Index
E000 EU- Recht allgemein;Norm
32008L0115 Rückführungs-RL Art13;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, in der Revisionssache des S A S in T, vertreten durch Dr. Anton Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/2/23, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Juni 2018, Zl. W114 2187215-1/7E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 28. Dezember 2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
2 Mit Bescheid vom 23. Jänner 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise setzte das BFA mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision wurde gemäß § 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.
4 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht - auf das Wesentliche zusammengefasst - aus, es sei dem Revisionswerber weder gelungen, eine individuell gegen ihn gerichtete Verfolgung aufgrund eines Konventionsgrundes glaubhaft zu machen, noch Umstände darzulegen, die im Fall einer Rückkehr ein reales Risiko einer gegen Art. 2 oder Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung als maßgeblich wahrscheinlich erscheinen ließen.
5 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, die nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 24. September 2018, E 2823/2018-7, dem Verwaltungsgerichtshof über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom 29. Oktober 2018, E 2823/2018-9, zur Entscheidung abgetreten wurde.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 In der vorliegenden Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, dass das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof bestehende Neuerungsverbot keine Prüfung der Voraussetzungen des § 8 AsylG 2005 im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erlaube. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof stelle daher keinen "wirksamen Rechtsbehelf" im Sinne des Art. 46 VerfahrensRL iVm Art. 47 GRC dar. Diesbezüglich erfolgte auch der Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge eine näher genannte Vorlagefrage an den Gerichtshof der Europäischen Union richten. Aus denselben Erwägungen habe die der Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG durch den Verfassungsgerichtshof zuerkannte aufschiebende Wirkung auch der gemäß § 87 Abs. 3 VfGG an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde zuzukommen. Ferner sei das Bundesverwaltungsgericht seiner Pflicht zu amtswegiger Ermittlung insofern nicht nachgekommen, als es aktuelle Quellen über die Sicherheitslage in Afghanistan ignoriert habe. Das Bundesverwaltungsgericht habe sich auch über die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dadurch hinweggesetzt, staatliche Schutzfähigkeit auf Seiten des Herkunftsstaates anzunehmen. Schließlich habe es die Rechtslage dadurch wesentlich verkannt, bei der Würdigung der Fluchtgründe entgegen dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ein höheres Beweismaß als jenes der Glaubhaftmachung angelegt zu haben.
10 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Insofern der Revisionswerber in der Zulassungsbegründung vorbringt, das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende Neuerungsverbot und das Revisionssystem würden Art. 47 GRC verletzen und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof stelle daher keinen "wirksamen Rechtsbehelf" (iSd Art. 46 VerfahrensRL iVm Art. 47 GRC) dar, kann gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz und Abs. 9 VwGG auf die Begründung im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Oktober 2018, Ra 2018/14/0107, dem dahingehend dasselbe Zulässigkeitsvorbringen zugrunde lag, verwiesen werden.
11 Im Hinblick auf das Vorbringen, die Erforderlichkeit, für die nach Abtretung einer Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG durch den Verfassungsgerichtshof einzubringende (außerordentliche) Revision auch dann die aufschiebende Wirkung beantragen zu müssen, wenn der Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof bereits die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden war, bewirke einen Verstoß gegen die unionsrechtlich gebotene Effektivität des Rechtsschutzes, wird der Revisionswerber auf das im hg. Beschluss vom 24. Oktober 2018, Ra 2018/14/0107, zitierte Urteil des EuGH verwiesen, demzufolge Art. 46 der Richtlinie 2013/32 und Art. 13 der Richtlinie 2008/115 einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, die für ein Rechtsmittel gegen ein die Rückkehrentscheidung bestätigendes Erkenntnis eines Gerichts keine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes vorsieht (EuGH 26.9.2018, X,Y, C-180/17).
12 Soweit die Revision Unvollständigkeit des vom Bundesverwaltungsgericht durchgeführten Ermittlungsverfahrens moniert, ist darauf zu verweisen, dass sich das Bundesverwaltungsgericht in nachvollziehbarer Weise mit der Sicherheits- und Versorgungslage im Herkunftsstaat auseinandergesetzt hat und auf Grundlage der Berichtslage im Entscheidungszeitpunkt in nicht unvertretbarer Weise zu dem Schluss gekommen ist, dass sich für den Revisionswerber kein reales Risiko einer Verletzung von Art. 2 und Art. 3 EMRK ergebe und dessen Vorbringen nicht geeignet sei, ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen. Auch die Annahme des Bundesverwaltungsgerichts, der Herkunftsstaat sei schutzfähig, begegnet in dem Zusammenhang keinen Bedenken. Soweit seitens der Revision die Nichtberücksichtigung eines näher bezeichneten Gutachtens gerügt wird, wird verabsäumt, in konkreter Weise die Relevanz dieses behaupteten Verfahrensfehlers darzulegen.
13 Schließlich ist im vorliegenden Fall auch eine Anhebung des gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 für die Würdigung des Vorbringens eines Asylwerbers anzulegenden Beweismaßes durch das Bundesverwaltungsgericht nicht zu erkennen. Aus der Zusammenschau von Beweiswürdigung und rechtlicher Beurteilung ergibt sich, dass das Bundesverwaltungsgericht für die Beurteilung des Fluchtvorbringens alleine das Beweismaß der Glaubhaftigkeit heranzog und das vom Revisionswerber erstattete Vorbringen ebenso ausschließlich auf dessen Glaubwürdigkeit hin würdigte.
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
15 Von einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 25. Februar 2019
Gerichtsentscheidung
EuGH 62017CJ0180 X und Y VORABSchlagworte
Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018190707.L00Im RIS seit
26.03.2019Zuletzt aktualisiert am
02.04.2019