TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/14 W251 2156458-1

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Veröffentlicht am 14.02.2019
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Entscheidungsdatum

14.02.2019

Norm

AsylG 2005 §3
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W251 2156458-1/9E

Schriftliche Ausfertigung des am 29.11.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Eritrea, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen Spruchpunkt I. des Bescheids des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 03.04.2017, Zl. 1058138508 - 150340615, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und dem Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

Es wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Eritreas, stellte am 04.04.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Am 05.04.2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab er an, im Sudan gelebt zu haben. Den Sudan habe er aus wirtschaftlichen Gründen verlassen, weil es dort keine Arbeit für ihn gegeben habe. Er sei nach Europa gekommen um hier zu arbeiten und seine Mutter zu unterstützen.

3. Am 30.08.2016 fand eine Einvernahme des Beschwerdeführers beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) statt. Er gab zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen an, dass sein Vater 1998 von den Börden zum Militärdienst eingezogen worden sei. Als der Beschwerdeführer ca. 16 oder 17 Jahre alt gewesen sei, sei er aufgefordert worden sich zum Militärdienst zu melden. Er sei deshalb 2003 in den Sudan gegangen. Im Jahr 2010 sei sein Vater von den Behörden getötet worden.

4. Am 22.03.2017 fand neuerlich eine Einvernahme des Beschwerdeführers beim Bundesamt statt. Er gab zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass ihm im Falle seiner Rückkehr nach Eritrea lebenslange Haft drohe oder er getötet werde, weil er den Militärdienst, zu dem er 2003 einberufen worden sei, nicht geleistet habe. Seinem Vater sei in Eritrea unterstellt worden zur Opposition zu gehören. Der Beschwerdeführer habe seinen Vater seit dessen Einberufung im Jahr 1998 nicht mehr gesehen. Er vermute, dass er bis zu seinem Tod im Jahr 2010 im Gefängnis gewesen sei.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt den Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.), erkannte dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt III.).

Das Bundesamt führte begründend aus, dass der Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung habe glaubhaft machen können. Dem Beschwerdeführer sei der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden, weil aufgrund der derzeit praktizierten Praxis hinsichtlich des Nationaldienstes in Eritrea nicht ausgeschlossen werden könne, dass er als Rückkehrer willkürlich einer menschenrechtswidrigen Behandlung ausgesetzt werde und/oder strafweise zum Nationaldienst eingezogen werde

6. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass die den Beschwerdeführer betreffende Gefahr, zeitlich unbegrenzt zum militärischen Zwangsdienst eingezogen zu werden, vor den Länderberichten real und sachlich begründet sei. Der Beschwerdeführer gehöre als wehrdienstfähiger Mann einer sozialen Gruppe an, die asylrelevante Verfolgung zu befürchten habe falls sie sich der Ideologie und den unbedingten Gehorsam, zu denen auch das Schießen auf Zivilisten gehört, wiedersetze. Durch die Flucht aus Eritrea habe der Beschwerdeführer gezeigt, dass er mit der Politik nicht einverstanden sei, weshalb ihm im Falle der Rückkehr die politische Gegnerschaft zum herrschenden Regime unterstellt werde. Das Bundesamt sei unrichtig zu dem Schluss gekommen, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht asylrelevant sei.

7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 29.11.2018 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die arabische Sprache und im Beisein des ausgewiesenen Rechtsvertreters des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Das Bundesamt hat auf die Teilnahme an der Verhandlung verzichtet und ist zur Verhandlung nicht erschienen. Nach Schluss der Verhandlung wurde das Erkenntnis gemäß § 29 Abs. 2 VwGVG mündlich samt den wesentlichen Entscheidungsgründen verkündet und die Rechtsmittelbelehrung erteilt. Der Beschwerde wurde stattgegeben und dem Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

8. Mit Schreiben vom 04.12.2018 beantragte das Bundesamt die schriftliche Ausfertigung des am 29.11.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person und den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX. Er ist eritreischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Tigre und bekennt sich zum muslimischen Glauben (AS 44; Protokoll vom 29.11.2018 - OZ 5, S. 5).

Der Beschwerdeführer wurde in XXXX geboren und ist dort zunächst mit seinen Eltern aufgewachsen. Von 1990 bis 1993 hat der Beschwerdeführer mit seiner Mutter im Sudan gelebt. 1993 ist der Beschwerdeführer mit seiner Mutter wieder zurück nach Eritrea gegangen (AS 46, 59; OZ 5, S. 6).

Der Beschwerdeführer hat von 1993 bis 1998 eine inoffizielle Schule besucht (AS 59; OZ 5, S. 6). Er verfügt über keine Berufsausbildung (OZ 5, S. 6).

Der Beschwerdeführer hat im Jahr 2003 schriftlich den Einberufungsbefehl zum Militär erhalten (AS 60; OZ 5, S. 7). Er lehnt den Militärdienst aus politischen Gründen und weil er keinen Dienst an der Waffe leisten möchte, ab (OZ 5, S. 7). Er hat sich deshalb im Jahr 2003 dem Militärdienst entzogen indem er in den Sudan gereist ist (AS 45, 58, 60; OZ 5, S. 6 f).

Dem Vater des Beschwerdeführers wurde von der eritreischen Regierung eine Oppositionszugehörigkeit unterstellt. Der Vater des Beschwerdeführers wurde von der eritreischen Regierung verhaftet. 2010 ist der Vater des Beschwerdeführers gestorben (AS 57-58).

Der Beschwerdeführer wird bei einer Rückkehr nach Eritrea wegen der Verweigerung des Militärdienstes sowie wegen der seiner Familie unterstellten oppositionellen Haltung verhaftet und zum Militärdienst gezwungen. Es droht dem Beschwerdeführer die zwangsweise Verbringung in ein Gefängnis mit unmenschlichen Haftbedingungen bzw. die Einlieferung in ein Umerziehungslager. Bei einer Rückkehr nach Eritrea ist der Beschwerdeführer Eingriffe in seine körperliche Integrität, Folter und einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zur maßgeblichen Situation in Eritrea:

Eritrea ist nach dem Südsudan das zweitjüngste und eines der ärmsten Länder Afrikas. Das Land löste sich nach einem Referendum von Äthiopien und wurde 1993 ein eigener Staat (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Eritrea vom 20.02.2017 mit Kurzinformation vom 13.07.2018 - LIB 13.07.2018 - S. 6).

Eritrea ist ein in sechs Provinzen aufgeteilter Zentralstaat. Die Verfassung von 1997 ist nie in Kraft getreten. Es gibt keine Gewaltenteilung. Alle wesentlichen Entscheidungen werden vom Präsidenten getroffen. Seit der Unabhängigkeit sind weder Präsidentschafts- noch Parlamentswahlen durchgeführt worden. De facto handelt es sich in Eritrea um eine Einparteiendiktatur (LIB 13.07.2018 - S. 6).

Die Beziehungen zu Äthiopien bleiben trotz des Friedensabkommens vom 12.12.2000 weiter angespannt und haben seit 2012 mehrfach zu bewaffneten Zusammenstößen an der gemeinsamen Grenze geführt (LIB 13.07.2018 - S. 7).

Wehrdienst

Der obligatorische Nationaldienst ("national service") dauert für Männer und Frauen offiziell 18 Monate, kann aber nach wie vor auf unbestimmte Zeit verlängert werden und kommt der Zwangsarbeit gleich. Die Verpflichtung zum Nationaldienst besteht aus einer sechsmonatigen militärischen Ausbildung und einem 12monatigen aktiven Militärdienst sowie weiteren 18monatigen "Entwicklungsaufgaben". Jene, die nicht für eine militärische Ausbildung geeignet seien, müssten an öffentlichen oder staatlichen Einrichtungen einen 18monatigen Dienst leisten. Die Behörden teilen die Rekruten entweder in eine Armeeeinheit oder in einen zivilen Job ein. Sie haben weder Einfluss auf ihre Einteilung noch eine Möglichkeit, diesen Dienst zu verlassen (LIB 13.07.2018 - S. 11; ACCORD-Anfragebeantwortung zu Eritrea Informationen zum Militärdienst vom 09.05.2017 = Beilage ./III, S. 2).

Für Frauen dauert die Dienstpflicht bis zum 27. und für Männer bis zum 50. Lebensjahr (nach anderen Angaben für Frauen bis zum 47. und für Männer bis zum 57. Lebensjahr). Frauen werden in der Regel bei Heirat oder Schwangerschaft aus dem Nationaldienst entlassen. Entgegen der 2014 und 2015 gemachten Ankündigungen haben die eritreischen Behörden den Nationaldienst bisher nicht auf die gesetzlich vorgesehenen 18 Monate beschränkt (LIB 13.07.2018 - S. 11). Präsident Isaias hat weder eine öffentliche Stellungnahme zu einem Politikwechsel abgegeben, noch hat es eine unabhängige Bestätigung der Behauptung gegeben (Beilage ./III, S. 3). Trotz der rechtlichen Beschränkung des Militärdiensts auf 18 Monate, hat die Regierung viele Eingezogene nicht aus dem Militär entlassen und einige gezwungen, für eine unbestimmte Zeit unter der Androhung von Haft, Folter oder Bestrafung derer Familien zu dienen (Beilage ./III, S. 5). Personen, die sich dem Militärdienst entziehen, werden gewöhnlicher Weise mittels Razzien aufgespürt. Die Aufgegriffenen werden gewöhnlicher Weise einige Zeit lang festgehalten, bevor sie eine militärische Ausbildung beginnen würden, die oftmals in Lagern unter gefährlichen und haftähnlichen Bedingungen erfolge (Beilage ./III, S. 6). Der Dienst ist weiterhin zeitlich unbefristet und dauert meist mehrere Jahre. Die Dienstverpflichtung kann oftmals über mehrere Jahre andauern - in einigen Fällen bis zu 20 Jahre lang. Die Schätzungen gehen nach wie vor von durchschnittlich fünf bis zehn Jahren Dienst aus. Frauen haben bessere Möglichkeiten, aufgrund von Heirat, Schwangerschaft oder Mutterschaft vom Nationaldienst ganz freigestellt oder nach wenigen Jahren entlassen zu werden. Ihre durchschnittliche Dienstzeit ist deshalb deutlich geringer als bei Männern (LIB 13.07.2018 - S. 11 f).

Ein Recht zur Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen und einen Ersatzdienst gibt es nicht; Wehrdienstverweigerung wird mit Umerziehungslageraufenthalten oder mit Gefängnis bestraft. Dies betrifft insbesondere die Zeugen Jehovas. Die Anzahl der Wehrdienstverweigerer und der Fahnenflüchtigen ist steigend. Dem versucht das Regime durch häufige Razzien in den Nachtclubs von Asmara, Keren, Dekemhare und Massawa entgegen zu wirken. Dennoch ist es möglich, aus gesundheitlichen Gründen vom Wehrdienst befreit zu werden (LIB 13.07.2018 - S. 13).

Für Wehrdienstverweigerer sei kein Alternativdienst vorgesehen. Es ist zu Zwangsarbeit gekommen. Die Regierung hat von Personen, die noch nicht dem Militär angehört hätten, verlangt, dass sie an einer zivilen Milizausbildung teilnehmen und Schusswaffen tragen, darunter viele, die bereits demobilisiert worden seien, Ältere oder Personen, die bereits in der Vergangenheit vom Militärdienst befreit gewesen seien. Ein Versäumnis an der Miliz oder dem Nationaldienst teilzunehmen hat zu Inhaftierung geführt (Beilage ./III, S. 2). Aufgrund des Ausnahmezustands werden die Dienstverpflichteten nach der militärischen Grundausbildung z.B. beim Straßen- und Dammbau, in der Landwirtschaft, aber auch in allen Bereichen der staatlichen Verwaltung und Wirtschaft eingesetzt (LIB 13.07.2018 - S. 11).

Gemäß der Proclamation on National Service No. 82/1995 vom 23. Oktober 1995 sind alle Eritreerinnen und Eritreer zwischen 18 und 40 Jahren dienstpflichtig und gehören bis zum 50. Lebensjahr der Reservearmee an. Wie im Bericht zu Eritrea des EASO festgehalten, sind auch Eritreerinnen und Eritreer, die seit Geburt im Ausland leben, nicht von der Dienstpflicht ausgenommen und müssen im Fall einer Rückkehr nach Eritrea Nationaldienst leisten. UNHCR wies bereits 2011 darauf hin, dass, da in Eritrea die Militärpflicht für alle gilt, auch eritreische Staatsangehörige, die im Ausland leben oder im Exil geboren wurden, nicht vom Nationaldienst ausgenommen sind. Im Fall einer Rückkehr, ob freiwillig oder erzwungen, müssen sie Militärdienst leisten (Beilage ./III, S. 2). Die Militärdienstleistenden erhalten nur eine geringe Besoldung, mit der sie die Grundbedürfnisse ihrer Familien nicht decken können. Im Frühjahr 2016 wurde angekündigt, dass die Gehälter im nationalen Nationaldienst erhöht werden (LIB 13.07.2018 - S. 11).

Jugendliche, die versuchen, dem Wehrdienst zu entgehen, werden verhaftet. Bei (illegalen) Ausreiseversuchen aufgegriffene Minderjährige werden verhaftet, meist aber nach Hause geschickt. Volljährige und damit Wehr- und Nationaldienstpflichtige kommen in Haft, die auf Antrag häufig in offenem Vollzug abgeleistet werden kann. Sofern die Eltern der Jugendlichen oder andere Personen bei der Entziehung vom Wehrdienst behilflich waren, droht auch ihnen Strafverfolgung. Insgesamt scheinen die eritreischen Behörden und Sicherheitskräfte aber nicht mehr die Kapazitäten zu haben, alle Dienstverweigerer systematisch zuhause aufzusuchen, um sie zu verhaften oder zu rekrutieren. Dennoch kommt dies in Einzelfällen immer noch vor, insbesondere bei Personen, die ein Aufgebot in den militärischen Teil des Nationaldiensts erhalten haben. Üblicherweise gehen die eritreischen Sicherheitskräfte allerdings mit Razzien (Giffas) gegen Dienstverweigerer und Deserteure vor. Dabei umstellen sie einen Stadtteil oder ein Dorf und kontrollieren alle Anwesenden. Wer nicht nachweisen kann, dass er entweder dem Nationaldienst angehört oder seine Dienstpflicht erledigt hat, wird festgehalten. Anschließend werden die Betroffenen meist für einige Monate ohne Verfahren oder Anklage inhaftiert und danach in die militärische Ausbildung überführt (LIB 13.07.2018 - S. 12).

Keine Schule in Eritrea, mit Ausnahme des Militärcamps "Sawa", bietet die 12. Schulstufe an. Seit Sommer 2003 müssen alle Schüler das 12. Schuljahr in einem zentralen Ausbildungslager in Sawa in der Nähe der Grenze zum Sudan ableisten, wo sie auch eine dreimonatige paramilitärische Ausbildung erhalten. Nur in Sawa können sie ihr "Highschool" Abschlusszeugnis erhalten. Die Besten werden danach zum Studium an einem der 19 Colleges zugelassen, die nach der Schließung der Universität Asmara im Sommer 2006 über das Land verstreut eingerichtet wurden. Die Übrigen werden für eine Berufsschulausbildung oder für den Militärdienst herangezogen. Es findet jährlich eine Rekrutierungsrunde - jeweils Ende Juli oder Anfang August - statt. Pro Rekrutierungsrunde werden zwischen 10.000 bis 25.000 Schüler für das 12. Schuljahr aufgeboten (LIB 13.07.2018 - S. 13). Der Großteil der EritreerInnen beginnt als Teil des letzten Schuljahres der Sekundarschule mit der militärischen Ausbildung, jedoch werden manchmal auch Kinder ab 15 Jahren eingezogen (Beilage ./III, S. 3). Ein Teil der Personen, die sich dem Militärdienst entziehen würden, würden es allerdings schaffen, diesen Razzien auf lange Sicht zu entgehen. Sporadisch würden Militäreinheiten versuchen, bestimmte Personen, die sich dem Militärdienst entziehen, individuell aufzuspüren, insbesondere jene, die bereits eine Aufforderung erhalten hätten (Beilage ./III, S. 6).

Dem Großteil der Berichte folgend würde die Haftzeit abhängig von den Umständen nun für gewöhnlich wenige Monate bis zu zwei Jahren dauern. Nach der Freilassung würden Personen, die sich dem Militärdienst entzogen hätten, zur militärischen Ausbildung eingezogen. Der mutmaßliche "Schießbefehl" an der Grenze werde den meisten befragten Quellen zufolge nicht streng befolgt. Jedoch könne es zu Schießereien kommen (Beilage ./III, S. 6).

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt sowie durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden Beilage ./I bis ./IV (Konvolut Auszüge ZMR, GVS, Strafregister, Schengener Informationssystem - Beilage ./I.;

Länderinformations-blatt der Staatendokumentation zu Eritrea vom 20.02.2017 mit Kurzinformation vom 13.07.2018 - Beilage ./II.;

ACCORD-Anfragebeantwortung zu Eritrea über Informationen zum Militärdienst vom 09.05.2017 - Beilage ./III; EASO Bericht zu Eritrea National service and illegal exit aus November 2016 - Beilage ./IV) und Beilage ./A (Konvolut an Integrationsunterlagen - Beilage ./A).

2.1. Zu den Feststellungen zur Person und den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

2.1.1. Die einzelnen Feststellungen beruhen auf den jeweils in der Klammer angeführten Beweismitteln.

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem Bundesamt, in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie zu seinem Lebenslauf (sein Aufwachsen sowie seine familiäre und wirtschaftliche Situation in Eritrea und sein Aufenthalt im Sudan, die fehlende Schul- und Berufsausbildung) gründen auf den diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im Wesentlichen gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

2.1.2. Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister (Beilage ./I; Strafregisterauszug vom 20.11.2018).

2.1.3. Die zur Entscheidung berufene Richterin des Bundesverwaltungsgerichts geht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und aufgrund ihres persönlichen Eindrucks vom Beschwerdeführer davon aus, dass ihm hinsichtlich seines Fluchtvorbringens Glaubwürdigkeit zukommt. Der Beschwerdeführer konnte beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung stringent und gleichbleibend darlegen, dass er 2003 einen Einberufungsbefehl zum Militär erhalten hat und er sich dem Wehrdienst durch seine Ausreise in den Sudan entzogen hat (AS 45, 60; OZ 5, S.7). Er hat in der Beschwerdeverhandlung auch nachvollziehbar ausgeführt, warum er die Ableistung des Militärdienstes ablehnt. Er hat sein diesbezügliches Vorbringen auch nicht aufgebauscht, sondern erweckte den Eindruck, dass er vor dem Gericht wahrheitsgemäße Angaben machen wolle. So hat er nämlich angegeben, dass er nicht grundsätzlich gegen die Ableistung des Wehrdienstes ist und er den Wehrdienst gemacht hätte, wenn er auf eine bestimmte Zeit begrenzt wäre und man andere Leute nicht töten müsste. Da der Wehrdienst in Eritrea tatsächlich jedoch unbegrenzt ist und man Schießbefehle erhält, die man befolgen muss, lehnt er die Ableistung aus politischen Gründen ab (OZ 5, S. 7). Aus den Angaben des Beschwerdeführers ergibt sich, dass er keinen Dienst an der Waffe leisten möchte. Die Angaben des Beschwerdeführers bezüglich des Militärdienstes decken sich auch mit den Länderberichten zu Eritrea. So ist diesen zu entnehmen, dass der obligatorische Militärdienst in Eritrea auf unbestimmte Zeit verlängert werden kann und einer Zwangsarbeit gleichkommt. Der "Schießbefehl" an der Grenze werde zwar nicht streng befolgt, es kann jedoch zu Schießereien kommen (vgl. Punkt II. 1.2.). Es konnte weiters nicht beobachtet werden, dass der Beschwerdeführer seine Lage dramatischer darzustellen versucht hat oder sein Vorbringen vor Gericht gesteigert hat.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Muttersprache des Beschwerdeführers Tigre ist. Für diese Sprache stehen dem Bundesverwaltungsgericht jedoch keine Dolmetscher zur Verfügung. Sowohl die Einvernahme in der Erstbefragung, als auch die Einvernahmen vor dem Bundesamt und vor dem Bundesverwaltungsgericht erfolgten auf Arabisch, da sich der Beschwerdeführer durch seinen Aufenthalt im Sudan Arabischkenntnisse aneignen konnte. Es ist daher auch zu berücksichtigen, dass sich der Beschwerdeführer in sämtlichen Einvernahmen nicht in seiner Muttersprache verständigen konnte. Der Beschwerdeführer hat auch keine umfassende Schulbildung genossen (OZ 5, S. 6). Es kann daher vom Beschwerdeführer kein hohes Maß an sprachlicher Präzision verlangt werden. Zudem war der Beschwerdeführer, als sein Vater von den Behörden mitgenommen wurde, erst ca. 12 Jahre alt, sodass die Dichte des Vorbringens des Beschwerdeführers diesbezüglich nicht mit "normalen" Maßstäben gemessen werden kann. Es ist daher für das Gericht glaubhaft, dass der Vater des Beschwerdeführers von den eritreischen Behörden verhaftet und mitgenommen wurde und schließlich in Obhut der Behörden gestorben ist.

Das Bundesamt ging im angefochtenen Bescheid davon aus, dass dem Beschwerdeführer bislang keine asylrelevante Verfolgung in Eritrea widerfahren sei, es keine Anhaltspunkte für eine solche gäbe und der Beschwerdeführer eine solche auch nicht vorgebracht habe. Der Beweiswürdigung des Bundesamtes ist jedoch entgegen zu halten, dass der Beschwerdeführer bereits beim Bundesamt angegeben hat, dass ihm lebenslange Haft oder Lebensgefahr in Eritrea drohe, weil er sich dem Militärdienst durch seine Flucht in den Sudan entzogen hat (AS 60).

Sofern das Bundesamt ausgeführt hat, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung selber angegeben hat, dass er den Sudan aus wirtschaftlichen Gründen verlassen habe (AS 11), ist dem entgegenzuhalten, dass sich die Fluchtgründe erkennbar nur auf den Sudan bezogen haben und der Beschwerdeführer die Gründe, die zur Ausreise aus Eritrea geführt haben nicht angegeben hat.

Vielmehr hat das Bundesamt selber festgestellt, dass der Beschwerdeführer noch nicht zum Nationaldienst eingezogen worden ist und er Eritrea im Alter von ca. 17 Jahren [Anm. BVwG: somit ca. im Jahr 2003] verlassen hat und seither (bis zu seiner Ausreise in Richtung Europa) im Sudan gelebt hat (AS 81). Das Bundesamt ging selber davon aus, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Eritrea aufgrund der dort herrschenden Praxis des eritreischen Staates bezüglich des Nationaldienstes, eine willkürliche und menschenrechtswidrige Behandlung bzw. die strafweise Einziehung zum Nationaldienst droht (AS 99-100).

2.2. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundes-verwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder der staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH vom 05.09.2016, Ra 2016/19/0074). Die begründete Furcht einer Person vor Verfolgung muss zudem in kausalem Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen stehen (VwGH vom 22.03.2017, Ra 2016/19/0350).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, VwGH vom 05.09.2016, Ra 2016/19/0074).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Gefahr der Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (VwGH vom 21.02.2017, Ra 2016/18/0171).

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG liegt es am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat eine Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd Zivilprozessordnung (ZPO) zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der Beschwerdeführer die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 45, Rz 3). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (VwGH 19.03.1997, 95/01/0466).

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein, diese muss im Entscheidungszeitpunkt vorliegen. Auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.2. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Ansicht, dass auch die Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung u.a. dann zur Asylgewährung führen kann, wenn das Verhalten des Betroffenen im Einzelfall auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht und den Sanktionen - etwa bei der Anwendung von Folter - jede Verhältnismäßigkeit fehlt. Ist Letzteres der Fall, so kann dies aber auch auf der - generellen - Unterstellung einer oppositionellen Gesinnung beruhen, womit unabhängig von einer der Wehrdienstverweigerung bzw. Desertion im konkreten Fall wirklich zugrundeliegenden religiösen oder politischen Überzeugung der erforderliche Zusammenhang zu einem Konventionsgrund gegeben wäre (vgl. VwGH vom 21.03.2002, Zl. 99/20/0401). Der Beschwerdeführer lehnt den Militärdienst insbesondere aus politischen Gründen ab und da er keinen Dienst an der Waffe leisten bzw. Schießbefehle durchführen möchte.

Im vorliegenden Fall treffen diese Konstellationen zu, nämlich dass dem Beschwerdeführer aufgrund seiner illegalen Ausreise und der ablehnenden Haltung zum Militärdienst aus Eritrea eine oppositionelle Gesinnung von Seiten des eritreischen Staates zumindest unterstellt wird und derzeit davon auszugehen ist, dass er deshalb bei einer Rückkehr Verfolgungshandlungen in Form von langer Haft, Folter und/oder unmenschlicher Behandlung ausgesetzt wäre, wie den unbedenklichen Länderfeststellungen entnommen werden kann. Bereits dem Vater des Beschwerdeführers wurde von den eritreischen Behörden eine oppositionelle Haltung unterstellt, weswegen dieser von den Behörden verhaftet wurde. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher im gegenständlichen Fall der Ansicht, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat wegen seiner oppositionellen politischen Gesinnung gegenüber der Regierung von Eritrea sowie wegen seiner religiösen Überzeugung verlassen hat, wobei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes selbst eine unterstellte politische Gesinnung für die Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmales ausreichend ist (vgl. VwGH vom 18.07.2002, Zl. 2000/20/0108; vom 31.01.2002, Zl. 99/20/0531 sowie vom 21.08.2001, Zl. 2000/01/0087). Sohin ist bei der vorliegenden Sachlage auch die für die Asylgewährung erforderliche Anknüpfung an einen Konventionsgrund gegeben.

Selbst das Bundesamt geht im angefochtenen Bescheid davon aus, dass dem Beschwerdeführer aufgrund der derzeit herrschenden Praxis hinsichtlich des Nationaldienstes in Eritrea nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Beschwerdeführer als Rückkehrer willkürlich einer menschenrechtswidrigen Behandlung ausgesetzt werde und/oder strafweise zum Nationaldienst eingezogen werde (AS 99 f, 103). Das Bundesamt hat jedoch verkannt, dass die Verfolgungsgefahr in einem kausalen Zusammenhang mit einem Konventionsgrund - nämlich der (unterstellten) politischen Überzeugung - steht.

3.3. Die den Beschwerdeführer treffende Verfolgungsgefahr findet somit ihre Deckung in einem der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe, weil dem Beschwerdeführer durch seine illegale Ausreise und seiner Haltung zum Wehrdienst eine gegen seine Ideologie und Ziele gerichtete politische Einstellung (zumindest) unterstellt werden würde. Die Verfolgung droht ihm daher aus politischen Gründen.

3.4. Der Antrag auf internationalen Schutz ist gemäß § 3 Abs. 3 Z 1 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offensteht. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bedarf es des asylrechtlichen Schutzes nicht, wenn dem Asylwerber die gefahrlose Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offensteht, in denen er frei von Furcht leben kann und dies ihm zumutbar ist. Im gegenständlichen Fall kann nicht mit der erforderlichen maßgeblichen Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass dem Beschwerdeführer die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative zur Verfügung steht, da es gemäß den oben angeführten Länderfeststellungen in Eritrea keine Region gibt, in der man sich der Kontrolle durch die Regierung entziehen könnte. Eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht daher nicht, da dem Beschwerdeführer Verfolgungshandlungen in ganz Eritrea drohen.

Zudem kann eine Prüfung der innerstaatlichen Fluchtalternative vor dem Hintergrund entfallen, dass die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative im Widerspruch zum gewährten subsidiären Schutz stehen würde, weil § 11 AsylG die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative nur erlaubt, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht gegeben sind (vgl. VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0011 bis 0016).

3.5. Es liegen gemäß § 3 Abs. 1 AsylG keine Endigungs- oder Ausschlussgründe vor.

Der Beschwerde war daher statt zu geben und dem Beschwerdeführer war gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 ist die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder aufgrund eines Antrages auf internationalem Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

3.6. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz am 04.04.2015 und damit vor dem 15.11.2015 gestellt wurde; die §§ 2 Abs. 1 Z 15 und 3 Abs. 4 AsylG 2005 ("Asyl auf Zeit") finden daher gemäß § 75 Abs. 24 leg.cit. im vorliegenden Fall keine Anwendung.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

asylrechtlich relevante Verfolgung, Flüchtlingseigenschaft,
Wehrdienstverweigerung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W251.2156458.1.00

Zuletzt aktualisiert am

25.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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