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L92055 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Salzburg;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 97/19/0277Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerden 1. des 1957 geborenen KG und 2. des 1982 geborenen AG, beide in Addis Abeba, beide vertreten durch die Rechtsanwaltsgemeinschaft M, Salzburg, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 6. Dezember 1996, 1. zu Zl. 119.638/2-III/11/96 (betreffend den Erstbeschwerdeführer) und
2. zu Zl. 119.638/3-III/11/96 (betreffend den Zweitbeschwerdeführer), jeweils betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer stellten am 9. Jänner 1995 bei der Österreichischen Botschaft in Addis Abeba jeweils als "Erstantrag" bezeichnete Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Zwecke der Familienzusammenführung bzw. Familiengemeinschaft mit ihrer Ehegattin bzw. Mutter (im Folgenden: Familienerhalterin). Vorgelegt wurde u.a. ein Mietvertrag, aus dem eine monatliche Belastung von S 5.000,-- an Miete und Betriebskosten ersichtlich ist (vgl. OZ 19 zu Zl. 97/19/0276 vorgelegten Verwaltungsaktes) sowie eine Arbeits- und Lohnbestätigung für die Familienerhalterin vom 23. November 1994, der zufolge diese monatlich S 9.814,-- beziehe (vgl. OZ 13 des genannten Verwaltungsaktes).
Im Laufe des Verwaltungsverfahrens wurde neuerlich eine Bestätigung, und zwar vom 5. Februar 1996, vorgelegt, der zufolge die Familienerhalterin über ein Nettoeinkommen von monatlich S 10.056,-- verfüge (OZ 59 des erwähnten Verwaltungsaktes).
Mit Bescheiden jeweils vom 19. März 1996 wies der Bürgermeister der Stadt Salzburg namens des Landeshauptmannes von Salzburg die Anträge der Beschwerdeführer gemäß § 5 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) ab. Begründend wurde ausgeführt, die Familienerhalterin beziehe ein Einkommen von S 10.056,--, von dem nach Abzug der Mietkosten von S 5.000,-- ein Rest von nur S 5.056,-- verbleibe. Dieser Betrag sei nicht ausreichend, um den Lebensunterhalt von drei Personen sicherzustellen.
In den dagegen erhobenen Berufungen brachten die Beschwerdeführer vor, die Familienerhalterin beziehe 14 Monatsgehälter und erhalte im Zuge ihrer Berufstätigkeit als Kellnerin üblicherweise zwischen S 1500,-- und S 2.000,-- Trinkgeld.
Der Bundesminister für Inneres wies die Berufungen mit Bescheiden jeweils vom 6. Dezember 1996 gemäß § 5 Abs. 1 AufG ab. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres jeweils aus, die Beschwerdeführer seien mittellos. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei es Sache der Fremden, von sich aus zu beweisen, dass sie über die für ihren Unterhalt erforderlichen Mittel verfügen. Nach dem von der Berufungsbehörde durchgeführten Ermittlungsverfahren stehe fest, dass die Familienerhalterin aus ihrer Beschäftigung als Servierkraft in einem Salzburger Hotel ein monatliches Nettoeinkommen von S 10.011,40 beziehe. Die Behauptung, nebstbei Trinkgeld zu beziehen, sei angesichts der Beschäftigung als Servierkraft nicht glaubwürdig. Ein zusätzlich eingegangenes Beschäftigungsverhältnis der Familienerhalterin habe nur drei Monate gedauert und bereits am 19. August 1996 geendet, weshalb die vorgelegten Entgeltbestätigungen nicht hätten berücksichtigt werden können. Für die Wohnung in Salzburg sei eine monatliche Miete von S 5.000,-- zu entrichten. Damit von einem gesicherten Lebensunterhalt für die Familie der Beschwerdeführer ausgegangen werden könne, müsse das Mindesteinkommen der Familienerhalterin mindestens in der Höhe der Richtsätze nach dem Salzburger Sozialhilferichtsatz, und zwar bei S 7.635,-- liegen, hinzu komme noch die monatliche Mietzinsbelastung von S 5.000,--. Dem zufolge müsste das Familieneinkommen monatlich mindestens S 12.635,-- betragen, um von einem gesicherten Lebensunterhalt sprechen zu können. Auch bei der Berücksichtigung des 13. und 14. Monatsgehaltes würde das Einkommen deutlich unter dem Sozialhilferichtsatz liegen. Gerade die Notwendigkeit, in einem ohnedies sensiblen Bereich die weitere Zuwanderung sorgfältig zu steuern, mache es erforderlich, strenge Maßstäbe an die Beurteilung der gesicherten Unterhaltsmittel von Zuwanderern anzulegen. Sei der Unterhalt für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert, so dürfe gemäß § 5 Abs. 1 AufG eine Bewilligung nicht erteilt werden.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide (ihre Zustellung erfolgte am 9. Jänner 1997) ist für die Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof die Rechtslage nach der Novelle zum Aufenthaltsgesetz BGBl. Nr. 201/1996 maßgeblich.
§ 5 Abs. 1 AufG lautete (auszugsweise):
"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, ..., wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsüblic
he
Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."
§ 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 2 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 201/1996 lautete (auszugsweise):
"§ 3. (1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Bundesgebiet bei einem Dienstgeber beschäftigt sind und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder zufolge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesgebiet beziehen; kein Anspruch besteht jedoch, wenn die Beschäftigung nicht länger als drei Monate dauert. Kein Anspruch besteht außerdem, wenn eine Beschäftigung gegen bestehende Vorschriften über die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer verstößt.
...
§ 8.
...
(2) Die Familienbeihilfe beträgt für jedes Kind monatlich
1.300 S. Die Familienbeihilfe erhöht sich für jedes Kind ab Beginn des Kalenderjahres, in dem das Kind das zehnte Lebensjahr vollendet, und monatlich 250 S; ..."
§ 1 Abs. 1 der aufgrund des § 12 des Salzburger Sozialhilfegesetzes erlassenen Verordnung der Salzburger Landesregierung über die Richtsätze in der Sozialhilfe, LGBl. Nr. 109/1996, lautete:
"§ 1
(1) Die Richtsätze für Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes werden für das Kalenderjahr 1997 mit folgenden mündlichen Beträgen festgesetzt:
1. für den Alleinunterstützten .................4.785 S
2. für den Hauptunterstützten ................. 3.910 S
3. für den Mitunterstützten
a) ohne Famililenbeihilfen-Anspruch ........... 2.580 S
b) mit Familienbeihilfen-Anspruch ............. 1.145 S"
Weder nach ihrem Beschwerdevorbringen noch nach der Aktenlage verfügten die Beschwerdeführer jemals über Aufenthaltsbewilligungen. Die belangte Behörde wertete die Anträge daher zu Recht nicht als Verlängerungsanträge. Die angefochtenen Bescheide sind demnach auch nicht gemäß § 113 Abs. 6 oder 7 des Fremdengesetzes 1997 mit Ablauf des 31. Dezember 1997 außer Kraft getreten.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller von sich aus (initiativ) zu belegen, dass er über die zur Bestreitung seines Unterhaltes erforderlichen Mittel verfügt. Nur dadurch kommt er seiner Obliegenheit gemäß § 6 Abs. 1 AufG nach, glaubhaft zu machen, dass kein Ausschließungsgrund im Sinne des § 5 leg. cit. vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1997, Zlen. 96/19/2559 bis 2561 m.w.N.). Da die Beschwerdeführer bereits im Verwaltungsverfahren erster Instanz Bescheinigungen über das Erwerbseinkommen der Familienerhalterin beibrachten, sind sie dieser Obliegenheit nachgekommen.
Wie die Begründung des angefochtenen Bescheides zeigt, hat sich die belangte Behörde bei ihrer Feststellung eines Unterhaltsbedarfes der Beschwerdeführer von S 7.635,-- am Sozialhilferichtsatz des Bundeslandes Salzburg orientiert und dabei offenbar die in § 1 Abs. 1 der Sozialhilfeverordnung festgelegten Richtsätze herangezogen. Eine derartige Vorgangsweise ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aus dem Blickwinkel der Verletzung subjektiver Rechte der Beschwerdeführer nicht zu beanstanden. Allerdings ging die belangte Behörde im vorliegenden Fall offenbar von einem Gesamtbedarf aus, der sich aus dem Betrag für einen Hauptunterstützten, einen Mitunterstützten ohne Anspruch auf Familienbeihilfe und einen Mitunterstützten mit Anspruch auf Familienbeihilfe errechnet. Die Behörde kann sich freilich im Regelfall nur, wie das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1997 zeigt, an jenem Gesamtbetrag orientieren, welcher nach Auffassung der Salzburger Landesregierung bei Erlassung des Sozialhilferichtsatzes für 1997 zur Deckung des Bedarfs für einen Haupt- und zwei Mitunterstützte auch dann ausreichend ist, wenn für die Mitunterstützten keine Familienbeihilfe bezogen wird. Die belangte Behörde hat im vorliegenden Fall jedoch einen Unterhaltsbedarf von (nur) S 7.635,-- festgestellt. Da es sich bei der Festlegung des Unterhaltsbedarfes eines Fremden nicht bloß um eine Frage der rechtlichen Beurteilung handelt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 1998, Zl. 97/19/0709), ist es dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt, eine diesbezügliche Bescheidfeststellung zu Lasten der Beschwerdeführer zu korrigieren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. November 1998, Zl. 96/19/0529).
Dem von ihr festgestellten Unterhaltsbedarf hätte die belangte Behörde sämtliche Unterhaltsmittel gegenüberzustellen gehabt, über die die Beschwerdeführer (bzw. die Familienerhalterin) verfügten. Die belangte Behörde ging in den angefochtenen Bescheiden erkennbar davon aus, dass die Familienerhalterin als Servierkraft in einem Salzburger Hotel beschäftigt ist. Bei Zutreffen dieser Bescheidfeststellung folgte daraus rechtlich gemäß § 3 Abs. 1 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, dass der Familienerhalterin ein Anspruch auf Familienbeihilfe für den Zweitbeschwerdeführer, einem Kind, das bereits das zehnte Lebensjahr vollendet hatte, in Höhe von S 1.550,-- (gemäß § 8 Abs. 2 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967) zusteht. Da nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch Ansprüche auf Familienbeihilfe bei der Beurteilung der einem Niederlassungswerber zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel zu berücksichtigende Ansprüche darstellen (vgl. neuerlich in diesem Sinne das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1997), und zwar auch dann, wenn die Behörde die Sozialhilferichtsätze für Mitunterstützte ohne Anspruch auf Familienbeihilfe heranzieht, hätte die belangte Behörde die aus der Familienbeihilfe resultierenden Mittel den der Familie der Beschwerdeführer zur Verfügung stehenden Mittel hinzuzuzählen gehabt.
Zutreffend rügen die Beschwerdeführer weiters, dass es die belangte Behörde unterließ, bei Berechnung des ihrer Familie monatlich zur Verfügung stehenden Betrages zu berücksichtigen, dass das bekannt gegebene Nettomonatsgehalt der Familienerhalterin 14 mal jährlich ausbezahlt wird. Da auch Sonderzahlungen zur Deckung des laufenden Lebensunterhaltes verfügbare eigene Mittel darstellen (vgl. neuerlich das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1997), errechnete sich unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen - unter Außerachtlassung ihrer steuerlichen Begünstigung - ein der Familie monatlich zur Verfügung stehender Nettogehaltsbetrag von ca. S 11.680,--. Zusammen mit den Mitteln aus Familienbeihilfe ergebe sich schon unter Berücksichtigung von Sonderzahlungen der Familie der Beschwerdeführer monatlich zur Verfügung stehende Unterhaltsmittel in Höhe von insgesamt ca. S 13.230,--. Dieser Betrag läge auch bei Abzug einer Mietbelastung von S 5.000,-- pro Monat über dem von der Behörde festgestellten Unterhaltsbedarf der Beschwerdeführer.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist schließlich angesichts des Vorbringens der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren, die Familenerhalterin beziehe monatlich Trinkgeld in Höhe von zwischen S 1.500,-- und S 2.000,--, darauf hinzuweisen, dass dieses Trinkgeld (gegebenenfalls pauschaliert) - wenn auch unter Bedachtnahme darauf, dass es der Einkommensteuer unterliegt - bei der Berechnung des monatlich für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehenden Einkommens zu berücksichtigen gewesen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. März 1998, Zl. 95/19/1381). Die belangte Behörde hat ihre den angefochtenen Bescheiden zugrunde gelegte Annahme, es sei angesichts der Beschäftigung der Familienerhalterin als Servierkraft nicht glaubwürdig, nebstbei Trinkgeld zu beziehen, den Beschwerdeführern im Berufungsverfahren nicht nur nicht vorgehalten, es bleibt auch geradezu unerfindlich, wie die belangte Behörde zur Einschätzung gelangen konnte, die Behautpung, nebstbei Trinkgeld zu beziehen, sei bei einer Beschäftigung der Familienerhalterin als Servierkraft in einem Salzburger Hotel nicht glaubwürdig. Der angefochtene Bescheid leidet in diesem Punkt daher überdies an einem Begründungsmangel.
Aus diesen Erwägungen waren die angefochtenen Bescheide daher wegen (prävalierender) Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 14. Mai 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997190276.X00Im RIS seit
01.06.2001