TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/28 W241 2177890-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.11.2018
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Entscheidungsdatum

28.11.2018

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W241 2177890-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Hafner als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX , geboren am XXXX alias XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.10.2017, Zahl 1094551310/151762459, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.03.2018 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 und 57 Asylgesetz 2005 sowie §§ 52 und 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste nach seinen Angaben irregulär in Österreich ein und stellte am 12.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).

1.2. In seiner Erstbefragung am 12.11.2015 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF im Beisein eines Dolmetsch im Wesentlichen Folgendes an:

Er stamme aus der Provinz Kapisa (Afghanistan), sei sunnitischer Paschtune und ledig. Sein Vater sei bereits verstorben, seine Mutter und drei Brüder würden noch im Heimatdorf leben. Vor ca. 14 Tagen habe er Afghanistan verlassen und sei über Pakistan, den Iran, die Türkei, Griechenland und weitere ihm unbekannte Länder nach Österreich gereist.

Als Fluchtgrund gab der BF an, dass sein Onkel und er selbst vor etwa einem Jahr von den Taliban beschuldigt worden seien, als Informanten für die afghanische Regierung zu arbeiten. Er sei dann vor den Taliban in Richtung Kabul geflüchtet, wo sein Onkel sei, wisse er nicht. Beide seien auch von den Taliban verletzt worden. Er wisse nicht, ob sein Onkel getötet worden sei oder wo er sich befinde.

1.3. Aus einem Röntgenbefund vom 02.12.2015 geht hervor, dass sämtliche Epiphysenfugen beim BF geschlossen seien, am Radius zeige sich eine zarte Epiphysennarbe, das Ergebnis laute GP 31, Schmeling

4.

1.4. Am 06.04.2016 wurde eine Altersfeststellungsuntersuchung beim BF durchgeführt. Aus dem darauf basierenden Gutachten geht ein Mindestalter des BF von 17 Jahren zum Untersuchungszeitpunkt hervor. Der BF war zum Zeitpunkt der Asylantragstellung mindestens 17,2 Jahre alt. Das wahrscheinliche Alter zum Untersuchungszeitpunkt beträgt 18,6 Jahre.

1.5. Mit Verfahrensanordnung vom 19.06.2016 wurde festgestellt, dass das spätestmögliche Geburtsdatum des BF XXXX laute.

1.6. Bei seiner Einvernahme am 29.09.2017 vor dem BFA legte der BF zwei Teilnahmebestätigungen von Deutschkursen sowie ein Schreiben seiner Deutschlehrerin vor.

Anschließend machte der BF Angaben zu seinen Lebensverhältnissen in Afghanistan und gab betreffend sein Fluchtvorbringen Folgendes an (Auszug aus dem Einvernahmeprotokoll, Schreibfehler teilweise korrigiert):

"F: In welchem Staat werden Sie verfolgt?

A: Ich werde nur in der Provinz Kapisa verfolgt.

(...)

F: Geben Sie chronologisch und lückenlos die Aufenthaltsorte der letzten 3 Jahre bis zu Ihrer Ausreise aus Ihrem Heimatstaat an.

A: Ich habe bis zu meiner Ausreise immer im selben Dorf gelebt.

F: Welche Personen haben zum Zeitpunkt der Ausreise dort noch gelebt?

A: Meine Mutter und meine drei Brüder. Nachgefragt: Mein älterer Bruder hat sich um meine Mutter gekümmert. Mein Bruder war zum Zeitpunkt meiner Ausreise 19 Jahre alt. Er hatte ein eigenes Lebensmittelgeschäft. Er wurde umgebracht, als ich 1 Jahr in Österreich war. Nachgefragt: Zurzeit kümmert sich der Onkel mütterlicherseits um meine Mutter.

F: Leben diese nach wie vor am selben Ort?

A: Sie leben im selben Haus.

F: Wann genau haben Sie sich dazu entschlossen, dass Sie Ihr Heimatland verlassen?

A: Mein Onkel hat mit den Taliban Probleme gehabt und deswegen habe ich das Heimatland verlassen.

F: Wie lange vor der tatsächlichen Ausreise haben Sie diese Gedanken gehabt?

A: Vorher habe ich nicht daran gedacht.

F: Noch einmal die Frage. Wann haben Sie die Gedanken der Ausreise gehabt?

A: Ich habe nachgedacht und bin unverzüglich ausgereist.

Nachgefragt: Die Gedanken habe ich ca. 1 Woche vor der tatsächlichen Ausreise gehabt.

F: Wo haben Sie in dieser einen Woche gelebt?

A: Ich bin nach Kabul gefahren und habe dort mit meinem Freund gelebt und dann bin ich ausgereist. Mein Freund hat mit dem Schlepper Kontakt aufgenommen. Nachgefragt: Mein Freund lebt in Kabul. Er heißt XXXX , ca. 25 Jahre alt. Ich habe bei ihm zuhause gelebt.

F: Wann genau haben Sie Ihr Heimatland verlassen?

A: Es war im Jahr 2015.

F: Wo haben Sie die letzte Nacht vor der Ausreise aus Ihrem Heimatdorf verbracht?

A: Bei meiner Mutter und meinen Geschwistern.

F: Haben Sie Ihr Heimatland legal oder illegal verlassen?

A: Illegal.

F: Können Sie die Provinzen nennen, welche Sie bei Ihrer Ausreise aus Afghanistan durchreist sind?

A: Kapisa, Kabul.

F: Sind Sie alleine oder mit Hilfe eines Schleppers aus Ihrem Heimatstaat ausgereist?

A: Mit einem Schlepper.

F: Ab welchem Zeitpunkt haben Sie die Dienste des Schleppers in Anspruch genommen?

A: Kabul.

F: Nennen Sie die Länder, welche Sie auf Ihrer Reise nach Österreich durchreisten.

A: Pakistan, Iran, Türkei, Griechenland, die weiteren Länder kann ich nicht nennen.

F: Wie lange hat die Reise von Afghanistan bis nach Österreich gedauert?

A: 28 Tage, bei der Erstbefragung stehen jedoch 14 Tage.

F: Wie viel haben Sie für die Reise bezahlt?

A: 7000 US Dollar.

F: Wer hat die Reise organisiert?

A: Mein Bruder.

F. Woher stammte das Geld für den Schlepper?

A: Von meinem Bruder, der hat es mir gegeben.

(...)

Lebenslauf und Berufsausbildung:

F: Haben Sie in Ihrem Herkunftsstaat eine Schulausbildung absolviert?

A: Ich habe 9 Jahre eine Schule besucht. Nachgefragt: Aufgrund dieses Vorfalls habe ich die Schule nicht weiter besuchen können.

F: Erzählen Sie mir chronologisch Ihren Lebenslauf?

A: Ich bin in der Provinz Kapisa auf die Welt gekommen und bin bei meinen Eltern aufgewachsen. Mit 7 Jahren habe ich begonnen die Schule besuchen. Während der Schule habe ich in der Landwirtschaft geholfen. Bis zu meiner Ausreise habe ich die Schule besucht.

F: Haben Sie in Ihrem Herkunftsstaat eine Berufsausbildung absolviert?

A: Nein. Ich habe mich jedoch für Motorräder interessiert.

Nachgefragt: Ich war als Lehrling 5 Monate in meiner Ortschaft in einem Geschäft tätig.

(...)

F: Waren Sie je in Kabul?

A: Ja.

F: Kennen Sie Personen, die in Kabul wohnhaft sind?

A: Nein.

F: Vorhin haben Sie angegeben, dass der Freund Ihres Bruders dort lebt?

A: Der Freund meines Bruders lebt dort.

F: In welchen anderen Provinzen Ihres Heimatstaates waren Sie schon in Ihrem Leben?

A: Nein.

Fluchtgrund:

(...)

F: Schildern Sie nochmals die Gründe, warum Sie Ihr Heimatland verlassen und einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, von sich aus vollständig und wahrheitsgemäß. Sie werden darauf hingewiesen, dass falsche Angaben die Glaubwürdigkeit Ihres Vorbringens beeinträchtigen können. Soweit Sie auf Ereignisse Bezug nehmen, werden Sie auch aufgefordert, den Ort und die Zeit zu nennen, wann diese stattfanden und die Personen, die daran beteiligt waren.

A: Mein Onkel väterlicherseits war ein Mitglied der Arbakyn, welche mit dem Staat gearbeitet haben. Mein Onkel war Dolmetscher und hat die Informationen an die Amerikaner weitergegeben. Mein Onkel hat mich immer zu den Talibangruppen geschickt, da ich noch sehr jung war. Sobald ich bemerkt habe, wo die Taliban sind, habe ich meinen Onkel informiert. Mein Onkel hat dann den Staat informiert und diese sind dann mit den Flugzeugen gekommen und haben die Taliban bombardiert. Die Taliban haben bemerkt, dass ich für den Staat arbeite. Wir waren in einem Auto unterwegs in einem Ort SCHATO. Die Taliban haben uns angegriffen, ich wurde verletzt. Ich kann mich jedoch nicht daran erinnern, wie ich verletzt wurde. In diesem Auto befanden sich 5 Leute, 3 davon wurden umgebracht, ich und mein Onkel wurden verletzt. Wir haben vom Staat Unterstützung bekommen und die Taliban sind geflüchtet. Ich war auch bewusstlos und ich wurde in ein Krankenhaus nach Kabul gebracht. 25 Tage war ich im Krankenhaus. Dann hat mich der Freund meines Bruders vom Krankenhaus abgeholt und ich habe die nächsten 6 Tage beim Freund verbracht. Danach bin ich ausgereist.

F: Haben Sie noch weitere Gründe, warum Sie Ihr Heimatland verlassen haben?

A: Ich habe auch einen anderen Grund. Als die Taliban erfahren haben, dass ich für die Regierung gearbeitet habe, sind sie immer ins Dorf gekommen und die Jüngeren wurden mitgenommen.

F: Welche konkrete Bedrohung gegen Ihre Person würden Sie jetzt befürchten, wenn Sie nach Afghanistan zurückkehren müssten?

A: Es ist nicht möglich, da ich als Spion gearbeitet habe. Sie würden mich überall finden.

Es wird rückübersetzt. AW wird aufgefordert, genau aufzupassen und sofort bekannt zu geben, wenn etwas nicht korrekt sein sollte bzw. noch etwas zu ergänzen ist.

Anmerkung: AW gibt an, dass die Taliban ins Dorf gekommen sind und die Jüngeren mitgenommen haben, als Sie noch nichts von den Parteitätigkeiten gewusst haben. AW gibt an, dass ansonsten alles richtig und vollständig ist und alles richtig wiedergegeben wurde.

(...)

F: Was ist das für eine Partei? Erzählen Sie mir mehr über diese Partei.

A: Sie Partei arbeitet für den Staat, es ist eine neue Partei.

F: Welche Gesinnung hat diese Partei?

A: Die Partei arbeitet für den Staat, sie kämpfen gegen die Taliban.

F: Noch einmal die Frage. Welche Gesinnung verfolgt die Partei?

A: Es ist eine Art Menschenrechtsgruppe. Die Hauptaufgabe besteht, gegen die Taliban zu kämpfen.

F: Haben Sie in der Schule auch schon von der Partei gelernt?

A: In der Schule nicht, ich habe nur als Spion für diese Gruppe gearbeitet.

F: Seit wann gibt es die Partei?

A: Ich kann es nicht genau sagen, ich glaube seit 2009 gibt es sie.

F: Wer ist das Oberhaupt der Partei?

A: Hakim Akhundzadah. Nachgefragt: Sie haben verschieden Zentralen in verschiedenen Bezirke.

F: Wie viele Mitglieder hat die Partei?

A: Das weiß ich nicht.

F: Wie viele Einwohner hatte Ihr Dorf, in welchem Sie lebten?

A: In meinem Dorf war nur mein Onkel Mitglied.

F: Noch einmal, wie viele Einwohner hatte das Dorf?

A: Die 3 Personen wurden getötet, mein Onkel und ich wurden verletzt.

Anmerkung: AW wird aufgefordert, sich genauer zu konzentrieren.

F: Wie viele Einwohner hatte das Dorf, in dem Sie lebten?

A: Ca. 28 Einwohner.

F: Waren Taliban auch in Ihrem Dorf immer präsent?

A: Ja, sie waren in unserem Dorf. Am Tag waren sie nicht immer da, sie sind immer in der Nacht gekommen.

F: Welche Funktion hatte Ihr Onkel in der Partei inne?

A: Er hat als Dolmetscher gearbeitet. Er hat für den Staat gearbeitet. Er hat für die Amerikaner gearbeitet.

F: Wo befand sich die Arbeitsstätte Ihres Onkels?

A: Er hat am Bazar, eine halbe Stunde von unserem Haus entfernt, gearbeitet. Nachgefragt: Der Ort heißt TAMIR. Dort hat es auch Lager von den Amerikanern und den Franzosen gegeben.

F: Waren Sie auch einmal in TAMIR?

A: Nein.

F: Seit wann hat Ihr Onkel für diese Partei gearbeitet?

A: Ca. 10 Jahre hat er für diese gearbeitet. Nachgefragt: In den 10 Jahren hat es immer wieder Probleme mit den Taliban gegeben. Die Taliban wollten ihn immer umbringen.

F: Seit wann waren Sie für diese Partei tätig?

A: Ca. 4 bis 5 Jahre habe ich für diese Partei gearbeitet.

F: Haben Sie dies neben Ihrer Schule gemacht?

A: Ja. Ich war nur am Tag unterwegs. Sie haben in den Jahren nicht bemerkt, dass ich als Spion arbeite.

F: Was war Ihr Aufgabenbereich?

A: Ich habe in verschiedenen Orten nach den Taliban gesucht.

Nachgefragt: Ich habe anschließend meinen Onkel mit dem Telefon informiert und dieser hat die Informationen weitergeleitet.

F: Waren Sie ein offizielles Mitglied der Partei?

A: Nein. Nur mein Onkel und die drei Leute, die getötet wurden, haben davon gewusst.

F: Haben Sie auch eine Bestätigung der Zugehörigkeit zu dieser Partei gehabt?

A: Nein, ich habe keine gehabt.

F: Hat Ihre Familie gewusst, dass Sie für diese Partei arbeiten?

A: Meine Mutter und meine Geschwister haben davon gewusst.

F: Kam es in den letzten Jahren zu Vorfällen mit den Taliban bzw. Kontakten mit diesen?

A: Nein, es ist zu keinen Vorfällen gekommen.

F: Wann haben die Taliban erfahren, dass Sie für diese Partei tätig sind?

A: Beim letzten Auftrag haben Sie bemerkt, dass ich telefoniere und Informationen weitergebe. Ich bin dann zu meinem Onkel und Sie haben uns angegriffen.

F: Wann genau war das?

A: Es war nachmittags ca. 16 Uhr. Nachgefragt: Es war ca. 1 Monat vor der Ausreise.

F: Was haben Sie unmittelbar nach dem Telefonat gemacht?

A: Ich bin sofort zu meinem Onkel nach XXXX gegangen.

F: Was haben Sie und Ihr Onkel unmittelbar danach gemacht?

A: Mein Onkel sagte mir, dass ich nicht nachhause fahren darf, da mich die Taliban gekannt haben. Diese Nacht habe ich bei meinem Onkel verbracht. In der Früh sind wir ins Auto gestiegen und es kam zu dem Vorfall, den ich bereits erzählt habe.

F: Vorhin haben Sie gesagt, dass Sie noch nie in XXXX waren. Was sagen Sie dazu?

A: Ich musste nach XXXX fahren, ich habe keinen anderen Platz gehabt.

Anmerkung: Frage wird wiederholt

A: Ich habe eine Nacht nicht dazu gerechnet.

F: Sie haben heute gesagt, dass Sie 1 Woche vor der Ausreise den Gedanken gehabt haben, dass Sie ausreisen. Nun geben Sie an, dass der Vorfall ca. 1 Monat vor der Ausreise war. Was sagen Sie dazu?

A: Weil ich im Krankenhaus war. Der Freund meines Bruders hat die Flucht dann organisiert.

F: Sie haben gesagt, dass die Taliban nachts ins Dorf gekommen wären und die Jüngeren mitgenommen hätten. Waren die Taliban auch einmal bei Ihnen zuhause?

A: Ja, sie waren sehr oft bei uns zuhause und haben mich auch mitgenommen. Nachgefragt: Ich bin oft mit ihnen mitgegangen. Wir haben als Wachmann arbeiten müssen. Am nächsten Tag haben wir wieder nachhause gehen dürfen.

F: Wann war das erste Mal und wann war das letzte Mal, als man Sie mitgenommen hat?

A: Ich war ca. 14 bis 15 Jahre, als Sie mich das erste Mal mitgenommen haben. Das letzte Mal war einige Tage vor dem Vorfall.

F: Schildern Sie den Vorfall, als Sie und Ihr Onkel von den Taliban aufgehalten wurden, so lebensnah als möglich?

A: Wir waren zu fünft im Auto. Wir sind in XXXX angekommen. Sie haben uns mit den Raketen angegriffen. Die Taliban waren ca. 500 Meter entfern von uns. Ich habe eine Verletzung gehabt.

F: Welche Verletzung haben Sie davongetragen?

A: Im Gesicht.

F: Was haben Sie unmittelbar nach dem Raketenangriff gemacht?

A: Ich bin am Boden gelegen. Die drei Leute wurden getötet.

F: Wann wurden sie bewusstlos?

A: 15 Minuten nach dem Raketenangriff wurde ich bewusstlos.

F: Was haben Sie in den 15 Minuten gemacht?

A: Ich habe den Staat informiert und diese sind dann zur Unterstützung gekommen.

F: Haben Sie sich in den 15 Minuten um Ihren Onkel und die 3 Personen gekümmert?

A: Ich war auf der anderen Seite vom Auto. Ich war nur am Boden. Ich war nicht in der Lage, dass ich jemandem helfen konnte.

F: Vorhin haben Sie gesagt, dass es in den letzten Jahren außer dem Vorfall mit Ihnen und mit Ihrem Onkel zu keinen Vorfällen mit den Taliban gekommen wäre. Jetzt sagen Sie, dass Sie von den Taliban oft mitgenommen worden wären. Was sagen Sie dazu?

A: Ich bleibe bei meiner Aussage, weil ich nicht freiwillig mit ihnen mitgegangen bin.

F: Wie weit von Ihrem Heimatdorf hat sich der Vorfall ereignet?

A: 20 Minuten mit dem Auto von meinem Heimatdorf entfernt.

F: Wann sind Sie wieder zu Bewusstsein gekommen?

A: In Kabul nachmittags.

F: Haben Sie nach dem Vorfall noch etwas von Ihrem Onkel gehört oder Ihn jemals wieder gesehen?

A: Ich habe keine Information von keinem über meinen Onkel bekommen.

Nachgefragt: Ich habe bis heute noch keine Informationen darüber.

F: Von wem wissen Sie dann, dass Ihr Onkel durch die Taliban verletzt wurde? Sie sind nicht auf die andere Seite vom Auto und Sie haben auch keine Informationen darüber bekommen?

A: Ich habe gesehen, dass die 3 getötet wurden. Ich habe nicht gewusst ob mein Onkel tot oder am Leben ist.

F: Weshalb wurde Ihr Bruder von den Taliban getötet?

A: Nachdem der Vorfall war, waren die Taliban bei meinem Bruder und haben nach mir gefragt.

F: Wann waren die Taliban bei Ihrem Bruder?

A: Ich habe mich bereits ein Jahr in Österreich aufgehalten.

F: Sind Sie nach diesem Vorfall (Raketenangriff) noch einmal in Ihr Heimatdorf zurückgekehrt?

A: Nein.

F: Vorhin haben Sie gesagt, dass Sie die letzte Nacht vor der Ausreise bei Ihrer Mutter verbracht haben. In der freien Erzählung gaben Sie an, dass Sie nach dem Vorfall 25 Tage im Krankenhaus waren und dann gleich zum Freund Ihres Bruders in Kabul gesiedelt wären und anschließend ausgereist wären. Was sagen Sie dazu?

A: Es ist korrekt. Vor dem Vorfall habe ich die Nacht bei meiner Mutter verbracht.

F: Die letzte Nacht vor dem Vorfall haben Sie laut Ihren Aussagen bei Ihrem Onkel verbracht. Was sagen Sie dazu?

A: Ich habe es richtig gesagt. Die letzte Nacht habe ich bei meiner Mutter verbracht und dann bin ich erst zu meinem Onkel.

F: Wie hat sich das Leben Ihrer Familie nach Ihrem Verlassen des Heimatstaates bis zur Ermordung Ihres Bruders zugetragen?

A: Meine Mutter hat im Dorf gelebt, mein Bruder hat woanders gelebt.

F: In der Erstbefragung haben Sie gesagt, dass die Taliban erfahren hätten, dass Sie und Ihr Onkel lediglich von den Taliban beschuldigt worden wären, für die afghanische Regierung zu arbeiten. Aufgrund dass die Taliban erfahren hätten, dass Sie für die afghanische Regierung arbeiten, wären Sie aus Angst nach Kabul geflüchtet. Heute geben Sie an, dass Sie nach Kabul in ein Krankenhaus gebracht worden wären. Was sagen Sie jetzt dazu?

A: Nach dem Angriff der Taliban habe ich die Regierung informiert und ich wurde nach Kabul gefahren."

1.7. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit Bescheid vom 24.10.2017 den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zu (Spruchpunkt II.) und verband diese Entscheidung in Spruchpunkt III. gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde ihm nicht erteilt. Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des BF und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Eine asylrelevante Verfolgung liege nicht vor, das Vorbringen des BF sei unglaubhaft. Er habe keine Verfolgung im Sinne des AsylG glaubhaft gemacht und es bestünden keine stichhaltigen Gründe gegen eine Abschiebung des BF nach Afghanistan. Im Falle der Rückkehr drohe ihm keine Gefahr, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würde.

Der BF erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des BF nach Afghanistan. Die Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der BF bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.

Beweiswürdigend führte das BFA (zusammengefasst) aus, dass der BF bezüglich seiner behaupteten Herkunftsregion, Volks- und Staatsangehörigkeit aufgrund seiner Sprach- und Lokalkenntnisse - im Gegensatz zu seinem Fluchtvorbringen - glaubwürdig wäre. Die Feststellungen zur Situation in Afghanistan wären glaubhaft, weil sie verlässlichen, seriösen, aktuellen und unbedenklichen Quellen entstammten, deren Inhalt schlüssig und widerspruchsfrei sei.

Seine Fluchtgeschichte habe der BF aufgrund der vagen Schilderung und angesichts mehrerer unplausibler Aussagen nicht glaubhaft machen können.

In der rechtlichen Beurteilung wurde ausgeführt, dass die Begründung des Antrages keine Deckung in der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) finde.

Subsidiärer Schutz wurde ihm nicht zuerkannt, da im Falle einer Rückkehr des BF in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur GFK oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt oder im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes aufgrund der derzeitigen, allgemeinen Lage in Afghanistan nicht drohe. Dem BF sei eine Rückkehr in seine Heimatprovinz Kapisa zumutbar, da die Sicherheitslage als vergleichsweise gut eingestuft werde. Darüber hinaus komme eine Innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul infrage. Es sei dem BF zumutbar, dort selbstständig durch die Ausübung einer Erwerbstätigkeit aus eigenen Kräften für die Deckung der grundlegendsten Bedürfnisse aufzukommen.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) wurde den BF mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG die ARGE-Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig als Rechtsberater zur Seite gestellt.

1.8. Gegen diesen Bescheid brachte der BF mit Schreiben vom 17.11.2017 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde beim BVwG ein und beantragte die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

In der Beschwerdebegründung wurden das Fluchtvorbringen im Wesentlichen wiederholt, weitwendige Ausführungen zu den Länderfeststellungen und zur Lage in Afghanistan gemacht sowie Auszüge aus diversen Berichten angeführt.

1.9. Die Beschwerde samt Verwaltungsakt langte am 27.11.2017 beim BVwG ein.

1.10. Das BVwG führte am 28.03.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Paschtu durch, zu der der BF im Beisein einer gewillkürten Vertreterin persönlich erschien. Die belangte Behörde verzichtete auf eine Teilnahme an der Verhandlung.

Dabei legte der BF diverse Fotos, auf denen zerstörte Gebäude zu sehen sind, vor.

Daraufhin gab der BF auf richterliche Befragung im Wesentlichen Folgendes an (Auszug aus der Verhandlungsschrift):

"RI: Geben Sie bitte die Aufenthaltsorte Ihrer näheren Angehörigen bekannt!

BF: Ich habe einen Onkel väterlicherseits, von dem weiß ich nicht, wo der ist. Ich habe einen zweiten Onkel mütterlicherseits, der sehr alt ist und mit seiner Frau dort zusammenwohnt. Nachgefragt gebe ich an, dass mit dort mein Heimatdorf gemeint ist. Der Vater ist schon verstorben und meine Mutter war mit meinen zwei Brüdern noch dort. Nachdem dieser Bombenanschlag dort war, weiß ich nicht, ob sie noch dort oder überhaupt noch da sind.

RI: Haben Sie zu diesem Onkel, der noch im Heimatdorf ist noch Kontakt bzw. wann war der letzte Kontakt?

BF: Mit dem habe ich keinen Kontakt und hatte ich auch keinen Kontakt.

RI: Sie haben gesagt, dass Ihr Dorf bombardiert worden ist. Erzählen Sie mir, was passiert ist.

BF: Ich habe diese Information einerseits aus der Nachrichtenseite und andererseits aus dem Radio und den Nachrichten. Ich weiß, dass in meinem Dorf die Taliban einmarschiert waren und die Amerikaner haben es danach komplett bombardiert. Ich möchte hinzufügen, dass die Anzahl der Bevölkerung größer war als die Anzahl der Taliban. Ich weiß nur, dass ich keinen Kontakt mehr mit meiner Familie habe, weil das Telefon ausgeschalten ist.

RI: Wann hatten Sie das letzte Mal Kontakt mit der Mutter?

BF: Vor diesem Vorfall hatte ich ca. ein Mal im Monat Kontakt zu meiner Mutter.

RI: Können Sie mir den konkreten Zeitpunkt nennen, wann der letzte Kontakt war?

BF: An das genaue Datum kann ich mich nicht erinnern, ich kann nur sagen, dass wir zuvor ein Mal im Monat Kontakt hatten und danach das Handy abgeschalten war.

RI: Wann war dieser Vorfall?

BF: Das war im elften Monat des Jahres 2017.

RI: Wie alt sind Ihre Brüder?

BF: Einer war 8 Jahre alt und der zweite 12 Jahre alt.

RI: Waren das all Ihre Brüder oder gab es noch welche?

BF: Ich hatte auch einen älteren Bruder, der nach meiner Flucht ermordet wurde.

RI: Wann wurde er ermordet und durch wen?

BF: Durch die Taliban wurde er ermordet. Ich habe es ein Jahr nach meiner Flucht erfahren, also denke ich, dass es ein Jahr nach meiner Flucht war.

RI: Was hat Ihr Bruder beruflich gemacht?

BF: Er hatte ein Geschäft auf einem Markt.

RI: Haben Sie in Ihrem Herkunftsstaat eine Schul- oder Berufsausbildung absolviert?

BF: Ich habe 9 Jahre die Schule besucht und habe ca. 5 Monate als Automechaniker gearbeitet.

RI: Haben Sie in dieser Schule auch Fremdsprachen gelernt? Englisch zum Beispiel.

BF: In dieser Schule, wo ich war, hat es mehrere Sprachen gegeben. Dari, Arabisch und Englisch. Dadurch kann ich auch ein bisschen Englisch.

RI: Wie haben Sie Ihren Lebensunterhalt verdient? Wer ist für diesen aufgekommen? Konnten Sie durch Ihre Tätigkeit als Automechaniker Ihren Lebensunterhalt bestreiten können?

BF: Das Leben haben wir durch unsere Felder und durch das Geschäft meines Bruders finanziert.

Wie stellte sich Ihre finanzielle Situation bzw. die Ihrer Familie dar?

BF: Jetzt weiß ich es leider nicht, weil alles bombardiert ist. Damals war es durchschnittlich bis normal.

RI: Sind oder waren Sie Mitglied einer politischen Partei oder einer anderen politisch aktiven Bewegung oder Gruppierung?

BF: Ich habe als Spion mit den Arbaki zusammengearbeitet. Ich habe die Nachrichten an meinen Onkel weitergegeben, der bei diesen Arbakis dabei war. Er konnte Englisch und hat die Informationen an die Amerikaner betreffend Taliban weitergegeben.

RI: Was wissen Sie selber über diese Arbakis? War das eine Partei, haben Sie einen Mitgliedsausweis erhalten, wie war das?

BF: Das ist eine Art Gruppierung gewesen. Die Polizei war extra, das Militär war extra und das war eine eigene Gruppierung, die gegen die Taliban gearbeitet hat. Ich habe selber als Spion gearbeitet, weil ich als kleiner nicht aufgefallen bin.

RI: Haben Sie etwas dafür bekommen?

BF: Ich habe Geld dafür erhalten.

RI: Seit wann waren Sie da dabei?

BF: Ich war ca. 14 oder 15 Jahre alt damals.

RI: Wie lange haben Sie für die gearbeitet?

BF: Ca. 4 oder 5 Jahre.

RI: Wenn ich Ihnen die Zeitangaben hier vorhalte, dann müssten Sie jetzt eigentlich 22 Jahre alt sein, wenn Sie damals 14 oder 15 Jahre alt waren, 5 Jahre für die gearbeitet haben und nach Österreich im Jahr 2015 gekommen sind?

BF: Ich kenne mein Alter selbst nicht und das, was ich weiß, habe ich von meiner Mutter.

RI: Wie lange hat Ihr Onkel für diese Grupperiung gearbeitet?

BF: Ca. 9-10 Jahre.

RI: Wissen Sie, wer der Anführer dieser Gruppierung ist?

BF: Er hat Hakim Akhundzada geheißen.

RI: Sie haben gesagt, Sie haben Informationen immer an Ihren Onkel weitergegeben. War es so, dass Sie die Informationen dem Onkel gegeben haben und dieser die Informationen dann den Amerikanern weitergegeben hat?

BF: Ja, aber manchmal habe ich auch selbst die Informationen der Gruppierung weitergegeben.

RI: Wie haben Sie zu dieser Kontakt aufgenommen?

BF: Mit dem Telefon.

RI: Gab es da nur eine Nummer oder gab es mehrere Nummern, an der die Gruppierung erreichbar war?

BF: Ich habe es meinem Onkel weitergegeben und der war auch Arbaki.

RI: Sie haben zuerst gesagt, Sie haben mit dem Onkel und manchmal auch selber mit Leuten der Gruppierung gesprochen. Haben Sie nun nur mit Ihrem Onkel gesprochen oder auch mit anderen?

BF: Nein, ich meinte nur mit meinem Onkel.

RI: Also hatten Sie immer nur Kontakt zu Ihrem Onkel und mit Leuten der Gruppierung haben Sie nie persönlich gesprochen?

BF: In der Gruppe wo mein Onkel war, waren 5 Leute und mein Onkel war der Anführer dieser Gruppe, deshalb habe ich meinem Onkel die Informationen gegeben.

RI: Haben Sie auch von den anderen Mitgliedern dieser Gruppierung Telefonkontakte gehabt?

BF: Nein.

RI: Also fand zu diesen auch kein telefonischer Konakt statt?

BF: Um es von den Taliban geheim zu halten, hatte ich nur Kontakt mit meinem Onkel und auch nur seine Telefonnummer.

RI: Wann haben Sie Ihren Herkunftsstaat zuletzt genau verlassen? Auf welchem Weg sind Sie nach Österreich gelangt und wo waren Sie wielange aufhältig?

BF: Das letzte Mal, wo ich meinen Onkel angerufen habe, haben die Taliban das mitbekommen und mich verfolgt.

RI wiederholt die Frage.

BF: Ich war eine Nacht bei meinem Onkel, danach war ich ca. 25 Tage im Krankenhaus in Kabul. Nach dem Krankenhausaufenthalt war ich bei einem Freund von meinem Bruder für ca. eine Woche und bin dann hierher geflüchtet. Nachgefragt gebe ich an, dass ich mit Onkel meinen Onkel väterlicherseits meine, mit welchem ich auch immer telefonische gesprochen habe.

RI: Wann war dieser Nacht bei dem Onkel und der Krankenhausaufenthalt in etwa?

BF: Das Datum kenne ich nicht, das habe ich auch schon ein Mal erwähnt.

RI: Können Sie sagen, wie lange Sie ungefähr nach Österreich unterwegs waren?

BF: Als ich geflüchtet bin, hat es ca. 28 Tage gedauert, bis ich in Österreich war.

Zur derzeitigen Situation in Österreich:

RI: Haben Sie in Österreich lebende Familienangehörige oder Verwandte?

BF: Nein.

RI ersucht D, die folgenden Fragen nicht zu übersetzen.

RI: Sprechen Sie Deutsch? Haben Sie mich bis jetzt auch ohne Übersetzung durch den D verstehen können?

BF: Ein bisschen.

RI: Was haben Sie heute schon gemacht?

BF: Heute einen Termin gemacht.

RI: Was haben Sie gefrühstückt?

BF: Milch und Cake (BF meint Kuchen in Englisch)

RI: Haben Sie Hobbies?

BF: Ein bisschen spazieren und Fitness machen, ein bisschen Fußball spielen und Abendessen und schlafen.

RI stellt fest, dass der BF die zuletzt gestellten und nicht übersetzten Fragen teilweise verstanden und gebrochen auf Deutsch beantwortet hat.

Die nachfolgenden Fragen werden nun wieder für den BF übersetzt.

RI: Besuchen Sie derzeit einen Deutschkurs oder haben Sie einen Deutschkurs bereits besucht?

BF: Vor 1,5 Monaten ist unser Deutschkurs zu Ende gegangen. Uns wurde gesagt, dass wir nach den neuen Regeln ab April einen Deutschkurs bekommen. Ich war auch schon bei der Caritas, um einen Beruf zu erlernen.

RI: Haben Sie Arbeit in Österreich? Gehen Sie einer regelmäßigen Beschäftigung nach?

BF: Ich arbeite ehrenamtlich bei der Gemeinde. Wir reinigen die Parks, Gärten usw. und bekommen auch ein bisschen Geld dafür.

RI: Besuchen Sie in Österreich bestimmte Kurse oder eine Schule, oder sind Sie aktives Mitglied in einem Verein? Gehen Sie kulturellen Aktivitäten nach?

BF: Zusätzlich zu den zuvor angeführten Aktivitäten gehe ich noch in eine Kirche in unserem Ort. Dort sitze ich mit den Leuten und rede mit ihnen und mache sehr viel Sport.

RI: Aber Sie gehen nicht in die Kirche, um zu beten oder?

BF: Ich bin jeden Mittwoch dort und da kommen immer Österreicher, die uns helfen, die Sprache zu lernen.

RI. Wenn Sie in Österreich bleiben dürfen, welchen Beruf würden Sie hier erlernen wollen?

BF: Ich möchte entweder Koch oder Automechaniker werden.

RI: Wurden Sie in Österreich jemals von einem Gericht wegen einer Straftat verurteilt oder von einer Behörde mit einem Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot belegt?

BF: Nein.

Zu den Fluchtgründen und zur Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat:

RI: Nennen Sie jetzt bitte abschließend und möglichst umfassend alle Gründe, warum Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen haben bzw. warum Sie nicht mehr in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren können (Fluchtgründe). Sie haben dafür nun ausreichend Zeit und auch die Gelegenheit, allfällige Beweismittel vorzulegen.

BF: Das letzte Mal, wo ich mit meinem Onkel telefoniert habe, haben mich die Taliban gesehen und mich verfolgt. Ich bin sehr viel gelaufen und zu meinem Onkel gegangen. Als wir mit meinem Onkel dann mit dem Auto unterwegs waren, wir waren 5 Personen, wurden wir mit einer Rakete angegriffen. 3 Personen kamen dabei ums Leben. Das Auto war komplett auseinandergerissen. Ich lag auf einer Seite und mein Onkel auf einer anderen Seite. In diesem Moment war ich noch so weit bei mir, dass ich die Regierung anrief und um Hilfe bat. Von meinem Onkel wusste ich nicht, ob er verletzt oder tot ist und wollte mich nicht weiter bewegen, weil mich sonst die Taliban auch getötet hätten. Danach war ich ohnmächtig, weil ich auch am Hals getroffen und verletzt war. Die Regierung brachte mich in ein Krankenhaus nach Kabul, wo ich 25 Tage stationiert war. Als es mir besser ging, ging ich zu einem Freund meines Bruders und war bei ihm. Ich hätte dort nicht mehr leben können, weil die wussten, dass ich Spionage betrieb und die Taliban hätten mich getötet. Nach dieser Woche habe ich die Flucht ergriffen, weil ich wusste, egal wo in Afghanistan ich mich aufhalten würde, sie würden mich finden. Vor dem Vorfall war es in unserem Dorf so, dass die Taliban immer bei uns waren und die jungen Leute rausgeholt haben. Die jungen Leute mussten für die Taliban Wache halten und trotzdem habe ich die Spionage gemacht und wäre ich nicht geflüchtet, hätten sie mich auf jeden Fall umgebracht.

RI: Wie ist die Spionage konkret abgelaufen, haben Sie von weiter weg die Taliban beobachtet oder sind Sie auch hingegangen und haben die Taliban ausgehorcht und das dann dem Onkel weitergegeben?

BF: Ich habe immer beobachtet, wo die Taliban alle zusammensitzen und habe diese Information meinem Onkel gegegebn und diese Stelle wurde durch die Amerikaner dann bombardiert.

RI: Sie haben Sie also nur von der Ferne beobachtet, aber ein direktes Gespräch hat es also nicht gegeben, ist das richtig?

BF: Immer wenn ich diese Beobachtungen gemacht hatte, war ich ca. 500 Meter entfernt von ihnen. Hätte ich mich genähert, hätten sie mich getötet. Auch bei dem Vorfall damals war ich in einer Entfernung von ca. 500 Metern.

RI: Aber hatten Sie auch persönlich Kontakt, also haben Sie persönlich mit ihnen gesprochen?

BF: Den Kontakt hatten wir immer nur nachts, wo sie uns rausgeholt haben und für sie Wache halten ließen. Entweder waren es 3 oder mehrere Taliban, sie haben sich als Taliban ausgegeben. Sie haben uns rausgeholt, auch wenn meine Mutter weinte, aber sonst hätten sie uns getötet.

RI: Wie Sie die Taliban beobachtet haben, war das am Tag oder in der Nacht?

BF: Das war meistens am Nachmittag so gegen 16 oder 17 Uhr.

RI: Sie haben gesagt, Sie waren ca. 500 Meter entfernt. Wie sind die Taliban auf Sie aufmerksam geworden? Was ist beim letzten Mal geschehen?

BF: Als ich das Telefon herausholte, haben die Taliban es gesehen und meinten, dass ich ein Spion bin und deswegen bin ich auch weggelaufen, sonst hätten sie mich getötet.

RI: Sie waren aber Ihren Angaben nach, fast einen halben Kilometer entfernt, woher konnten die Taliban auf diese Entfernung erkennen, dass Sie es waren, der telefonieren wollte und sie beobachtet hat?

BF: An dem Ort, wo ich gestanden bin, ist ein verdächtiger Ort, weil niemand dort ist. Sie haben mich erkannt und deshalb bin ich auch geflüchtet. Ich möchte auch sagen, die sind wie Geister und erkennen einen, egal ob man nah oder fern ist.

RI: Sie sind also davon gelaufen, was haben Sie dann gemacht?

BF: Ich bin zu meinem Onkel gelaufen.

RI: Also direkt zum Onkel?

BF: Ja.

RI: Haben Sie ihn vorher angerufen und ihm das erzählt oder sind Sie direkt zu ihn gelaufen?

BF: Telefonieren konnte ich nicht, sonst hätten sie mich erwischt, ich bin direkt zu meinem Onkel gelaufen.

RI: Was hat Ihr Onkel dann gemacht? Was war der Plan?

BF: Ich war dann in der Nacht bei ihm und wie ich erzählt habe, sind wir dann in der Früh mit dem Auto losgefahren, wo dieser Angriff dann stattgefunden hat, weil sie wussten, dass ich dort bin.

RI: Wo ist der Onkel zu Hause gewesen?

BF: Sein Haus war in XXXX , wo auch Regierungsleute und die Amerikaner waren.

RI: Haben Sie ihn vorher auch schon öfters dort besucht?

BF: Ja.

RI: Was war der Ziel der Fahrt? Warum sind Sie losgefahren?

BF: Mein Onkel hat gesagt, wir müssen unbedingt diesen Ort verlassen, da sie mich sonst auf jeden Fall töten und wir wollten daher von dort raus.

RI: Ein genaues Ziel gab es also nicht?

BF: Nein, ein genaues Ziel hatten wir nicht, da es bald passierte. Wir waren ca. 20 Minuten unterwegs und waren an dem Ort, der sich XXXX nennt.

RI: Ihr Onkel hatte doch gute Kontakte zu der Regierung bzw. den Amerikanern, da er ihnen ja diese Tips bzw. Informationen gab. Ist das richtig?

BF: Ja.

RI: Jetzt ist in dem Ort, an dem wo Ihr Onkel wohnte, ein Stützpunkt der Aliierten und Ihr Onkel hatte gute Kontakte zu diesen, wäre es nicht logischer gewesen, zu diesen zu fahren und um Hilfe zu bitten, als ohne ein Ziel irgendwo hin zu fahren?

BF: Der Entschluss war der von meinem Onkel, dass ich auf jeden Fall von Afghanistan weg sollte. Er wollte mich mit dem Auto einfach rausbringen. Ich kenne auch die Namen der drei Personen, die getötet wurden. Die Namen lauten: XXXX , der zweite hieß XXXX der dritte hat XXXX geheißen.

RI. Das Auto war von Ihrem Onkel oder?

BF: Ja.

RI: Ihr Onkel wollte ja Sie in Sicherheit bringen, was machten die anderen drei Personen im Auto?

BF: Die waren mit uns mit als Unterstützung, da der Weg sehr gefährlich ist und es Kontrollen durch die Taliban gab.

RI: Waren die bewaffnet?

BF: Ja.

RI: Sie kommen also nach XXXX , sitzen zu fünft im Wagen, was ist dann passiert? Wie ist der Angriff abgelaufen?

BF: Es war ca. 8.30 Uhr am Morgen, wir waren ca. bei Shatour und die waren in der Nähe und haben uns mit einer Rakete angegriffen.

RI: Wie waren Ihre Wahrnehmungen?

BF: Die waren vorne seitlich auf der Straße vor uns, wir hätten weder nach vorne noch zurück fahren können, sie hätten uns in jedem Falle erwischt. Dann haben sie mit der Rakete geschossen. Danach ist das passiert, was ich schon zuvor erzählt habe.

RI: Sie saßen damals im Auto, erzählen Sie mir Ihre Warhnehmungen dazu.

BF: Die Rakete hat oben auf das Auto eingeschlagen. Ich war auf einer Seite rausgeflogen, mein Onkel war auf der anderen Seite rausgeflogen. Die anderen drei Personen waren tot auf der Rückbank.

RI: Sie sind also dann draußen auf dem Boden, was haben Sie dann gemacht?

BF: Dann habe ich dieses Telefonat geführt und danach war ich ohnmächtig.

RI: Das heißt, als Sie rausgeschleudert wurden, haben Sie sofort zum Telefon gegriffen?

BF: Soll ich es zeigen?

RI: Wie zeigen?

BF: Ich könnte mich so hinlegen, wie ich gelegen bin.

RI: Es geht mir eher um den Ablauf, ob sie dort gelegen sind und um Schutz gesucht haben oder sofort den Anruf getätigt haben.

BF: Es war sehr viel Staub. Ich war zu dem Zeitpunkt noch bei mir und habe sofort das Telefon rausgeholt und habe telefoniert, danach wurde ich wahrscheinlich ohnmächtig.

RI: Wie viel Zeit verging in etwa zwischen dem Anschlag und der Ohnmacht?

BF: Sofort danach habe ich telefoniert und um Hilfe gebeten und nach dem Telefonat weiß ich nichts mehr.

RI. Sie haben zuerst gesagt, Sie wurden damals auch am Hals verletzt, können Sie mir zeigen wo diese Verletzung war?

BF zeigt auf der rechten Seite unterhalb des Ohrs, dort ist eine Narbe zu sehen.

RI: Mit wem haben Sie telefoniert?

BF: Mit der Polizei der Regierung.

RI: War das diese Organisation, mit der auch Ihr Onkel arbeitete?

BF: Mein Onkel hatte auch mit ihnen Kontakt.

RI: Haben Sie zum ersten Mal mit der Person, mit der Sie telefoniert haben, telefoniert oder kannten Sie diese Person?

BF: Ich habe zum ersten Mal den Konakt aufgenommen, da die Polizei von mir nichts wusste, weil der Konakt immer durch meinen Onkel abelaufen ist. Das was ich gemacht habe, habe ich immer versteckt gemacht.

RI: Sie haben eingangs angegeben, dass der Kontakt immer über den Onkel stattfand und Sie keine Kontaktdaten der anderen Mitglieder hätten.

BF: Weil die Nummer dort bekannt ist, das ist so wie hier die 133.

RI: Und die Polizei ist dann gekommen und hat ihnen geholfen?

BF: Ich habe es erst mitbekommen, als ich am Weg ins Krankenhaus war, da wurde es mir erzählt, dass es die Polizei war.

RI: Wer hat Ihnen das erzählt?

BF: Die Ärzte.

RI: Wissen Sie, wie weit der nächste Polizeiposten von der Unfallstelle entfernt war?

BF: Von dort ca.20-25 Minuten entfernt.

RI: Könnnen Sie erklären, wenn die Taliban Sie töten wollten, warum diese dann nicht in den 25 Minuten, die die Polizei zu ihnen gebraucht hat, nachgesehen haben, ob Sie tot sind und Sie in dieser Zeit umgebracht hätten?

BF: Ich war ohnmächtig, wahrscheinlich haben sie sich gedac

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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