TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/21 W168 2185385-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.09.2018
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Entscheidungsdatum

21.09.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W168 2185385-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, festgestellte Volljährigkeit, alias XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.12.2017, Zl. 1084920906-151223060, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.07.2018, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF., § 9 BFA-VG idgF., und §§ 52, 55 FPG idgF. als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, reiste unberechtigt in das Bundesgebiet ein und stellte am 30.08.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Bei der am selben Tag erfolgten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab dieser zusammengefasst an, aus der Provinz Baghlan zu stammen, sunnitischer Moslem zu sein und der Volksgruppe der Tadschiken anzugehören. Nach zwölfjährigem Schulbesuch habe er bis zu seiner Ausreise als Friseur gearbeitet. Er machte Angaben zu seiner im Heimatdorf lebenden Familie und gab an, Afghanistan vor ca. einem Monat schlepperunterstützt in den Iran verlassen zu haben. Danach sei er unter Verwendung verschiedener Verkehrsmittel über die Türkei, Bulgarien, Serbien und Ungarn bis nach Österreich gereist. Als Fluchtgrund gab er an, dass er Friseur sei und wegen seinem Beruf von den Taliban bedroht worden sei. Sie hätten ihn aufgefordert, diese Tätigkeit nicht auszuüben, da sie der Meinung seien, dass dies aus religiöser Sicht verboten sei und ihm einige Drohbriefe geschickt. Seine Familie habe ihm wegen der Angst um sein Leben geraten, Afghanistan zu verlassen.

Aufgrund des Vorliegens von Zweifeln an dem angegebenen Geburtsdatum erfolgte am 20.11.2015 aufgrund eines Auftrages des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl eine Untersuchung zur Altersfeststellung des Beschwerdeführers. Im medizinischen Sachverständigengutachten wurde zusammengefasst ausgeführt, dass sich zum Untersuchungszeitpunkt ein Mindestalter von 20,3 Jahren bzw. ein spätmöglichstes fiktives Geburtsdatum am XXXX ergebe. Es sei mit einfacher Wahrscheinlichkeit eine Volljährigkeit anzunehmen, die Vollendung des 18. Lebensjahres werde anhand des errechneten "fiktiven" Geburtsdatums bezogen auf den Zeitpunkt der Asylantragstellung am 03.08.2013 erreicht.

Mit Verfahrensanordnung vom 15.02.2016 wurde festgestellt, dass es sich bei dem Beschwerdeführer um eine volljährige Person handle. Das Geburtsdatum wurde mit XXXX festgesetzt.

4. Der Beschwerdeführer wurde am 12.10.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Zu seiner Person führte er aus, er sei afghanischer Staatsangehöriger, stamme aus der Provinz Baghlan, sei sunnitischen Bekenntnisses, gehöre der Volksgruppe der Tadschiken an und spreche Dari, Farsi und eine wenig Englisch. Der Beschwerdeführer sei gesund, ledig und habe keine Kinder. Er halte sich bereits seit dem 30.08.2015 in Österreich auf und habe in keinem anderen Land um Asyl angesucht und keinen Aufenthaltstitel außerhalb des Asylverfahrens erhalten. Er habe sich einen Monat vor Einreise dazu entschlossen, Afghanistan zu verlassen, wisse jedoch das genaue Datum der Ausreise nicht mehr. Auf Vorhalt, weshalb er sich das Datum der Einreise gemerkt habe, entgegnete der Beschwerdeführer, dass er sich diese gemerkt habe, obwohl er Schwierigkeiten habe, sich ein genaues Datum in Erinnerung zu rufen. Seine Mutter habe ihm sein Geburtsdatum gesagt.

Zu seiner Reiseroute befragt, gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er von seinem Wohnort nach Kabul mit einem Auto, das ihm von einem Schlepper zur Verfügung gestellt worden sei, über Pakistan, den Iran, die Türkei, Serbien und in weiterer Folge Ungarn nach Österreich gelangt sei. Sein Bruder habe die Reise organisiert, er wisse daher nicht, wie hoch die Kosten der Reise seien.

Zu seinen Lebensumständen im Herkunftsstaat befragt, erklärte der Beschwerdeführer, in der Stadt Pol-e-Chomri, Provinz Baghlan geboren und aufgewachsen zu sein. Er habe dort auch 12 Jahre die Schule besucht und anschließend zwei Jahre als Friseur gearbeitet. Sein ältester Bruder sei nach dem Tod des Vaters für den Lebensunterhalt der Familie aufgekommen. Der Beschwerdeführer habe insgesamt vier Brüder und eine Schwester, die bis auf seine Schwester weiterhin in der Provinz Baghlan wohnen würden. Zu weiteren, in Afghanistan lebenden Verwandten und ehemaligen Freunden habe er keinen Kontakt. Die Fragen, ob er im Herkunftsstaat vorbestraft, inhaftiert gewesen sei oder Probleme mit den Behörden gehabt habe, wurden vom Beschwerdeführer verneint. Zudem bestehe gegen ihn keine staatliche Fahndungsmaßnahme, er sei nicht politisch aktiv gewesen und auch kein Mitglied einer politischen Partei. Der Beschwerdeführer habe im Heimatland ebenso keine Probleme aufgrund seines Religionsbekenntnisses, seiner Volksgruppenzugehörigkeit oder Probleme mit Privatpersonen gehabt und habe an keinen gewalttätigen Auseinandersetzungen teilgenommen.

Zu seinen Fluchtgründen befragt, führte der Beschwerdeführer

Folgendes aus:

F: Schildern Sie nochmals die Gründe, warum Sie Ihr Heimatland verlassen und einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, von sich aus vollständig und wahrheitsgemäß. Sie werden darauf hingewiesen, dass falsche Angaben die Glaubwürdigkeit Ihres Vorbringens beeinträchtigen können. Soweit Sie auf Ereignisse Bezug nehmen, werden Sie auch aufgefordert, den Ort und die Zeit zu nennen, wann diese stattfanden und die Personen, die daran beteiligt waren. Sie haben jetzt auch Gelegenheit, sich zu den Fragen, die von ihnen mit "Ja" oder "Nein" beantwortet wurden, zu äußern.

A: Ich war Frisör. Ich habe 2 Jahre in Afghanistan als Frisör gearbeitet. Es kamen Leute zu mir, welchen ich den Bart und die Kopfhaare schnitt. Die Taliban wollen nicht, dass man den Bart abrasiert. Zu einem Frisör kommen ja immer Leute. Sie haben zu mir gesagt, dass ich das nicht machen darf und dass ich gegen den Islam verstoße. Die Briefe, welche ich abgab, beinhalten Drohungen. Sie haben zu mir gesagt, dass ich nicht arbeiten darf und ein Spion sei. Es kamen auch Leute von der Regierung zu mir und diese sagten, dass ich für sie spioniere. Ich habe die Drohbriefe zu einem Rechtsanwalt gebracht und sagte, dass ich nicht mehr arbeiten könne. Sie haben mein Geschäft verbrannt und ich hatte einen Monat lang keine Arbeit.

F: Haben Sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, Ihr Heimatland zu verlassen, vollständig geschildert?

A: Ich habe Angst vor den Taliban. Das war mein Grund weshalb ich Afghanistan verlassen habe.

F: Was würde Sie konkret erwarten, wenn Sie jetzt in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten?

A: In Afghanistan sind viele Taliban. Wenn man einmal mit den Taliban Feindschaft habe, dann ist es gefährlich. Ich selbst habe

Angst vor den Taliban. Nachgefragt: Wenn ich dorthin zurückgehe, haben sie mich damals als Spion bezeichnet und ich wurde bedroht. Wenn ich zurückgehe, bringen Sie mich bestimmt um.

Anmerkung: Es wird rückübersetzt. AW wird aufgefordert genau aufzupassen und sofort bekannt zu geben, wenn etwas nicht korrekt sein sollte bzw. noch etwas zu ergänzen ist.

Anmerkung: Nach erfolgter Rückübersetzung gibt AW an, dass alles richtig und vollständig ist und alles richtig wiedergegeben wurde.

Nach der Rückübersetzung gibt AW an: Nur meine Schwester lebt in Mazar-e-Sharif.

F: Möchten Sie eine Pause machen?

A: Ja

Die Einvernahme wird um 10:25 Uhr unterbrochen

Die Einvernahme wird um 10:35 Uhr fortgesetzt.

F: Wer bezahlte für die Reise nach Europa?

A: Mein Bruder. Nachgefragt: Ich habe wohl selbst Geld verdient. Ich bin einen halben Tag gearbeitet und bin einen halben Tag zur Schule gegangen.

F: Wer hat entschlossen, dass Sie ausreisen müssen?

A: Ich habe die Drohbriefe bekommen und mit meinem Bruder XXXX darüber gesprochen. Er sagte auch, dass ich das Land verlassen soll.

F: Wurden Sie persönlich verfolgt oder bedroht?

A: Einmal war ich im Geschäft, als sie mir einen Brief hingelegt haben. Die Taliban haben einen langen Bart und einen Turban, man bekommt Angst von ihnen.

F: Wurden Sie persönlich verfolgt oder bedroht?

A: Ja einmal ist einer in das Geschäft gekommen und hat den Brief abgegeben. Er drohte mir dann damit, dass ich gegen die Scharia arbeite. Nach einiger Zeit haben Sie mein Geschäft verbrannt.

F: Wurden Ihre Familienangehörigen verfolgt oder bedroht?

A: Nein

F: Schildern Sie lebensnahe die Bedrohung oder Überfall der Taliban?

A: Als ich im Geschäft arbeitete, sind auch Leute von der Regierung gekommen. Ich war in der Arbeit. Sie hatten einen französischen Bart geschnitten bekommen. Es sind viele Leute zu mir gekommen, welchen sagten, dass ich gegen die Scharia verstoße. Dann sagte er mir...

Anmerkung: AW wird auf wahrheitsgetreue Angaben hingewiesen, da er dauernd abschweifende Antworten gibt.

F: Schildern Sie lebensnahe die Bedrohung oder Überfall der Taliban?

A: Es sind viele Leute zu mir gekommen und sie wollten, dass ich ihnen den Bart und die Haare mache. Diese sind dann gegangen. Dann ist ein Talib mit einem Motorrad gekommen. Ich war in diesem Moment alleine. Sie haben mir gedroht, dass ich das nicht machen darf.

Nachgefragt: Der eine hat mir gedroht (Drohbrief A). Da wo ich mein Geschäft habe, 25 min von den Taliban entfernt. Er sagte zu mir, dass ich gegen die Scharia arbeite. Ich bin dann zum Rechtsanwalt in unserer Ortschaft gegangen. Ich habe die Drohbriefe mitgenommen. Ich bin auch zur Polizei von Baghlan gegangen und sagte, dass ich Drohbriefe bekommen habe. Die Polizei sagte, dass die Taliban überall in Afghanistan sind. Die Polizei hat selber Angst vor den Taliban. Sie sagten, dass sie mir nicht helfen können und meinten, dass ich das Land verlassen kann.

F: Wann und wie bekamen Sie die Drohbriefe der Taliban?

A: Die Briefe sind auf Pashtu geschrieben. Ich kann kein Pashtu. Er ist gekommen und hat mir den Brief auf den Tisch geworfen.

Nachgefragt: Als ich arbeitslos war, ca. eine Woche davor.

Anmerkung: AW wird darauf hingewiesen, dass es um mehrere Briefe handelt.

F: Wann und wie bekamen Sie die Drohbriefe der Taliban?

A: Zuerst gaben Sie mir den ersten Brief. Sie haben mir keinen zweiten Brief gegeben.

V: Sie gaben anfangs an, dass Sie 3 Drohbriefe bekamen, was sagen Sie dazu?

A: Ein Brief ist von der Polizei, welcher bestätigt, dass ich einen Drohbrief der Taliban erhielt. (Brief B+B1)

F: Wie viele Drohbriefe haben Sie bekommen?

A: Einen.

F: Was steht in dem Drohbrief?

A: Es steht auf Pashtu, ich kann kein Pashtu.

F: Woher wissen Sie über den Inhalt des Drohbriefes Bescheid?

A: Ich brachte den Brief zur Polizei und diese meinte, dass dies ein Drohbrief der Taliban sei. Nachgefragt: Die Polizei sagte, dass es ein Drohbrief sei und ich gegen die Scharia gehandelt habe. Die Polizei hat es vorgelesen. "Ich arbeite als Frisör und ich bin ein Spion und ich arbeite gegen die Scharia."

F: Also wissen sie doch über den Inhalt des Drohbriefes Bescheid?

A: Ja, ich hatte Angst und mein Bruder meinte, dass ich nicht mehr hier leben soll.

F: Was geschah an dem Tag, als Ihr Geschäft niedergebrannt wurde?

A: Ich selber wusste auch nicht, dass mein Geschäft niedergebrannt wurde. Als ich es gesehen habe, habe ich geweint und bin wieder nachhause gegangen.

F: Haben Sie den Vorfall bei der Polizei angezeigt?

A: Ja, nachgefragt: Die Polizei war da und hat sich das angeschaut. Sie meinten, dass das die Taliban waren und sie könnten nichts dagegen machen.

F: Wann haben Sie das bei der Polizei angezeigt?

A: In der Früh haben sie mein Geschäft abgebrannt. Dann bin ich nachhause gegangen und habe mit meiner Familie darüber gesprochen. Sie meinte, dass ich zur Polizei gehen sollte und ich ging zur Polizei.

F: Wie viel Zeit verging zwischen dem Drohbrief und dem verbrennen des Geschäftes?

A: Eine Woche nach Erhalt des Drohbriefes wurde mein Geschäft abgebrannt.

F: Was machten Sie in dem einen Monat zuhause?

A: Ich habe geweint, ich konnte nicht arbeiten.

F: Wurde Ihre Familie von den Taliban bedroht?

A: Nein.

F: Haben Sie die Vorfälle bei der Sicherheitsbehörde angezeigt?

A: Ja, als mein Geschäft abbrannte, ging ich zur Polizei.

F: Schildern die den Ablauf in Bezug auf den Rechtsanwalt?

A: Ich bin zum Rechtsanwalt, er meinte ich soll zur Polizei.

Nachgefragt: Mit meinem Bruder und meiner Familie.

F: Weswegen sind Sie zum Rechtsanwalt gegangen?

A: Wir haben einen Dorfältesten. Wenn es Schwierigkeiten gibt, geht man zum Dorfältesten und der löst die Probleme. Nachgefragt: der Rechtsanwalt ist der Dorfälteste.

F: Warum sind Sie zum Dorfältesten gegangen?

A: Weil sie mein Geschäft abgebrannt haben und ich wollte wissen was ich jetzt tun kann.

F: Wie heißt der Dorfälteste und wo arbeitet er?

A: Er arbeitet in Pole- Khomri - 600 Kuti und heißt XXXX

F: "Es kamen auch Leute von der Regierung zu mir und diese sagten, dass ich für sie spioniere." - was meinen Sie damit?

A: Ich meinte, dass Leute zu mir kommen und die Taliban unterstellten mir, dass ich für diese Leute bei der Taliban spioniere.

F: Was geschah an dem Tag als Sie ausreisten?

A: Ich verstehe die Frage nicht.

F: Schildern Sie lebensnahe den Tag der Ausreise, als Sie Ihr Elternhaus verließen.

A: Mein Geschäft wurde abgebrannt und ich war 1 Monat zuhause und mir war sehr langweilig. Mein Bruder meinte ich sollte das Land verlassen. Es war früh. Ich bin dann ausgereist.

V: " Wann genau haben Sie sich dazu entschlossen, dass Sie Ihr Heimatland verlassen?

A: Ich habe mich am selben Tag entschlossen, als wie ich ausreiste. Ich hatte keine Zeit.", Sie gaben aber an, dass Sie 1 Monat zuhause waren- was sagen Sie dazu?

A: Ich war ein Monat zuhause und nach einem Monat habe ich mich entschlossen. Mein Bruder hat den Schlepper organisiert. Ich habe mich von meiner Mutter verabschiedet. Dann bin ich von Pole Khomri nach Kabul und war dann ein Monat unterwegs.

F: Wie sah Ihr Sozialleben in Afghanistan aus in Bezug auf Freunde, Bekannte, Aktivitäten usw.?

A: Finanziell war es normal. Die Frauen waren immer zuhause.

F: In welchen anderen Provinzen Ihres Heimatstaates waren Sie schon in Ihrem Leben?

A: Gelebt habe ich in keiner anderen Provinz als Baghlan.

F: Waren Sie je in Kabul, Herat oder Mazar-e-Sharif, wenn ja, haben Sie dort Bekannte oder Verwandte?

A: Nein, und habe keine Verwandte in den angesprochenen Städten.

Nachgefragt: Meine Schwester lebt in Mazar e- Sharif.

F: Sie könnten in eine sichere, derzeit ungefährliche Provinz in Afghanistan gehen. Was sagen Sie dazu?

A: Es gibt nirgendwo in Afghanistan Sicherheit. Es kann niemand in Afghanistan in Ruhe leben. Es gibt immer Anschläge.

F: Wären Sie im Fall einer Rückkehrentscheidung an einer freiwilligen Rückkehr und Integrationsprojekten in Afghanistan interessiert?

A: Nein

Zu seinen Lebensumständen in Österreich befragt, führte der Beschwerdeführer aus, dass er bereits die A1 und A2 Deutschprüfung abgelegt habe. Er könne nicht zur Schule gehen, arbeite jedoch als Schülerlotse und verdiene etwa 60 oder 70 Euro im Monat. Neben seinen Einkünften beziehe er jedoch weiterhin die Grundversorgung. Im Bundesgebiet habe er viele Freunde, die aus Somalia, der Türkei und Österreich stammen würden und mit denen er auch die deutsche Sprache erlerne. Der Beschwerdeführer beabsichtige, in Österreich zu bleiben und entweder als Friseur oder Tischler zu arbeiten. Er habe in Österreich keine Lebensgefährtin und sei in keinem Verein oder einer sonstigen Organisation tätig, beabsichtige jedoch, sich der Freiwilligen Feuerwehr anzuschließen.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme wurden vom Beschwerdeführer ein Schreiben des Magistrats XXXX vom 03.05.2017 über die Betrauung mit der Sicherung des Schulweges, eine Anmeldebestätigung eines Deutschkurs vom 7.11.bis 19.12.2017 ,eine Teilnahmebestätigung über die Absolvierung eines Grund-und Basiskurses im Ausmaß von 6 Wochenstunden von 6.10.bis 24.11.2016, eine Kursbestätigung vom 06.07.2017 bzw. vom 30.05.2017 und vom 04.07.2017 bezüglich mehrerer Deutschkurse auf dem Niveau A2 und A1, Zertifikate vom 08.03.2017 und 13.07.2017, wonach der Beschwerdeführer Deutschprüfungen auf dem Niveau A1 sowie A2 gut bzw. bestanden habe und eine Tazkira amt Übersetzung, auf welcher der Beruf des Beschwerdeführers mit "Verkäufer" vermerkt sei sowie drei Schreiben in Originalsprache samt Übersetzung.

5. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.12.2017, Zl. 1074829309-150730656, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer keine konkret gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlung oder Bedrohung glaubhaft machen konnte. Der Beschwerdeführer habe beginnend mit der Erstbefragung bis Mitte der Einvernahme vom 12.10.2017 immerwährend angegeben, mehrere Drohbriefe bekommen zu haben. Als er jedoch mit detaillierten Angaben zum Erhalt und Inhalt der Drohbriefe konfrontiert worden sei, habe er angegeben, dass es nur ein Drohbrief gewesen sei, was im totalen Widerspruch mit seinen bisherigen Angaben im Verfahren stehe. Werde der vorgelegte Drohbrief der Taliban genauer betrachtet, sei ersichtlich, dass die Daten darauf im Widerspruch zu seinen Angaben stehen würden. So sei dieser Drohbrief mit 23.01.2015 datiert. Es sei aber nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer den Drohbrief in diesem Zeitraum tatsächlich erhalten habe. Zudem erscheine fragwürdig, dass ein Drohbrief überhaupt mit einem Datum versehen werde. Gegen seine Aussage habe der Beschwerdeführer aber über den Inhalt des Drohbriefes Bescheid gewusst, da dieser ihm bei der Polizei vorgelesen worden sei. Es sei amtsbekannt, dass in Afghanistan neben tatsächlichen Dokumenten auch ein reger Handel mit gefälschten Drohbriefen betrieben werde. Zudem sei das afghanische Schriftstück, welches der Beschwerdeführer vorgelegt habe, kein Schreiben der örtlichen Sicherheitsbehörde, sondern lediglich ein Antrag seinerseits an die zuständige Verwaltung in Baghlan, in dem er die Heimatgemeinde auffordere, seine Fluchtgründe zu bestätigen, um in Österreich einen positiven Asylbescheid zu erhalten. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes und den eben genannten Widersprüchen und Unplausibilitäten sei davon auszugehen, dass es sich bei dem vorgelegten Drohbrief um eine Fälschung handle und er weder einen Drohbrief von den Taliban noch jemals von den Taliban bedroht worden sei. Dementsprechend gehe die Behörde davon aus, dass das Geschäft des BF in Baghlan sehr wohl niedergebrannt sei, er jedoch nicht wisse, wer der Täter gewesen sei. Das Vorbingen, wonach der BF erst nach Rücksprache mit seiner Familie eine Anzeige bei der Polizei erstattet habe, stelle sich als höchst unplausibel dar, da er gleich eine Anzeige bei der Sicherheitsbehörde hätte einbringen können. Zu Beginn der niederschriftlichen Einvernahme am 12.10.2017 habe der BF angegeben, dass sein Geschäft niedergebrannt worden sei, er ein Monat zu Hause verbracht habe und ihm sehr langweilig gewesen sei, woraufhin ihm sein Bruder zur Ausreise geraten habe. Im weiteren Verlauf der Einvernahme habe er angegeben, dass er bei seiner Ausreise keine Zeit gehabt habe, da er sich noch am selben Tag entschlossen habe, das Land zu verlassen und das Ausreisedatum nicht mehr gewusst habe. Für die Behörde seien diese Angaben nicht nachvollziehbar und unplausibel, da er eigentlich während seiner Arbeitslosigkeit ein Monat Zeit gehabt habe, die Reise zu planen. Auch zu diesem Widerspruch habe der BF keine plausiblen Antworten geben können.

Aus den Feststellungen ergebe sich hinsichtlich Baghlan, der Heimatprovinz des BF, dass eine relevante Gefährdungslage vorliege. Den zugrunde gelegten Länderfeststellungen sei zu entnehmen, dass die Sicherheitslage in seiner Herkunftsprovinz volatil und eine ausreichende Versorgung nicht vorhanden sei. Aufgrund der in der Provinz auftretenden Sicherheitsprobleme könnte eine allfällige Rückführung in diese Region mit einer ernstzunehmenden Gefahr für Leib und Leben verbunden sein, weshalb dem BF eine Rückkehr in seine Heimat nicht zugemutet werden könne. In Frage komme jedoch als innerstaatliche Fluchtalternative Mazar-e-Sharif in der Provinz Balkh. Die Provinz Balkh könne nicht als derart unsicher qualifiziert werden, dass es einen Rückkehrenden von vornherein verunmöglicht werden würde, dorthin zurück zu gelangen. Das gelte insbesondere für die Stadt Mazar-e-Sharif, die über eine vergleichsweise gute Infrastruktur mit dem Bestehen eines Flughafens, der für den zivilen Verkehr geeignet sei, verfüge. Balkh sei, in Bezug auf Angriffe der Taliban, zentralasiatischer Aufständischer oder IS-Kämpfer, die sicherste Provinz in Nordafghanistan. Wie den Länderfeststellungen zu entnehmen sei, verfüge Mazar-e-Sharif über einen Flughafen, welchen der BF über den internationalen Flughafen Kabul sicher erreichen könne.

Der BF sei volljährig, gesund und im erwerbsfähigen Alter. Er sei mit den kulturellen Gepflogenheiten in seinem Herkunftsstaat vertraut, da er sein gesamtes Leben in Afghanistan verbracht habe. Des Weiteren verfüge der BF über Schulbildung und habe bereits Berufserfahrung als Frisör gesammelt. Er verfüge über eine verheiratete Schwester in Mazar-e-Sharif und eine Unterstützung durch diese könne angenommen werden, da diese über finanzielle Einkünfte verfüge.

Der BF verfüge über stärkere Bindungen zum Herkunftsstaat, da er dort mehr als 20 Jahre gelebt habe und eine Landessprache als Muttersprache spreche. Er habe dort auch 12 Jahre lang die Schule besucht und sei zwei Jahre einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. Zudem würden sich auch seine Verwandten in Afghanistan aufhalten. Im Gegensatz dazu sei er in Österreich schwächer integriert: Er habe zwar an Deutschkursen teilgenommen und arbeite gemeinnützig beim Magistrat, sei jedoch in keinem Verein und nicht ehrenamtlich tätig gewesen. Sein soziales Umfeld ergebe sich aus seinen Bekanntschaften, diese Beziehungen könne keine stärkere Bindung zu Österreich als zu seinem Herkunftsstaat herstellen. Die deutsche Sprache beherrsche er zum Teil, seinen Lebensunterhalt bestreite er im Rahmen der Grundversorgung. Eine darüber Integration sei nicht hervorgekommen.

6. Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer durch seine nunmehrige Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 12.01.2018, eingelangt am 15.01.2018, fristgerecht Beschwerde ein. Der BF widerspreche der Behörde, wenn sie angebe, dass er bei der Rückkehr in seine Heimat nicht um sein Leben fürchten müsse. Da er gegen das Interesse der Taliban gehandelt habe, würden sich die Taliban rächen wollen. Während der Einvernahme sei es zu einigen Missverständnissen gekommen, die der BF aufklären und beseitigen wolle. Er habe während seiner Einvernahme drei Schriftstücke abgegeben und nur einer davon sei der Drohbrief der Taliban gewesen. Es sei aber protokolliert worden, dass er gesagt habe, es handle sich um drei Drohbriefe. Es sei zudem falsch protokolliert worden, dass er nach dem Brand im Frisörgeschäft noch einen weiteren Monat in Afghanistan geblieben sei, da er lediglich angegeben habe, dass er eine Woche zu Hause gewesen sei und anschließend aus Afghanistan geflüchtet sei. Die Lage in Afghanistan habe sich nicht verbessert, da die Taliban in Afghanistan nach wie vor aktiv und vernetzt seien. Nach seiner Ausreise habe er nur mehr Kontakt mit seinem Bruder gehabt, da der BF ihn jedoch nicht mehr erreichen könne, sei der Kontakt bereits seit einem Monat abgebrochen. Mehrere Berichte würden auf die bedenkliche Sicherheitslage in Afghanistan hinweisen. Die Behörde erkenne selbst, dass die Lage in Baghlan zu gefährlich sei, aber dann meine, dass ein Leben in Mazar-e Sharif möglich wäre. Aus den Länderfeststellungen ergebe sich jedoch, dass auch dort die Lage sehr unsicher sei. Es sei nicht nachvollziehbar, wie die belangte Behörde angesichts dieser Berichte dennoch von einer zumutbaren Rückkehr nach Afghanistan ausgehen könne. Die Sicherheitslage in Afghanistan stelle entgegen der Ausführungen der Behörde eine ausweglose, lebensbedrohliche Situation für den BF dar. Bezüglich seiner Integration wolle der BF auf die detaillierten Aussagen im Rahmen seiner Einvernahme und die vorgelegten Beweismittel verweisen. Er habe bereits A2 absolviert und an einem Deutschkurs für Asylwerber B1 teilgenommen und arbeite weiterhin als Schülerlotse. Zudem sei der BF bemüht, eine Lehrstelle zu finden und habe daher regelmäßige Termine beim AMS. Der Beschwerde wurde ein Zertifikat über einen absolvierten Deutschkurs vom 07.11.2017 bis zum 19.12.2017 angeschlossen.

7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 05.07.2018 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Dari und Farsi und im Beisein des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer zunächst ausführlich zu seinen persönlichen Umständen in Afghanistan befragt wurde.

Der Beschwerdeführer wurde im Zuge der Verhandlung vor dem BVwG insbesondere auch zu den bereits vor dem BFA angeführten Fluchtgrunden, bzw. den im fortgesetzten Verfahren vorgebrachten Beschwerdegründen befragt. Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit geboten hierzu nochmals abschließende Ausführungen zu erstatten, die hierauf bezogenen Fragen des erkennenden Richters umfassend zu beantworten, bzw. auch allfällig vorhandene Beweis oder Bescheinigungsmittel in Vorlage zu bringen.

Zudem wurden in der Verhandlung vor dem BVwG mit dem Beschwerdeführer basierend auf den aktuellen Länderfeststellungen zu Afghanistan die Fragen nach dem Bestehen einer innerstaatlichen Fluchtmöglichkeit - bzw. alternative, sowie den Befürchtungen im Falle einer Rückkehr ausführlich erörtert.

Abschließend wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt, die von ihm in Österreich gesetzten intergrative Schritte als auch seine persönliche Situation in Österreich darzulegen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

* Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des BFA betreffend den BF; insbesondere in die Befragungsprotokolle;

* Befragung des BF im Rahmen der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht;

* Einsicht in das Zentrale Melderegister, das Strafregister und das Grundversorgungssystem.

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Der festgestellt volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, stammt aus der Provinz Baghlan und gehört der Volksgruppe der Tadschiken an. Seine Identität steht nicht fest. Seine Mutter, seine Geschwister sowie mehrere weitere Verwandte leben nach wie vor im Herkunftsort des Beschwerdeführers und in Mazar-e-Sharif lebt eine Schwester. Mit Familienangehörigen steht der Beschwerdeführer in durchgehenden Kontakt. Der Vater des Beschwerdeführers ist bereits verstorben. Der Beschwerdeführer besuchte 12 Jahre lang im Heimatland die Grundschule und arbeitete dort anschließend als Frisör. Die Reise nach Europa wurde vom Bruder des BF organisiert, der für die Kosten des Schleppers aufkam. Im Herbst 2015 reiste der Beschwerdeführer über Pakistan, Iran, Türkei, Serbien und Ungarn nach Österreich und stellte am 30.08.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Zu den Beschwerdegründen

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Afghanistan aufgrund einer glaubwürdigen unmittelbaren Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verlassen hat.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre.

Nicht festgestellt werden kann, dass dem Beschwerdeführer wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Tadschiken Verfolgung in Afghanistan droht.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer aufgrund der Tatsache, dass er in Europa gelebt hat, konkret und individuell bzw. dass jedem afghanischen Rückkehrer aus Europa physische und/oder psychische Gewalt in Afghanistan droht.

Der Beschwerdeführer hat Kontakte zu seinen Familienangehörigen in Afghanistan.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Niederlassung in den großen Städten wie Masar - e Sharif, Herat oder auch in der Stadt Kabul, besteht für den Beschwerdeführer als arbeitsfähigen jungen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf keine berücksichtigungswürdige Bedrohungssituation, bzw. läuft dieser dort auch nicht in Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich um einen arbeitsfähigen, jungen, gesunden Mann der in Afghanistan schulische Ausbildungen absolviert hat, bzw. bereits in Afghanistan berufliche Erfahrung gesammelt hat. Dem Beschwerdeführer kann eine weitere Teilnahme am Erwerbsleben in Afghanistan zugemutet werden.

Der strafrechtlich unbescholtene Beschwerdeführer ist seit seiner Antragstellung im August 2015 durchgehend ausschließlich nur auf Grund des vorläufigen Aufenthaltsrechts während des Asylverfahrens rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Der Beschwerdeführer bestreitet seinen Lebensunterhalt in Österreich aus den Mitteln der Grundversorgung und er ist nicht selbsterhaltungsfähig. Der Beschwerdeführer hat in Österreich an mehreren Kursen und Ausbildungen teilgenommen und verfügt über Deutschkenntnisse, bzw. hat dieser Deutschprüfungen auf dem A1 und A2 Niveau absolviert. Er verfügt in Österreich über keine Verwandten, hat keine sonstigen engen familienähnlichen Bindungen zu sich in Österreich aufhältigen Personen, bzw. ist das Vorliegen eines besonders zu berücksichtigenden Nahe - bzw. Abhängigkeitsverhältnisses zu Personen im Bundesgebiet nicht dargelegt worden.

Das Bestehen von besonderen Gründen die für ein Verbleiben der beschwerdeführenden Partei im Bundesgebiet sprechen sind dem vorliegenden Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Das Vorliegen einer insgesamt besonders berücksichtigungswürdigen Integration in Österreich kann in casu nicht festgestellt werden.

1.3. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor höchst volatil; die Regierung und die Taliban wechselten sich während des Berichtszeitraumes bei Kontrolle mehrerer Distriktzentren ab - auf beiden Seiten waren Opfer zu beklagen (UN GASC 21.9.2017). Der Konflikt in Afghanistan ist gekennzeichnet von zermürbenden Guerilla-Angriffen, sporadischen bewaffneten Zusammenstößen und gelegentlichen Versuchen Ballungszentren zu überrennen. Mehrere Provinzhauptstädte sind nach wie vor in der Hand der Regierung; dies aber auch nur aufgrund der Unterstützung durch US-amerikanische Luftangriffe. Dennoch gelingt es den Regierungskräften kleine Erfolge zu verbuchen, indem sie mit unkonventionellen Methoden zurückschlagen (The Guardian 3.8.2017).

Der afghanische Präsident Ghani hat mehrere Schritte unternommen, um die herausfordernde Sicherheitssituation in den Griff zu bekommen. So hielt er sein Versprechen den Sicherheitssektor zu reformieren, indem er korrupte oder inkompetente Minister im Innen- und Verteidigungsministerium feuerte, bzw. diese selbst zurücktraten; die afghanische Regierung begann den strategischen 4-Jahres Sicherheitsplan für die ANDSF umzusetzen (dabei sollen die Fähigkeiten der ANDSF gesteigert werden, größere Bevölkerungszentren zu halten); im Rahmen des Sicherheitsplanes sollen Anreize geschaffen werden, um die Taliban mit der afghanischen Regierung zu versöhnen; Präsident Ghani bewilligte die Erweiterung bilateraler Beziehungen zu Pakistan, so werden unter anderen gemeinsamen Anti-Terror Operationen durchgeführt werden (SIGAR 31.7.2017).

Zwar endete die Kampfmission der US-Amerikaner gegen die Taliban bereits im Jahr 2014, dennoch werden, laut US-amerikanischem Verteidigungsminister, aufgrund der sich verschlechternden Sicherheitslage 3.000 weitere Soldaten nach Afghanistan geschickt. Nach wie vor sind über 8.000 US-amerikanische Spezialkräfte in Afghanistan, um die afghanischen Truppen zu unterstützen (BBC 18.9.2017).

Sicherheitsrelevante Vorfälle

In den ersten acht Monaten wurden insgesamt 16.290 sicherheitsrelevante Vorfälle von den Vereinten Nationen (UN) registriert; in ihrem Berichtszeitraum (15.6. bis 31.8.2017) für das dritte Quartal, wurden 5.532 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert - eine Erhöhung von 3% gegenüber dem Vorjahreswert. Laut UN haben sich bewaffnete Zusammenstöße um 5%

erhöht und machen nach wie vor 64% aller registrierten Vorfälle aus. 2017 gab es wieder mehr lange bewaffnete Zusammenstöße zwischen Regierung und regierungsfeindlichen Gruppierungen. Im Gegensatz zum Vergleichszeitraums des Jahres 2016, verzeichnen die UN einen Rückgang von 3% bei Anschlägen mit Sprengfallen [IEDs - improvised explosive device], Selbstmordangriffen, Ermordungen und Entführungen - nichtsdestotrotz waren sie Hauptursache für zivile Opfer. Die östliche Region verzeichnete die höchste Anzahl von Vorfällen, gefolgt von der südlichen Region (UN GASC 21.9.2017).

Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden in Afghanistan von 1.1.-31.8.2017 19.636 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (Stand: 31.8.2017) (INSO o.D.).

(Grafik: Staatendokumentation gemäß Daten aus INSO o.D.)

Zivilist/innen

Landesweit war der bewaffnete Konflikt weiterhin Ursache für Verluste in der afghanischen Zivilbevölkerung. Zwischen dem 1.1. und 30.6.2017 registrierte die UNAMA 5.243 zivile Opfer (1.662 Tote und 3.581 Verletzte). Dies bedeutet insgesamt einen Rückgang bei zivilen Opfern von fast einem 1% gegenüber dem Vorjahreswert. Dem bewaffneten Konflikt in Afghanistan fielen zwischen 1.1.2009 und 30.6.2017 insgesamt 26.512 Zivilist/innen zum Opfer, während in diesem Zeitraum 48.931 verletzt wurden (UNAMA 7.2017).

Im ersten Halbjahr 2017 war ein Rückgang ziviler Opfer bei Bodenoffensiven zu verzeichnen, während sich die Zahl ziviler Opfer aufgrund von IEDs erhöht hat (UNAMA 7.2017).

Die Provinz Kabul verzeichnete die höchste Zahl ziviler Opfer - speziell in der Hauptstadt Kabul: von den 1.048 registrierten zivilen Opfer (219 Tote und 829 Verletzte), resultierten 94% aus Selbstmordattentaten und Angriffen durch regierungsfeindliche Elemente. Nach der Hauptstadt Kabul verzeichneten die folgenden Provinzen die höchste Zahl ziviler Opfer: Helmand, Kandahar, Nangarhar, Uruzgan, Faryab, Herat, Laghman, Kunduz und Farah. Im ersten Halbjahr 2017 erhöhte sich die Anzahl ziviler Opfer in 15 von Afghanistans 34 Provinzen (UNAMA 7.2017)

(UNAMA 7.2017)

High-profile Angriffe:

Der US-Sonderbeauftragten für den Aufbau in Afghanistan (SIGAR), verzeichnete in seinem Bericht für das zweite Quartal des Jahres 2017 mehrere high-profil Angriffe; der Großteil dieser fiel in den Zeitraum des Ramadan (Ende Mai bis Ende Juni). Einige extremistische Organisationen, inklusive dem Islamischen Staat, behaupten dass Kämpfer, die während des Ramadan den Feind töten, bessere Muslime wären (SIGAR 31.7.2017).

Im Berichtszeitraum (15.6. bis 31.8.2017) wurden von den Vereinten Nationen folgende High-profile Angriffe verzeichnet:

Ein Angriff auf die schiitische Moschee in der Stadt Herat, bei dem mehr als 90 Personen getötet wurden (UN GASC 21.9.2017; vgl.: BBC 2.8.2017). Zu diesem Attentat bekannte sich der ISIL-KP (BBC 2.8.2017). Taliban und selbsternannte ISIL-KP Anhänger verübten einen Angriff auf die Mirza Olang Region im Distrikt Sayyad in der Provinz Sar-e Pul; dabei kam es zu Zusammenstößen mit regierungsfreundlichen Milizen. Im Zuge dieser Kämpfe, die von 3.-5.August anhielten, wurden mindestens 36 Menschen getötet (UN GASC 21.9.2017). In . Kabul wurde Ende August eine weitere schiitische Moschee angegriffen, dabei wurden mindestens 28 Zivilist/innen getötet; auch hierzu bekannte sich der ISIL-KP (UN GASC 21.9.2017; vgl.: NYT 25.8.2017).

Manche high-profile Angriffe waren gezielt gegen Mitarbeiter/innen der ANDSF und afghanischen Regierungsbeamte gerichtet; Zivilist/innen in stark bevölkerten Gebieten waren am stärksten von Angriffen dieser Art betroffen (SIGAR 31.7.2017).

"Green Zone" in Kabul

Kabul hatte zwar niemals eine formelle "Green Zone"; dennoch hat sich das Zentrum der afghanischen Hauptstadt, gekennzeichnet von bewaffneten Kontrollpunkten und Sicherheitswänden, immer mehr in eine militärische Zone verwandelt (Reuters 6.8.2017).

Eine Erweiterung der sogenannten Green Zone ist geplant; damit wird Verbündeten der NATO und der US-Amerikaner ermöglicht, auch weiterhin in der Hauptstadt Kabul zu bleiben ohne dabei Risiken ausgesetzt zu sein. Kabul City Compound - auch bekannt als das ehemalige Hauptquartier der amerikanischen Spezialkräfte, wird sich ebenso innerhalb der Green Zone befinden. Die Zone soll hinkünftig vom Rest der Stadt getrennt sein, indem ein Netzwerk an Kontrollpunkten durch Polizei, Militär und privaten Sicherheitsfirmen geschaffen wird. Die Erweiterung ist ein großes öffentliches Projekt, das in den nächsten zwei Jahren das Zentrum der Stadt umgestalten soll; auch sollen fast alle westlichen Botschaften, wichtige Ministerien, sowie das Hauptquartier der NATO und des US-amerikanischen Militärs in dieser geschützten Zone sein. Derzeit pendeln tagtäglich tausende Afghaninnen und Afghanen durch diese Zone zu Schulen und Arbeitsplätzen (NYT 16.9.2017).

Nach einer Reihe von Selbstmordattentaten, die hunderte Opfer gefordert haben, erhöhte die afghanische Regierung die Sicherheit in der zentralen Region der Hauptstadt Kabul - dieser Bereich ist Sitz ausländischer Botschaften und Regierungsgebäude. Die Sicherheit in diesem diplomatischen Bereich ist höchste Priorität, da, laut amtierenden Polizeichef von Kabul, das größte Bedrohungsniveau in dieser Gegend verortet ist und eine bessere Sicherheit benötigt wird. Die neuen Maßnahmen sehen 27 neue Kontrollpunkte vor, die an 42 Straßen errichtet werden. Eingesetzt werden mobile Röntgengeräte, Spürhunde und Sicherheitskameras. Außerdem werden 9 weitere Straßen teilweise gesperrt, während die restlichen sechs Straßen für Autos ganz gesperrt werden. 1.200 Polizist/innen werden in diesem Bereich den Dienst verrichten, inklusive spezieller Patrouillen auf Motorrädern. Diese Maßnahmen sollen in den nächsten sechs Monaten schrittweise umgesetzt werden (Reuters 6.8.2017).

Eine erweiterter Bereich, die sogenannte "Blue Zone" soll ebenso errichtet werden, die den Großteil des Stadtzentrums beinhalten soll - in diesem Bereich werden strenge Bewegungseinschränkungen, speziell für Lastwagen, gelten. Lastwagen werden an einem speziellen externen Kontrollpunkt untersucht. Um in die Zone zu gelangen, müssen sie über die Hauptstraße (die auch zum Flughafen führt) zufahren (BBC 6.8.2017; vgl. Reuters 6.8.2017).

ANDSF - afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte

Die Stärkung der ANDSF ist ein Hauptziel der Wiederaufbaubemühungen der USA in Afghanistan, damit diese selbst für Sicherheit sorgen können (SIGAR 20.6.2017). Die Stärke der afghanischen Nationalarmee (Afghan National Army - ANA) und der afghanischen Nationalpolizei (Afghan National Police - ANP), sowie die Leistungsbereitschaft der Einheiten, ist leicht gestiegen (SIGAR 31.7.2017).

Die ANDSF wehrten Angriffe der Taliban auf Schlüsseldistrikte und große Bevölkerungszentren ab. Luftangriffe der Koalitionskräfte trugen wesentlich zum Erfolg der ANDSF bei. Im Berichtszeitraum von SIGAR verdoppelte sich die Zahl der Luftangriffe gegenüber dem Vergleichswert für 2016 (SIGAR 31.7.2017).

Die Polizei wird oftmals von abgelegen Kontrollpunkten abgezogen und in andere Einsatzgebiete entsendet, wodurch die afghanische Polizei militarisiert wird und seltener für tatsächliche Polizeiarbeit eingesetzt wird. Dies erschwert es, die Loyalität der Bevölkerung zu gewinnen. Die internationalen Truppen sind stark auf die Hilfe der einheimischen Polizei und Truppen angewiesen (The Guardian 3.8.2017).

Regierungsfeindliche Gruppierungen:

Taliban

Die Taliban waren landesweit handlungsfähig und zwangen damit die Regierung erhebliche Ressourcen einzusetzen, um den Status Quo zu erhalten. Seit Beginn ihrer Frühjahrsoffensive im April, haben die Taliban - im Gegensatz zum Jahr 2016 - keine größeren Versuche unternommen Provinzhauptstädte einzunehmen. Nichtsdestotrotz, gelang es den Taliban zumindest temporär einige Distriktzentren zu überrennen und zu halten; dazu zählen der Distrikt Taywara in der westlichen Provinz Ghor, die Distrikte Kohistan und Ghormach in der nördlichen Provinz Faryab und der Distrikt Jani Khel in der östlichen Provinz Paktia. Im Nordosten übten die Taliban intensiven Druck auf mehrere Distrikte entlang des Autobahnabschnittes Maimana-Andkhoy in der Provinz Faryab aus; die betroffenen Distrikte waren: Qaramol, Dawlat Abad, Shirin Tagab und Khwajah Sabz Posh. .

Im Süden verstärkten die Taliban ihre Angriffe auf Distrikte, die an die Provinzhauptstädte von Kandahar und Helmand angrenzten (UN GASC 21.9.2017).

IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh

Die Operationen des ISIL-KP in Afghanistan sind weiterhin auf die östliche Region Afghanistans beschränkt - nichtsdestotrotz bekannte sich die Gruppierung landesweit zu acht nennenswerten Vorfällen, die im Berichtszeitraum von den UN registriert wurden. ISIL-KP verdichtete ihre Präsenz in der Provinz Kunar und setze ihre Operationen in Gegenden der Provinz Nangarhar fort, die von den ANDSF bereits geräumt worden waren. Angeblich wurden Aktivitäten des ISIL-KP in den nördlichen Provinzen Jawzjan und Sar-e Pul, und den westlichen Provinzen Herat und Ghor berichtet (UN GASC 21.9.2017).

Im sich zuspitzenden Kampf gegen den ISIL-KP können sowohl die ANDSF, als auch die Koalitionskräfte auf mehrere wichtige Erfolge im zweiten Quartal verweisen (SIGAR 31.7.2017): Im Juli wurde im Rahmen eines Luftangriffes in der Provinz Kunar der ISIL-KP-Emir, Abu Sayed, getötet. Im August wurden ein weiterer Emir des ISIL-KP, und drei hochrangige ISIL-KP-Führer durch einen Luftangriff getötet. Seit Juli 2016 wurden bereits drei Emire des ISIL-KP getötet (Reuters 13.8.2017); im April wurde Sheikh Abdul Hasib, gemeinsam mit 35 weiteren Kämpfern und anderen hochrangigen Führern in einer militärischen Operation in der Provinz Nangarhar getötet (WT 8.5.2017; vgl. SIGAR 31.7.2017). Ebenso in Nangarhar, wurde im Juni der ISIL-KP-Verantwortliche für mediale Produktionen, Jawad Khan, durch einen Luftangriff getötet (SIGAR 31.7.2017; vgl.: Tolonews 17.6.2017).

Politische Entwicklungen

Die Vereinten Nationen registrierten eine Stärkung der Nationalen Einheitsregierung. Präsident Ghani und CEO Abdullah einigten sich auf die Ernennung hochrangiger Posten - dies war in der Vergangenheit Grund für Streitigkeiten zwischen den beiden Führern gewesen (UN GASC 21.9.2017).

Die parlamentarische Bestätigung einiger war nach wie vor ausständig; derzeit üben daher einige Minister ihr Amt kommissarisch aus. Die unabhängige afghanische Wahlkommission (IEC) verlautbarte, dass die Parlaments- und Distriktratswahlen am 7. Juli 2018 abgehalten werden (UN GASC 21.9.2017).

Den Vereinten Nationen zufolge war die Sicherheitslage in Afghanistan im Berichtszeitraum weiterhin volatil: zwischen 1.3. und 31.5.2017 wurden von den Vereinten Nationen 6.252 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert - eine Erhöhung von 2% gegenüber dem Vorjahreswert. Bewaffnete Zusammenstöße machten mit 64% den Großteil registrierter Vorfälle aus, während IEDs [Anm.:

improvised explosive device] 16% der Vorfälle ausmachten - gezielte Tötungen sind hingegen um 4% zurückgegangen. Die östlichen und südöstlichen Regionen zählten auch weiterhin zu den volatilsten; sicherheitsrelevante Vorfälle haben insbesondere in der östlichen Region um 22% gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Die Taliban haben hauptsächlich folgende Provinzen angegriffen: Badakhshan, Baghlan, Farah, Faryab, Helmand, Kunar, Kunduz, Laghman, Sar-e Pul, Zabul und Uruzgan. Talibanangriffe auf afghanische Sicherheitskräfte konnten durch internationale Unterstützung aus der Luft abgewiesen werden. Die Anzahl dieser Luftangriffe ist mit einem Plus von 112% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Jahres 2016 deutlich gestiegen (UN GASC 20.6.2017).

Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden in Afghanistan 11.647 sicherheitsrelevante Vorfälle von 1.1.-31.5.2017 registriert (Stand: 31.5.2017) (INSO o.D.).

ANDSF - afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte

Laut einem Bericht des amerikanischen Verteidigungsministeriums behielten die ANDSF, im Berichtszeitraum 1.12.2016-31.5.2017 trotz aufständischer Gruppierungen, auch weiterhin Kontrolle über große Bevölkerungszentren: Die ANDSF waren im Allgemeinen fähig große Bevölkerungszentren zu schützen, die Taliban davon abzuhalten gewisse Gebiete für einen längeren Zeitraum zu halten und auf Talibanangriffe zu reagieren. Die ANDSF konnten in städtischen Gebieten Siege für sich verbuchen, während die Taliban in gewissen ländlichen Gebieten Erfolge erzielen konnten, in denen die ANDSF keine dauernde Präsenz hatten. Spezialeinheiten der afghanischen Sicherheitskräfte (ASSF - Afghan Special Security Forces) leiteten effektiv offensive Befreiungsoperationen (US DOD 6.2017).

Bis Ende April 2017 lag die Truppenstärke der afghanischen Armee [ANA - Afghan National Army] bei 90,4% und die der afghanischen Nationalpolizei [ANP - Afghan National Police] bei 95,1% ihrer Sollstärke (UN GASC 20.6.2017).

High-profile Angriffe:

Als sichere Gebiete werden in der Regel die Hauptstadt Kabul und die regionalen Zentren Herat und Mazar-e Sharif genannt. Die Wahrscheinlichkeit, hier Opfer von Kampfhandlungen zu werden, ist relativ geringer als zum Beispiel in den stark umkämpften Provinzen Helmand, Nangarhar und Kunduz (DW 31.5.2017).

Hauptstadt Kabul

Kabul wird immer wieder von Attentaten erschüttert (DW 31.5.2017):

Am 31.5.2017 kamen bei einem Selbstmordattentat im hochgesicherten Diplomatenviertel Kabuls mehr als 150 Menschen ums Leben und mindestens 300 weitere wurden schwer verletzt als ein Selbstmordattentäter einen Sprengstoff beladenen Tanklaster mitten im Diplomatenviertel in die Luft sprengte (FAZ 6.6.2017; vgl. auch:

al-Jazeera 31.5.2017; The Guardian 31.5.2017; BBC 31.5.2017; UN News Centre 31.5.2017). Bedeutend ist der Angriffsort auch deswegen, da dieser als der sicherste und belebteste Teil der afghanischen Hauptstadt gilt. Kabul war in den Wochen vor diesem Anschlag relativ ruhig (al-Jazeera 31.5.2017).

(The Guardian 31.5.2017) [Anm.: man beachte, dass die Opferzahlen in dieser Grafik, publiziert am Tag des Anschlags, noch überhöht angegeben wurden]

Zunächst übernahm keine Gruppe Verantwortung für diesen Angriff; ein Talibansprecher verlautbarte nicht für diesen Vorfall verantwortlich zu sein (al-Jazeera 31.5.2017). Der afghanische Geheimdienst (NDS) macht das Haqqani-Netzwerk für diesen Vorfall verantwortlich (The Guardian 2.6.2017; vgl. auch: Fars News 7.6.2017); schlussendlich bekannte sich der Islamische Staat dazu (Fars News 7.6.2017).

Nach dem Anschlag im Diplomatenviertel in Kabul haben rund 1.000 Menschen, für mehr Sicherheit im Land und eine Verbesserung der Sicherheit in Kabul demonstriert (FAZ 2.6.2017). Bei dieser Demonstration kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und den Sicherheitskräften (The Guardian 2.6.2017); dabei wurden mindestens sieben Menschen getötet und zahlreiche verletzt (FAZ 2.6.2017).

Auf der Trauerfeier für einen getöteten Demonstranten- den Sohn des stellvertretenden Senatspräsidenten - kam es am 3.6.2017 erneut zu einem Angriff, bei dem mindestens 20 Menschen getötet und 119 weitere verletzt worden waren. Polizeiberichten zufolge, waren während des Begräbnisses drei Bomben in schneller Folge explodiert (FAZ 3.6.2017; vgl. auch: The Guardian 3.6.2017); die Selbstmordattentäter waren als Trauergäste verkleidet (The Guardian 3.6.2017). Hochrangige Regierungsvertreter, unter anderem auch Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah, hatten an der Trauerfeier teilgenommen (FAZ 3.6.2017; vgl. auch: The Guardian 3.6.2017).

Herat

Anfang Juni 2017 explodierte eine Bombe beim Haupteingang der historischen Moschee Jama Masjid; bei diesem Vorfall wurden mindestens 7 Menschen getötet und 15 weitere verletzt (Reuters 6.6.2017; vgl. auch: TMN 7.6.2017). Zu diesem Vorfall hat sich keine Terrrorgruppe bekannt (TMN 7.6.2017; vgl. auch: US News 12.6.2017). Sirajuddin Haqqani - stellvertretender Leiter der Taliban und Führer des Haqqani Netzwerkes - verlautbarte, die Taliban wären für diese Angriffe in Kabul und Herat nicht verantwortlich (WP 12.6.2017).

Mazar-e Sharif

Auf der Militärbase Camp Shaheen in der nördlichen Stadt Mazar-e Sharif eröffnete Mitte Juni 2017 ein afghanischer Soldat das Feuer auf seine Kameraden und verletzte mindestens acht Soldaten (sieben US-amerikanische und einen afghanischen) (RFE/RL 17.6.2017).

Die Anzahl solcher "Insider-Angriffe" [Anm.: auch green-on-blue attack genannt] hat sich in den letzten Monaten erhöht. Unklar ist, ob die Angreifer abtrünnige Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte sind oder ob sie Eindringlinge sind, die Uniformen der afghanischen Armee tragen (RFE/RL 17.6.2017). Vor dem Vorfall im Camp Shaheen kam es dieses Jahr zu zwei weiteren registrierten Insider-Angriffen: der erste Vorfall dieses Jahres fand Mitte März auf einem Militärstützpunkt in Helmand statt: ein Offizier des afghanischen Militärs eröffnete das Feuer und verletzte drei US-amerikanische Soldaten (LWJ 11.6.2017; vgl. auch: al-Jazeera 11.6.2017).

Der zweite Vorfall fand am 10.6.2017 im Zuge einer militärischen Operation im Distrikt Achin in der Provinz Nangarhar statt, wo ein afghanischer Soldat drei US-amerikanische Soldaten tötete und einen weiteren verwundete; der Angreifer wurde bei diesem Vorfall ebenso getötet (BBC 10.6.21017; vgl. auch: LWJ 11.6.2017; DZ 11.6.2017).

Regierungsfeindliche Gruppierungen:

Afghanistan ist mit einer anhaltenden Bedrohung durch mehr als 20 aufständische Gruppen bzw. terroristische Netzwerke, die in der AfPak-Region operieren, konfrontiert; zu diesen Gruppierungen zählen unter anderem die Taliban, das Haqqani Netzwerk, der Islamische Staat und al-Qaida (US DOD 6.2017).

Taliban

Die Fähigkeiten der Taliban und ihrer Operationen variieren regional signifikant; sie verwerten aber weiterhin ihre begrenzten Erfolge, indem sie diese auf sozialen Medien und durch Propagandak

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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