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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AsylG 2005 §10 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des M F, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18. Juni 2018, W159 2017358-2/3E, betreffend (insbesondere) Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber ist Staatsangehöriger der Elfenbeinküste. Er reiste erstmals im März 2006 in das Bundesgebiet ein und stellte hier unter falscher Identität einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11. September 2006 vollinhaltlich, in Verbindung mit einer Ausweisung des Revisionswerbers in die Elfenbeinküste, abgewiesen.
2 Mittlerweile war gegen den Revisionswerber im Hinblick auf eine strafgerichtliche Verurteilung nach dem SMG (neunmonatige Freiheitsstrafe, davon sieben Monate bedingt nachgesehen) ein zehnjähriges Rückkehrverbot erlassen worden, das nach der Aktenlage am 2. September 2006 in Rechtskraft erwuchs.
3 Der Revisionswerber trat dann in Österreich zunächst nicht mehr in Erscheinung. Nach eigener Darstellung reiste er aber ab 2009 mehrfach von Italien aus nach Österreich ein und begann - nunmehr schon unter seiner wahren Identität - eine Beziehung mit einer österreichischen Staatsbürgerin, die er schließlich am 8. Juni 2013 in Ried im Innkreis heiratete. Bereits am 20. April 2011 war die gemeinsame Tochter, ebenfalls österreichische Staatsbürgerin, geboren worden.
4 Im Hinblick auf die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin erhielt der Revisionswerber einen bis 16. Juni 2014 gültigen Aufenthaltstitel "Familienangehöriger". Ein weiterer Titel mit Gültigkeit bis 17. Juni 2015 wurde dann aber gemäß § 68 Abs. 4 Z 4 AVG iVm § 3 Abs. 5 Z 3 NAG (Erschleichung des Titels wegen Verschweigen des seinerzeitigen Rückkehrverbotes) für nichtig erklärt.
5 Mittlerweile war der Revisionswerber neuerlich wegen Vergehen nach dem SMG zu einer - zur Gänze bedingt nachgesehenen - Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt worden. (Auch) im Hinblick darauf wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers auf Aufhebung des 2006 gegen ihn erlassenen "Aufenthaltsverbotes" mit Bescheid vom 29. Dezember 2014 ab. Die dagegen erhobene Beschwerde erklärte das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Beschluss vom 8. Februar 2018 als gegenstandslos geworden, weil das über den Revisionswerber verhängte "Aufenthaltsverbot" abgelaufen sei; unter einem stellte es "das Verfahren" ein.
6 Der Revisionswerber verblieb bei seiner Familie in Österreich. Er wurde allerdings ein weiteres Mal straffällig und mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichts Linz vom 6. Oktober 2017 wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG zu einer 18-monatigen Freiheitsstrafe, davon zwölf Monate bedingt nachgesehen, verurteilt. Aus dieser Freiheitsstrafe wurde er (unter Miteinbeziehung der Vorhaft) nach fünf Monaten am 12. Dezember 2017 entlassen.
7 Mit Bescheid vom 16. April 2018 sprach das BFA sodann aus, dass dem Revisionswerber ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt werde. Unter einem erließ das BFA gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG sowie gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein zehnjähriges Einreiseverbot. Es stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers in die Elfenbeinküste zulässig sei, gewährte keine Frist für die freiwillige Ausreise und erkannte gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung ab.
8 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 18. Juni 2018 gab das BVwG der gegen den genannten Bescheid erhobenen Beschwerde nur insoweit statt, als es die Dauer des Einreiseverbotes auf sieben Jahre herabsetzte; im Übrigen wies es die Beschwerde als unbegründet ab. Außerdem sprach das BVwG gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
9 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichthof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
11 In dieser Hinsicht macht der Revisionswerber - nach Abtretung der zunächst an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde, deren Behandlung mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 25. September 2018, E 2993/2018-5 abgelehnt worden war - in der dann ausgeführten außerordentlichen Revision geltend, die der Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot zugrunde liegende Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG sei vom BVwG nicht gesetzesgemäß durchgeführt worden, wobei er sich insbesondere auch gegen das Unterbleiben der beantragten Beschwerdeverhandlung wendet.
12 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die einzelfallbezogene Beurteilung betreffend - insbesondere - die Interessenabwägung bei einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aber dann nicht revisibel, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde (so schon VwGH 25.4.2014, Ro 2014/21/0033, und zahlreiche daran anschließende Entscheidungen, wie zuletzt - zu einer Rückkehrentscheidung - VwGH 20.12.2018, Ra 2018/21/0226, Rn. 11).
13 Das ist hier der Fall. Denn einerseits führt die wiederholte und rezente Suchtgiftdelinquenz des Revisionswebers - wie vom BVwG zutreffend betont - zu einem besonders ausgeprägten öffentlichen Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung des Revisionswerbers, während andererseits seine private und familiäre Bindung zu Österreich wesentlich auf der Missachtung der bereits 2006 erlassenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme beruht. Insoweit durfte das BVwG dann sogar vom Vorliegen eines eindeutigen Falles ausgehen, was es ihm ausnahmsweise erlaubte, von der Durchführung der beantragten Beschwerdeverhandlung Abstand zu nehmen (vgl. zu dieser Judikatur zuletzt VwGH 20.12.2018, Ra 2018/21/0143 ua., Rn.8, mwN).
14 Dass das BVwG - wie vom Revisionswerber ergänzend behauptet - eine "Integrationsprüfung" seiner Person "überhaupt nicht" durchgeführt habe, trifft nicht zu. Vielmehr ist richtig, dass - wie vom BVwG ausgeführt - (besondere) "integrative Momente" von vornherein nicht hervorgekommen sind. Solche werden, abgesehen von der familiären Beziehung des Revisionswerbers, auch in der Revision nicht näher dargelegt. Dass mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot ein Eingriff in das Familienleben des Revisionswerbers verbunden ist, hat aber auch das BVwG nicht in Abrede gestellt. Wenn es dabei der Sache nach zu dem Ergebnis gelangte, eine Trennung des Revisionswerbers von seiner Familie müsse in Anbetracht der Konstellation des vorliegenden Falles (infolge des strafrechtlichen Fehlverhaltens des Revisionswerbers) in Kauf genommen werden, so erweist sich auch das als nicht unvertretbar.
15 Zusammenfassend zeigt die Revision somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 7. März 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019210001.L00Im RIS seit
26.03.2019Zuletzt aktualisiert am
26.04.2019