TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/15 W131 2211802-1

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Veröffentlicht am 15.01.2019
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Entscheidungsdatum

15.01.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W131 2211802-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag Reinhard GRASBÖCK über die Beschwerde der minderjährigen XXXX, geb XXXX, StA Afghanistan, gesetzlich vertreten durch ihre Mutter, XXXX, diese vertreten durch den ehemaligen Rechtsanwalt Dr. Lennart BINDER, LL.M., als Mitglied des MigrantInnenereins St. Marx, Pulverturmgasse 4/2/R01, 1090 Wien, gegen den Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.11.2018, Zl XXXX, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Eltern und Geschwister der Bf reisten im Jahr 2015 gemeinsam illegal in das Bundesgebiet ein und stellten am 31.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde in weiterer Folge vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (= belangte Behörde) mit Bescheid vom 21.07.2018 hinsichtlich des Asylstatuts zwar abgewiesen, jedoch wurde ihnen der Status als subsidiär Schutzberechtigte zuerkannt und ihnen eine entsprechende befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Die Bf wurde am XXXX in Österreich geboren. Für die Bf wurde am 14.08.2018, durch ihre Eltern, als gesetzliche Vertreter, ebenfalls ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

2. Der Antrag auf internationalen Schutz vom 14.08.2018 wurde hinsichtlich der Zuerkennung des Asylstatus mit Bescheid der belangten Behörde vom 09.11.2018 als unbegründet abgewiesen. Der Bf wurde jedoch gemäß "§ 8 Absatz 1 iVm § 34 Absatz 3 AsylG" der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 21.07.2020 erteilt.

3. Gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 09.11.2018 wurde rechtzeitig die vorliegende Beschwerde erhoben, die mit Schriftsatz vom 20.12.2018 gemeinsam mit den dazugehörigen Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wurde.

4. Die (sich lediglich gegen die Nichtgewährung des Asylstatus richtende) Beschwerde der Eltern und Geschwister der Bf gegen den Bescheid vom 21.07.2018 wurde in der Zwischenzeit mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.11.2018 als unbegründet abgewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die minderjährige Bf nennt sichXXXX, ist afghanische Staatsangehörige der Volksgruppe der Tadschiken und ist Angehörige des Islams sunnitischer Ausrichtung. Die Bf wurde am XXXX in Österreich geboren. Die Bf hält sich derzeit gemeinsam mit ihren Eltern und Geschwistern, denen der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, im Bundesgebiet auf.

1.2. Am 14.08.2018 wurde von den gesetzlichen Vertretern der Bf der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Zu diesem Zeitpunkt war die Bf minderjährig und ledig.

1.3. Mit Bescheid vom 09.11.2018 wies die belangte Behörde den Antrag der Bf hinsichtlich der Zuerkennung des Asylstatus ab, erkannt ihr jedoch den Status einer subsidiär Schutzberechtigten zu und gewährte ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 21.07.2020.

1.4. Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig Beschwerde gegen Spruchpunkt I. (Nichtzuerkennung des Status einer Asylberechtigten) erhoben. In der Beschwerde findet sich insbesondere folgende Passage:

"Verwiesen wird hinsichtlich der Begründung der Beschwerde auf die Beschwerde der Mutter, Frau XXXX, geb. XXXX, Zahl XXXX und des Vaters, Herr XXXX, geb. XXXX, Zahl XXXX."

1.5. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.11.2018, ergangen ua auch mit der Zahl W167 2166293-2/10E bzw W167 2166296-2/10E wurde die von den Eltern und den Geschwistern der Bf erhobene Beschwerde (, die sich ebenfalls lediglich gegen die Nichtzuerkennung des Asylstatus richtete,) als unbegründet abgewiesen.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Verwaltungsakten der Bf sowie jenen ihrer Eltern (hg zu Zlen W167 2166293-2 [Vater, XXXX] und W167 2166296-2 [Mutter, XXXX]) protokolliert. Der Sachverhalt konnte - soweit für die Entscheidung relevant - als unstrittig festgestellt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Festgehalten wird, dass sich die vorliegende Beschwerde ausschließlich gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides richtet, mit dem der Antrag der Bf auf internationalem Schutz vom 14.08.2018 "hinsichtlich der Zuerkennung des Status de[r] Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I. Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen" wurde.

3.2. § 3 Abs 1 AsylG 2005 verweist auf den Flüchtlingsbegriff (drohende Verfolgung im Herkunftsstaat) iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK (VwGH 24.6.2010, 2007/01/1199).

Flüchtling im Sinne der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren (VwGH 25.03.1999, 98/20/0431 uva).

Die Gefahr der Verfolgung im Sinn des § 3 Abs 1 AsylG 2005 iVm Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention kann nicht nur ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Sie kann auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mit-glied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen sei-ne Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (VwGH 29.04.2015, Ra 2014/20/0151, mwN).

Nach § 3 Abs 1 AsylG 2005 ist der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn die wohlbegründete Furcht im beschriebenen Sinn (zumindest) "glaubhaft" ist.

Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0132; 13.09.2016, Ra 2016/01/0054). Relevant kann nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 09.03.1999, 98/01/0318; 19.10.2000, 98/20/0233; VwSlg 16.084 A/2003; VwGH 18.11.2015, Ra 2015/18/0220). Es ist für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass in der Vergangenheit eine Verfolgung stattgefunden hat, zum anderen ist auch eine bereits stattgefundene Verfolgung ("Vorverfolgung") für sich genommen nicht hinreichend. Selbst wenn daher der Antragsteller im Herkunftsstaat bereits asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt war, ist entscheidend, dass er im Zeitpunkt der Entscheidung weiterhin mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste (VwGH 03.05.2016, Ra 2015/18/0212).

3.3. Dem Inhalt der Beschwerde ist zu entnehmen, dass die Bf keine eigenen Fluchtgründe vorbringt und hinsichtlich allfälliger Beschwerdegründe auf die Beschwerde der Eltern der Bf verwiesen wird.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.11.2018, Zlen W167 2166293-2 und W167 2166296-2, wurde die Beschwerde der Eltern der Bf, die sich ebenfalls lediglich gegen die Spruchpunket I. der dort angefochtenen Bescheide (Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten) richtete, rechtskräftig abgewiesen. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes mit ihrer Erlassung rechtskräftig wird (vgl VwGH 09.08.2018, Ra2018/22/0078). Die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes ändert daran nichts (vgl VwGH 26.11.2015, Ro 2015/07/0018).

Aufgrund des fehlenden Vorbringens eigener Fluchtgründe und des Umstandes, dass die Beschwerde der Eltern (auf die in der gegenständlichen Beschwerde gegen den Bescheid vom 18.12.2018 ausdrücklich verwiesen wurde) mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts rechtskräftig abgewiesen wurde, war auch die vorliegende Beschwerde gegen die sich gegen die Nichtgewährung des Asylstatus richtete, als unbegründet abzuweisen.

3.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung

An dieser Stelle darf erneut darauf hingewiesen werden, dass für die Bf keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht wurden, sondern in der Beschwerde lediglich auf die Beschwerde ihrer Eltern verwiesen wurde. In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass im Beschwerdeverfahren der Eltern am 05.12.2018 eine mündliche Verhandlung am Bundesverwaltungsgericht durchgeführt wurde, in der den Eltern der Bf bereits ausreichend Möglichkeit gegeben wurde, sich hinsichtlich ihrer Fluchtgründe und den ihnen bei einer allfälligen Rückkehr nach Afghanistan drohenden Gefahr einer Bedrohung oder Verfolgung zu äußern. Hinzu kommt, dass es sich bei der Bf um ein noch nicht ganz sechs Monate altes Baby handelt, eine persönliche Einvernahme der Bf daher ohnedies nicht möglich ist. Aus den genannten Gründen kann davon ausgegangen werden, dass die Durchführung einer (neuerlichen) mündlichen Verhandlung keine neuen für die Entscheidung wesentlichen Erkenntnisse bringen würde, weshalb im vorliegenden Fall aufgrund der (soweit unstrittigen) Aktenlage ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden konnte ("Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint [...]"; " 21 Abs 7 BFA-VG). Nach der Rechtsprechung des VwGH kann bei Vorliegen der in § 21 Abs 7 BFA-VG umschriebenen Voraussetzungen - trotz Vorliegen eines Antrages - von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden (vgl hierzu insb VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0200).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor (Zur Rechtskraft von Erkenntnissen eines Verwaltungsgerichts vgl insb die unter Pkt 3.3. zitierte Rechtsprechung des VwGH).

Schlagworte

Familienverfahren, Glaubhaftmachung, mangelnde Asylrelevanz,
Minderjährige

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W131.2211802.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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