beachtung aller konspirativen Maßnahmen hätten sie jedes Mal in neuen Wohnungen Treffen von Jüngern und Teilnehmern der religiösen Vereinigung organisiert. Dort hätten sie biblische Lieder gesungen, die Fertigkeiten bei der Durchführung der missionarischen Tätigkeit vervollkommnet und in der Extremismus-Liste aufgeführte verbotene Literatur studiert (New World Translation of the Holy Scriptures, Nr. 4488 der Liste). Außerdem hätten sie eine verbotene religiöse Organisation finanziert, indem sie ca. 500.000 RUB von den Glaubensanhängern gesammelt hätten. Dieses Geld sei zwischen den Führern der Organisation für die Miete der Räumlichkeiten, für den Erwerb und die Wartung von Computern aufgewendet worden. Der Rest der Summe sei dem Leitungszentrum überwiesen worden.
Art. 282.3 des russ. StGB
(http://www.consultant.ru/document/cons_doc_LAW_10699/51346ce1f845bc43ee6f3eadfa69f65119c941fa/) stellt die Finanzierung einer extremistischen Tätigkeit unter gerichtliche Strafe. Er lautet:
"Art. 282.3 Finanzierung einer extremistischen Tätigkeit
1. Die Zurverfügungstellung oder Sammlung von Mitteln oder die Erbringung finanzieller Dienstleistungen, wissentlich bestimmt für die Finanzierung der Organisation, der Vorbereitung und Begehung zumindest eines der Verbrechen extremistischer Ausrichtung oder für die Sicherstellung der Tätigkeit einer extremistischen Vereinigung oder extremistischen Organisation wird mit einer Geldstrafe in der Höhe von 300.000 bis 700.000 RUB bestraft oder in der Höhe des Arbeits- oder eines anderen Einkommens des Verurteilten für einen Zeitraum von 2 bis 4 Jahren oder mit Zwangsarbeiten für einen Zeitraum von 1 bis 4 Jahren mit dem Entzug des Rechts, bestimmte Positionen einzunehmen oder bestimmte Tätigkeiten auszuüben mit einer Frist bis zu 3 Jahren oder ohne einen solchen und mit einer Beschränkung der Freiheit mit einer Frist bis zu 1 Jahr oder mit Freiheitsstrafe von 3 bis 8 Jahren.
2. Diese Taten, begangen von einer Person unter Ausnutzung ihrer Amtsstellung wird mit einer Geldstrafe in der Höhe von 300.000 bis 700.000 RUB bestraft oder in der Höhe des Arbeits- oder eines anderen Einkommens des Verurteilten für einen Zeitraum von 2 bis 4 Jahren oder ohne eine solche oder mit Zwangsarbeiten für einen Zeitraum von 2 bis 5 Jahren mit dem Entzug des Rechts, bestimmte Positionen einzunehmen oder bestimmte Tätigkeiten auszuüben mit einer Frist bis zu 5 Jahren oder ohne einen solchen und mit einer Beschränkung der Freiheit mit einer Frist von 1 bis zu 2 Jahren oder mit Freiheitsstrafe von 5 bis 10 Jahren. Anmerkung: Eine Person, die erstmals ein Verbrechen gemäß dieses Art. begangen hat, wird von der strafrechtlichen Verantwortlichkeit frei, wenn sie mittels rechtzeitiger Benachrichtigung der Behörden oder auf andere Weise die Verhinderung des Verbrechens, das sie finanziert hat, sichergestellt hat, ebenso wenn sie die Verhinderung der Tätigkeit der extremistischen Gesellschaft oder der extremistischen Organisation sichergestellt hat, für deren Sicherstellung der Tätigkeit sie Mittel zur Verfügung gestellt oder gesammelt oder finanzielle Dienstleistungen erbracht hat, wenn in ihren Handlungen kein anderer Straftatbestand enthalten ist."
Teilnahmen an gemeinschaftlichen Zusammenkünften bzw. Missionierungen oder öffentlichen Handlungen (der Zeugen Jehovas) werden also von den russischen Behörden im Lichte der Verbotsentscheidung des Obersten Gerichts, des Auslegungserlasses und der Extremismus-Liste des russischen Justizministeriums im Rahmen der russischen Strafgesetze weiterhin verfolgt. Eine nochmalige Internetrecherche der ÖB Moskau hat aber weiterhin keine Hinweise erbracht, dass einfache Gläubige der Zeugen Jehovas, die nicht an gemeinschaftlichen Zusammenkünften bzw. Missionierungen oder öffentlichen Handlungen teilnehmen, von legalen Repressionen betroffen wären.
Quellen:
-
ÖB Moskau (23.10.2018): Information per Email
Bekanntlich werden innerstaatliche Fluchtmöglichkeiten innerhalb Russlands seitens renommierter Menschenrechtseinrichtungen meist unter Verweis auf die Umtriebe der Schergen des tschetschenischen Machthabers Kadyrow im ganzen Land in Abrede gestellt. Der medialen Berichterstattung zufolge scheint das Netzwerk von Kadyrow auch in der tschetschenischen Diaspora im Ausland tätig zu sein. Dem ist entgegenzuhalten, dass renommierte Denkfabriken auf die hauptsächlich ökonomischen Gründe für die Migration aus dem Nordkaukasus und die Grenzen der Macht von Kadyrow außerhalb Tschetscheniens hinweisen. So sollen laut einer Analyse des Moskauer Carnegie-Zentrums die meisten Tschetschenen derzeit aus rein ökonomischen Gründen emigrieren: Tschetschenien bleibe zwar unter der Kontrolle von Kadyrow, seine Macht reiche allerdings nicht über die Grenzen der Teilrepublik hinaus. Zur Förderung der sozio-ökonomischen Entwicklung des Nordkaukasus dient ein eigenständiges Ministerium, das sich dabei gezielt um die Zusammenarbeit mit dem Ausland bemüht (ÖB Moskau 10.10.2018).
Quellen:
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ÖB Moskau (10.10.2018): Information per Email
Die russischen Behörden zeigen sich durchaus bemüht, den Vorwürfen der Verfolgung von bestimmten Personengruppen in Tschetschenien nachzugehen. Bei einem Treffen mit Präsident Putin Anfang Mai 2017 betonte die russische Ombudsfrau für Menschenrechte allerdings, dass zur Inanspruchnahme von staatlichem Schutz eine gewisse Kooperationsbereitschaft der mutmaßlichen Opfer erforderlich sei. Das von der Ombudsfrau Moskalkova gegenüber Präsident Putin genannte Gesetz sieht staatlichen Schutz von Opfern, Zeugen, Experten und anderen Teilnehmern von Strafverfahren sowie deren Angehörigen vor. Unter den Schutzmaßnahmen sind im Gesetz Bewachung der betroffenen Personen und deren Wohnungen, strengere Schutzmaßnahmen in Bezug auf die personenbezogenen Daten der Betroffenen sowie vorläufige Unterbringung an einem sicheren Ort vorgesehen. Wenn es sich um schwere oder besonders schwere Verbrechen handelt, sind auch Schutzmaßnahmen wie Umsiedlung in andere Regionen, Ausstellung neuer Dokumente, Veränderung des Aussehens etc. möglich. Die Möglichkeiten des russischen Staates zum Schutz von Teilnehmern von Strafverfahren beschränken sich allerdings nicht nur auf den innerstaatlichen Bereich. So wurde im Rahmen der GUS ein internationales Abkommen über den Schutz von Teilnehmern im Strafverfahren erarbeitet, das im Jahr 2006 in Minsk unterzeichnet, im Jahr 2008 von Russland ratifiziert und im Jahr 2009 in Kraft getreten ist. Das Dokument sieht vor, dass die Teilnehmerstaaten einander um Hilfe beim Schutz von Opfern, Zeugen und anderen Teilnehmern von Strafverfahren ersuchen können. Unter den Schutzmaßnahmen sind vorläufige Unterbringungen an einem sicheren Ort in einem der Teilnehmerstaaten, die Umsiedlung der betroffenen Personen in einen der Teilnehmerstaaten, etc. vorgesehen (ÖB Moskau 10.10.2018).
Quellen:
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ÖB Moskau (10.10.2018): Information per Email
Politische Lage
Die Russische Föderation hat ca. 143 Millionen Einwohner (CIA 12.7.2018, vgl. GIZ 7.2018c). Russland ist eine Präsidialdemokratie mit föderativem Staatsaufbau. Der Präsident verfügt über weit reichende exekutive Vollmachten, insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik (GIZ 7.2018a, vgl. EASO 3.2017). Er ernennt auf Vorschlag der Staatsduma den Vorsitzenden der Regierung, die stellvertretenden Vorsitzenden und die Minister und entlässt sie (GIZ 7.2018a). Wladimir Putin ist im März 2018, bei der Präsidentschaftswahl im Amt mit 76,7% bestätigt worden. Die Wahlbeteiligung lag der Nachrichtenagentur TASS zufolge bei knapp 67% und erfüllte damit nicht ganz die Erwartungen der Präsidialadministration (Standard.at 19.3.2018). Putins wohl ärgster Widersacher Alexej Nawalny durfte nicht bei der Wahl kandidieren. Er war zuvor in einem von vielen als politisch motivierten Prozess verurteilt worden und rief daraufhin zum Boykott der Abstimmung auf, um die Wahlbeteiligung zu drücken (Presse.at 19.3.2018). Oppositionelle Politiker und die Wahlbeobachtergruppe Golos hatten mehr als 2.400 Verstöße gezählt, darunter mehrfach abgegebene Stimmen und die Behinderung von Wahlbeobachtern. Wähler waren demnach auch massiv unter Druck gesetzt worden, um an der Wahl teilzunehmen. Auch die Wahlkommission wies auf mutmaßliche Manipulationen hin (Tagesschau.de 19.3.2018, FH 1.2018). Putin kann dem Ergebnis zufolge nach 18 Jahren an der Staatsspitze weitere sechs Jahre das Land führen. Gemäß der Verfassung darf er nach dem Ende seiner sechsjährigen Amtszeit nicht erneut antreten, da es eine Beschränkung auf zwei aufeinander folgende Amtszeiten gibt (Tagesschau.de 19.3.2018, vgl. OSCE/ODIHR 18.3.2018). Die Verfassung wurde per Referendum am 12.12.1993 mit 58,4% der Stimmen angenommen. Sie garantiert die Menschen- und Bürgerrechte. Das Prinzip der Gewaltenteilung ist zwar in der Verfassung verankert, jedoch verfügt der Präsident über eine Machtfülle, die ihn weitgehend unabhängig regieren lässt. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, trägt die Verantwortung für die Innen- und Außenpolitik und kann die Gesetzentwürfe des Parlaments blockieren. Die Regierung ist dem Präsidenten untergeordnet, der den Premierminister mit Zustimmung der Staatsduma ernennt. Das Parlament - Staatsduma und Föderationsrat - ist in seinem Einfluss stark beschränkt. Der Föderationsrat ist als "obere Parlamentskammer" das Verfassungsorgan, das die Föderationssubjekte auf föderaler Ebene vertritt. Er besteht aus 178 Abgeordneten: Jedes Föderationssubjekt entsendet je einen Vertreter aus der Exekutive und Legislative in den Föderationsrat. Die Staatsduma mit 450 Sitzen wird für vier Jahre nach dem Verhältniswahlrecht auf der Basis von Parteilisten gewählt. Es gibt eine Siebenprozentklausel. Wichtige Parteien sind die regierungsnahen Einiges Russland (Jedinaja Rossija) mit 1,9 Millionen Mitgliedern und Gerechtes Russland (Spravedlivaja Rossija) mit 400.000 Mitgliedern. Die Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF) mit 150.000 Mitgliedern, die die Nachfolgepartei der früheren KP ist. Die Liberaldemokratische Partei (LDPR) mit 185.000 Mitgliedern, die populistisch und nationalistisch ausgerichtet ist, die Wachstumspartei (Partija Rosta), die sich zum Neoliberalismus bekennt; Jabloko, eine demokratisch-liberale Partei mit 55.000 Mitgliedern, die Patrioten Russlands (Patrioty Rossii), linkszentristisch, mit 85.000 Mitgliedern, die Partei der Volksfreiheit (PARNAS) und die demokratisch-liberale Partei mit 58.000 Mitgliedern (GIZ 7.2018a). Die Zusammensetzung der Staatsduma nach Parteimitgliedschaft gliedert sich wie folgt: Einiges Russland (339 Sitze), Kommunistische Partei Russlands (42 Sitze), Liberaldemokratische Partei Russlands (40 Sitze), Gerechtes Russland (23 Sitze), Vaterland-Partei (1 Sitz), Bürgerplattform (1 Sitz) (AA 5.2018b). Russland ist eine Föderation, die aus 85 Föderationssubjekten (einschließlich der international umstrittenen Einordnung der Republik Krim und der Stadt föderalen Ranges, Sewastopol) mit unterschiedlichem Autonomiegrad besteht. Die Föderationssubjekte (Republiken, Autonome Gebiete, Autonome Kreise, Gebiete, Regionen und Föderale Städte) verfügen über jeweils eine eigene Legislative und Exekutive (GIZ 7.2018a, vgl. AA 5.2018b). Die Gouverneure der Föderationssubjekte werden auf Vorschlag der jeweils stärksten Fraktion der regionalen Parlamente vom Staatspräsidenten ernannt. Dabei wählt der Präsident aus einer Liste dreier vorgeschlagener Kandidaten den Gouverneur aus (GIZ 7.2018a). Es wurden acht Föderationskreise (Nordwestrussland, Zentralrussland, Südrussland, Nordkaukasus, Wolga, Ural, Sibirien, Ferner Osten) geschaffen, denen jeweils ein Bevollmächtigter des Präsidenten vorsteht. Der Staatsrat der Gouverneure tagt unter Leitung des Präsidenten und gibt der Exekutive Empfehlungen zu aktuellen politischen Fragen und zu Gesetzesprojekten. Nach der Eingliederung der Republik Krim und der Stadt Sewastopol in die Russische Föderation wurde am 21.3.2014 der neunte Föderationskreis Krim gegründet. Die konsequente Rezentralisierung der Staatsverwaltung führt seit 2000 zu politischer und wirtschaftlicher Abhängigkeit der Regionen vom Zentrum. Diese Tendenzen wurden bei der Abschaffung der Direktwahl der Gouverneure in den Regionen und der erneuten Unterordnung der regionalen und kommunalen Machtorgane unter das föderale Zentrum ("exekutive Machtvertikale") deutlich (GIZ 7.2018a).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (5.2018b): Russische Föderation - Außen- und Europapolitik,
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/russischefoederation-node/russischefoederation/201534, Zugriff 1.8.2018
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CIA - Central Intelligence Agency (12.7.2018): The World Factbook, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/rs.html, Zugriff 1.8.2018
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EASO - European Asylum Support Office (3.2017): COI-Report Russian Federation - State Actors of Protection, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1489999668_easocoi-russia-state-actors-of-protection.pdf, Zugriff 1.8.2018
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FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2017 - Russia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1428824.html, Zugriff 1.8.2018
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (7.2018a): Russland, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/russland/geschichte-staat/#c17836, Zugriff 1.8.2018
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (7.2018c): Russland, Gesellschaft, https://www.liportal.de/russland/gesellschaft/, Zugriff 1.8.2018
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OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights (18.3.2018): Russian Federation Presidential Election Observation Mission Final Report,
https://www.osce.org/odihr/elections/383577?download=true, Zugriff 29.8.2018
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Presse.at (19.3.2018): Putin: "Das russische Volk schließt sich um Machtzentrum zusammen",
https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5391213/Putin_Das-russische-Volk-schliesst-sich-um-Machtzentrum-zusammen, Zugriff 1.8.2018
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Standard.at (19.3.2018): Putin sichert sich vierte Amtszeit als Russlands Präsident,
https://derstandard.at/2000076383332/Putin-sichert-sich-vierte-Amtszeit-als-Praesident, Zugriff 1.8.2018
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Tagesschau.de (19.3.2018): Klarer Sieg für Putin, https://www.tagesschau.de/ausland/russland-wahl-putin-101.html, Zugriff 1.8.2018
Dagestan
Dagestan ist mit ungefähr drei Millionen Einwohnern die größte kaukasische Teilrepublik und wegen seiner Lage am Kaspischen Meer für Russland strategisch wichtig. Dagestan ist das ethnisch vielfältigste Gebiet des Kaukasus (ACCORD 16.5.2018, vgl. IOM 6.2014). Im Unterschied zu den faktisch mono-ethnischen Republiken Tschetschenien und Inguschetien setzt sich die Bevölkerung Dagestans aus einer Vielzahl von Ethnien zusammen. In der Republik gibt es 60 verschiedene Nationalitäten, einschließlich der Vertreter der 30 alteingesessenen Ethnien. Alle sprechen unterschiedliche Sprachen. Dieser Umstand legt die Vielzahl der in Dagestan wirkenden Kräfte fest, begründet die Notwendigkeit eines Interessenausgleichs bei der Lösung entstehender Konflikte und stellt ein Hindernis für eine starke autoritäre Zentralmacht in der Republik dar. Allerdings findet dieser "Interessenausgleich" traditionellerweise nicht auf dem rechtlichen Wege statt, was in Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Clans münden kann (IOM 6.2014). Dagestan ist hinsichtlich persönlicher Freiheiten besser gestellt als Tschetschenien, bleibt allerdings eine der ärmsten Regionen Russlands, in der die Sicherheitslage zwar angespannt ist, sich in jüngerer Zeit aber verbessert hat. War die weit überwiegende Anzahl von Gewaltopfern bei Auseinandersetzungen zwischen "Aufständischen" und Sicherheitskräften in den Jahren 2015 und 2016 in Dagestan zu verzeichnen, hat die Gewalt in den letzten Jahren abgenommen (AA 21.5.2018). Gründe für den Rückgang der Gewalt sind die konsequente Politik der Repression radikaler Elemente und das rigide Vorgehen der Sicherheitskräfte, aber auch die Abwanderung islamistischer Kämpfer in die Kampfgebiete in Syrien und in den Irak (ÖB Moskau 12.2017). Was das politische Klima betrifft, gilt die Republik Dagestan im Vergleich zu Tschetschenien noch als relativ liberal. Die Zivilgesellschaft ist hier stärker vertreten als in Tschetschenien. Ebenso existiert - anders als in der Nachbarrepublik - zumindest eine begrenzte Pressefreiheit. Die ethnische Diversität stützt ein gewisses Maß an politischem Pluralismus und steht autokratischen Herrschaftsverhältnissen entgegen. Im Jahr 2006 wurde Muchu Alijew vom Kreml als Präsident an die Spitze der Republik gesetzt. 2013 wurde er von Magomedsalam Magomedow ersetzt. Magomedow war vor allem mit Korruption und Vetternwirtschaft konfrontiert, die auch sein Vorgänger nicht lösen konnte. Anfang 2013 ersetzte der Kreml Magomedow durch Ramzan Abdulatipow, den in Moskau wohl bekanntesten Dagestaner. Abdulatipow galt dort als Experte für interethnische Beziehungen und religiöse Konflikte im Nordkaukasus. Abdulatipows Kampf gegen Korruption und Nepotismus führte zwar zum Austausch von Personal, doch die Strukturen, die dem Problem zugrunde liegen, wurden kaum angetastet. Es war auch nicht zu erwarten, dass sich ein Phänomen wie das Clan- und Seilschaftsprinzip, das für Dagestan so grundlegende gesellschaftlich-politische Bedeutung hat, ohne weiteres würde überwinden lassen. Dieses Prinzip wird nicht nur durch ethnische, sondern auch durch viele andere Zuordnungs- und Gemeinschaftskriterien bestimmt und prägt Politik wie Geschäftsleben der Republik auf entscheidende Weise. Zudem blieb der Kampf gegen den bewaffneten Untergrund oberste Priorität, was reformpolitische Programme in den Hintergrund rückte. Dabei zeugt die Praxis der Anti-Terror-Operationen in der Ära Abdulatipow von einer deutlichen Stärkung der "Siloviki", das heißt des Sicherheitspersonals. Zur Bekämpfung der Rebellen setzt der Sicherheitsapparat alte Methoden ein. Wie in Tschetschenien werden die Häuser von Verwandten der Untergrundkämpfer gesprengt, und verhaftete "Terrorverdächtige" können kaum ein faires Gerichtsverfahren erwarten. Auf Beschwerden von Bürgern über Willkür und Straflosigkeit der Sicherheitskräfte reagierte Abdulatipow mit dem Argument, Dagestan müsse sich "reinigen", was ein hohes Maß an Geduld erfordere (SWP 4.2015). Im Herbst 2017 setzte Präsident Putin ein neues Republiksoberhaupt ein. Mit dem Fraktionsvorsitzenden der Staatspartei Einiges Russland in der Staatsduma und ehemaligen hohen Polizeifunktionär Wladimir Wassiljew schreckte der Kreml die lokalen Eliten auf. Wassiljew ist keiner von ihnen, er war mit Blick auf das zuvor behutsam gepflegte Gleichgewicht der Ethnien wie eine Faust aufs Auge. Der Kreml hatte länger schon damit begonnen, ortsfremde Funktionäre in die Regionen zu entsenden. Im Nordkaukasus hatte er davon Abstand genommen. Immerhin dürfte Wassiljew für ethnische Fragen ein gewisses Gespür mitbringen. Er ist selbst halb Kasache, halb Russe. Wassiljew ist das Gegenmodell zu Kadyrows ungestümer Selbstherrlichkeit. Er ist ein altgedienter Funktionär und einer, der durch den Zugriff Moskaus auf Dagestan - und nicht in Abgrenzung von der Zentralmacht - Ordnung, Sicherheit und wirtschaftliche Prosperität herstellen soll. Mit Wassiljew tritt jemand mit wirklich direktem Draht zur Zentralmacht im Nordkaukasus auf. Das könnte ihn, zumindest für einige Zeit, zum starken Mann in der ganzen Region machen. Dafür allerdings benötigt er genauso die Akzeptanz der Einheimischen (NZZ 12.2.2018). Anfang 2018 wurden in der Hauptstadt Dagestans, Machatschkala, der damalige Regierungschef [Abdussamad Gamidow], zwei seiner Stellvertreter und ein kurz vorher abgesetzter Minister von föderalen Kräften verhaftet und nach Moskau gebracht. Ihnen wird vorgeworfen, sie hätten eine organisierte kriminelle Gruppierung gebildet zur Ausbeutung der wirtschaftlich abgeschlagenen und am stärksten von allen russischen Regionen am Tropf des Zentralstaats hängenden Nordkaukasus-Republik. Kurz vorher waren bereits der Bürgermeister von Machatschkala und der Stadtarchitekt festgenommen worden (NZZ 12.2.2018).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (21.5.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation
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ACCORD (16.5.2018): Themendossier Sicherheitslage in Dagestan & Zeitachse von Angriffen,
https://www.ecoi.net/de/laender/russische-foederation/themendossiers/sicherheitslage-in-dagestan-zeitachse-von-angriffen/, Zugriff 2.8.2018
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IOM - International Organisation of Migration (6.2014):
Länderinformationsblatt Russische Föderation
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NZZ - Neue Zürcher Zeitung (12.2.2018): Durchgreifen in Dagestan:
Moskau räumt im Nordkaukasus auf, https://www.nzz.ch/international/moskau-raeumt-im-nordkaukasus-auf-ld.1356351, Zugriff 2.8.2018
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ÖB Moskau (12.2017): Asylländerbericht Russische Föderation
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SWP - Stiftung Wissenschaft und Politik (4.2015): Dagestan:
Russlands schwierigste Teilrepublik, http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2015_S08_hlb_isaeva.pdf, Zugriff 2.8.2018
Sicherheitslage
Wie verschiedene Anschläge mit zahlreichen Todesopfern in den letzten Jahren gezeigt haben, kann es in Russland, auch außerhalb der Kaukasus-Region, zu Anschlägen kommen. Todesopfer forderte zuletzt ein Terroranschlag in der Metro von St. Petersburg im April 2017. Die russischen Behörden halten ihre Warnung vor Anschlägen aufrecht und rufen weiterhin zu besonderer Vorsicht auf (AA 28.8.2018a, vgl. BMeiA 28.8.2018, GIZ 6.2018d). Trotz verschärfter Sicherheitsmaßnahmen kann das Risiko von Terrorakten nicht ausgeschlossen werden. Die russischen Sicherheitsbehörden weisen vor allem auf eine erhöhte Gefährdung durch Anschläge gegen öffentliche Einrichtungen und größere Menschenansammlungen hin (Untergrundbahn, Bahnhöfe und Züge, Flughäfen etc.) (EDA 28.8.2018). Russland tritt als Protagonist internationaler Terrorismusbekämpfung auf und begründet damit seinen Militäreinsatz in Syrien. Vom Beginn des zweiten Tschetschenienkriegs 1999 bis ins Jahr 2013 sah es sich mit 75 größeren Terroranschlägen auf seinem Staatsgebiet konfrontiert, die Hunderten Zivilisten das Leben kosteten. Verantwortlich dafür war eine über Tschetschenien hinausgehende Aufstandsbewegung im Nordkaukasus. Gewaltzwischenfälle am Südrand der Russischen Föderation gingen 2014 um 46% und 2015 um weitere 51% zurück. Auch im Global Terrorism Index, der die Einwirkung des Terrorismus je nach Land misst, spiegelt sich diese Entwicklung wider. Demnach stand Russland 2011 noch an neunter Stelle hinter mittelöstlichen, afrikanischen und südasiatischen Staaten, weit vor jedem westlichen Land. Im Jahr 2016 rangierte es dagegen nur noch auf Platz 30 hinter Frankreich (Platz 29), aber vor Großbritannien (Platz 34) und den USA (Platz 36). Nach der Militärintervention in Syrien Ende September 2015 erklärte der sogenannte Islamische Staat (IS) Russland den Dschihad und übernahm die Verantwortung für den Abschuss eines russischen Passagierflugzeugs über dem Sinai mit 224 Todesopfern. Seitdem ist der Kampf gegen die Terrormiliz zu einer Parole russischer Außen- und Sicherheitspolitik geworden, auch wenn der russische Militäreinsatz in Syrien gewiss nicht nur von diesem Ziel bestimmt ist, sondern die Großmachtrolle Russlands im Mittleren Os