TE Vwgh Erkenntnis 1999/5/12 98/01/0491

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Veröffentlicht am 12.05.1999
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1997 §7;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des E H in M, geboren am 4. September 1975, vertreten durch DDr. Christa Fries, Rechtsanwältin in 2500 Baden, Erzherzog-Rainer-Ring 23, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 23. Juni 1998, Zl. 202.628/0-IV/10/98, betreffend Asylgewährung (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein am 14. Dezember 1997 in das Bundesgebiet eingereister albanischer Staatsangehöriger, hat am 15. Dezember 1997 einen Asylantrag gestellt und bei der am gleichen Tag durchgeführten niederschriftlichen Vernehmung durch das Bundesasylamt zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Er sei seit eineinhalb Jahren Mitglied der Jugendgruppe der politischen Partei "PDSH". Er sei kein Mitglied dieser Partei gewesen und habe in der Jugendgruppe keine führende Funktion inne gehabt. Es sei gegen ihn kein Gerichtsverfahren anhängig. Er sei nie verurteilt oder inhaftiert worden. Die Frage, ob er wegen der Mitgliedschaft bei dieser Jugendgruppe politisch verfolgt werde, beantwortet der Beschwerdeführer mit "ja". Im März 1997 seien fünf bewaffnete Personen in das vom Beschwerdeführer mit seinen Eltern bewohnte Haus gekommen und hätten die Bewohner aufgefordert, das Haus binnen 48 Stunden zu verlassen. Dieser Aufforderung seien sie nicht nachgekommen. Nach vier Tagen seien die Personen wieder gekommen und hätten auf das Haus geschossen. In der Nacht sei der Beschwerdeführer dann aus dem Haus geflüchtet. Die Eltern hätten das Haus allerdings nicht verlassen. Der Beschwerdeführer habe sich dann bis Juli 1997 bei seinem Großvater in Kruja aufgehalten. Dann sei er wieder nach Hause zurückgekehrt. Nach zwei Tagen seien die vorhin erwähnten Personen allerdings wieder gekommen. Aus diesem Grund sei der Beschwerdeführer wieder zu seinem Großvater gefahren. Von dort aus habe er dann sein Heimatland verlassen. Bei seinem Großvater sei er nicht verfolgt worden. Über Frage, um wen es sich bei den von ihm erwähnten "Personen" gehandelt habe, erklärte der Beschwerdeführer, es seien Kommunisten gewesen, die von seinem Haus aus ein Attentat auf den in der Nähe wohnenden Präsidenten Berisha hätten verüben wollen.

Auf Vorhalt, dass der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben bei seinem Großvater in Kruja vor Verfolgung sicher gewesen sei, führte der Beschwerdeführer aus, dass dies richtig sei.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, am 23. Juni 1998 verkündeten Bescheid hat der unabhängige Bundesasylsenat den Asylantrag gemäß § 7 Asylgesetz 1997 - AsylG, BGBl. I Nr. 76, abgewiesen und gemäß § 8 AsylG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Albanien zulässig sei.

Im Rahmen der Begründung der Abweisung des Asylantrages bezeichnete die belangte Behörde das Vorbringen des Beschwerdeführers über seine Verfolgung als unglaubwürdig und verwies auf die Feststellungen des Bundesasylamtes im erstinstanzlichen Bescheid, welches den Angaben des Beschwerdeführers betreffend die Bedrohung durch "Terroristen" keinen Glauben geschenkt hatte. Weiters vertrat die belangte Behörde erkennbar die Auffassung, dass sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, selbst wenn man es als glaubwürdig erachte, keine asylrelevante Verfolgung des Beschwerdeführers ergebe. Dies begründete sie - soweit für das vorliegende Verwaltungsgerichtshofverfahren wesentlich - damit, dass der Beschwerdeführer keine staatliche Verfolgung vorgebracht habe. Die behauptete Verfolgung von "Terroristen" sei vor dem Hintergrund der damaligen politischen Umbruchssituation in Albanien, wo von März bis Juli 1997 der Ausnahmezustand geherrscht habe, zu betrachten. Zu dieser Zeit hätten verschiedene bewaffnete Banden das Land unsicher gemacht. Die Schüsse auf das Haus des Beschwerdeführers seien auf diese Situation zurückzuführen. Eine Gewaltanwendung "(von Person zu Person)" sei gegen den Beschwerdeführer nie erfolgt. Aufgrund der nunmehr geänderten politischen Situation (Berisha ist nicht mehr Präsident) sei nicht zu befürchten, dass die - anonym gebliebenen - Terroristen neuerlich gegen die Bewohner des Hauses vorgehen würden, zumal die anderen Bewohner des Hauses (Eltern des Beschwerdeführers) nach wie vor dort unbehelligt lebten. Darüberhinaus sei der Beschwerdeführer bei seinem Großvater vor Verfolgung sicher gewesen.

Über die nach der ausdrücklichen Bezeichnung des Beschwerdepunktes nur gegen die Verweigerung der Asylgewährung gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Feststellung der belangten Behörde, dem Beschwerdeführer sei die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid "unbekannt bzw. nur dem Grunde nach bekannt" gewesen, ist entgegen der Beschwerdemeinung nicht aktenwidrig, hat doch der Beschwerdeführer bei der von der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass ihm die Berufung nicht übersetzt worden sei; anlässlich der Berufungsverfassung seien ihm Fragen gestellt worden; lediglich die der Berufung zugrundeliegenden Informationen stammten von ihm.

Soweit sich die Beschwerde dagegen wendet, dass dem Beschwerdeführer keine Einsicht in die den Feststellungen über die allgemeine Lage in Albanien zugrundeliegenden Informationen gewährt worden sei, tut sie die Relevanz des damit geltend gemachten Verfahrensmangels nicht dar, werden doch die maßgeblichen Feststellungen über den in Albanien von März bis Juli 1997 herrschenden Ausnahmezustand und den seither erfolgten Umbruch nicht bestritten.

Zu Recht rügt der Beschwerdeführer, dass der in der Begründung des angefochtenen Bescheides enthaltene Satz: "gemessen an der obigen üblichen Kriterien des Asylrechtes im Sinne des Genfer Konvention, ergibt sich im konkreten Fall, dass ein Asyl aus den nachfolgenden Gründen nicht gewährt werden konnte, da" plötzlich und unvermutet abbricht. Dies stellt aber deswegen keinen zur Bescheidaufhebung führenden Begründungsmangel dar, weil sich im Anschluss an diesen Satz mehrere Sätze befinden, die die Ansicht der belangten Behörde, der Beschwerdeführer erfülle die für die Asylgewährung erforderlichen Kriterien nicht, näher begründen. Das Wort "da" bezieht sich offenbar auf diese nachfolgenden - irrtümlich als Hauptsätze formulierten - Begründungspassagen.

Weiters wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass sich durch den Beschuss des Hauses des Beschwerdeführers nur ein die gesamte Bevölkerung während des Ausnahmezustandes in gleicher Weise treffendes Risiko realisiert habe. Dazu ist auszuführen, dass die belangte Behörde auch die Ansicht vertreten hat, die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Bedrohung durch Terroristen, welche von seinem Haus aus ein Attentat auf den in der Nähe wohnenden damaligen Präsidenten Berisha geplant hätten, bestehe nach dem Umbruch nicht mehr, zumal die Eltern des Beschwerdeführers nach wie vor in dem Haus lebten. Da dieses - in der Beschwerde nicht konkret bekämpfte - Argument nicht als rechtswidrig erkannt wird, ist es unerheblich, ob sich die Schüsse gezielt gegen das Haus des Beschwerdeführers gerichtet haben oder sich lediglich als Ausfluss der allgemeinen Situation darstellten. Anders als die Beschwerde meint, stützt sich die Feststellung der belangten Behörde, dass die Eltern des Beschwerdeführers nach wie vor in ihrem Haus lebten, auf ein Beweisergebnis, nämlich auf die Aussage des Beschwerdeführers bei der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde.

Im Übrigen lässt die Beschwerde das weitere - mangels gegenteiliger konkreter Aussagen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren unbedenkliche - Argument der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei bei seinem Großvater vor Verfolgung sicher gewesen, unbekämpft.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 12. Mai 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998010491.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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