TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/7 W103 2210897-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.02.2019
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Entscheidungsdatum

07.02.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §7 Abs1 Z2
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

W103 2210897-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. AUTTRIT als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.11.2018, Zl.:

740714106-180141270, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis V. und VII. wird gemäß §§ 7 Abs. 1 Z 2 und Abs. 4, 8 Abs. 1, 57, 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie §§ 52 Abs. 2 Z 3 und Abs. 9, 46, 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG idgF iVm § 53 Abs. 3 FPG idgF mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Dauer des Einreiseverbotes auf sechs Jahre herabgesetzt wird.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Verfahren über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger der Russischen Föderation tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit, stellte am 11.04.2004 einen Asylantrag, nachdem er zuvor gemeinsam mit seiner Gattin und seinen minderjährigen Kindern illegal in das Bundesgebiet gelangt war. Seinen Antrag begründete der Beschwerdeführer im Wesentlichen mit dem in seiner Heimat herrschenden Krieg. Der Beschwerdeführer würde keine Zukunft für seine Kinder sehen. Zudem verwies er auf zwei Festnahmen seiner Person, aus denen er jeweils durch seine Brüder freigekauft worden sei. Offizielle behördliche Verfolgungsmaßnahmen seien gegen seine Person nicht gesetzt worden.

1.2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.11.2004, Zl. 04 07.141-BAL, wurde dem Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl. I 1997/76 idF BGBl. Nr. 126/2002 (AsylG), stattgegeben, dem Beschwerdeführer Asyl gewährt und gemäß § 12 AsylG festgestellt, dass dem Beschwerdeführer kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

1.3. Der Beschwerdeführer wurde in der Folge wiederholt straffällig.

2. Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten:

2.1. Am 03.10.2018 wurde der Beschwerdeführer im Rahmen des amtswegig gegen seine Person eingeleiteten Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Der Beschwerdeführer gab auf entsprechende Befragung hin zusammengefasst zu Protokoll, er sei gesund und stehe nicht in ärztlicher oder medikamentöser Behandlung. Nach erfolgter Rückübersetzung der Niederschrift ergänzte der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang, dass er aufgrund einer während eines Raufhandels erlittenen Kopfverletzung operiert worden wäre und aus diesem Grund ein Implantat respektive eine Metallplatte im Kopf habe. Nach Vorhalt seiner strafgerichtlichen Verurteilungen gab der Beschwerdeführer an, es seien alle seine Fehler, er könne sich selbst nicht erklären, wie es dazu gekommen sei; vielleicht Leichtsinnigkeit und Drogen. Diese Verurteilungen, welche er grundsätzlich als gerechtfertigt erachte, hätten ihm jedoch tatsächlich geholfen, auf den rechten Weg zu finden. Im Jahr 2011 habe er sich von seiner Frau, welche er im Jahr 1993 in Russland geheiratet hätte, scheiden lassen. Der Beschwerdeführer habe zwei volljährige sowie einen minderjährigen Sohn, welche die russische Staatsbürgerschaft besitzen würden. Der Beschwerdeführer gebrauche im Alltag seine Muttersprache Tschetschenisch, darüber hinaus spreche er Russisch und etwas Deutsch. Der Status des Asylberechtigten sei ihm aufgrund des Krieges in Tschetschenien zuerkannt worden. In seinem früheren Wohnhaus in Tschetschenien lebe nunmehr der ältere Bruder des Beschwerdeführers mit seinen Kindern. Der Beschwerdeführer habe sich zuletzt im Jahr 2003 in Russland aufgehalten und sei seit 2004 durchgehend in Österreich aufhältig. Seine geschiedene Frau und seine Kinder würden in Österreich leben, darüberhinausgehende Familienangehörige habe er nicht im Bundesgebiet. Der Rest seiner Familie - dabei handle es sich um seinen Vater, seine Schwiegermutter, fünf Geschwister und deren Familien - hielte sich in Tschetschenien auf. In Österreich habe der Beschwerdeführer 2005 sowie von 2006 bis 2008 als Lagerarbeiter in einer Schokoladenfabrik gearbeitet. Aufgrund der Drogen habe er seine Arbeit beendet und habe seinen Lebensunterhalt vor Antritt der gegenwärtigen Untersuchungshaft zuletzt durch den Bezug von Sozialhilfe bestritten. Der Beschwerdeführer habe im Bundesgebiet tschetschenische und österreichische Freunde, mit denen gemeinsam er seine Freizeit verbracht hätte. Er sei in Österreich kein Mitglied in einem Verein, einer religiösen Gruppe oder einer Organisation. Auf die Frage, was gegen eine Rückkehr in sein Heimatland sprechen würde, erklärte der Beschwerdeführer, er habe während des Tschetschenien-Krieges Kontakte zu Kämpfern gepflegt und würde aus diesem Grund Probleme bekommen. Er wisse nicht, welches Leben ihn nach so langer Zeit dort erwarten würde, wo er wohnen und was er dort tun sollte. Seine Kinder seien hier groß geworden und würden hier studieren und arbeiten. Diese würden Tschetschenisch nicht gut verstehen. Eines der Probleme, welche zu seiner Ausreise nach Österreich geführt hätten, sei sein mittlerer Sohn gewesen, welcher an Meningitis gelitten hätte. Er sei operiert worden, habe zwei Implantate, benötige medizinische Behandlung und sei auf ein Hörgerät angewiesen. Seine Kinder hätten ihn auf seinen Wunsch hin bislang nicht in der Haft besucht. Nach seiner Haftentlassung würde der Beschwerdeführer gerne eine Unterkunft und eine Arbeit finden und ein normales Leben führen, wie er es vor seinen Problemen gehabt hätte. Er bereue, dass er diese Drogenprobleme gehabt hätte. Er verzichte auf eine Aushändigung der seitens der Behörde herangezogenen Länderfeststellungen zur Lage in Russland und brachte abschließend vor, seinen Angaben nichts mehr hinzuzufügen zu haben.

2.2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 20.11.2018 wurde dem Beschwerdeführer der ihm mit Bescheid vom 18.11.2004, Zahl: 04 07.141-BAL, zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Absatz 1 Ziffer 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, aberkannt. Gemäß § 7 Absatz 4 AsylG wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Absatz 1 Ziffer 2 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 4 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Absatz 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Weiters wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen betrage (Spruchpunkte VII.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte fest, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen Staatsangehörigen der Russischen Föderation und der tschetschenischen Volksgruppe handle, dessen präzise Identität nicht feststünde; der Beschwerdeführer sei geschieden, habe drei volljährige Kinder und sei in Österreich mehrmals straffällig geworden. Dieser würde an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung leiden und nehme keine Medikamente ein. Zu den Gründen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten verwies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl auf die vier strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers aus den Jahren 2009, 2013, 2015 und 2017. Zur Situation des Beschwerdeführers im Falle seiner Rückkehr hielt die Behörde fest, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Russland keiner Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt wäre. Es könne nicht festgestellt werden, dass dieser im Falle einer Rückkehr nach Russland in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wäre. Diesem stünde auch jedenfalls eine innerstaatliche Fluchtalternative in anderen Teilen des Landes zur Verfügung. Es habe nicht festgestellt werden können, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat die Lebensgrundlage gänzlich entzogen werden würde oder dass er bei einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Notlage gedrängt wäre. Der Beschwerdeführer verfüge im Heimatland über familiäre Anknüpfungspunkte und fände deshalb auch Unterstützungs- und Unterkunftsmöglichkeiten vor. Zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers wurde im Wesentlichen festgehalten, dass dieser sich aktuell in Haft in einer Justizanstalt befände. Die Ex-Frau und die drei Kinder des Beschwerdeführers würden sich in Österreich aufhalten und hätten, ebenso wie der Beschwerdeführer, den Status von Asylberechtigten inne. In Russland hielten sich der Vater, die Schwiegermutter sowie fünf Geschwister des Beschwerdeführers mitsamt deren Familien auf. Der Beschwerdeführer ginge in Österreich keiner Beschäftigung nach und habe zuletzt im Jahr 2008 in Österreich gearbeitet. Der Beschwerdeführer habe an keinen Deutschkursen teilgenommen, sei in keinen Vereinen aktiv und verfüge über keine besonderen sozialen Kontakte, welche ihn an Österreich binden würden. Eine entscheidungsmaßgebliche ausgeprägte Integration des Beschwerdeführers in Österreich habe nicht festgestellt werden können, dieser habe seinen Aufenthalt im Bundesgebiet zur kontinuierlichen Begehung von Strafrechtsdelikten genutzt. Aufgrund jener näher dargestellten Verurteilungen sei gegen den Beschwerdeführer ein Einreiseverbot in der ausgesprochenen Dauer zu verhängen gewesen.

Zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten sowie zur Rückkehrsituation des Beschwerdeführers traf das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl insbesondere die folgenden beweiswürdigenden Erwägungen:

"(...) Für eine Aberkennung des Ihnen gewährten Asyls müssen zunächst drei Voraussetzungen vorliegen:

Sie müssen rechtskräftig verurteilt worden sein, bei Ihren Straftaten muss es sich um ein besonders schweres Verbrechen handeln und Sie müssen als ein gemeingefährlicher Täter angesehen werden können.

Bei Straftaten, die mit lebenslanger bzw. mit einer fünf Jahre übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind handelt es sich um Schwerkriminalität. Diese Delikte fallen in die schöffen- oder geschworenengerichtliche Zuständigkeit (§ 31 Abs 2 Z 1, § 31 bs 3 Z 1 StPO).

Weiters ist bei diesen Verbrechen eine Diversion von vornherein ausgeschlossen (§ 198 Abs 1 Z 1 StPO). Daher ist prima facie bei derartigen Verbrechen von einem besonders schweren Verbrechen iS des § 6 Abs 1 Z 4 AsylG 2005 auszugehen. Lediglich dann, wenn ein Fall der außerordentlichen Strafmilderung vorliegt, also die Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen beträchtlich überwiegen (§ 41 StGB), kann die "besondere Schwere" im Wege der Einzelfallbetrachtung verneint werden. Bei Verbrechen iSd § 17 Abs 1 StGB, die die Grenze zur Schwerkriminalität nicht überschreiten (z.B. absichtlich schwere Körperverletzung gem. § 87 Abs 1 StGB - Strafdrohung 1-5 Jahre) ist durch eine konkrete Einzelfallbetrachtung die Schwere der Straftat zu bestimmen. Dabei spielen die Höhe der konkret verhängten Freiheitsstrafe (je näher an der Höchststrafe desto eher liegt ein besonders schweres Verbrechen vor), die konkreten Tatauswirkungen in der gesellschaftlichen Wirklichkeit (Art, Ausmaß und Wichtigkeit aller effektiven Nachteile sowohl für den betroffenen Einzelnen als auch für die Gesellschaft im Ganze) und die Erschwerungs- und Milderungsgründe im Urteil zur Beurteilung eine besondere Rolle.

Am XXXX wurden Sie durch das Bezirksgericht XXXX wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 2,00€, im Nichteinbringungsfall 35 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.

Am XXXX wurden Sie durch das Landesgericht XXXX wegen der Vergehen des Betrugs, des schweren Betrugs, der Körperverletzung sowie des unerlaubter Umgangs mit Suchtgiften zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, davon 8 Monate bedingt, bei Festlegung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Die bedingte Nachsicht der Strafe wurde anlässlich der neuerlichen Verurteilung durch das Landesgericht XXXX am XXXX widerrufen.

Hierzu wird festgestellt, dass für Betrug gemäß §146 StGB von einem Strafrahmen von bis zu 6 Monaten, für schweren Betrug gemäß §147 Abs. 1 Z 1 StGB von einem Strafrahmen bis zu drei Jahren, für Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB von einem Strafrahmen bis zu einem Jahr und im Falle des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 1 Z 1, 8. Fall und §27 abs. 3 SMG von einem Strafrahmen bis zu drei Jahren auszugehen war.

Als mildernd wurde das umfassende Geständnis gesehen. Erschwerend war die Tatsache, des Zusammentreffens mehrerer Vergehen.

Am XXXX wurden Sie durch das Landesgericht XXXX wegen der Vergehen des Diebstahls, des Diebstahls durch Einbruch oder mit Waffen sowie des Verbrechens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls, damals §130 4. Fall: "Wer [...] einen Diebstahl durch Einbruch oder mit Waffen in der Absicht begeht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen" zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.

Hierzu wird festgestellt, dass für Diebstahl gemäß §127 StGB von einem Strafrahmen von bis zu 6 Monaten, für Diebstahls durch Einbruch oder mit Waffen gemäß §129 Z 2 StGB von einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, für gewerbsmäßigen Diebstahl und Diebstahl im Rahmen einer kriminellen Vereinigung gemäß § 130 4. Fall StGB aF von einem Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren auszugehen war.

Als mildernd wurden das Geständnis und der teilweise Versuch gesehen. Erschwerend waren die zwei einschlägigen Vorstrafen, die Tatwiederholung und die Begehung in offener Probezeit.

Am 28.06.2017 wurden Sie durch das Landesgericht XXXX wegen der Vergehen des versuchten Diebstahls und der gefährlichen Drohung zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt.

Hierzu wird festgestellt, dass für für Diebstahl gemäß §127 StGB von einem Strafrahmen von bis zu 6 Monaten, für Gefährliche Drohung gemäß §107 Abs. 1 StGB von einem Strafrahmen bis zu einem Jahr auszugehen war.

Als mildernd wurden das Geständnis und dass es beim Versuch geblieben ist gesehen. Erschwerend waren die drei einschlägigen Vorstrafen und das Zusammentreffen von zwei Vergehen.

Aufgrund des Sachverhaltes und den schriftlichen Ausführungen in den Urteilen wird festgestellt, dass es sich vor allem bei der Verurteilung wegen Diebstahls, Diebstahls durch Einbruch oder mit Waffen für gewerbsmäßigen Diebstahl und Diebstahl im Rahmen einer kriminellen Vereinigung um ein besonders schweres Verbrechen handeln. Bei Straftaten, die mit lebenslanger bzw. mit einer fünf Jahre übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind handelt es sich um Schwerkriminalität. Dies ist bei Ihrer Verurteilung nach §130 4. Fall StGB aF der Fall.

Sie wurden darüberhinaus mehrmals rückfällig. Bereits 2009 wurden Sie erstmals wegen Diebstahl verurteilt. Ihre vierte und bis dato letzte Verurteilung datiert auf den XXXX . Auch in diesem Fall handelte es sich um eine Verurteilung wegen Diebstahl gemäß §127 StGB, einem Straftatbestand wegen dem Sie insgesamt drei Mal verurteilt wurden. Dazwischen fiel die beschriebene Schwerkriminalität, eine Verurteilung aufgrund eines Suchtmitteldeliktes sowie durch Körperverletzung auch eine Verurteilung wegen eines Eingriffs in die körperliche Integrität.

Die mehrmaligen Verurteilungen konnten Sie nicht davon abhalten, rückfällig zu werden. Die mehrmaligen Verurteilungen und der oftmals rasche Rückfall zeugen nicht von einer Resozialisierung Ihrerseits. Auch überwiegen bei der Verurteilung wegen Diebstahls, Diebstahls durch Einbruch oder mit Waffen und gewerbsmäßigen Diebstahl und Diebstahl im Rahmen einer kriminellen Vereinigung die erschwerenden gegenüber den mildernden Strafbemessungsgründen.

Sie können als ein gemeingefährlicher Täter angesehen werden.

Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

Die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten im Jahr 2004 erfolgte wegen des Krieges in Tschetschenien.

Dass zum Entscheidungszeitpunkt bei einer Rückkehr nach Russland eine Gefährdung für Sie besteht, wird von der Behörde nicht angenommen. Der Krieg in Tschetschenien ist seit 2009 vorbei. In Tschetschenien konnte laut Länderinformationsblatt der Kriegszustand überwunden und ein Wiederaufbau eingeleitet werden.

Sie brachten Sie bei Ihrer Einvernahme vom 03.10.2018 als Rückkehrbefürchtungen vor, dass Sie nicht wissen würden, was Sie nach so langer Zeit in Tschetschenien erwarten würde, und das Ihre Kinder hier studieren und arbeiten würden, sowie ein Sohn medizinische Behandlung benötigt. Dazu ist zu sagen, dass Sie angaben, dass der Großteil Ihrer Familie in Tschetschenien leben würde, und Sie somit Unterstützungsmöglichkeiten hätten. Sie gaben an, dass Ihre Ex-Gattin das Sorgerecht über Ihre Kinder gehabt hätte. Diese könnten weiterhin in Österreich eine medizinische Behandlung bekommen. Hinsichtlich Ihrer Aussage, dass Sie während des Tschetschenien-Krieges Kontakte zu Kämpfern gepflegt hätten ist zu sagen, dass Sie in Ihrer ersten Einvernahme am 26.08.2004 angaben, Tschetschenien aufgrund der bürgerkriegsähnlichen Situation verlassen zu haben. Sie hätten zwar einen Freund gehabt, der Widerstandskämpfer gewesen wäre, jedoch gaben Sie an, dass nie offizielle behördliche Verfolgungsmaßnahmen gegen Ihre Person gesetzt worden wären, Sie nicht vorbestraft sind, Sie nicht an bewaffneten Auseinandersetzungen teilgenommen hätten, Sie nicht politisch tätig gewesen wären und Sie keine gröberen Probleme mit Privatpersonen gehabt hätten. Da Sie seitdem in Österreich aufhältig waren, ist ein Vorliegen einer aktuellen Verfolgungsgefahr nicht festzustellen.

Hinsichtlich Ihrer Versorgungssituation ist festzuhalten, dass Ihre Grundbedürfnisse in der Russland gedeckt sein werden. Bei Ihnen handelt es sich um einen jungen, gesunden, arbeitsfähigen Mann und ist davon auszugehen, dass Sie in Ihrem Herkunftsstaat in der Lage sein werden, selbst ohne weitreichende Arbeitserfahrung ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Dies erscheint für Sie vor dem Hintergrund Ihrer Sprachkenntnisse in Tschetschenisch, welches Sie mit Ihrer Familie sprechen, und bei dem es sich um Ihre Muttersprache handelt, zumutbar. Ferner steht Ihnen mit Ihren Familienangehörigen im Herkunftsstaat ein familiäres Auffangnetz zur Verfügung, welches Ihnen zumindest für den Zeitraum bis zu Ihrer beruflichen Eingliederung Unterstützung bieten kann. Sie brachten in diesem Zusammenhang vor, dass Ihr Vater, Ihre Schwiegermutter, fünf Geschwister und deren Familien in Tschetschenien leben, zu welchen Sie vor der Haft Kontakt gehabt hätten, und zu denen Sie angaben:

"Sie leben, sie sind gesund".

Es ist somit anzunehmen, dass Sie bei einer Rückkehr nach Russland beziehungsweise Tschetschenien verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte vorfinden, welche Ihnen Unterstützung bieten können.

Es gilt zudem zu bedenken, dass Sie die ersten dreißig Lebensjahre in Russland verbracht haben und zudem in Österreich hauptsächlich Kontakte zu Ihrer Familie beziehungsweise anderen Tschetschen haben. Demnach sind Sie mit den dort herrschenden Gepflogenheiten vertraut. Für die Behörde waren daher keine Anhaltspunkte erkenntlich, wonach Sie im Falle Ihrer Rückkehr in Ihr Herkunftsland in eine existenzbedrohende Notlage geraten würden.

Für den Fall, dass Sie nicht in die Region Tschetschenien zurückkehren möchten, steht es Ihnen frei, sich in einem anderen Teil Russlands niederzulassen.

Laut der letzten Volkszählung von 2010 leben die meisten Tschetschenen außerhalb Tschetscheniens z.B. in Moskau (über 14.000 Personen), in Inguschetien (knapp 19.000 Personen) in der Rostow Region (über 11.000 Personen), in Stawropol Krai (knapp 12.000 Personen), in Dagestan (über 9.000 Personen), in der Wolgograd Region (knapp 10.000 Personen) und in der Astrachan Region (über 7.000 Personen).

Was die sozio-ökonomischen Grundlagen für die tschetschenische Diaspora innerhalb Russlands betrifft, ist davon auszugehen, dass die wirtschaftlich stärkeren Metropolen und Regionen in der Russischen Föderation trotz der vergangenen Wirtschaftskrise bei vorhandener Arbeitswilligkeit auch entsprechende Chancen für russische Staatsangehörige aus der eher strukturschwachen Region des Nordkaukasus bieten. (...)"

In rechtlicher Hinsicht wurde zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten unter anderem ausgeführt, der Beschwerdeführer habe mehrere Vermögensdelikte (Diebstahl, Betrug, schweren Betrug, Diebstahl durch Einbruch oder mit Waffen, gewerbsmäßiger Diebstahl und Diebstahl im Rahmen einer kriminellen Vereinigung) begangen. Hierbei handle es sich um die Verletzung objektiv besonders wichtiger Rechtsgüter, nämlich Vermögen. In solch gravierenden Fällen verübter Straftaten sei es zulässig, bereits ohne umfassende Prüfung aller einzelnen Tatumstände eine eindeutige Wertung als schweres Verbrechen mit negativer Zukunftsprognose vorzunehmen (VwGH 23.9.2009, 2006/01/0626). Die Gefährlichkeit müsse hinsichtlich der Allgemeinheit gegeben sein, was regelmäßig mit einer Wiederholungsgefahr im Hinblick auf geschützte Rechtsgüter eines weiten Personenkreises verbunden wäre. Damit die Tat im Einzelfall als "besonders schweres Verbrechen" susbsumiert werden könne, müsse sich die Tat im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweisen und es müssten noch weitere Umstände hinzutreten, da der Straftat ansonsten nicht die außerordentliche Schwere anhafte (VwGH 27.4.2006, 2003/20/0050; VwGH 3.12.2002, 2001/01/0494; VwGH 6.10.1999, 99/01/0288). Der Beschwerdeführer sei darüber hinaus mehrfach rückfällig geworden. Die mehrmaligen Verurteilungen und der oftmals rasche Rückfall würden nicht von einer Resozialisierung des Beschwerdeführers zeugen und würden bei den Verurteilungen des Beschwerdeführers wegen Vermögensdelikten die erschwerenden gegenüber den mildernden Strafbemessungsgründen überwiegen. Der Beschwerdeführer sei wegen eines besonders schweren Verbrechens verurteilt worden und stelle wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft dar. Als besonders schweres Verbrechen werde ein Verbrechen bestimmt, welches objektiv besonders wichtige Rechtsgüter verletze, wie zB im Fall des Beschwerdeführers gewerbsmäßiger Diebstahl und Diebstahl im Rahmen einer kriminellen Vereinigung. Auch eine Interessensabwägung, wie international gepflogen und vom VwGH verlangt, falle zu Ungunsten der Person des Beschwerdeführers aus. Der Großteil der Familie des Beschwerdeführers lebe in Tschetschenien und dieser hätte dort Unterstützungsmöglichkeiten. Hinsichtlich seiner Aussage, dass er während des Tschetschenien-Krieges Kontakte zu Kämpfern gepflegt hätte, sei zu sagen, dass er in seiner ersten Einvernahme am 26.08.2004 angegeben hätte, Tschetschenien aufgrund der bürgerkriegsähnlichen Situation verlassen zu haben. Dieser hätte zwar einen Freund gehabt, der Widerstandskämpfer gewesen wäre, er habe jedoch angegeben, dass nie offizielle behördliche Verfolgungsmaßnahmen gegen seine Person gesetzt worden seien, er an keinen bewaffneten Auseinandersetzungen teilgenommen hätte, nicht politisch tätig gewesen sei und keine gröberen Probleme mit Privatpersonen gehabt hätte. Da er seitdem in Österreich aufhältig gewesen wäre, sei das Vorliegen einer aktuellen Verfolgungsgefahr nicht festzustellen gewesen. Der Beschwerdeführer habe eine konkrete, seine Person betreffende, Gefährdung oder Verfolgung im Sinne der GFK nicht angeführt und sei eine solche auch im Zuge des Verfahrens nicht ersichtlich geworden. Im Bundesgebiet hielten sich die Ex-Frau und die volljährigen Kinder des Beschwerdeführers auf. Der Beschwerdeführer halte sich seit etwa vierzehn Jahren in Österreich auf, spreche ein wenig Deutsch und sei vor seiner Inhaftierung nicht arbeitstätig gewesen. Den privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet seien die öffentlichen Interessen für das ordentliche und sichere Zusammenleben der Gemeinschaft entgegenzustellen. Aus dieser Abwägung ergebe sich, dass die persönlichen Anfangsschwierigkeiten des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat gegenüber der von ihm ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zurücktreten würden und die Aberkennung des Status des Asylberechtigten daher geboten sei.

Seitens der Behörde hätten zudem keine derart exzeptionellen Umstände im Hinblick auf Russland festgestellt werden können, die einer in Art. 2 und/oder Art. 3 EMRK genannten Gefährdung gleichzuhalten wären. Es könne nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in sein Herkunftsland einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und hätten sich in seinem Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Russland seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten und in eine existenzielle Notlage geraten könnte.

Es hätte sich im Verfahren überdies kein Sachverhalt ergeben, welcher die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" rechtfertigen würde.

Der Beschwerdeführer verfüge über die oben erwähnten Familienangehörigen im Bundesgebiet; aufgrund der massiven Missachtung der österreichischen Rechtsordnung und der damit verbundenen Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit sehe das Bundesamt allerdings ein Überwiegen der Interessen der Öffentlichkeit an einer Beendigung des Aufenthalts des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer verfüge über geringe Deutschkenntnisse und ginge seit etwa zehn Jahren keiner Arbeit nach. Die Dauer seines Aufenthalts relativiere sich dadurch, dass der Beschwerdeführer diese nicht zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen, sozialen und beruflichen Integration zu nutzen vermocht hätte. Dem Beschwerdeführer stünde es frei, die in Österreich bestehenden Bindungen nach einer Ausreise durch briefliche, elektronische und telefonische Kontakte aufrecht zu erhalten. Eine Rückkehrentscheidung erweise sich daher als zulässig. Angesichts des an anderer Stelle dargelegten Fehlverhaltens des Beschwerdeführers gefährde ein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit und sei die Erlassung eines Einreiseverbotes dringend geboten, um den Genannten von der Begehung weiterer Straftaten in Österreich abzuhalten.

2.3. Gegen diesen, dem Beschwerdeführer am 21.11.2018 zugestellten, Bescheid wurde unter gleichzeitiger Bekanntgabe der Vertretungsmacht der im Spruch bezeichneten Rechtsberatungsorganisation mit Eingabe vom 03.12.2018 fristgerecht die verfahrensgegenständliche Beschwerde im vollen Umfang erhoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer verbüße derzeit eine Freiheitsstrafe in der Gesamtdauer von 34 Monaten. Die belangte Behörde habe es verabsäumt, auf das individuelle Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen und die Gesamtbeurteilung anhand aller verfügbarer herkunftsstaatspezifischer Informationen vorzunehmen. Beim Beschwerdeführer handle es sich um einen 45-jährigen Mann, der sein einschlägiges, über die Jahre kontinuierliches, Strafverhalten mit seiner Drogenabhängigkeit erkläre. Im Rahmen einer Prognoseentscheidung könne jedoch vom endgültigen Abwenden von einer kriminellen Gesinnung ausgegangen werden. Auch wenn durch die Begehung von strafbaren Handlungen die Einleitung eines Aberkennungsverfahrens und dadurch in weiterer Folge auch die Aberkennung des Status des Asylberechtigten prinzipiell vorgesehen und somit prinzipiell möglich seien, müsse von der belangten Behörde u. a. eine Gefährdungsprognose des Betroffenen gestellt und die potentielle Gefährdungslage im Heimatstaat überprüft werden. Liege eine solche vor, wäre zwar unter Umständen die Aberkennung des Status des Asylberechtigten möglich, nicht aber die Effektuierung einer Rückkehrentscheidung. Die Sicherheitsbehörden in Tschetschenien gingen den Länderfeststellungen zufolge rigoros gegen Personen vor, die des Beitrags zum bzw. der Unterstützung des Terrorismus verdächtigt würden. Unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat sei das Bestehen einer wohlbegründeten Furcht objektiv nachvollziehbar. Aufgrund des mit der Rückkehrentscheidung einhergehenden Eingriffs in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers wäre konsequenterweise eine ausführliche Interessensabwägung vorzunehmen gewesen.

2.4. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 10.12.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Auf Grundlage des Verwaltungsakts der belangten Behörde und der in diesem Verfahren herangezogenen Hintergrundberichte zur aktuellen relevanten Lage in der Russischen Föderation respektive Tschetschenien wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes Folgendes festgestellt:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, welcher der tschetschenischen Volksgruppe angehört und sich zum moslemischen Glauben bekennt. Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 2004 gemeinsam mit seiner damaligen Ehegattin sowie seinen drei Söhnen illegal in das Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf Asyl, dem mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.11.2004 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 stattgegeben und dem Beschwerdeführer in Österreich Asyl gewährt wurde. Der Beschwerdeführer hat seine Antragstellung mit den damals herrschenden bürgerkriegsähnlichen Zuständen in Tschetschenien begründet. Er hat zwei Festnahmen seiner Person geschildert, aus welchen er jeweils durch seine Brüder freigekauft worden wäre. Die Frage nach offiziellen behördlichen Verfolgungsmaßnahmen gegen seine Person hat der Beschwerdeführer ebenso wie die Fragen verneint, ob er sich je an einer bewaffneten Auseinandersetzung beteiligt oder politisch betätigt hätte.

In Tschetschenien halten sich zum Entscheidungszeitpunkt unverändert der Vater und fünf Geschwister des Beschwerdeführers mit deren jeweiligen Familien auf, zu welchen der Beschwerdeführer während seines Aufenthalts in Österreich regelmäßig in Kontakt stand.

1.2. Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer in Tschetschenien respektive der Russischen Föderation aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten bedroht wäre. Im Entscheidungszeitpunkt konnte keine aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in der Russischen Föderation festgestellt werden.

Ebenfalls nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Tschetschenien respektive in die Russischen Föderation in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wäre. Der Beschwerdeführer liefe dort nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Beschwerdeführer spricht Tschetschenisch auf muttersprachlichem Niveau, zudem spricht er Russisch und verfügt über zahlreiche Angehörige sowie eine Wohnmöglichkeit im Herkunftsstaat. Der Beschwerdeführer, welcher sein Heimatland im Alter von 30 Jahren verlassen hat, leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankungen und hat in der Russischen Föderation eine Ausbildung absolviert und Berufserfahrung gesammelt.

1.3. Der Beschwerdeführer weist die folgenden strafgerichtlichen Verurteilungen auf:

1) XXXX )

§ 15, 127 StGB

...

Geldstrafe von 70 Tags zu je 2,00 EUR (140,00 EUR) im NEF 35 Tage Ersatzfreiheitsstrafe

...

2) XXXX )

§§ 146, 147 (1) Z 1 StGB, §§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (3) SMG, § 83

(1) StGB

...

Freiheitsstrafe 12 Monate, davon Freiheitsstrafe 8 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

...

3) XXXX )

§§ 127, 129 Z 2, 130 4. Fall StGB, § 15 StGB

...

Freiheitsstrafe 18 Monate

4) XXXX )

§ 15 StGB § 127 StGB

§ 107 (1) StGB

...

Freiheitsstrafe 8 Monate

Ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet würde eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellen.

1.4. Im Bundesgebiet leben die Ex-Ehegattin sowie drei volljährige Söhne des Beschwerdeführers, welche allesamt ebenfalls Staatsangehörige der Russischen Föderation sind, welchen in Österreich der - vom Beschwerdeführer im Wege der Asylerstreckung abgeleitete - Status von Asylberechtigten zukommt. Die Söhne des Beschwerdeführers leben in einem gemeinsamen Haushalt mit der Kindesmutter und gehen im Bundesgebiet einer Ausbildung oder Erwerbstätigkeit nach. Der Beschwerdeführer befindet sich seit August 2017 in Justizhaft und hat während dieses Zeitraums keinen engen familiären Kontakt zu seinen Söhnen gepflegt, welche den Beschwerdeführer während seiner Haft nicht besucht haben. Der Beschwerdeführer hat sich während seines langjährigen Aufenthaltes nur geringe Deutschkenntnisse angeeignet und war während dessen überwiegender Dauer auf staatliche Unterstützungsleistungen angewiesen. Er hat Freundschaften und Bekanntschaften im Bundesgebiet geknüpft, verfügt jedoch mit Ausnahme seiner hier lebenden Söhne und der Kindesmutter über keine engen sozialen Bezugspunkte in Österreich. Der Beschwerdeführer ist zuletzt im Jahr 2008 einer Erwerbstätigkeit nachgegangen und hat im Anschluss bis zu seiner Inhaftierung von Sozialhilfe gelebt. Der Beschwerdeführer hat sich in keinen Vereinen betätigt und ist keiner ehrenamtlichen Tätigkeit nachgegangen.

Eine den Beschwerdeführer betreffende aufenthaltsbeendende Maßnahme würde keinen ungerechtfertigten Eingriff in dessen gemäß Art. 8 EMRK geschützte Rechte auf Privat- und Familienleben darstellen.

1.5. Insbesondere zur allgemeinen Situation und Sicherheitslage, zur allgemeinen Menschenrechtslage, zu Grundversorgung und Wirtschaft sowie zur Lage von Rückkehrern wird unter Heranziehung der erstinstanzlichen Länderfeststellungen Folgendes festgestellt:

...

Der Inhalt dieser Kurzinformation wird mit heutigem Datum in das LIB Russische Föderation übernommen (Abschnitt 1/Relevant für Abschnitt 19. Bewegungsfreiheit bzw. 19.2. Tschetschenen in der Russischen Föderation außerhalb Tschetscheniens).

Bekanntlich werden innerstaatliche Fluchtmöglichkeiten innerhalb Russlands seitens renommierter Menschenrechtseinrichtungen meist unter Verweis auf die Umtriebe der Schergen des tschetschenischen Machthabers Kadyrow im ganzen Land in Abrede gestellt. Der medialen Berichterstattung zufolge scheint das Netzwerk von Kadyrow auch in der tschetschenischen Diaspora im Ausland tätig zu sein. Dem ist entgegenzuhalten, dass renommierte Denkfabriken auf die hauptsächlich ökonomischen Gründe für die Migration aus dem Nordkaukasus und die Grenzen der Macht von Kadyrow außerhalb Tschetscheniens hinweisen. So sollen laut einer Analyse des Moskauer Carnegie-Zentrums die meisten Tschetschenen derzeit aus rein ökonomischen Gründen emigrieren: Tschetschenien bleibe zwar unter der Kontrolle von Kadyrow, seine Macht reiche allerdings nicht über die Grenzen der Teilrepublik hinaus. Zur Förderung der sozio-ökonomischen Entwicklung des Nordkaukasus dient ein eigenständiges Ministerium, das sich dabei gezielt um die Zusammenarbeit mit dem Ausland bemüht (ÖB Moskau 10.10.2018).

Quellen:

-

ÖB Moskau (10.10.2018): Information per Email

Der Inhalt dieser Kurzinformation wird mit heutigem Datum in das LIB Russische Föderation übernommen (Abschnitt 1/Relevant für Abschnitt 4. Rechtsschutz / Justizwesen).

Die russischen Behörden zeigen sich durchaus bemüht, den Vorwürfen der Verfolgung von bestimmten Personengruppen in Tschetschenien nachzugehen. Bei einem Treffen mit Präsident Putin Anfang Mai 2017 betonte die russische Ombudsfrau für Menschenrechte allerdings, dass zur Inanspruchnahme von staatlichem Schutz eine gewisse Kooperationsbereitschaft der mutmaßlichen Opfer erforderlich sei. Das von der Ombudsfrau Moskalkova gegenüber Präsident Putin genannte Gesetz sieht staatlichen Schutz von Opfern, Zeugen, Experten und anderen Teilnehmern von Strafverfahren sowie deren Angehörigen vor. Unter den Schutzmaßnahmen sind im Gesetz Bewachung der betroffenen Personen und deren Wohnungen, strengere Schutzmaßnahmen in Bezug auf die personenbezogenen Daten der Betroffenen sowie vorläufige Unterbringung an einem sicheren Ort vorgesehen. Wenn es sich um schwere oder besonders schwere Verbrechen handelt, sind auch Schutzmaßnahmen wie Umsiedlung in andere Regionen, Ausstellung neuer Dokumente, Veränderung des Aussehens etc. möglich. Die Möglichkeiten des russischen Staates zum Schutz von Teilnehmern von Strafverfahren beschränken sich allerdings nicht nur auf den innerstaatlichen Bereich. So wurde im Rahmen der GUS ein internationales Abkommen über den Schutz von Teilnehmern im Strafverfahren erarbeitet, das im Jahr 2006 in Minsk unterzeichnet, im Jahr 2008 von Russland ratifiziert und im Jahr 2009 in Kraft getreten ist. Das Dokument sieht vor, dass die Teilnehmerstaaten einander um Hilfe beim Schutz von Opfern, Zeugen und anderen Teilnehmern von Strafverfahren ersuchen können. Unter den Schutzmaßnahmen sind vorläufige Unterbringungen an einem sicheren Ort in einem der Teilnehmerstaaten, die Umsiedlung der betroffenen Personen in einen der Teilnehmerstaaten, etc. vorgesehen (ÖB Moskau 10.10.2018).

Quellen:

-

ÖB Moskau (10.10.2018): Information per Email

1. Politische Lage

Die Russische Föderation hat ca. 143 Millionen Einwohner (CIA 12.7.2018, vgl. GIZ 7.2018c). Russland ist eine Präsidialdemokratie mit föderativem Staatsaufbau. Der Präsident verfügt über weit reichende exekutive Vollmachten, insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik (GIZ 7.2018a, vgl. EASO 3.2017). Er ernennt auf Vorschlag der Staatsduma den Vorsitzenden der Regierung, die stellvertretenden Vorsitzenden und die Minister und entlässt sie (GIZ 7.2018a). Wladimir Putin ist im März 2018, bei der Präsidentschaftswahl im Amt mit 76,7% bestätigt worden. Die Wahlbeteiligung lag der Nachrichtenagentur TASS zufolge bei knapp 67% und erfüllte damit nicht ganz die Erwartungen der Präsidialadministration (Standard.at 19.3.2018). Putins wohl ärgster Widersacher Alexej Nawalny durfte nicht bei der Wahl kandidieren. Er war zuvor in einem von vielen als politisch motivierten Prozess verurteilt worden und rief daraufhin zum Boykott der Abstimmung auf, um die Wahlbeteiligung zu drücken (Presse.at 19.3.2018). Oppositionelle Politiker und die Wahlbeobachtergruppe Golos hatten mehr als 2.400 Verstöße gezählt, darunter mehrfach abgegebene Stimmen und die Behinderung von Wahlbeobachtern. Wähler waren demnach auch massiv unter Druck gesetzt worden, um an der Wahl teilzunehmen. Auch die Wahlkommission wies auf mutmaßliche Manipulationen hin (Tagesschau.de 19.3.2018, FH 1.2018). Putin kann dem Ergebnis zufolge nach 18 Jahren an der Staatsspitze weitere sechs Jahre das Land führen. Gemäß der Verfassung darf er nach dem Ende seiner sechsjährigen Amtszeit nicht erneut antreten, da es eine Beschränkung auf zwei aufeinander folgende Amtszeiten gibt (Tagesschau.de 19.3.2018, vgl. OSCE/ODIHR 18.3.2018).

Die Verfassung wurde per Referendum am 12.12.1993 mit 58,4% der Stimmen angenommen. Sie garantiert die Menschen- und Bürgerrechte. Das Prinzip der Gewaltenteilung ist zwar in der Verfassung verankert, jedoch verfügt der Präsident über eine Machtfülle, die ihn weitgehend unabhängig regieren lässt. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, trägt die Verantwortung für die Innen- und Außenpolitik und kann die Gesetzentwürfe des Parlaments blockieren. Die Regierung ist dem Präsidenten untergeordnet, der den Premierminister mit Zustimmung der Staatsduma ernennt. Das Parlament - Staatsduma und Föderationsrat - ist in seinem Einfluss stark beschränkt. Der Föderationsrat ist als "obere Parlamentskammer" das Verfassungsorgan, das die Föderationssubjekte auf föderaler Ebene vertritt. Er besteht aus 178 Abgeordneten: Jedes Föderationssubjekt entsendet je einen Vertreter aus der Exekutive und Legislative in den Föderationsrat. Die Staatsduma mit 450 Sitzen wird für vier Jahre nach dem Verhältniswahlrecht auf der Basis von Parteilisten gewählt. Es gibt eine Siebenprozentklausel. Wichtige Parteien sind die regierungsnahen Einiges Russland (Jedinaja Rossija) mit 1,9 Millionen Mitgliedern und Gerechtes Russland (Spravedlivaja Rossija) mit 400.000 Mitgliedern. Die Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF) mit 150.000 Mitgliedern, die die Nachfolgepartei der früheren KP ist. Die Liberaldemokratische Partei (LDPR) mit 185.000 Mitgliedern, die populistisch und nationalistisch ausgerichtet ist, die Wachstumspartei (Partija Rosta), die sich zum Neoliberalismus bekennt; Jabloko, eine demokratisch-liberale Partei mit 55.000 Mitgliedern, die Patrioten Russlands (Patrioty Rossii), linkszentristisch, mit 85.000 Mitgliedern, die Partei der Volksfreiheit (PARNAS) und die demokratisch-liberale Partei mit 58.000 Mitgliedern (GIZ 7.2018a). Die Zusammensetzung der Staatsduma nach Parteimitgliedschaft gliedert sich wie folgt: Einiges Russland (339 Sitze), Kommunistische Partei Russlands (42 Sitze), Liberaldemokratische Partei Russlands (40 Sitze), Gerechtes Russland (23 Sitze), Vaterland-Partei (1 Sitz), Bürgerplattform (1 Sitz) (AA 5.2018b).

Russland ist eine Föderation, die aus 85 Föderationssubjekten (einschließlich der international umstrittenen Einordnung der Republik Krim und der Stadt föderalen Ranges, Sewastopol) mit unterschiedlichem Autonomiegrad besteht. Die Föderationssubjekte (Republiken, Autonome Gebiete, Autonome Kreise, Gebiete, Regionen und Föderale Städte) verfügen über jeweils eine eigene Legislative und Exekutive (GIZ 7.2018a, vgl. AA 5.2018b). Die Gouverneure der Föderationssubjekte werden auf Vorschlag der jeweils stärksten Fraktion der regionalen Parlamente vom Staatspräsidenten ernannt. Dabei wählt der Präsident aus einer Liste dreier vorgeschlagener Kandidaten den Gouverneur aus (GIZ 7.2018a).

Es wurden acht Föderationskreise (Nordwestrussland, Zentralrussland, Südrussland, Nordkaukasus, Wolga, Ural, Sibirien, Ferner Osten) geschaffen, denen jeweils ein Bevollmächtigter des Präsidenten vorsteht. Der Staatsrat der Gouverneure tagt unter Leitung des Präsidenten und gibt der Exekutive Empfehlungen zu aktuellen politischen Fragen und zu Gesetzesprojekten. Nach der Eingliederung der Republik Krim und der Stadt Sewastopol in die Russische Föderation wurde am 21.3.2014 der neunte Föderationskreis Krim gegründet. Die konsequente Rezentralisierung der Staatsverwaltung führt seit 2000 zu politischer und wirtschaftlicher Abhängigkeit der Regionen vom Zentrum. Diese Tendenzen wurden bei der Abschaffung der Direktwahl der Gouverneure in den Regionen und der erneuten Unterordnung der regionalen und kommunalen Machtorgane unter das föderale Zentrum ("exekutive Machtvertikale") deutlich (GIZ 7.2018a).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (5.2018b): Russische Föderation - Außen- und Europapolitik,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/russischefoederation-node/russischefoederation/201534, Zugriff 1.8.2018

-

CIA - Central Intelligence Agency (12.7.2018): The World Factbook, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/rs.html, Zugriff 1.8.2018

-

EASO - European Asylum Support Office (3.2017): COI-Report Russian Federation - State Actors of Protection, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1489999668_easocoi-russia-state-actors-of-protection.pdf, Zugriff 1.8.2018

-

FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2017 - Russia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1428824.html, Zugriff 1.8.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (7.2018a): Russland, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/russland/geschichte-staat/#c17836, Zugriff 1.8.2018

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (7.2018c): Russland, Gesellschaft, https://www.liportal.de/russland/gesellschaft/, Zugriff 1.8.2018

-

OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights (18.3.2018): Russian Federation Presidential Election Observation Mission Final Report,

https://www.osce.org/odihr/elections/383577?download=true, Zugriff 29.8.2018

-

Presse.at (19.3.2018): Putin: "Das russische Volk schließt sich um Machtzentrum zusammen",

https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5391213/Putin_Das-russische-Volk-schliesst-sich-um-Machtzentrum-zusammen, Zugriff 1.8.2018

-

Standard.at (19.3.2018): Putin sichert sich vierte Amtszeit als Russlands Präsident,

https://derstandard.at/2000076383332/Putin-sichert-sich-vierte-Amtszeit-als-Praesident, Zugriff 1.8.2018

-

Tagesschau.de (19.3.2018): Klarer Sieg für Putin, https://www.tagesschau.de/ausland/russland-wahl-putin-101.html, Zugriff 1.8.2018

1.1. Tschetschenien

Die Tschetschenische Republik ist eine der 22 Republiken der Russischen Föderation. Die Fläche beträgt 15.647 km2 (Rüdisser 11.2012) und laut offizieller Bevölkerungsstatistik der Russischen Föderation zum 1.1.2018 beläuft sich die Einwohnerzahl Tschetscheniens auf 1,4 Millionen (GKS 25.1.2018), wobei die offiziellen Angaben von unabhängigen Medien infrage gestellt werden. Laut Aussagen des Republiksoberhauptes Ramzan Kadyrow sollen rund 600.000 TschetschenInnen außerhalb der Region leben, die eine Hälfte davon in der Russischen Föderation, die andere Hälfte im Ausland. Experten zufolge hat die Hälfte Tschetschenien während der Kriege nach dem Zerfall der Sowjetunion verlassen, bei der anderen Hälfte handle es sich um Siedlungsgebiete außerhalb Tschetscheniens, die bereits vor über einem Jahrhundert entstanden seien, teilweise durch Migration aus dem Russischen in das Osmanische Reich, und zwar über Anatolien bis in den arabischen Raum (ÖB Moskau 12.2017). In Bezug auf Fläche und Einwohnerzahl ist Tschetschenien somit mit der Steiermark vergleichbar. Etwa die Hälfte des tschetschenischen Territoriums besteht aus Ebenen im Norden und Zentrum der Republik.

Heutzutage ist die Republik eine nahezu monoethnische: 95,3% der Bewohner/innen Tschetscheniens gaben [bei der letzten Volkszählung] 2010 an, ethnische Tschetschenen/innen zu sein. Der Anteil ethnischer Russen/innen an der Gesamtbevölkerung liegt bei 1,9%. Rund 1% sind ethnische Kumyk/innen, des Weiteren leben einige Awar/innen, Nogaier/innen, Tabasar/innen, Türk/innen, Inguschet/innen und Tatar/innen in der Republik (Rüdisser 11.2012).

In Tschetschenien gilt Ramzan Kadyrow als Garant Moskaus für Stabilität. Mit Duldung der russischen Staatsführung hat er in der Republik ein autoritäres Herrschaftssystem geschaffen, das vollkommen auf seine eigene Person ausgerichtet ist und weitgehend außerhalb des föderalen Rechtsrahmens funktioniert (ÖB Moskau 12.2017, vgl. AA 21.5.2018). So musste im Mai 2016 der Vorsitzende des Obersten Gerichts Tschetscheniens nach Kritik von Kadyrow zurücktreten, obwohl die Ernennung/Entlassung der Richter grundsätzlich in föderale Kompetenz fällt. Fraglich bleibt auch die föderale Kontrolle über die tschetschenischen Sicherheitskräfte, deren faktische Loyalität vorrangig dem Oberhaupt der Republik gilt. Im Juni 2016 beschloss das tschetschenische Parlament die vorzeitige Selbstauflösung, um vorgezogene Neuwahlen parallel zu den Wahlen zum Oberhaupt der Republik durchzuführen. Bei den Wahlen vom 18.9.2016 lag die Wahlbeteiligung in Tschetschenien weit über dem landesweiten Durchschnitt. Kadyrow wurde laut offiziellen Angaben bei hoher Wahlbeteiligung mit überwältigender Mehrheit für eine weitere Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Unabhängige Medien berichteten über Unregelmäßigen bei den Wahlen, in deren Vorfeld Human Rights Watch über massive Druckausübung auf Kritiker des derzeitigen Machthabers berichtet hatte. Das tschetschenische Oberhaupt bekundet immer wieder seine absolute Loyalität gegenüber dem Kreml (ÖB Moskau 12.2017). Vertreter russischer und internationaler NGOs berichten immer wieder von Gewalt und Menschenrechtsverletzungen, einem Klima der Angst und Einschüchterung (AA 21.5.2018). Gegen vermeintliche Extremisten und deren Angehörige, aber auch gegen politische Gegner, wird rigoros vorgegangen. Anfang 2016 sorgte Kadyrow landesweit für Aufregung, als er die liberale Opposition in Moskau als Staatsfeinde bezeichnete, die danach trachteten, Russland zu zerstören. Nachdem er dafür von Menschenrechtsaktivisten sowie von Vertretern des präsidentiellen Menschenrechtsrats scharf kritisiert worden war, wurde in Grozny eine Massendemonstration zur Unterstützung Kadyrows organisiert (ÖB Moskau 12.2017).

Während der mittlerweile über zehn Jahre dauernden Herrschaft des amtierenden Republikführers Ramzan Kadyrow gestaltete sich Tschetscheniens Verhältnis zur Russischen Föderation ambivalent. Einerseits ist Kadyrow bemüht, die Zugehörigkeit der Republik zu Russland mi

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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