TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/31 W226 1310540-1

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Veröffentlicht am 31.01.2019
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Entscheidungsdatum

31.01.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §62 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §17

Spruch

W226 1304768-1/18E

W226 1304761-1/18E

W226 1304770-1/17E

W226 1310540-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. WINDHAGER als Einzelrichter über die Anträge von 1.) XXXX (AS1), geb. XXXX ,

2.) XXXX (AS2), geb. XXXX , 3.) XXXX (AS3), geb. XXXX , 4.) XXXX (AS4), geb. XXXX , alle StA. Russische Föderation, vertreten durch Kocher & Bucher RA, vom 23.11.2018, die Erkenntnisse des Asylgerichtshofes vom 24.03.2010, Zlen. 1.) D11 304768-1/2008/16E,

2.) D11 304761-1/2008/16E, 3.) D11 304770-1/2008/15E und 4.) D11 310540-1/2008/14E dahingehend zu berichtigen, dass der AS1, die AS2, die AS3 und die AS4 als "staatenlos" geführt werden, zu Recht erkannt:

A)

Den Anträgen wird keine Folge gegeben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstantragsteller (im Folgenden: AS1) ist der Ehemann der Zweitantragstellerin (im Folgenden: AS2) und Vater der minderjährigen Drittantragstellerin (im Folgenden: AS3). Diese reisten am 13.12.2005 illegal ins österreichische Bundesgebiet ein und stellten am selben Tag einen Asylantrag.

2. Mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 17.08.2006 wurden die Asylanträge des AS1, der AS2 und der AS3 gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 (AsylG) idgF abgewiesen (Spruchpunkt I.). In Spruchpunkt II. wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des AS1, der AS2 und der AS3 in die Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig erklärt und in Spruchpunkt III. wurden der AS1, die AS2 und die AS3 gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen. Gegen diese Bescheide brachten der AS1, die AS2 und die AS3 fristgerecht eine Beschwerde ein.

3. Am XXXX wurde die Viertantragstellerin (im Folgenden: AS4) als zweites Kind des AS1 und der AS2 im österreichischen Bundesgebiet geboren. Für sie wurde mit Schreiben vom 18.01.2007 die Durchführung eines Familienverfahrens gemäß § 34 AsylG 2005 und die Gewährung von Asyl im Rahmen des Familienverfahrens beantragt.

4. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.02.2007 wurde der Antrag der AS4 auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und ihr der Status einer Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 wurde ihr auch der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf die Russische Föderation nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und die AS4 gemäß § 10 abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III.). Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig eine Beschwerde eingebracht.

In weiterer Folge wurden die eingebrachten Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. und II. der bekämpften Bescheide des Bundesasylamtes von den Antragstellern zurückgezogen. Mit Zurückziehung der Beschwerden erwuchsen die Bescheide des Bundesasylamtes hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. in Rechtskraft.

5. Mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 24.03.2010 wurde den Beschwerden der Antragsteller hinsichtlich Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides Folge gegeben und Spruchpunkt III. mit der Maßgabe geändert, dass der Spruch zu lauten hat: "Die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet ist auf Dauer unzulässig."

6. Die Antragsteller sind derzeit in Besitz von Aufenthaltstiteln "Daueraufenthalt-EU".

7. Mit Schriftsatz vom 23.11.2018 brachten die Antragsteller durch ihre rechtsfreundliche Vertretung beim Bundesverwaltungsgericht einen "Antrag auf Berichtigung der Staatsangehörigkeit" ein. Es wurde vorgebracht, dass die Antragsteller derzeit über den Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EU" verfügen würden. Sie hätten im Rahmen des Asylverfahrens angegeben "staatenlos" zu sein. Dies gehe aus der Einvernahme vom 02.01.2006 in der Erstaufnahmestelle Ost hervor, wo der AS1 zu seiner Staatangehörigkeit befragt angegeben habe, nie einen Reisepass besessen zu haben. Dem Vorhalt, er habe bei der Erstbefragung angegeben, er sei aserbaidschanischer Staatsangehöriger sei der AS1 damit entgegnet, dass er über seine Frau mit dem Dolmetscher gesprochen habe, da er die armenische Sprache nicht gut beherrsche. Darauf sei in der Niederschrift festgehalten worden, dass der AS1 aufgrund seiner Aussage nunmehr in seinem Asylverfahren nicht als Staatangehöriger von Aserbaidschan, sondern mit Staatsangehörigkeit "ungeklärt" geführt werde. Zudem hätten sowohl der AS1, als auch die AS2 in der niederschriftlichen Einvernahme am 03.05.2006 auf die Frage nach ihrer Staatsangehörigkeit geantwortet, keine Staatbürgerschaft zu haben und staatenlos zu sein. Dem abweisenden Bescheid vom 17.08.2006 zufolge, habe die AS2 angegeben staatenlos zu sein. Dies habe sie auch in der niederschriftlichen Einvernahme am 02.10.2006 angegeben. Auch gehe aus dem Bescheid des AS1 vom 17.08.2006 hervor, dass dieser angegeben habe, staatenlos zu sein. Gegen die abweisenden Bescheide hätten die Antragsteller Berufung erhoben, in denen sie ebenso als "staatenlos" angeführt worden wären, so auch in ihren Lebensläufen vom Dezember 2009. Aufgrund eigener Angaben der Antragsteller und der beweisenden Dokumente seien diese als "staatenlos" zu führen. Dennoch seien der AS1 bis AS3 erstmals in einer Ladung zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof vom 02.09.2009 als Staatsangehörige der Russischen Föderation angeführt worden. Dies sei ohne jegliche Ausführungen erfolgt. Auch in der Abberaumung der mündlichen Verhandlung sowie der folgenden Ladung zur mündlichen Verhandlung des Asylgerichtshofes seien sie als "russische Staatsangehörige" bezeichnet worden. Der Asylgerichtshof habe die Antragsteller in seinen Erkenntnissen als "Staatsangehörige der Russischen Föderation" angegeben. Das Erkenntnis bezeichne auch die bisher als "staatenlos" angeführte AS4 als "russische Staatsangehörige". Seither würden die Antragsteller als Staatsangehörige der Russischen Föderation angeführt werden. Dem entgegen würden die Antragsteller aber angeben, staatenlos zu sein. Die Antragsteller würden grundsätzlich die Voraussetzungen für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft erfüllen. Im Rahmen des Verfahrens hätten sie auch die Erkenntnisse des Asylgerichtshofes in Vorlage gebracht. Unter Bezugnahme auf die angebliche Staatsbürgerschaft "Russische Föderation" verlange die Staatsbürgerschaftsbehörde von den Antragstellern, russische Dokumente vorzulegen. Die Vorlage sei ihnen nicht möglich. Die Behörden der Russischen Föderation würden nicht nur keine Dokumente ausstellen, sondern würden auch die Ausstellung einer Bestätigung, wonach die Antragsteller nicht die russische Staatsbürgerschaft besitzen, verweigern. Die Antragsteller würden daher ein erhebliches, rechtliches Interesse an der Berichtigung des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes - in dem Sinne, als die Antragsteller als staatenlos zu bezeichnen seien - besitzen. Abschließend wurde beantragt eine mündliche Verhandlung durchzuführen und die Erkenntnisse des AsylGH vom 24.03.2010 insofern zu berichtigen, als die Antragsteller als "staatenlos" geführt werden.

Mit dem Antrag wurden folgende Unterlagen vorgelegt:

-

Kopien der Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt EU".

-

Kopien der niederschriftlichen Einvernahmen vom 02.01.2006 und 03.05.2006.

-

Bescheide des Bundesasylamtes vom 17.08.2006.

-

Berufung der Antragsteller.

-

Lebenslauf von AS1 und AS2.

-

Ladungen und Abberaumung der mündlichen Verhandlung vor dem AsylGH.

-

Erkenntnisse des AsylGH vom 24.03.2010.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Antragsteller sind Staatsangehörige der Russischen Föderation. Der AS1, die AS2 und die AS3 reisten am 13.12.2005 illegal ins österreichische Bundesgebiet ein und stellten am selben Tag Asylanträge. Die AS4 wurde am XXXX im österreichischen Bundesgebiet geboren.

Die Asylanträge der Antragsteller wurden mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 22.02.2007 hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. negativ entschieden. Mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 24.03.2010 wurde den Beschwerden der Antragsteller hinsichtlich Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide Folge gegeben und die Ausweisung auf Dauer für unzulässig erklärt.

Derzeit sind die Antragsteller in Besitz von Aufenthaltstiteln "Daueraufenthalt-EU".

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus den vorliegenden Gerichtsakten des Asylgerichtshofes.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Die Rechtsgrundlage für die Berichtigung eines verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses bildet der gemäß § 17 VwGVG auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG sinngemäß anzuwendende § 62 Abs. 4 AVG.

Gemäß § 62 Abs. 4 AVG kann die Behörde (bzw. das Verwaltungsgericht) jederzeit von Amts wegen Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden (bzw. Erkenntnissen) berichtigen. Die Anwendung des § 62 Abs. 4 AVG setzt einen fehlerhaften Verwaltungsakt mit der Maßgabe voraus, dass eine auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit sowie die Offenkundigkeit gegeben ist (VwSlg 8545A/1974). Die Berichtigung ist auf jene Fälle ihrer Fehlerhaftigkeit eingeschränkt, in denen die Unrichtigkeit eine offenkundige ist, dh dass die Unrichtigkeit des Bescheides (bzw. Erkenntnisses) von der Behörde (bzw. Verwaltungsgericht) - bei entsprechender Aufmerksamkeit - bei Erlassung hätte vermieden werden können (VwSlg 13.233A/1990; VwGH 27.02.2004, 2003/02/0144). Ein Versehen ist dann klar erkennbar, wenn zu dessen Erkennung kein längeres Nachdenken und keine Nachschau in Gesetzeswerken notwendig ist, wobei vom Maßstab eines mit der zu behandelten Materie vertrauten Durchschnittsbetrachters auszugehen ist (VwGH 13.09.1991, 90/18/0248; vgl. zu alledem näher Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, 2005, § 62 Rz 45 ff).

Eine auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit im Sinn des § 62 Abs. 4 AVG liegt dann vor, wenn in der ursprünglichen Entscheidung der Gedanke, den die Behörde offenbar aussprechen wollte, unrichtig wiedergegeben wurde, wenn also die zu berichtigende Entscheidung dem Willen der Behörde offenbar so nicht entsprochen hat, sondern sich diese deutlich erkennbar (bloß) im Ausdruck vergriffen hat. Es muss nicht nur klar erkennbar sein, dass der Behörde ein Fehler unterlaufen ist, sondern auch, welchen Inhalt der Bescheid nach ihrem Willen haben sollte. Bei der Klärung der Frage, ob eine Unrichtigkeit klar erkennbar ist, kommt es letztlich auch auf den Inhalt der übrigen Bescheidteile sowie auf den Akteninhalt an (VwGH 21.02.2013, Zahl: 2011/06/0161).

Im vorliegenden Fall liegt offensichtlich keine auf einem Versehen beruhende offenkundige Unrichtigkeit und auch keine irrtümliche Angabe bzw. weder ein Schreib-, noch ein Rechenfehler des Asylgerichtshofes vor.

Vielmehr ist aus dem Akteninhalt deutlich erkennbar, dass mit den Antragstellern (AS1 und AS2) in der mündlichen Verhandlung am 12.01.2010 die Voraussetzungen für die Erlangung der russischen Staatsbürgerschaft hinreichend erörtert und geklärt wurden und die erkennenden Richter des Asylgerichtshofes den Antragstellern offenbar nicht geglaubt haben, dass diese staatenlos sind.

Dies geht aus Folgendem Auszug aus der Verhandlungsmitschrift des Asylgerichtshofes vom 12.01.2010 hervor:

"VR: Wo lebten Sie im Laufe Ihres Lebens in Ihrem Herkunftsstaat?

BF1: Ich bin in XXXX geboren, dann fuhren wir nach Russland, XXXX , das war XXXX . Ich war damals XXXX Jahre alt. Von dort fuhr ich nach XXXX , das war XXXX , dort habe ich zu arbeiten begonnen. Die Ortschaft wo ich lebte war am Rande von XXXX , sie hieß XXXX .

....

"VR: Haben Sie sich jemals darum bemüht, die russische Staatsbürgerschaft zu bekommen?

BF1: Nein.

VR: Warum nicht?

BF1: Ich hatte keine Dokumente.

VR: Sie hatten doch eine Geburtsurkunde. Diese bestätigt, dass Sie auf dem Gebiet der Sowjetunion geboren sind.

BF1: Ja.

VR: Aber Sie hätten einen Anspruch auf die Staatsbürgerschaft der Russischen Föderation gehabt. Warum haben Sie sich nicht bemüht?

BF1: Man sagte mir, dass ich irgendwo anders geboren worden bin.

VR: Wo waren Sie in der Schule?

BF1: In Russland, in XXXX .

VR: Welcher Schule?

BF1: Das war die städtische Schule XXXX .

VR: Wie konnten Sie dann diese Schule abschließen, wenn Sie zu diesem Zeitpunkt in der Russischen Föderation aufhältig, jedoch angeblich "illegal" waren?

BF1: Meine Großmutter hat geholfen, ich habe dort fünf oder sechs Jahre Schule besucht, das Abschlusszeugnis wurde aber gekauft. Das ist bis jetzt so.

VR: Von wem haben Sie es denn gekauft?

BF1: Meine Großmutter hat das damals alles erledigt.

VR: Ihre Mutter lebt ja noch in der Russischen Föderation, ist sie auch illegal dort?

BF1: Ich weiß es nicht, ich glaube aber, dass sie einen Pass hat.

VR: Warum sollten Sie ein Problem haben, auch die russische Staatsbürgerschaft bestätigt zu erhalten?

BF1: Ich weiß es nicht.

VR: Laut Auskunft des österreichischen Verbindungsbeamten ist es kein Problem, auf Basis des russischen Staatsbürgerschaftsgesetzes die Staatsbürgerschaft der Russischen Föderation bestätigt zu erhalten.

BF1: Ich bin halb Russe, und zur Hälfte Aserbaidschaner. Ich werde Probleme haben.

VR: und BR: Sie waren zum Stichtag 06.02.1992 auf dem Gebiet der Russischen Föderation aufhältig und gelten aufgrund der Bestimmungen des russischen Staatsbürgerschaftsgesetzes als Staatsbürger der Russischen Föderation.

BF1: Ich habe mich drum gemüht, aber nicht bekommen.

VR und BR: Sie haben vor fünf Minuten gesagt, dass Sie sich nicht darum bemüht haben.

BF1: Man hat mir gesagt, dass es möglich ist sie zu kaufen.

BFV: Haben Sie das versucht?

BF1. Nein.

VR übergibt dem BFV die Auskunft des österreichischen Verbindungsbeamten vom 13.10.2009 sowie die Accordauskunft vom 07. November 2007 und räumt eine Stellungnahmefrist von 14 Tagen ein."

Wie der Asylgerichthof in seinen Erkenntnissen ausführte, verwickelten sich der AS1 und die AS2 in der mündlichen Beschwerdeverhandlung darüber hinaus auch in der Schilderung ihrer Fluchtgründe in massive Widersprüche bzw. Unstimmigkeiten und waren die Antragsteller als Personen völlig unglaubwürdig. Zudem wurden die Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. und II. der bekämpfen Bescheide des Bundesasylamtes vom Rechtsvertreter der Antragsteller in weiterer Folge wieder zurückgezogen, was die Unglaubwürdigkeit ihrer Personen weiter bestätigte. Die Antragsteller haben darüber hinaus - nach nunmehr fast 9 Jahren - keine Dokumente in Vorlage bringen können, welche das Nichtbestehen ihrer Russischen Staatsbürgerschaft belegen würden. Dies, obwohl die Antragsteller vor 9 (!) Jahren im Rahmen der Beschwerdeverhandlung die Existenz von möglichen Beweismitteln (Propiska, Abschlusszeugnis der Schule, Staatsbürgerschaftsnachweis der Mutter) von AS 1 -

"VR: Ihre Mutter lebt ja noch in der Russischen Föderation, ist sie auch illegal dort?

BF1: Ich weiß es nicht, ich glaube aber, dass sie einen Pass hat." -

bestätigt haben. 9 Jahre später wird unverändert keinerlei Dokument dazu in Vorlage gebracht.

Es liegt daher offensichtlich kein Schreib- oder Rechenfehler oder eine einem solchen gleichzuhaltende, auf einem Versehen oder ausschließlich auf technisch mangelhaften Betrieb einer automationsunterstützen Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeit vor, sodass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Berichtigung des gegenständlichen Erkenntnisses nicht vorliegen und den Anträgen keine Folge zu geben war.

Der Vollständigkeitshalber wird festgehalten, dass auf die von Amts wegen vorzunehmende Berichtigung eines Bescheides (bzw. Erkenntnisses) kein Rechtsanspruch besteht. Es bleibt der Partei des Verwaltungsverfahrens unbenommen, eine amtswegige Berichtigung eines Bescheides nach § 62 Abs. 4 AVG anzuregen. Wird dieser Anregung von der Behörde (bzw. dem Verwaltungsgericht) keine Folge gegeben, so ist die Partei hierdurch in keinem Recht verletzt (siehe VwGH E 12.11.1957, 846/57, VwSlg 4472 A/1957).

Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Nach § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Gemäß Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (2010/C 83/02) - folgend: GRC - hat jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. Zufolge Abs. 2 leg.cit. hat jede Person ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.

Nach Art. 52 Abs. 1 GRC muss jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie notwendig sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.

Zur Frage der Verhandlungspflicht brachte der Verfassungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 14.03.2012, Zl. U 466/11 ua. zum Ausdruck, er hege vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EGMR (zur Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung) weder Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 41 Abs. 7 AsylG 2005 noch könne er finden, dass der Asylgerichtshof der Bestimmung durch das Absehen von der Verhandlung einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt habe. Das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheine oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergebe, dass das Vorbringen tatsachenwidrig sei, stehe im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden habe, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt worden sei.

Projiziert auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass aus dem Akteninhalt des Aktes des Asylgerichtshofes die Grundlage des eingebrachten Antrages unzweifelhaft nachvollziehbar ist. Es hat sich kein zusätzlicher Hinweis auf die Notwendigkeit ergeben, den maßgeblichen Sachverhalt mit den Antragstellern zu erörtern, sodass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht unterbleiben konnte.

Zu B)

Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu

A) wiedergegeben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Berichtigung, mangelnder Anknüpfungspunkt, Rechenfehler,
Schreibfehler, Staatsangehörigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W226.1310540.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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