TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/12 W153 2155455-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.02.2019
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Entscheidungsdatum

12.02.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W153 2155455-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christoph KOROSEC als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für

Fremdenwesen und Asyl, vom 14.04.2017, Zahl: 1075472400-150748326, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.12.2018 zu

Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird abgewiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) aus Afghanistan brachte am 28.06.2015 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz in Österreich ein.

Am 28.06.2015 fand die Erstbefragung statt und der BF gab an, dass sein Schwiegervater, der spielsüchtig sei, bei einem Spiel seine damalige Verlobte an irgendeinen Spieler verspielt habe. Als er davon erfahren habe, sei er mit seiner Verlobten und seinem Schwager in den Iran geflohen. Nach drei Monaten im Iran seien er und sein Schwager von der Polizei festgenommen worden und sie sollten nach Afghanistan abgeschoben werden. Sie seien jedoch durch Bestechung freikommen und seien dann nach Europa geflohen. Sein Vater hätte zur Finanzierung der Flucht ein Haus verkauft. Sonst habe er keine Fluchtgründe gehabt. Er fürchte bei Rückkehr nach Afghanistan von diesen Verbrechern gejagt und getötet zu werden.

Der BF führte zur Flucht aus, dass er mit seiner Frau und seinem Schwager gereist sei. Seine Frau sei aber in Griechenland geblieben und er und sein Schwager seien weitergereist.

Nach Zulassung des Verfahrens wurde der BF am 04.10.2016 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich einvernommen. Er führte zu seinem Fluchtgrund im Wesentlichen aus, dass er seine Frau ca. 2013/14 im Iran kennengelernt habe. Sie seien bereits verlobt gewesen, als der Vater seiner Frau diese und ihre Mutter nach Afghanistan mitgenommen habe. Dieser sei Sunnite und Paschtune und daher gegen eine Heirat mit dem BF gewesen. In Afghanistan sei dann seine Frau von ihrem Vater bei einem Glückspiel verspielt worden und sei dem anderen Spieler zur Ehefrau gegeben worden. Der BF habe dies nicht akzeptiert, sei nach Afghanistan zurückgehrt und habe letztlich seine damalige Verlobte befreit. Sie seien dann in den Iran gereist. Dort hätten sie sich 3 Monate aufgehalten und seien dann, da ihnen eine Abschiebung nach Afghanistan gedroht habe, nach Europa gereist. Der Vater des BF, der sich weiterhin in Afghanistan befunden habe, sei aufgesucht und dabei bedroht und geschlagen worden. Er sei aufgefordert worden, den BF und seine Frau auszuliefern. Sein Vater habe ihm daher gesagt, dass er das Haus verkauft habe und sie den Iran verlassen sollten. Einen Monat später sei sein Vater dann nochmals misshandelt worden und an den Verletzungen später verstorben.

Am 17.01.2017 langte das Ergebnis einer Anfrage an die Staatendokumentation des BFA bezüglich der Überprüfung von Angaben des BF ein und am 09.03.2017 wurde der BF neuerlich vom BFA einvernommen. In der Einvernahme wurde er im Wesentlichen mit dem Ergebnis der Anfragebeantwortung konfrontiert.

Das BFA hat mit Bescheid vom 14.04.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.), als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach AFGHANISTAN zulässig ist (Spruchpunkte III.) und dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).

Mit Verfahrensanordnung vom 14.04.2017 wurde dem BF ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

Gegen den Bescheid erhob der BF am 27.04.2017 Beschwerde und wiederholte im Wesentlichen sein Fluchtvorbringen. Der BF sei von Blutrache bedroht. Weiters verwies er auf die prekäre Sicherheitslage in Afghanistan.

Mit Beschwerdeergänzung vom 13.02.2018 hat der neue bevollmächtigte Rechtsvertreter nochmals die Glaubwürdigkeit des Vorbringens des BF und die schlechte Sicherheitslage in Afghanistan betont.

Am 27.12.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht im Beisein einer bevollmächtigten Vertreterin und eines Dolmetschers für die Sprache Dari/Farsi eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Der BF wurde zu den Fluchtgründen und zur Person befragt. Das BFA war für die Verhandlung entschuldigt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person des BF:

Der BF ist Staatsbürger der Islamischen Republik Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und der schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des BF ist Dari/Farsi. Er spricht auch noch Deutsch, ein bisschen Griechisch und Englisch.

Der BF wurde am XXXX in der Provinz Maidan Wardak, Distrikt Jaighez, Ort XXXX geboren. Er hat in der Ersteinvernahme am 28.06.2015 ursprünglich ein falsches Geburtsdatum, nämlich den XXXX angegeben.

Der BF ist volljährig und im erwerbsfähigen Alter. Er wuchs teilweise in Afghanistan und teilweise im Iran auf. Ca. 2007 reiste er nach Griechenland und lebte dort zwei Jahre. Anschließend kehrte er in den Iran zurück und blieb dort bis zum Winter 2014/15. Er hielt sich kurz in Afghanistan auf und reiste dann zurück in den Iran. Im April/Mai 2015 reiste er nach Europa.

Der BF besuchte 6 Jahre die Grundschule " XXXX " in Maidan Wardak (vgl. AS 7), hat das Schuhmacherhandwerk erlernt und arbeitete als Schuster/Schuhmacher im Iran und Griechenland.

Der BF leidet unter keiner lebensbedrohenden Krankheit.

Der BF verfügt über soziale und familiäre Anknüpfungspunkte in Afghanistan und im Iran. Er hält regelmäßig telefonisch Kontakt zu seiner Mutter. Die Familie lebt in wirtschaftlich soliden Verhältnissen. Ein Onkel mütterlicherseits lebt in Kabul und arbeitet im Immobilien- und Baugewerbe. Er hat die Reise des BF nach Europa organisiert. Die Kosten der Reise (40.000 USD für BF, Verlobte und "Schwager") wurden durch einen Hausverkauf vom Vater des BF finanziert.

Dass der BF mit einer afghanischen Staatsbürgerin verheiratet ist, konnte nicht festgestellt werden.

Zu den Fluchtgründen des BF

Es wird festgestellt, dass der BF in Afghanistan einer asylrelevanten individuellen Verfolgung durch Privatpersonen, Taliban oder dem Staat nicht ausgesetzt war und er eine solche, im Falle einer Rückkehr, nicht zu befürchten hat. Der BF konnte sein Fluchtvorbringen, von seinem Schwiegervater, ein Paschtune und Taliban, wegen der Heirat von dessen Tochter, eine Hazara, und von einer anderen Person, dem diese Tochter wegen Spielschulden des Vaters versprochen war, verfolgt und mit dem Tod bedroht zu werden, nicht glaubhaft machen. Ebenso gibt es keine glaubwürdigen Hinweise, dass der Vater des BF von diesen genannten Personen getötet wurde bzw. aufgrund der schweren Verletzungen, die ihm diese zugefügt haben, gestorben ist.

Es kann somit nicht festgestellt werden, dass dem BF im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan eine Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aus seiner politischen Gesinnung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht.

Es wird festgestellt, dass der BF mit hoher Wahrscheinlichkeit, wie bereits in den Jahren 2007 bis 2009, aus wirtschaftlichen Gründen nach Europa gereist ist.

Zur Rückkehrsituation des BF in seinem Herkunftsland

Im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat droht dem BF kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (in der Folge EMRK), oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention. Es ist ihm zumutbar, wie Teile seiner Familie, in Afghanistan zu leben.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Außergewöhnliche Gründe, die eine Rückkehr des BF ausschließen könnten, wurden nicht festgestellt.

Der BF kommt aus der Provinz Maidan Wardak. Dem BF ist zwar eine Rückkehr in seine unmittelbare Heimatprovinz aufgrund der dort herrschenden volatilen Sicherheitslage nicht zumutbar, es stehen ihm aber zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternativen in den Städten Kabul, Herat oder Mazar-e-Sharif zur Verfügung.

Der BF hat einen Onkel in Kabul, der im Immobilien- und Baugewerbe tätig ist. Es ist davon auszugehen, dass dieser als Unternehmer über ein großes soziales Netzwerk verfügt. Daher ist ihm auch eine Rückkehr nach Kabul zumutbar.

Weiters stehen ihm zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternativen in den Städten Herat oder Mazar-e-Sharif zur Verfügung. Er verfügt dort zwar über kein familiäres oder soziales Netzwerk. Als alleinstehender, junger und gesunder Mann kann er aber in diesen Städten, auf Grund der dort herrschenden Versorgungs- und Sicherheitslage, Fuß fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten führen, wie es auch andere Landsleute führen können. Zudem kann der BF zumindest vorübergehend mit Unterstützung durch seine im Iran und in Afghanistan lebenden Verwandten rechnen.

Der BF wurde in der Beschwerdeverhandlung über die Rückkehrunterstützungen und Reintegrationsmaßnahmen in Kenntnis gesetzt.

Zum Privat- und Familienleben des BF

Der BF reiste im Juni 2015 illegal in Österreich ein und hält sich seither nur aufgrund eines vorläufigen Aufenthaltsrechts als Asylwerber im österreichischen Bundesgebiet auf.

Der BF verfügt in Österreich über keine schützenswerten familiären oder privaten Bindungen. Er lebt in Österreich in keiner Lebensgemeinschaft und hat in Österreich keine Verwandten.

Der BF spricht Deutsch und macht derzeit den Pflichtschulabschluss. Bisher hat er jedoch weder eine Sprachprüfung noch einen Wertekurs absolviert. Er ist zeitweise ehrenamtlich tätig und es besteht beim BF der ernsthafte Wille sich rasch in die österreichische Gesellschaft zu integrieren. Wenn es möglich ist, möchte er in seinem Beruf als Schuhmacher arbeiten und er hat diesbezüglich bereits ein Praktikum absolviert. Der BF ist privat bei einer Österreicherin, seiner ehemaligen Deutschlehrerin, untergebracht, lebt von der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er ist strafrechtlich unbescholten.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

Zur Lage im Herkunftsstaat

Hinsichtlich der Situation in Afghanistan hat sich seit den Länderfeststellungen im Bescheid (25.09.2017) nichts Wesentliches geändert. Es wird festgestellt, dass die in der Beschwerde vorgelegten Berichte sowie das aktuell vorliegende Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 29.06.2018 (aktueller Stand: 23.11.2018) und die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender (30.08.2018) zu keinen verfahrensrelevanten Neuigkeiten geführt haben.

Zur Situation in Afghanistan werden auszugsweise folgende Feststellungen aus dem BFA-Länderinformationsblatt der Staatendokumentation 29.06.2018 (aktueller Stand: 23.11.2018) und den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender (30.08.2018) sowie aus den "EASO - Country Guidance Afghanistan, Juni 2018 zitiert:

BFA-Länderinformationsblatt der Staatendokumentation:

KI vom 23.11.2018 (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 23.11.2018, S12f)

Anschläge in Kabul

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 20.11.2018 ca. 55 Menschen ums Leben und ca. 94 weitere wurden verletzt (AJ 21.11.2018; vgl. NYT 20.11.2018, TS 21.11.2018, LE 1.11.2018). Der Anschlag fand in der Hochzeitshalle "Uranus" statt, wo sich Islamgelehrte aus ganz Afghanistan anlässlich des Nationalfeiertages zu Maulid an-Nabi, dem Geburtstag des Propheten Mohammed, versammelt hatten (AJ 21.11.2018; vgl. TS 21.11.2018, TNAE 21.11.2018, IFQ 20.11.2018, Tolonews 20.11.2018). Quellen zufolge befanden sich zum Zeitpunkt der Explosion zwischen 1.000 und 2.000 Personen, darunter hauptsächlich Islamgelehrte und Mitglieder des Ulemarates, aber auch Mitglieder der afghanischen Sufi-Gemeinschaft und andere Zivilisten, in der Hochzeitshalle (AJ 21.11.2018; vgl. LE 21.11.2018, NYT 20.11.2018, DZ 20.11.2018, IFQ 20.11.2018). Gemäß einer Quelle fand die Detonation im ersten Stock der Hochzeitshalle statt, wo sich zahlreiche Geistliche der afghanischen Sufi-Gemeinschaft versammelt hatten. Es ist nicht klar, ob das Ziel des Anschlags das Treffen der sufistischen Gemeinschaft oder das im Erdgeschoss stattfindende Treffen der Ulema und anderer Islamgelehrten war (LE 21.11.2018; vgl. TNAE 21.11.2018). Weder die Taliban noch der Islamische Staat (IS) bekannten sich zum Angriff, der dennoch von den Taliban offiziell verurteilt wurde (LE 21.11.2018; vgl. AJ 21.11.2018, IFQ 20.11.2018).

Am 12.11.2018 kamen bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt ca. sechs Personen ums Leben und 20 weitere wurden verletzt (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, ANSA 12.11.2018). Anlass dafür war eine Demonstration in der Nähe des "Pashtunistan Square" im Stadtzentrum, an der hunderte von Besuchern, darunter hauptsächlich Mitglieder und Unterstützer der Hazara-Gemeinschaft, teilnahmen, um gegen die während des Berichtszeitraums anhaltenden Kämpfe in den Provinzen Ghazni und Uruzgan zu demonstrieren (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, KP 12.11.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (DZ 12.11.2018; vgl. AJ 12.11.2018).

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 31.10.2018 ca. sieben Personen ums Leben und weitere acht wurden verletzt (Dawn 1.11.20181; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Unter den Opfern befanden sich auch Zivilisten (Pajhwok 31.10.2018; vgl. 1TV 31.10.2018). Die Explosion fand in der Nähe des Kabuler Gefägnisses Pul-i-Charkhi statt und hatte dessen Mitarbeiter zum Ziel (Dawn 1.11.2018; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (Dawn 1.11.2018, vgl. 1TV 31.10.2018).

KI vom 21.10.2018 (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 23.11.2018, S18f)

...

Zivile Opfer

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 30.6.2018) 5.122 zivile Opfer (1.692 Tote und 3.430 Verletzte), ein Rückgang von 3% gegenüber dem Vorjahreswert. 45% der zivilen Opfer wurden durch IED [Improvisierte Sprengoder Brandvorrichtung/Sprengfallen, aber auch Selbstmordanschläge, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer. Zivilisten in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Faryab, Helmand und Kandahar waren am stärksten betroffen.

Wobei die Zahl der durch Zusammenstöße am Boden verursachten zivilen Opfer um 18% und die Zahl der gezielten Tötungen deutlich zurückging. Jedoch ist die Opferzahl bei komplexen und Selbstmordangriffen durch regierungsfeindliche Gruppierungen gestiegen (um 22% verglichen mit 2017), wobei 52% der Opfer dem ISKP, 40% den Taliban und der Rest anderen regierungsfeindlichen Gruppierungen zuzuschreiben ist (UNAMA 15.7.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 30.6.2018) für 3.413 (1.127 Tote und 2.286 Verletzte) zivile Opfer verantwortlich (67%): 42% der Opfer wurden den Taliban, 18% dem IS und 7% undefinierten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Vergleich mit dem ersten Halbjahr 2017 stieg die Anzahl ziviler Opfer von gezielten Angriffen auf Zivilisten um 28%, was hauptsächlich auf Angriffe auf die öffentliche Verwaltung und Vorfälle mit Bezug auf die Wahlen zurückzuführen ist (UNAMA 15.7.2018). Ungefähr 1.047 (20%) der verzeichneten zivilen Opfer wurden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben: 17% wurden von den afghanischen Sicherheitskräften, 2% durch die internationalen Streitkräfte und 1% von regierungsfreundlichen bewaffneten Gruppierungen verursacht. Gegenüber 2017 sank die den regierungstreuen Gruppen zugerechnete Zahl ziviler Opfer von Zusammenstößen am Boden um 21%. Gleichzeitig kam es jedoch zu einem Anstieg der Opfer von Luftangriffen um 52% (Kunduz, Kapisa und Maidan Wardak) (UNAMA 15.7.2018; vgl. UNAMA 25.9.2018a, UNAMA 25.9.2018b).

Auch wurden von UNAMA zivile Opfer durch Fahndungsaktionen, hauptsächlich durch die Spezialkräfte des National Directorate of Security (NDS) und regierungsfreundliche bewaffnete Gruppierungen wie die Khost Protection Force (KPF) verzeichnet (UNAMA 15.7.2018).

Sicherheitslage (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 23.11.2018, S42ff)

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (UNGASC 27.2.2018).

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (INSO o.D.).

...

Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren. Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt) bedrohen. Dies ist den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zuzuschreiben (UNGASC 27.2.2018).

...

Im Jänner 2018 waren 56.3% der Distrikte unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung, während Aufständische 14.5% der Distrikte kontrollierten bzw. unter ihrem Einfluss hatten. Die übriggebliebenen 29.2% der Distrikte waren umkämpft. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten, die von Aufständischen kontrolliert werden, waren mit Stand Jänner 2018 Uruzgan, Kunduz und Helmand. Alle Provinzhauptstädte befanden sich unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung (SIGAR 30.4.2018).

...

Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (USDOD 12.2017; vgl. SBS 28.2.2018, NZZ 21.3.2018, UNGASC 27.2.2018). Die Auflistung der high-profile Angriffe zeigt, dass die Anschläge in großen Städten, auch Kabul, hauptsächlich im Nahebereich von Einrichtungen mit Symbolcharakter (Moscheen, Tempel bzw. andere Anbetungsorte), auf Botschaften oder auf staatliche Einrichtungen stattfinden. Diese richten sich mehrheitlich gezielt gegen die Regierung, ausländische Regierungen und internationale Organisationen.

Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht (USDOD 12.2017). In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt (AJ 24.2.2018; vgl. Slate 22.4.2018). Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheitsoperationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden (BBC 21.3.2018); auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (WSJ 21.3.2018).

Landesweit haben Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, in den Monaten vor Jänner 2018 ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert (TG 29.1.2018; vgl. BBC 29.1.2018); auch hat die Gewalt Aufständischer gegenüber Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen in den letzten Jahren zugenommen (The Guardian 24.1.2018). Die Taliban verstärken ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht, seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Die Hauptstadt Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (AP 30.1.2018).

Friedens- und Versöhnungsprozess (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 23.11.2018, S37ff)

Am 28. Februar 2018 machte Afghanistans Präsident Ashraf Ghani den Taliban ein Friedensangebot (NYT 11.3.2018; vgl. TS 28.2.2018). Die Annahme des Angebots durch die Taliban würde, so Ghani, diesen verschiedene Garantien gewähren, wie eine Amnestie, die Anerkennung der Taliban-Bewegung als politische Partei, eine Abänderung der Verfassung und die Aufhebung der Sanktionen gegen ihre Anführer (TD 7.3.2018). Quellen zufolge wird die Annahme bzw. Ablehnung des Angebots derzeit in den Rängen der Taliban diskutiert (Tolonews 16.4.2018; vgl. Tolonews 11.4.2018). Anfang 2018 fanden zwei Friedenskonferenzen zur Sicherheitslage in Afghanistan statt: die zweite Runde des Kabuler Prozesses [Anm.: von der afghanischen Regierung ins Leben gerufene Friedenskonferenz mit internationaler Beteiligung] und die Friedenskonferenz in Taschkent (TD 24.3.2018; vgl. TD 7.3.2018, NZZ 28.2.2018). Anfang April rief Staatspräsident Ghani die Taliban dazu auf, sich für die Parlamentswahlen im Oktober 2018 als politische Gruppierung registrieren zu lassen, was von diesen jedoch abgelehnt wurde (Tolonews 16.4.2018). Ende April 2018 kam es in diesem Zusammenhang zu Angriffen regierungsfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich des IS, aber auch der Taliban) auf mit der

Wahlregistrierung betraute Behörden in verschiedenen Provinzen (vgl. Kapitel 3. "Sicherheitslage").

Am 19.5.2018 erklärten die Taliban, sie würden keine Mitglieder afghanischer Sicherheitskräfte mehr angreifen, wenn diese ihre Truppen verlassen würden, und gewährten ihnen somit eine "Amnestie". In ihrer Stellungnahme erklärten die Aufständischen, dass das Ziel ihrer Frühlingsoffensive Amerika und ihre Alliierten seien (AJ 19.5.2018).

Am 7.6.2018 verkündete Präsident Ashraf Ghani einen Waffenstillstand mit den Taliban für den Zeitraum 12.6.2018 - 20.6.2018. Die Erklärung erfolgte, nachdem sich am 4.6.2018 über 2.000 Religionsgelehrte aus ganz Afghanistan in Kabul versammelt hatten und eine Fatwa zur Beendigung der Gewalt aussprachen (Tolonews 7.6.2018; vgl. Reuters 7.6.2018, RFL/RL 5.6.2018). Durch die Fatwa wurden Selbstmordanschläge für ungesetzlich (nach islamischem Recht, Anm.) erklärt und die Taliban dazu aufgerufen, den Friedensprozess zu unterstützen (Reuters 5.6.2018). Die Taliban selbst gingen am 9.6.2018 auf das Angebot ein und erklärten einen Waffenstillstand von drei Tagen (die ersten drei Tage des Eid-Fests, Anm.). Der Waffenstillstand würde sich jedoch nicht auf die ausländischen Sicherheitskräfte beziehen; auch würden sich die Taliban im Falle eines militärischen Angriffs verteidigen (HDN 10.6.2018; vgl. TH 10.6.2018, Tolonews 9.6.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 23.11.2018, S54f)

Terroristische und aufständische Gruppierungen stellen Afghanistan und die Koalitionskräfte vor erhebliche Herausforderungen. Derzeit sind rund 20 terroristische Organisationen in Afghanistan zu finden:

das von außen unterstützte Haqqani-Netzwerk stellt nach wie vor die größte Gefährdung für afghanische und internationale Kräfte dar. Die Verflechtung von Taliban und Haqqani-Netzwerk ist so intensiv, dass diese beiden Gruppierungen als Fraktionen ein und derselben Gruppe angesehen werden. Wenn auch die Taliban öffentlich verkündet haben, sie würden zivile Opfer einschränken, so führt das Haqqani-Netzwerk auch weiterhin Angriffe in bevölkerungsreichen Gegenden aus (USDOD 12.2017).

Im August 2017 wurde berichtet, dass regierungsfeindliche bewaffnete Gruppierungen - insbesondere die Taliban - ihre Aktivitäten landesweit verstärkt haben, trotz des Drucks der afghanischen Sicherheitskräfte und der internationalen Gemeinschaft, ihren Aktivitäten ein Ende zu setzen (Khaama Press 13.8.2017). Auch sind die Kämpfe mit den Taliban eskaliert, da sich der Aufstand vom Süden in den sonst friedlichen Norden des Landes verlagert hat, wo die Taliban auch Jugendliche rekrutieren (Xinhua 18.3.2018). Ab dem Jahr 2008 expandierten die Taliban im Norden des Landes. Diese neue Phase ihrer Kampfgeschichte war die Folge des

Regierungsaufbaus und Konsolidierungsprozess in den südlichen Regionen des Landes (AAN 17.3.2017).

Teil der neuen Strategie der Regierung und der internationalen Kräfte im Kampf gegen die Taliban ist es, die Luftangriffe der afghanischen und internationalen Kräfte in jenen Gegenden zu verstärken, die am stärksten von Vorfällen betroffen sind. Dazu gehören u.a. die östlichen und südlichen Regionen, in denen ein Großteil der Vorfälle registriert wurde. Eine weitere Strategie der Behörden, um gegen Taliban und das Haqqani-Netzwerk vorzugehen, ist die Reduzierung des Einkommens selbiger, indem mit Luftangriffen gegen ihre Opium-Produktion vorgegangen wird (SIGAR 1.2018).

Außerdem haben Militäroperationen der pakistanischen Regierung einige Zufluchtsorte Aufständischer zerstört. Jedoch genießen bestimmte Gruppierungen, wie die Taliban und das Haqqani-Netzwerk Bewegungsfreiheit in Pakistan (USDOD 12.2017). Die Gründe dafür sind verschiedene: das Fehlen einer Regierung, das permissive Verhalten der pakistanischen Sicherheitsbehörden, die gemeinsamen kommunalen Bindungen über die Grenze und die zahlreichen illegalen Netzwerke, die den Aufständischen Schutz bieten (AAN 17.10.2017).

Taliban (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 23.11.2018, S55ff)

Die Taliban führten auch ihre Offensive "Mansouri" weiter; diese Offensive konzentrierte sich auf den Aufbau einer "Regierungsführung" der Taliban (Engl. "governance") bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Gewalt gegen die afghanische Regierung, die ANDSF und ausländische Streitkräfte. Nichtsdestotrotz erreichten die Taliban, die Hauptziele dieser "Kampfsaison" laut US-Verteidigungsministerium nicht (USDOD 12.2017). Operation Mansouri sollte eine Mischung aus konventioneller Kriegsführung, Guerilla-Angriffen und Selbstmordattentaten auf afghanische und ausländische Streitkräfte werden (Reuters 28.4.2017). Auch wollten sich die Taliban auf jene Gegenden konzentrieren, die vom Feind befreit worden waren (LWJ 28.4.2017). Laut NATO Mission Resolute Support kann das Scheitern der Taliban-Pläne für 2017 auf aggressive ANDSF-Operationen zurückgeführt, aber auch auf den Umstand, dass die Taliban den IS und die ANDSF gleichzeitig bekämpfen müssen (USDOD 12.2017).

Im Jahr 2017 wurden den Taliban insgesamt 4.385 zivile Opfer (1.574 Tote und 2.811 Verletzte zugeschrieben. Die Taliban bekannten sich nur zu 1.166 zivilen Opfern. Im Vergleich zum Vorjahreswert bedeutet dies einen Rückgang um 12% bei der Anzahl ziviler Opfer, die den Taliban zugeschrieben werden. Aufgrund der Komplexität der in Selbstmord- und komplexen Anschlägen involvierten Akteure hat die UNAMA oft Schwierigkeiten, die daraus resultierenden zivilen Opfer spezifischen regierungsfreundlichen Gruppierungen zuzuschreiben, wenn keine Erklärungen zur Verantwortungsübernahme abgegeben wurde. Im Jahr 2017 haben sich die Taliban zu 67 willkürlichen Angriffen auf Zivilist/innen bekannt; dies führte zu 214 zivilen Opfern (113 Toten und 101 Verletzten). Auch wenn sich die Taliban insgesamt zu weniger Angriffen gegen Zivilist/innen bekannten, so haben sie dennoch die Angriffe gegen zivile Regierungsmitarbeiter/innen erhöht - es entspricht der Linie der Taliban, Regierungsinstitutionen anzugreifen (UNAMA 2.2018).

Schätzungen von SIGAR zufolge kontrollierten im Oktober 2017 und im Jänner 2018 die Taliban 14% der Distrikte Afghanistans (SIGAR 30.4.2018). Die Taliban selbst verlautbarten im März 2017, dass sie beinahe 10% der afghanischen Distrikte kontrollierten (ODI 6.2018). Die Taliban halten auch weiterhin großes Territorium in den nördlichen und südlichen Gegenden der Provinz Helmand (JD News 12.3.2018; vgl. LWJ 20.4.2018). Die ANDSF haben, unterstützt durch US-amerikanische Truppen, in den ersten Monaten des Jahres 2018 an Boden gewonnen, wenngleich die Taliban nach wie vor die Hälfte der Provinz Helmand unter Kontrolle halten (JD News 12.3.2018; vgl. LWJ 20.4.2018). Helmand war lange Zeit ein Hauptschlachtfeld - insbesondere in der Gegend rund um den Distrikt Sangin, der als Kernstück des Taliban-Aufstands erachtet wird (JD News 12.3.2018; vgl. Reuters 30.3.2018). Die Taliban haben unerwarteten Druck aus ihrer eigenen Hochburg in Helmand erhalten: Parallel zu der Ende März 2018 abgehaltenen Friedens-Konferenz in Uzbekistan sind hunderte Menschen auf die Straße gegangen, haben eine Sitzblockade abgehalten und geschworen, einen langen Marsch in der von den Taliban kontrollierten Stadt Musa Qala zu abzuhalten, um die Friedensgespräche einzufordern. Unter den protestierenden Menschen befanden sich auch Frauen, die in dieser konservativen Region Afghanistans selten außer Hauses gesehen werden (NYT 27.3.2018).

Die Taliban geben im Kurznachrichtendienst Twitter Angaben zu ihren Opfern oder Angriffen (FAZ 19.10.2017; vgl. Pajhwok 13.3.2018). Ihre Angaben sind allerdings oft übertrieben (FAZ 19.10.2017). Auch ist es sehr schwierig Ansprüche und Bekennermeldungen zu verifizieren - dies gilt sowohl für Taliban als auch für den IS (AAN 5.2.2018).

Maidan Wardak (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 23.11.2018, S227ff)

Wardak / Maidan Wardak

(Maidan) Wardak ist eine der zentralen Provinzen Afghanistans (Pajhwok o.D.). Maidan Shahr ist die Provinzhauptstadt. Distrikte der Provinz Wardak sind: Sayed Abad, Jaghto, Chak, Daimirdad, Jalrez, central Bihsud/Behsood und Hisa-i-Awal Bihsud. Kabul und Logar liegen im Osten der Provinz (Maidan) Wardak, Bamyan im Westen und Nordwesten, Ghazni im Süden und Südwesten, sowie die Provinz Parwan im Norden (Pajhwok o.D.; vgl. UN OCHA 4.2014). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 615.992 geschätzt (CSO 4.2017). In der Provinz leben hauptsächlich ethnische Paschtunen, Tadschiken und Hazara; auch Kuchis sind in der Vergangenheit insbesondere in den Distrikt Behsood gezogen (EASO 12.2017). Die Hauptautobahn (Ring Road) Kabul-Kandahar führt durch die Provinz Maidan Wardak, von wo aus sie die südlichen, aber auch südöstlichen Provinzen des Landes mit der Hauptstadt Kabul verbindet (Khaama Press 6.5.2016; vgl. Tolonews 23.1.2018). Polizisten arbeiten hart daran, die Autobahn von Minen zu befreien, da der südliche Abschnitt der Kabul-Kandahar Autobahn neun Provinzen mit der Hauptstadt Kabul verbindet (Tolonews 23.1.2018). Mit Stand November 2017 ist die Provinz Wardak zumindest seit dem Jahr 2006 komplett opiumfrei - im Jahr 2005 wurden in Daimirdad noch 106 Hektar Mohnanbauflächen verzeichnet (UNODC 11.2017). Drei Frauen haben bei der Provinzwahl von Maidan Wardak Sitze für den Provinzrat erhalten (GV 8.3.2018). Im März 2018 hat eine Gruppe junger Frauen in der Provinz die Kunstbewegug "Village Sisters Art Movement" gegründet, wodurch Lyrik-Vorträge organisiert werden. Das Projekt wird vom Kultur- und Informationsdepartment begrüßt (Pajhwok 9.3.2018).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

Wardak zählt seit einiger Zeit zu den volatilen Provinzen Afghanistans. Regierungsfeindliche, bewaffnete Aufständische sind in unterschiedlichen Distrikten aktiv - speziell in den Distrikten nächst der Autobahn (Khaama Press 11.3.2018; vgl. Khaama Press 1.1.2018, Khaama Press 25.12.2017, Khaama Press 8.12.2017, Khaama Press 23.11.2017, FN 8.11.2017, Khaama Press 21.8.2018, Khaama Press 11.7.2017).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 81 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die folgende Darstellung der Staatendokumentation veranschaulicht werden sollen:

Im gesamten Jahr 2017 wurden 83 zivile Opfer (42 getötete Zivilisten und 41 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, gefolgt von gezielten/willkürlichen Tötungen und Luftangriffen. Dies deutet einen Rückgang von 35% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Wardak

In der Provinz Wardak werden groß angelegte militärische Operationen durchgeführt (Tolonews 23.11.2017; vgl. Xinhua 18.3.2018, Tolonews 18.3.2018, Tolonews 22.11.2017, Tolonews 1.7.2017 Pajhwok 19.5.2017); Aufständische werden getötet und festgenommen (Xinhua 18.3.2018; vgl. Tolonews 18.3.2018, Tolonews 23.11.2017). Bei diesen Operationen werden unter anderem auch Führer von regierungsfeindlichen Gruppierungen getötet (Xinhua 14.1.2018; vgl. Khaama Press 23.11.2017, Tolonews 1.7.2017). Luftangriffe werden ebenso durchgeführt; bei diesen werden auch Aufständische getötet (Independent 24.11.2017; vgl. Khaama Press 2.8.2017, Pajhwok 10.4.2017). Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften finden statt (Pajhwok 3.3.2018; vgl. Tolonews 7.11.2017, Tolonews 11.7.2017). Regierungsfeindliche Gruppierungen in Wardak Regierungsfeindliche bewaffnete Aufständische sind in unterschiedlichen Distrikten aktiv (Khaama Press 11.3.2018). Dazu zählen u. a. die Taliban (Tolonews 18.2.2018; vgl. Xinhua 14.1.2018, Khaama Press 9.12.2017); Quellen zufolge hat das Haqqani-Netzwerk in einem Teil der Provinz Wardak eine Zentrale gehabt (ATN 23.11.2017; vgl. Tolonews 23.11.2017, Khaama Press 23.11.2017, SP 13.3.2018, UW 3.2012). Das Haqqani-Netzwerk operiert großteils in Ostafghanistan und der Hauptstadt Kabul (Xinhua 18.3.2018). Für den Zeitraum 1.1.2017-31.1.2018 wurden keine IS-bezogene Vorfälle in der Provinz gemeldet (ACLED 23.2.2018).

Zur als innerstaatliche Fluchtalternative herangezogene Provinzen bzw. Städte:

Kabul (aus dem LIB für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 23.11.2018, S 67ff)

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul-Stadt. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.679.648 geschätzt (CSO 4.2017). In der Hauptstadt Kabul leben unterschiedliche Ethnien: Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Sikhs und Hindus. Ein Großteil der Bevölkerung gehört dem sunnitischen Glauben an, dennoch lebt eine Anzahl von Schiiten, Sikhs und Hindus nebeneinander in Kabul Stadt (Pajhwok o.D.z).

Kabul verfügt über einen internationalen Flughafen (Tolonews 25.2.2018; vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

Einst als relativ sicher erachtet, ist die Hauptstadt Kabul von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen der Taliban betroffen (Reuters 14.3.2018), die darauf abzielen, die Autorität der afghanischen Regierung zu untergraben (Reuters 14.3.2018; vgl. UNGASC 27.2.2018). Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen inklusive des IS versuchen in Schlüsselprovinzen und -distrikten, wie auch in der Hauptstadt Kabul, Angriffe auszuführen (Khaama Press 26.3.2018; vgl. FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018). Im Zeitraum 1.1.2017- 30.4.2018 wurden in der Provinz 410 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Im gesamten Jahr 2017 wurden 1.831 zivile Opfer (479 getötete Zivilisten und 1.352 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Selbstmordanschläge, gefolgt von IEDs und gezielte Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 4% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. Für Kabul-Stadt wurden insgesamt 1.612 zivile Opfer registriert; dies bedeutet eine Steigerung von 17% im Gegensatz zum Vorjahr 2016 (440 getötete Zivilisten und 1.172 Verletzte) (UNAMA 2.2018).

Balkh (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 23.11.2018, S85ff)

Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Sie hat folgende administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal, und Khalm; die Provinzhauptstadt ist Mazar-e Sharif. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich von Balkh. Die Provinzen Kunduz und Samangan liegen im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o.D.y).

Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt (CSO 4.2017).

Die Hauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.: Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.:

Provinzhauptstadt Baghlan]; sie ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut.

Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Viele der Straßen, vor allem in den gebirgigen Teilen des Landes, sind in schlechtem Zustand, schwer zu befahren und im Winter häufig unpassierbar (BFA Staaatendokumentation 4.2018).

In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35).

Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren (Pajhwok 7.6.2017).

Nach monatelangen Diskussionen hat Ende März 2018 der ehemalige Gouverneur der Provinz Balkh Atta Noor seinen Rücktritt akzeptiert und so ein Patt mit dem Präsidenten Ghani beendet. Er ernannte den Parlamentsabgeordneten Mohammad Ishaq Rahgozar als seinen Nachfolger zum Provinzgouverneur (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Reuters 22.3.2018). Der neue Gouverneur versprach, die Korruption zu bekämpfen und die Sicherheit im Norden des Landes zu garantieren (Tolonews 24.3.2018).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans (RFE/RL 23.3.2018), sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan (Khaama Press 16.1.2018; vgl. Khaama Press 20.8.2017). Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Khaama Press 16.1.2018).

Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (Tolonews 7.3.2018), oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte (BBC 22.4.2017; vgl. BBC 17.6.2017).

In der Provinz befindet sich u.a. das von der deutschen Bundeswehr geführte Camp Marmal (TAAC-North: Train, Advise, Assist Command - North) (NATO 11.11.2016; vgl. iHLS 28.3.2018), sowie auch das Camp Shaheen (BBC 17.6.2017; vgl. Tolonews 22.4.2017).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert [...].

Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Balkh

Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte führen regelmäßig militärische Operationen durch, um regierungsfeindliche Aufständische zu verdrängen und sie davon abzuhalten, Fuß im Norden des Landes zu fassen (Khaama Press 16.1.2018). Diese militärischen Operationen werden in gewissen Gegenden der Provinz geführt (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT.3.2018, Pajhwok 21.8.2017, Pajhwok 10.7.2017). Dabei werden Taliban getötet (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT 6.3.2018, Pajhwok 10.7.2017) und manchmal auch ihre Anführer (Tolonews 18.3.2018; vgl. Tolonews 7.3.2018, PT 6.3.2018, Tolonews 22.4.2017).

Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 7.3.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Balkh

Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben (Khaama Press 16.1.2018). Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen (Khaama Press 20.8.2017).

Im Zeitraum 1.1.2017 - 15.7.2017 wurden keine IS-bezogenen Vorfälle in der Provinz registriert. Im Zeitraum 16.7.2017 - 31.1.2018 wurden dennoch vom IS verursachten Vorfälle entlang der Grenze von Balkh zu Sar-e Pul registriert (ACLED 23.2.2018).

Herat (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 23.11.2018, S121ff)

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel/Injil, Ghorian/Ghoryan, Guzra/Guzara und Pashtoon Zarghoon/Pashtun Zarghun, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba/Obe, Kurkh/Karukh, Kushk, Gulran, Kuhsan/Kohsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirke zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna/Kushki Kohna, Farsi, und Chisht-i-Sharif/Chishti Sharif als Bezirke dritter Stufe (UN OCHA 4.2014; vgl. Pajhwok o. D.). Provinzhauptstadt ist Herat-Stadt, welche sich im gleichnamigen Distrikt befindet und eine Einwohnerzahl von 506.900 hat (CP 21.9.2017). In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen: ein internationaler in Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35.). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.967.180 geschätzt (CSO 4.2017).

In der Provinz leben Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Uzbeken und Aimaken (Pajhwok o.D.; vgl. NPS o.D.).

Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Das Harirud-Tal, eines der fruchtbarsten Täler des Landes, wo Baumwolle, Obst und Ölsaat angebaut werden, befindet sich in der Provinz (AJ 8.3.2012). Bekannt ist Herat auch wegen seiner Vorreiterrolle in der Safran-Produktion (AJ 8.3.2012; vgl. EN 9.11.2017). Es sollen Regierungsprogramme und ausländische Programme zur Unterstützung der Safran-Produktion implementiert werden. Safran soll eine Alternative zum Mohnanbau werden (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Anfang Jänner 2018 wurde ein Labor zur Kontrolle der Safran-Qualität in Herat errichtet (Pajhwok 13.1.2018). Die Safran-Produktion garantierte z.B. auch zahlreiche Arbeitsplätze für Frauen in der Provinz (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Auch in unsicheren Gegenden wird Safran angebaut. (Tolonews 10.11.2017). Insgesamt wurden 2017 in der Provinz min. 8 Tonnen Safran produziert; im Vorjahr 2016 waren es 6.5 Tonnen (Pajhwok 13.1.2018; vgl. EN 9.11.2017). Trotzdem stieg im Jahr 2017 in der Provinz die Opiumproduktion. In den Distrikten Shindand und Kushk, geprägt von schlechter Sicherheitslage, war der Mohnanbau am höchsten (UNODC 11.2017).

Im Dezember 2017 wurden verschiedene Abkommen mit Uzbekistan unterzeichnet. Eines davon betrifft den Bau einer 400 Km langen Eisenbahnstrecke von Mazar-e Sharif und Maymana nach Herat (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2017).

Mitte März 2018 wurde der Bau der TAPI-Leitung in Afghanistan eingeweiht. Dabei handelt es sich um eine 1.800 Km lange Pipeline für Erdgas, die Turkmenistan, Afghanistan, Pakistan und Indien 30 Jahre lang mit 33 Billionen m³ turkmenischem Erdgas versorgen soll. Die geplante Leitung wird sich entlang der Herat-Kandahar-Autobahn erstrecken. Somit wird sie durch Gegenden, auf die die Taliban einen starken Einfluss haben, verlaufen. Jedoch erklärten die Taliban, TAPI sei ein "wichtiges Projekt" und sie würden es unterstützen (PPG 26.2.2018; vgl. RFE/RL 23.2.2018). Im Rahmen des TAPI-Projekts haben sich 70 Taliban bereit erklärt, an den Friedensprozessen teilzunehmen (Tolonews 4.3.2018). Um Sicherheit für die Umsetzung des TAPI-Projekts zu gewähren, sind tausende Sicherheitskräfte entsandt worden (Tolonews 14.3.2018).

Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage

Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018; vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Des Weiteren wurde Ende Oktober 2017 verlautbart, dass die Provinz Herat zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen des Landes zählt, wenngleich sich in den abgelegenen Distrikten die Situation in den letzten Jahren aufgrund der Taliban verschlechtert hat (Khaama Press 25.10.2017).

Die Provinz ist u.a. ein Hauptkorridor für den Menschenschmuggel in den Iran bekannt - speziell von Kindern (Pajhwok 21.1.2017).

Mitte Februar 2018 wurde von der Entminungs-Organisation Halo Trust bekannt gegeben, dass nach zehn Jahren der Entminung 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher seien. In diesen Gegenden bestünde keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein, so der Pressesprecher des Provinz-Gouverneurs. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der Präsenz von Aufständischen wurden die Distrikte Gulran und Shindand noch nicht von Minen geräumt. In der Provinz leben u.a. tausende afghanische Binnenflüchtlinge (AN 18.2.2018).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 139 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert [...]

Im gesamten Jahr 2017 wurden in der Provinz Herat 495 zivile Opfer (238 getötete Zivilisten und 257 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Selbstmordanschlägen/komplexen Attacken und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 37% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Herat

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um einige Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Auch werden Luftangriffe verübt (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017); dabei wurden Taliban getötet (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AJ 25.6.2017; vgl. AAN 11.1.2017). In Herat sind Truppen der italienischen Armee stationiert, die unter dem Train Advise Assist Command West (TAAC-W) afghanische Streitmächte im Osten Afghanistans unterstützen (MdD o. D.).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Herat

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018;

vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Dem Iran wird von verschiedenen Quellen nachgesagt, afghanische Talibankämpfer auszubilden und zu finanzieren (RFE/RL 23.2.2018;

vgl. Gandhara 22.2.2018, IP 13.8.2017, NYT 5.8.2017). Regierungsfeindliche Aufständische griffen Mitte 2017 heilige Orte, wie schiitische Moscheen, in Hauptstädten wie Kabul und Herat, an (FAZ 1.8.2017; vgl. DW 1.8.2017). Dennoch erklärten Talibanaufständische ihre Bereitschaft, das TAPI-Projekt zu unterstützen und sich am Friedensprozess zu beteiligen (AF 14.3.2018; vgl. Tolonews 4.3.2018). Es kam zu internen Konflikten zwischen verfeindeten Taliban-Gruppierungen (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017).

Anhänger des IS haben sich in Herat zum ersten Mal für Angriffe verantwortlich erklärt, die außerhalb der Provinzen Nangarhar und Kabul verübt wurden (UNAMA 2.2018).

ACLED registrierte für den Zeitraum 1.1.2017-15.7.2017 IS-bezogene Vorfälle (Gewalt gegen die Zivilbevölkerung) in der Provinz Herat (ACLED 23.2.2017).

Erreichbarkeit (Zusammenfassung aus dem LIB für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 23.11.2018, S235ff)

Im Punkt 3.35. des LIB ist zur Erreichbarkeit der genannten Provinzen zusammengefasst angeführt, dass die Infrastruktur ein kritischer Faktor für Afghanistan bleibt, trotz der seit 2002 erreichten Infrastrukturinvestitionen und -optimierungen. Seit dem Fall der Taliban wurde das afghanische Verkehrswesen in städtischen und ländlichen Gebieten grundlegend erneuert. Beachtenswert ist die Vollendung der "Ring Road", welche Zentrum und Peripherie des Landes sowie die Peripherie mit den Nachbarländern verbindet. Investitionen in ein integriertes Verkehrsnetzwerk zählen zu den Projekten, die systematisch geplant und umgesetzt werden. Unter anderem in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif befinden sich internationale Flughäfen. Das Transportwesen in Afghanistan gilt als "verhältnismäßig gut". Es gibt einige regelmäßige Busverbindungen innerhalb Kabuls und in die wichtigsten Großstädte Afghanistans, sowie Gemeinschaftstaxis.

Dürre: Auszug aus der diesbezüglichen Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation vom 13.09.2018: und von ACCORD vom 12.10.2018 [a-10737]

Aufgrund der Dürre wird die Getreideernte geringer ausfallen, als in den vergangenen Jahren. Da die Getreideernte in Pakistan und im Iran gut ausfallen wird, kann ein Defizit in Afghanistan ausgeglichen werden. Die Preise für Getreide waren im Mai 2018 verglichen zum Vormonat in den meisten großen Städten unverändert und lagen sowohl in Herat-Stadt als auch in Mazar-e Sharif etwas unter dem Durchschnitt der Jahre 2013-2018 (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, vom 13.09.2018, S. 3). Das Angebot an Weizenmehl ist relativ stabil (Accordanfragebeantwortung a-10737, vom 25.09.2018, S. 8). Aufgrund der Dürre wurde bisher kein nationaler Notstand ausgerufen (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, vom 13.09.2018, S. 11).

Für die Landflucht spielen die Sicherheitslage und fehlende Beschäftigung eine Rolle; die Dürre würde die Situation noch verstärken (Accordanfragebeantwortung a-10737, vom 25.09.2018, S. 2). Daher sind viele Haushalte veranlasst, sich in städtischen Gebieten anzusiedeln. Diese Personen - Vertriebene, Rückkehrer und Flüchtlinge - siedeln sich in informellen Siedlungen an (Accordanfragebeantwortung a-10737, vom 25.09.2018, S. 5). Dort ist die größte Sorge der Vertriebenen die Verfügbarkeit von Lebensmitteln, diese sind jedoch mit der Menge und der Regelmäßigkeit des Trinkwassers in den informellen Siedlungen und den erhaltenen Hygienesets zufrieden. Viele Familien, die Bargeld für Lebensmittel erhalten, gaben das Geld jedoch für Schulden, für Gesundheitsleistungen und für Material für provisorische Unterkünfte aus. Vielen Familien der Binnenvertriebenen gehen die Nahrungsmittel aus bzw. können sich diese nur Brot und Tee leisten (Accordanfragebeantwortung a-10737, vom 25.09.2018, S. 6). Arme Haushalte, die von einer wassergespeisten Weizenproduktion abhängig sind, werden bis zur Frühjahrsernte sowie im nächsten Jahr Schwierigkeiten haben, den Konsumbedarf zu decken (Accordanfragebeantwortung a-10737, vom 25.09.2018, S. 11).

Die Abnahme der landwirtschaftlichen Arbeitsmöglichkeiten zusammen mit der steigenden Migration sowie der hohen Anzahl an Rückkehrerin und Binnenvertriebenen führt zu einer Senkung der Löhne für Gelegenheitsarbeit in Afghanistan und zu einer angespannten Wohnraum- und Arbeitsmarktlage in urbanen Gebieten (Accordanfragebeantwortung a-10737, vom 25.09.2018, S. 15 f.).

Von Mai bis Mitte August 2018 sind ca. 12.000 Familie aufgrund der Dürre aus den Provinzen Badghis und Ghor geflohen um sich in der Stadt Herat anzusiedeln. Dort leben diese am westlichen Stadtrand von Herat in behelfsmäßigen Zelten, sodass am Rand der Stadt Herat die Auswirkungen der Dürre am deutlichsten sind (Beilage ./O, S. 5f). Mittlerweile sind 60.000 Personen nach Herat geflohen (Beilage ./P, S. 5). Es ist besonders die ländliche Bevölkerung, insbesondere in der Provinz Herat, betroffen (Beilage ./P, S. 7). Personen die von der Dürre fliehen, siedeln sich in Herat-Stadt, in Qala-e-Naw sowie in Chaghcharan an, dort wurden unter anderem Zelte, Wasser, Nahrungsmittel sowie Geld verteilt (Beilage ./O, S. 10; Beilage ./P, S. 2). Zu Mazar-e Sharif liegen keine spezifischen Informationen zur Wohnraumsituation vor (Accordanfragebeantwortung a-10737, vom 25.09.2018, S. 2).

Während das Lohnniveau in Mazar-e Sharif weiterhin über dem Fünfjahresdurchschnitt liegt, liegt dieses in Herat-Stadt 17% unter dem Fünfjahresdurchschnitt (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, vom 13.09.2018, S. 8). Es gibt keine signifikante dürrebedingte Vertreibung bzw. Zwangsmigration nach Mazar-e Sharif- Stadt (Accordanfragebeantwortung a-10737, vom 25.09.2018, S. 3; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, vom 13.09.2018, S. 1 und 3). Im Umland der Stadt Mazar-e Sharif kommt es zu Wasserknappheit und unzureichender Wasserversorgung (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, vom 13.09.2018, S. 2).

Schließlich werden um den Folgen der Dürre entgegenzuwirken, nationale und internationale Hilfsmaßnahmen für die Betroffenen gesetzt. So sind z.B. durch ganzheitliche Maßnahmen zur Dürrebekämpfung die im August in 15 Provinzen angelaufen sind, in Summe 1,2 Mio Menschen quer durch alle Bereich unterstützt worden (Accordanfragebeantwortung a-10737, vom 25.09.2018, S. 17 ff).

Die Stadt Mazar-e Sharif selbst ist nicht von den Auswirkungen der Dürre betroffen.

Religionsfreiheit (aus dem LIB für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 23.11.2018, S286ff)

Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 84,7 und 89,7% Sunniten (CIA 2017; vgl. USCIRF 2017). Schätzungen zufolge sind etwa 10 - 19% der Bevölkerung Schiiten (AA 5.20

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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