TE Vwgh Beschluss 2019/2/28 Ra 2018/12/0008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.02.2019
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

AVG §38;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
AVG §69;
B-VG Art133 Abs4;
PG 1965 §15;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §27;
VwGVG 2014 §28;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und MMag. Ginthör als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision der A P in K, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. August 2017, GZ W228 2163304-1/5E, betreffend die Zurückweisung eines Antrags auf Neubemessung i.A. Ruhegenuss, Nebengebührenzulage und Witwenversorgungsgenuss (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin ist Witwe nach GP. Dieser stand bis 30. Juni 2002 als Oberst in einem öffentlich-rechtlichen Aktivdienstverhältnis zum Bund. Seitens der Verwaltung war sein Arbeitsplatz zuletzt der Funktionsgruppe 6 der Verwendungsgruppe M BO 2 zugeordnet worden.

2 Am 16. Dezember 1998 beantragte er die bescheidmäßige Feststellung der Einstufung seines Arbeitsplatzes. Nach mehrmaliger Aufhebung der diesbezüglichen Feststellungsbescheide der Dienstbehörde durch den Verwaltungsgerichtshof (zur Vorgeschichte vgl. zwecks Vermeidung von Wiederholungen VwGH 25.1.2017, Ra 2016/12/0119, sowie die dort zitierten Vorerkenntnisse) wurde mit Bescheid der Dienstbehörde vom 26. Februar 2015 festgestellt, dass der von GP innegehabte Arbeitsplatz der Funktionsgruppe 7 innerhalb der Verwendungsgruppe M BO 2 zuzuordnen ist.

3 Die Revisionswerberin beantragte daraufhin am 16. März 2015 die Neubemessung des Ruhegenusses und der Nebengebührenzulage des GP sowie ihres Witwenversorgungsgenusses; gleichzeitig stellte sie den Antrag auf Wiederaufnahme der mit den Bescheiden des Bundespensionsamtes vom 5. Juni 2002 und vom 29. November 2002 sowie des Bescheides der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter vom 10. Jänner 2012 in diesen Angelegenheiten rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren (betreffend den Antrag der Revisionswerberin auf Wiederaufnahme siehe VwGH 25.1.2017, Ra 2016/12/0119).

4 Nachdem ihr Antrag auf Neubemessung seitens der Behörde unerledigt geblieben war, erhob die Revisionswerberin am 21. März 2017 Säumnisbeschwerde, aus deren Anlass die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde die versäumte Entscheidung mit Bescheid vom 22. Mai 2017 nachholte. Mit diesem Bescheid wurde unter Spruchpunkt 1. der Antrag der Revisionswerberin auf Neubemessung des Ruhegenusses und der Nebengebührenzulage des GP mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen. Unter Spruchpunkt 2. wies die Behörde den Antrag auf Neubemessung des Witwenversorgungsgenusses wegen entschiedener Sache zurück.

5 Die Behörde vertrat zu Spruchpunkt 1. die Ansicht, die Revisionswerberin sei zwar berechtigt gewesen, in das bereits zum Zeitpunkt des Todes des GP anhängige Arbeitsplatzbewertungsverfahren einzutreten. Eine Antragsberechtigung im Hinblick auf die begehrte Neubemessung des Ruhegenusses und der Nebengebührenzulage komme ihr hingegen nicht zu, weil die diesbezüglichen Verfahren bereits rechtskräftig abgeschlossen seien. In Bezug auf Spruchpunkt 2. verwies die Behörde ebenfalls auf die betreffend Ruhegenuss und Nebengebührenzulage rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren. Die in diesen Angelegenheiten ergangenen Bescheide vom 5. Juni 2002 und vom 29. November 2002 seien weiterhin bindend und für die Bemessung des Witwenversorgungsgenusses heranzuziehen.

6 Die Revisionswerberin erhob Beschwerde.

7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG als unbegründet ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

8 Betreffend Spruchpunkt I. des vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Bescheides schloss sich das Gericht der von der Behörde vertretenen Rechtsansicht an und ging davon aus, dass die Revisionswerberin zur Antragstellung betreffend Neubemessung des Ruhegenusses und der Nebengebührenzulage des GP nicht legitimiert sei. Die diesbezüglichen Verfahren seien rechtskräftig abgeschlossen. Ein Eintritt in diese Verfahren im Wege der Rechtsnachfolge stehe der Revisionswerberin daher nicht offen. Hinsichtlich der durch die Behörde erfolgten Zurückweisung des Antrags auf Neubemessung des Witwenversorgungsgenusses verwies das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen ebenfalls auf den in dieser Sache ergangenen rechtskräftigen Bescheid der Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter vom 10. Jänner 2012. Zudem gehörten die Bescheide des Bundespensionsamtes vom 5. Juni 2002 und vom 29. November 2002 betreffend die Bemessung des Ruhegenusses und der Nebengebührenzulage unverändert dem Rechtsbestand an. Folglich sei bezüglich der nach § 15 Pensionsgesetz 1965 (PG), BGBl. Nr. 340/1965, vorzunehmenden Bemessung des Witwenversorgungsgenusses keine Änderung der Sach- und Rechtslage eingetreten. In dieser Angelegenheit liege entschiedene Sache vor.

9 Die Revisionswerberin erhob Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 24. November 2017, E 3130/2017-5, die Behandlung der Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG (u.a. unter Hinweis auf VwGH 25.1.2017, Ra 2016/12/0119) ablehnte und diese mit Beschluss vom 19. Dezember 2017, E 3130/2017-7, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

10 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes verbunden mit dem Antrag geltend gemacht, das angefochtene Erkenntnis aus diesem Grund aufzuheben.

11 Zur Begründung ihrer Zulässigkeit führt die Revision zusammengefasst aus, das Gericht sei unzutreffender Weise davon ausgegangen, dass die Revisionswerberin hinsichtlich der begehrten Neubemessung des Ruhegenussbezuges und der Nebengebührenzulage des GP nicht antragslegitimiert sei. Soweit es Judikatur zur verfahrensrechtlichen Stellung einer Witwe gebe, sei diese positiv. Die im angefochtenen Erkenntnis zitierte Rechtsprechung sei überholt und nicht einschlägig, weil sie zu nicht vergleichbaren gesetzlichen Bestimmungen betreffend die Kriegsopferversorgung ergangen sei.

Wenn eine Neubemessung des Ruhebezugs des GP zu erfolgen habe, sei dadurch eine Änderung gegeben, die auch die Neubemessung des Witwenversorgungsgenusses erfordere. Im Übrigen komme der Revisionswerberin ein eigenständiger Anspruch auf Neubemessung des Witwenversorgungsanspruches zu, weil dieser Anspruch davon abhängig sei, welcher Ruhebezug ihrem Gatten von Gesetzes wegen gebührt habe, und nicht dadurch eingeschränkt werden dürfe, dass der Ruhebezug des Gatten durch eine dem Gesetz widersprechende Arbeitsplatzbewertung zu gering bemessen worden sei. Es fehle unter den genannten Gesichtspunkten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, und zwar insbesondere in Anbetracht der erst nach Rechtskraft der Ruhegenussbemessung erfolgten Arbeitsplatzbewertung, im Hinblick auf die überlange Verfahrensdauer, hinsichtlich des Verstoßes gegen Art. 6 EMRK sowie im Hinblick auf den damit im Zusammenhang stehenden Ablauf der Wiederaufnahmefrist. Es sei notorisch, dass es in Angelegenheiten der Arbeitsplatzbewertung immer wieder zu Verfahren mit einer überlangen Dauer von mehr als zehn Jahren komme. Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

12 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

15 Hinsichtlich der Zurückweisung des Antrags auf Neubemessung des Ruhegenusses und der Nebengebührenzulage des GP zielt die Zulässigkeitsbegründung darauf ab darzulegen, dass der Revisionswerberin in diesen Angelegenheiten Parteistellung zukomme. Das Schicksal der Revision hängt indes von der Frage der Parteistellung der Revisionswerberin nicht ab. Betreffend die Zurückweisung der auf Neubemessung des Ruhegenusses und der Nebengebührenzulage gerichteten Anträge liegt nämlich eine Rechtsfrage im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B-VG schon aus folgenden Gründen nicht vor:

16 Eine Neubemessung von Ruhegenuss und Nebengebührenzulage ist - ungeachtet der Frage einer diesbezüglichen Parteistellung der Revisionswerberin - bei in den entscheidungswesentlichen Aspekten unveränderter Sach- und Rechtslage ohne vorangegangene Wiederaufnahme der in der jeweiligen Sache ergangenen rechtskräftigen Bescheide des Bundespensionsamtes vom 5. Juni 2002 und vom 29. November 2002 jedenfalls unzulässig (siehe dazu VwGH 25.1.2017, Ra 2016/12/0119, unter Hinweis auf VwGH 15.11.2007, 2007/12/0073; siehe zudem den hg. Beschluss vom heutigen Tag VwGH Ra 2018/12/0005).

17 In einer mit rechtskräftigem Bescheid erledigten Sache hat ein neuerlicher bescheidmäßiger Abspruch, sofern eine spätere Änderung der maßgebenden Sach- und/oder Rechtslage nicht eintrat, nicht zu erfolgen. Dabei stellt der Umstand, dass sich eine in einem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren erfolgte Vorfragebeurteilung nachträglich als unrichtig erweist und unter bestimmten Voraussetzungen allenfalls ein Wiederaufnahmetatbestand erfüllt sein könnte, keine derartige Änderung dar (vgl. zur "Nachholung" einer rechtswidrig unterbliebenen Vorfragebeurteilung im Ruhegenussbemessungsverfahren VwGH 7.9.2005, 2002/12/0200). Dass fallbezogen (aus sonstigen Gründen) von einer maßgeblichen Änderung der Sach- und Rechtslage im Sinn von § 68 Abs. 1 AVG auszugehen wäre, ist nicht erkennbar. Somit gelingt es der Revision nicht aufzuzeigen, inwiefern in Anbetracht der Zurückweisung ihrer Anträge auf Neubemessung des Ruhegenusses und der Nebengebührenzulage des GP eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen wäre.

18 Dies gilt sinngemäß auch für den Antrag der Revisionswerberin auf Neubemessung des Witwenversorgungsgenusses. Auch in dieser Angelegenheit steht der rechtskräftige Bescheid vom 10. Jänner 2012, mit welchem eine Bemessung des Witwenversorgungsgenusses vorgenommen wurde, einem neuerlichen Abspruch in derselben Sache entgegen. Der zuletzt genannte Bescheid entfaltet bei im Wesentlichen unveränderter Sach- und Rechtslage Bindungswirkung. Mit dem in der Zulässigkeitsbegründung ins Treffen geführten Argument, wonach die Bemessung des Versorgungsgenusses nach dem kraft Gesetzes gebührenden Ruhebezug zu erfolgen habe, wird folglich eine Rechtsfrage im Verständnis des Art. 133 Abs. 4 B-VG zum einen bereits deshalb nicht aufgeworfen, weil auch in Angelegenheit des Witwenversorgungsbezuges ohne vorangegangene Wiederaufnahme des in dieser Sache ergangenen rechtskräftigen Bescheides vom 10. Jänner 2012 (unabhängig von der Frage seiner Rechtmäßigkeit) keine Neubemessung zu erfolgen hat.

19 Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass auch die Bescheide vom 5. Juni 2002 und vom 29. November 2002, mit denen rechtskräftig und bindend über den Ruhegenuss und die Nebengebührenzulage des GP abgesprochen wurde, dem Rechtsbestand angehören und folglich einer abweichenden Beurteilung dieser Frage in einem Verfahren betreffend Bemessung des Witwenversorgungsgenusses - stets bei im Wesentlichen unveränderter Sach- und Rechtslage - entgegenstünden (zu einer vergleichbaren Situation betreffend die im Ruhegenussbemessungsverfahren zu beachtende Bindungswirkung rechtskräftiger Feststellungsbescheide, mit denen über die besoldungsrechtliche Stellung eines Beamten abgesprochen wurde, siehe erneut VwGH 7.9.2005, 2002/12/0200).

20 Aus den dargelegten Erwägungen liegen die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vor. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht-öffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 28. Februar 2019

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltRechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018120008.L00

Im RIS seit

26.03.2019

Zuletzt aktualisiert am

10.04.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten