TE Bvwg Beschluss 2019/2/12 W119 2207407-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.02.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

12.02.2019

Norm

AsylG 2005 §57
BFA-VG §21 Abs3
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W119 2207407-1/8E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Claudia EIGELSBERGER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Volksrepublik China, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.09.2018, Zahl:

458937104/180415418 EAST Ost, beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 21 Abs 3 BFA-VG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Volksrepublik China, reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt illegal in Österreich ein und stellte am 21.02.2003 einen ersten Antrag auf Gewährung von Asyl.

Diesen begründete er im Wesentlichen damit, dass er aus ideologischen Gründen ohne Gehalt und Abfertigung gekündigt worden sei und gemeinsam mit 300 bis 500 Kollegen eine Versammlung und Demonstration abgehalten habe, wobei es seine Aufgabe gewesen wäre, als Vertreter der Arbeitnehmer mit der Regierung zu verhandeln. Aus diesem Grund sei er wegen Störung des öffentlichen Diensts verurteilt, am 01.08.2002 inhaftiert und am 01.09.2002 gegen Kaution freigelassen worden. Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 24.09.2004 gab der Beschwerdeführer an, Buddhist zu sein.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.11.2004, AZ 03 06.992-BAW, wurde der erste Asylantrag des Beschwerdeführers negativ entschieden. Am 03.12.2004 legte er dagegen Berufung ein. Diese wurde am 22.05.2007 mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats, GZ:255.884/0/5E-XI/38/04, gem. § 7 AsylG, abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 57 des Fremdengesetzes wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach China zulässig ist (Spruchpunkt II.). Gemäß § 8 Abs.2 AsylG wurde der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet in die Volksrepublik China ausgewiesen (Spruchpunkt III.). Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, das Vorbringen des Beschwerdeführers sei unkonkret, widersprüchlich und nicht plausibel. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

Am 02.05.2018 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes folgendermaßen:

"Ich bin seit drei Jahren Zeuge Johova und dieser Glauben ist in China verboten. Im Falle einer Rückkehr hätte ich mit einer Festnahme meiner Person zu rechnen. In Folge würde ich ins Gefängnis kommen.

Die Gründe von meiner Ersteinvernahme entsprachen nicht der Wahrheit und sind somit nicht mehr aufrecht."

Die Änderung seiner Fluchtgründe sei ihm seit Oktober 2016 bekannt. Zu seiner Rückkehrbefürchtung befragt, erklärte der Beschwerdeführer, er würde in ein Gefängnis kommen.

Das Verfahren des Beschwerdeführers wurde nicht zugelassen.

Am 19.06.2018 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) zu seinem Folgeantrag niederschriftlich einvernommen.

Dabei erklärte er zu seinem Gesundheitszustand, dass sein Blutdruck sehr hoch sei und er sich jeden Monat Medikamente verschreiben lassen müsse. Diese Probleme habe er seit 20 Jahren und auch schon in China gehabt. Befunde habe er keine.

Seit seiner rechtskräftigen Entscheidung vom Juli 2007 habe er Österreich nicht verlassen und sich in verschiedenen Bundesländern aufgehalten, in denen er gerade gearbeitet habe. Gemeldet sei er nicht gewesen, weil seine Asylkarte nicht mehr gültig gewesen sei. Gearbeitet habe er nur bei Landsleuten und zwar als Bodenleger, Fliesenleger, Maler. Er sei dort im Krankenhaus gewesen, wo er keine Versicherung brauche. Im Moment bestreite er seinen Lebensunterhalt aus der Grundversorgung. Deutsch spreche er gar nicht. In der Heimat würden sich seine Frau und sein Sohn befinden, die Eltern wären verstorben. Zudem habe er noch zwei Schwestern und einen Bruder. Kontakt halte er jedoch nur zu seinem Sohn, der in seiner Heimatprovinz, jedoch in einer anderen Stadt lebe.

Ausgereist sei der Beschwerdeführer im Jahr 2002. In Österreich habe er keine Eltern oder Kinder, er lebe alleine und habe auch keine Familieneigenschaft oder familienähnliche Lebensgemeinschaft. Wenn er weiterhin in Österreich bleibe, wolle er seinen Unterhalt durch Arbeit finanzieren, er könne vieles in handwerklicher Hinsicht.

Zu seinen Integrationsschritten befragt, erklärte er, meistens nur Kontakt zu Landsleuten zu haben. In Wien habe er österreichische Freunde, mit denen er sich auf Chinesisch verständige. Ein Freund habe in China studiert und sei auch der Lehrer des Beschwerdeführers. Er lehre ihn die Bibel, hole ihn jeden Sonntag ab und sie würden gemeinsam zu einem Treffen von ca. 30 Personen fahren, bei dem von insgesamt sieben Personen die Bibel vorgetragen würde.

In der Heimat habe er Probleme wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit gehabt. Er gehöre den Mang an, und sei von anderen verachtet worden. Öfters habe ihn die Polizei deswegen grundlos geschlagen.

Er sei deswegen in China verurteilt worden, weil ihn der Arbeitgeber nicht ausbezahlt und er sich in der Folge das ihm zustehende Geld einfach genommen habe. Man habe ihn zu 28 Monaten Haftstrafe verurteilt.

Weiters erklärte der Beschwerdeführer, dass seine alten Asylgründe noch aufrecht seien.

Seinen nach elf Jahren gestellten neuen Asylantrag erklärte er damit, dass er weiterhin in diesem Land bleiben wolle. Bei der Erstbefragung habe er seine jetzige Religion angegeben, die in China verboten sei. Zudem erklärte er, davor in eine christliche Kirche in Wien besucht zu haben, in der der Pfarrer ein Chinese aus den USA gewesen sei. Die Bibelübersetzung der Zeugen Jehovas gefalle ihm jedoch besser. Jeden Samstag werde er vorschriftsgemäß von zwei Lehrern unterrichtet. Jeden Tag bete er und lerne am Tablet, schaue Vorträge, lese Texte und nehme an Treffen am Sonntag teil. Es handle sich um eine spezielle Gruppe für Chinesen, bei denen es auch Österreicher mit chinesischen Sprachkenntnissen gebe. Die Treffen würden an einer näher genannten Adresse in Wien stattfinden. Seine Schülerphase würde bald enden, vor der Taufe - in der der ganze Körper in einer eigenen Zeremonie gebadet werde - gebe es noch eine Phase. Er müsse eine bestimmte Stufe der Arbeit erreichen, erst dann könne er getauft werden. Diese Taufen würden bei den Treffen am Sonntag oder im Saal des Königreiches stattfinden. Nachgefragt, ob er schon Aufgaben für die Zeugen Jehovas übernehme, erklärte er, man müsse Missionar sein, indem man anderen Personen über die Bibel erzähle. Dies mache der Beschwerdeführer im Lager und er besitze eine Bibel. Bei einer Rückkehr in sein Heimatland würde er höchstwahrscheinlich ins Gefängnis kommen, weil diese Religion in China verboten sei.

In weiterer Folge wurden dem Beschwerdeführer weitere konkrete Fragen zu dieser Religion gestellt, die er im Wesentlichen folgendermaßen beantwortete:

"LA: Seit wann sind Sie Zeuge Jehova, welcher Religion gehörten Sie davor an?

VP: (AW schaut am Zettel nach), seit Oktober 2016. Ich bin noch als Schüler dort. Davor war ich ein Christ.

LA: Gehören die Zeugen Jehova zur christlichen Religion?

VP: Nein.

LA: Welche Voraussetzung muss jemand erfüllen um Zeuge Jehova werden zu können?

VP: Derjenige muss an die Existenz Gottes glauben und fleißig lernen und (AW zeigt der Dolmetscherin einen Zettel) die Werke "Wahrheit der Bibel erkenne" und "Ständig in der Liebe des Gottes zu sein". Nachgefragt sind das zwei Bücher.

LA: Was bedeutet der Begriff Jehova?

VP: Jehova ist der Name des Gottes. Nachgefragt gibt es auch Jesus Christus bei den Jehova.

LA: Welche Bedeutung hat die Bibel für Sie?

VP: Dadurch bin ich ein neuer Mensch geworden.

LA: Aber die Bibel hatten Sie auch als Christ, was ist für Sie jetzt der Unterschied?

VP. Die Meinungen sind unterschiedlich, zum Beispiel ist die Dreifaltigkeit bei den Christen wichtig, bei den Jehova existiert die Dreifaltigkeit nicht. Bei den Jehova gehören Gott, Jesus und der heilige Geist nicht zusammen.

LA: Wie denken die Jehova über den heiligen Geist?

VP: Dass der Geist niemals erlischt, es ist eine Art von Energie, die ewig existiert.

LA: Durch wen und wie sind Sie zu dieser Religion gekommen?

VP: Ich selbst bin zu dieser Religion gekommen. Nachgefragt war das an einem Samstag, am Anfang des Flohmarktes am Naschmarkt stand mein jetziger Lehrer [...]. Als ich sah, dass der Treffpunkt im [...] war und ich damals im [...] wohnte, beschloss ich dorthin u gehen. Nachgefragt fragte ich [...], der Bücher und Zeitschriften über die Bibel dabei hatte, ich trug mich in eine Liste ein und [...] kontaktierte mich einige Zeit danach und fragte mich ob ich bereit bin näheres über die Religion zu erfahren. Nachgefragt fand ich das interessant, zuvor war ich in einer christlichen Kirche im [...], der Pfarrer war ein Chinese aus den USA, er hieß [...].

LA: Was gefällt Ihnen an dieser Religion besser als an Ihrer bisherigen?

VP: Die Materie, die ich lerne unterscheidet, sich von der früheren Religion.

Die übersetzte Form der Bibel gefällt mir viel besser, als die Übersetzung bei der Christlichen Religion. Nachgefragt haben die Zeugen Jehova eine eigene Bibelübersetzung.

LA: Wie informieren Sie sich über Inhalte der Religion?

VP: Bei uns gibt es eine Vorschrift, ein Schüler wird von zwei Lehrenden gelehrt. Jeden Samstag werde ich von 2 Lehrern unterrichtet.

LA: Wissen Sie wie die offizielle Homepage der Zeugen Jehova heißt?

VP: Ja, die Zentrale ist in Amerika. AW schaut nach und zeigt sie am Tablet.

LA: Schildern Sie mir bitte wie Sie Ihre Religion im Alltag ausüben?

VP: Jeden Tag bete ich und lerne am Tablet, ich schaue Vorträge und lese Texte und nehme an den Treffen am Sonntag teil.

LA: Können Sie mir Publikationen der Zeugen Jehovas nennen?

VP: Nein den Titel kann ich nicht sagen, aber ich sammle sie. Nachgefragt gibt es sehr viele, die werden regelmäßig veröffentlicht.

LA: Seit wann gibt es die Zeugen Jehova, wer hat diese Bewegung gegründet?

VP: Seit 1958 wer der Gründer ist weiß ich nicht.

LA: Welche Position beziehen die Zeugen Jehova in Bezug auf das christliche Symbol des Kreuzes?

VP: Das heißt bei uns nicht das Kreuz, sondern Folterungsgerüst. Das ist kein Kreuz, sondern eigentlich eine Säule. Nachgefragt verwenden Jehova das Kreuz nicht.

LA: Welche Position beziehen die Zeugen Jehova in Bezug auf Bluttransfusionen?

VP: Wir lehnen das grundsätzlich ab ohne Ausnahme.

LA: Welche Haltung haben Zeugen Jehovas gegenüber dem Konsum von Alkohol, Nikotin und Drogen?

VP: Absolut verboten alle drei.

LA: Welche Position haben Zeugen Jehova in Bezug auf den Militärdienst oder der Teilnahme am politischen Leben?

VP: Militärdienst ist verboten, weil das bedeutet Töten, es ist auch verboten am politischen Leben teilzunehmen, weil die Regierung zur Welt gehört und nicht zu unserem Königreich. Nachgefragt nahmen wir an Wahlen nicht teil.

LA: Sagt Ihnen der Begriff "Harmagedon" etwas?

VP: Ja, das heißt Gott wird die Bösen vernichten und daraus ein Königreich auf der Erde zu errichten. Nachgefragt können daran alle Menschen teilhaben.

LA: Haben Sie Freunde in Ö, welcher Religion gehören diese an?

VP: Sehr gute Freunde habe ich keine, alle die ich kenne sind Brüder von der Religion.

LA: Sie sagten Sie sind noch Schüler, wie lange sind Sie das noch und wie geht es weiter?

VP: Meine Schülerphase endet bald, vor der Taufe (der ganze Körper wird gebadet, das ist eine eigene Zeremonie) gibt es noch eine Phase, ich muss eine bestimmte Stufe der Arbeit erreichen, erst dann kann ich "getauft" werden. Nachgefragt findet diese Taufe bei den Treffen am Sonntag oder im Saal des Königreiches statt. Nachgefragt sind die Treffen am Sonntag nicht im Saal des Königreiches.

LA: Haben Sie schon einmal eine Taufe miterlebt?

VP: Letztes Jahr im Sommer 2017 im 2. Bezirk im Stadion.

LA: Übernehmen Sie derzeit schon Aufgaben und was sind die Aufgaben eines Zeugen Jehova?

VP: Man muss Missionar sein, in dem ich anderen Personen über die Bibel erzähle. Das mache ich hier im Lager, ich erzähle es den anderen Landsleuten. Ich besitze eine Bibel.

LA: Was befürchten Sie im Falle einer Rückkehr in Ihr Heimatland?

VP: Höchstwahrscheinlich würde ich ins Gefängnis kommen.

LA: Aus welchem Grund?

VP: Weil diese Religion in China verboten ist."

Nachgefragt, warum er so lange gewartet habe, bis er zweiten Asylantrag gestellt habe, erklärte er, dass er Angst vor der Polizei gehabt habe.

Mit dem gegenständlichen, im Spruch angeführten Bescheid vom 25.09.2018 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 02.05.2018 gemäß § 68 Abs. 1 AVG hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache zurück. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach China zulässig sei (Spruchpunkt V.). Es wurde festgehalten, dass gemäß § 55 Abs. 1 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII).

Dies begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer nicht vermitteln habe können, einen Glaubenswechsel zu den Zeugen Jehovas aus ernsthafter innerer Überzeugung vollzogen zu haben. Bei seiner Einvernahme am 19.06.2018 habe der Beschwerdeführer mit keinem Wort erwähnt, bei seinem Erstantrag angegeben zu haben, Buddhist zu sein. Danach befragt, welcher Religion er vor der Zugehörigkeit zu den Zeugen Jehovas angehört habe, hätte er dies mit "Christ" beantwortet. Nach der Bedeutung der Bibel befragt hätte er gemeint, dass er dadurch ein neuer Mensch geworden sei und dass man, um Zeuge Jehova werden zu können, an die Existenz Gottes glauben und fleißig lernen müsse. Auf einem mitgebrachten Zettel habe er der Dolmetscherin den Titel der Bücher gezeigt, aus denen er lernen würde. Die Wichtigkeit des Bibelstudiums an sich habe er nicht erwähnt. Zeugen Jehova würden genaue Bibelkenntnisse und eine ausgeprägte Missionstätigkeit fordern. Auch die Dauer seiner Zugehörigkeit, von ihm benannt mit Oktober 2016, habe er von einem Zettel ablesen müssen. Hingegen habe er bei der Erstbefragung noch angegeben, seit drei Jahren Zeuge Jehova zu sein. Er habe weder das richtige Gründungsdatum noch den Gründer der Zeugen nennen können. Dass der Konsum von Alkohol absolut verboten wäre, entspreche nicht den Richtlinien, weil mäßiger Konsum gestattet sei. Besonders auffallend sei gewesen, dass er Publikationen der Glaubensgemeinschaft nicht hätte nennen können. Laut Vorgaben der Glaubensgemeinschaft müsse jeder angehende Zeuge Jehova, abgesehen vom intensiven Bibelstudium, bei der Missionierung mithelfen. Von sich aus habe der Beschwerdeführer keine Details über sein Interesse gerade an dieser Glaubensgemeinschaft preisgegeben, dies sei zögerlich über Nachfragen erfolgt. Gewöhnlich führe eine gewisse Unzufriedenheit mit den bisherigen Glauben oder ein Schlüsselerlebnis dazu, den Glauben zu wechseln. Der Beschwerdeführer sei bislang noch nicht getauft und habe sich offensichtlich noch nicht als Verkünder qualifizieren können. Trotz seines angeblichen langjährigen Interesses habe er keine tief greifenden Aussagen tätigen können. Selbst wenn der Glaube eine persönliche Entscheidung sei, wäre von jemandem, der dieser Entscheidung bewusst und informiert treffe, zu erwarten, dass er dafür gute Gründe ins Treffen führe. Dass er die wirkliche Begeisterung und Leidenschaft für die Religion habe, die von Anhängern der Zeugen Jehova in besonders hohem Maß gefordert werde, habe er der Behörde nicht vermitteln können. Die nun im gegenständlichen Verfahren dargestellten Angaben seien zu keinem Zeitpunkt genügend substantiiert gewesen, um diese als asylrelevant zu bezeichnen oder um darin einen neuen Sachverhalt zu erkennen. Angesichts der Tatsache, dass seine ursprünglichen Fluchtgründe vom Vorverfahren nicht glaubhaft gewesen seien und sich sein jetziger Fluchtgrund als unglaubhaft darstelle, könne seitens der Behörde kein neuer Fluchtgrund erkannt werden.

Selbst bei Wahrunterstellung sei nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer dieses Bekenntnis in der Volksrepublik China öffentlich machen würde, zumal er selbst bei der Einvernahme durchaus schlüssig angegeben habe, dass das Publikmachen zu einer Inhaftierung führen könne. Wie er selbst angegeben habe, müsse man bei den Zeugen Jehova die Stellung eines Missionars haben, um die Religion publik zu machen. Im gegenständlichen Fall habe der Beschwerdeführer keine Missionstätigkeit angegeben und somit drohe ihm der Rückkehr in sein Heimatland keine Gefahr. Seitens der entscheidenden Behörde habe in Erfahrung gebracht werden können, dass grundsätzlich nur sehr wenige Informationen zur Lage der Zeugen Jehova in China verfügbar seien und es sich um eine kleine und nicht registrierte Religionsgemeinschaft handle. Alle religiösen Gruppierungen müssten sich beim Staatlichen Amt für religiöse Angelegenheiten registrieren lassen und sich einer der offiziell anerkannten kirchlichen Dachverbände unterordnen; nichtregistrierte religiöse Vereinigungen seien illegal. Art. 300 des chinesischen Strafgesetzes ermögliche die Strafverfolgung religiöser Sekten, es könne eine Freiheitsstrafe von 3 bis 7 Jahren verhängt werden. Die chinesische Regierung toleriere grundsätzlich weitgehend kleine Gruppen, die sich nur zu Hause treffen würden, jedoch keine Missionierungstätigkeiten.

Dagegen wurde Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Darin wurde unter anderem vorgebracht, dass die Feststellungen der Staatendokumentation des Bundesamtes zu China absolut keine Informationen zur Situation der Zeugen Jehovas im Herkunftsstaat und insbesondere zur Frage, ob Personen, die sich zu dieser Religionsgemeinschaft bekennen würden und diese Religion (privat) ausüben würden, mit staatlichen Sanktionen rechnen müssten und wenn ja, mit welchen. Andererseits gehe aus den Ausführungen zur Religionsfreiheit hervor, dass Missionierungstätigkeiten als gefährlich gelten würden, weiters seien nichtregistrierte religiöse Vereinigungen illegal, wobei in diesem Zusammenhang die Zeugen Jehovas explizit erwähnt werden würden. Zudem gehe aus der Staatendokumentation hervor, dass Gemeinschaften ohne staatliche Registrierung bzw. staatliche Anerkennung als Bedrohung der nationalen Harmonie und der nationalen Sicherheit angesehen würden. Dazu wurde ein Gutachten vom März 2016 hinsichtlich der religiösen Situation der Zeugen Jehovas in der Volksrepublik China zitiert. Darin sei der Sachverständige im Wesentlichen zum Ergebnis gekommen, dass dort eine freie Religionsausübung unmöglich sei. Ein Predigtwerk, wie in Österreich üblich, sei einfach unmöglich. Es werde fast ausschließlich im Untergrund operiert. Da das Predigen dennoch durchgeführt werde, würden Glaubensbrüder oftmals inhaftiert, misshandelt oder sonstigen unmenschlichen Verfolgungshandlungen ausgesetzt. Auch derzeit gebe es zahlreiche aktuelle Fälle in der Volksrepublik China, von denen zu berichtet sei, dass Glaubensbrüder mit Haftstrafen und anderen ungesetzmäßigen Grausamkeiten bestraft würden. Ab der vorgenommenen Taufe gelte man als getaufter Zeuge Jehovas. Derartige Taufen würden in Ländern, in denen diese Religion verboten sei oder deren Aktivitäten extrem behindert würden, stets in den privaten Räumlichkeiten und unter besonderer Geheimhaltungspflicht durchgeführt. Eine Person die mit den Zeugen Jehovas die Bibel studiere, regelmäßige Zusammenkünfte besuche, ihr Leben bereits im Einklang mit biblischen Grundsätzen gebracht und sich auch bereits im öffentlichen Predigtdienst beteiligt habe, werde als ungetaufter Verkündiger bezeichnet, sei aber noch kein offizielles Mitglied. Wenn jedoch eine solche Person sich an öffentlichen Predigtdiensten beteilige, gelte sie natürlich für außenstehende Beobachter als Zeuge Jehovas. Daher seien solche ungetauften Verkündiger in der Vergangenheit und Gegenwart immer wieder auch zur Zielscheibe von Verfolgung, Pöbelübergriffen und dergleichen, sei es nun von privater oder staatlicher Seite, geworden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.11.2004, AZ 03 06.992-BAW, wurde der erste Asylantrag des Beschwerdeführers vom 21.02.2003 negativ entschieden und die dagegen erhobene Berufung am 22.05.2007 mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats, GZ:255.884/0/5E-XI/38/04, gem. §7 AsylG, abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 57 des Fremdengesetzes wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach China zulässig ist (Spruchpunkt II.). Gemäß § 8 Abs.2 AsylG wurde der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet in die Volksrepublik China ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Am 02.05.2018 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er im Wesentlichen damit, vor drei Jahren bzw. im Jahr 2016 zu den Zeugen Jehovas konvertiert zu sein.

Das Verfahren des Beschwerdeführers wurde nicht zugelassen.

Festgestellt wird, dass dieses Vorbringen einen glaubhaften Kern aufweist.

Mit Bescheid vom 25.09.2018 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 02.05.2018 gemäß § 68 Abs. 1 AVG hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache zurück. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach China zulässig sei (Spruchpunkt V.). Es wurde festgehalten, dass gemäß § 55 Abs. 1 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesasylamtes, des Bundesamtes und des unabhängigen Bundesasylsenates sowie der Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichts.

Dass das neue Vorbringen des Beschwerdeführers einen glaubhaften Kern aufweist, basiert auf folgenden Überlegungen:

Das Bundesamt hatte den Beschwerdeführer am 19.06.2018 zu seinem Nachfluchtgrund, sich nunmehr zu den Zeugen Jehova zu bekennen, niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer hatte - wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist - dabei auch eine Reihe von inhaltlichen Fragen zu dieser Religion beantwortet. Im Rahmen seiner Beweiswürdigung hielt ihm das Bundesamt jedoch im Wesentlichen vor, er hätte nicht vermitteln können, den Glaubenswechsel aus ernsthafter innerer Überzeugung vollzogen zu haben. Dies begründete es im Wesentlichen damit, der Beschwerdeführer hätte im Rahmen seiner Einvernahme mit keinem Wort erwähnt, in seinem früheren Asylverfahren angegeben zu haben, Buddhist zu sein und am 19.06.2018 die Frage, welche Religion er vor den Zeugen Jehovas ausgeübt habe, mit "Christ" beantwortet. Darin ist jedoch kein Widerspruch zu erkennen, weil der Beschwerdeführer im Rahmen ebendieser Einvernahme ausdrücklich angab, eine näher genannte christliche Kirche in Wien mit einem namentlich genannten Pfarrer besucht zu haben, bevor er in Kontakt mit den Zeugen Jehova gekommen sei. Warum es ihn unglaubwürdig machen soll, dass er nicht nochmals extra erwähnte, ursprünglich in China dem buddhistischen Glauben angehört zu haben, ist für das Bundesverwaltungsgericht nicht ersichtlich. Auch dass der Beschwerdeführer die Titel der Bücher, aus denen er lernen würde, der Dolmetscherin auf einem mitgebrachten Zettel zeigte, spricht für sich genommen noch nicht dagegen, sie tatsächlich studiert zu haben. Dass er die Namen der Publikationen der Zeugen Jehova nicht angeben konnte, ließe sich damit erklären, dass er diese selbst noch nicht verteilt hat, sondern laut seinen eigenen Angaben in der Form bei der Missionierung mithilft, dass er im Lager für die Zeugen Jehovas spricht. Zudem hat er laut eigenen Angaben keine Deutschkenntnisse, sodass es plausibel ist, dass ihm die Namen der (deutschsprachigen) Publikationen nicht geläufig sind. Es ist der belangten Behörde zwar darin zuzustimmen, dass es einige konkrete Fragen gab, die der Beschwerdeführer nicht beantworten konnte. Jedoch ist diesem auch zugute zu halten, dass er als Hilfsarbeiter über kein so hohes Bildungsniveau verfügt, weshalb ihn das Nichtbeantworten von reinen Wissensfragen, wie z.B. den Namen des Gründers der Zeugen Jehova, nicht an sich vollkommen unglaubwürdig macht. Wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist, wusste der Beschwerdeführer die Mehrheit der Fragen zu beantworten und es kommt aus Sicht des erkennenden Gerichtes für die Glaubwürdigkeit einer Konversion im Wesentlichen darauf an, dass ein Beschwerdeführer die Religion aus innerer Überzeugung lebt und nicht, ob er sämtliche theoretische Fragen korrekt beantworten kann. Insgesamt ist für das erkennende Gericht nicht von vorneherein ersichtlich, warum der Beschwerdeführer nicht die Begeisterung und Leidenschaft für diese Religion haben soll, die von Angehörigen der Zeugen Jehova verlangt wird. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass Wissensfragen über die Zeugen Jehova nicht als notorische Tatsachen gelten und sich dem vorgelegten Verwaltungsakt nicht entnehmen lässt, woher das Bundesamt seine diesbezüglichen Kenntnisse bezieht.

Auch hätte das Bundesamt, bevor es dem Vorbringen des Beschwerdeführers den glaubhaften Kern abspricht, den am Ende der Einvernahme mit Adresse und Telefonnummer genannten Zeugen, der den Beschwerdeführer für die neue Religion angeworben hat, befragen müssen.

Zudem hat es die belangte Behörde unterlassen, Feststellungen darüber zu treffen, ob und inwieweit Personen, die sich in der Volksrepublik China zum Glauben der Zeugen Jehova bekennen und diese Religion (privat) ausüben, von Verfolgung bedroht sind bzw. mit staatlichen Sanktionen rechnen müssen. Wie in der Beschwerde richtig angeführt, geht aus den allgemeinen Feststellungen zum Punkt Religionsfreiheit im angefochtenen Bescheid hervor, dass Gemeinschaften ohne staatliche Registrierung als illegal gelten und häufig drangsaliert werden. Religiöse Aktivitäten, die sich der direkten staatlichen Kontrolle entzogen haben, wurden weiter eingeschränkt. Art. 300 des chinesischen Strafgesetzes ermöglich die Strafverfolgung religiöser Sekten und es kann eine Freiheitsstrafe von 3 bis 7 Jahren verhängt werden. Somit kann auch anhand der Länderberichtslage dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er würde in der Heimat wegen seiner Religion von staatlichen Behörden verfolgt, der glaubhafte Kern nicht abgesprochen werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

In vorliegendem Fall ist in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen und obliegt somit in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 3 Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA-Einrichtungsgesetz - BFA-G) BGBl. I Nr. 87/2012 idgF obliegt dem Bundesamt die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl.I Nr. 100 (Z 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr.100 (Z 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl.I Nr.100 (Z 4).

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

Zu A)

§ 68 AVG

Gemäß § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs 2 bis 4 AVG findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Allgemein zur entschiedenen Sache gem § 68 Abs 1 AVG

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht die Rechtskraft einer Entscheidung einem neuerlichen Antrag entgegen, wenn keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vorliegt und in dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt keine Änderung eingetreten ist (VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122). Die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die "entschiedene Sache", also durch die Identität der Verwaltungssache, über die bereits mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten bestimmt (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029). Identität der Sache als eine der Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 68 Abs 1 AVG ist dann gegeben, wenn sich der für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Vorbescheid zugrunde lag, nicht geändert hat. Im Übrigen ist bei der Überprüfung, ob sich der Sachverhalt maßgeblich verändert hat, vom rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne dass dabei dessen sachliche Richtigkeit nochmals zu ergründen wäre, weil die Rechtskraftwirkung ja gerade darin besteht, dass die von der Behörde entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Eine andere fachliche Beurteilung unverändert gebliebener Tatsachen berührt die Identität der Sache nicht. In Bezug auf die Rechtslage kann nur eine Änderung der maßgeblichen Rechtsvorschriften selbst bei der Frage, ob Identität der Sache gegeben ist, von Bedeutung sein, nicht aber eine bloße Änderung in der interpretativen Beurteilung eines Rechtsbegriffs oder einer Rechtsvorschrift bei unverändertem Normenbestand (VwGH 24.06.2014, Ro 2014/05/0050). Als Vergleichsentscheidung ist dabei jene heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0783). Erst nach Erlassung des Bescheides hervorgekommene Umstände, die eine Unrichtigkeit des Bescheides dartun, stellen keine Änderung des Sachverhaltes dar, sondern bilden lediglich unter den Voraussetzungen des § 69 AVG einen Wiederaufnahmegrund (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029). Im Folgeantragsverfahren können - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - nur neu entstandene Tatsachen, die einen im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren geänderten Sachverhalt begründen, zu einer neuen Sachentscheidung führen, nicht aber solche, die bereits vor Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens bestanden haben (VwGH 08.09.2015, Ra 2014/18/0089). In Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz zukommt (VwGH 09.03.2015, Ra 2015/19/0048). Die Prüfung der Zulässigkeit eines Folgeantrages auf Grund geänderten Sachverhalts hat nur anhand der Gründe, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens vorgebracht wurden, zu erfolgen. Im Rechtsmittelverfahren ist ausschließlich zu prüfen, ob die Behörde erster Instanz zu Recht zum Ergebnis gelangt ist, dass keine wesentliche Sachverhaltsänderung eingetreten ist. Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem BVwG nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122).

§ 21 Abs 3 BFA-VG

Gemäß § 21 Abs 3 BFA-VG ist der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint (Satz 2). Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen (Satz 1).

Zum gegenständlichen Verfahren:

Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens im Sinne des § 28 Abs. 2 VwGVG ist somit nur die Frage, ob das Bundesamt zu Recht den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

Über die - nach wie vor aufrecht erhaltenen - Fluchtgründe aus dem ersten Asylverfahren des Beschwerdeführers wurde bereits rechtskräftig abgesprochen. Auch die - lediglich unsubstantiiert vorgebrachte - Verfolgung wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit war ihm zum damaligen Zeitpunkt schon bekannt, weshalb es sich um keine neue Sache handelt.

Der Beschwerdeführer brachte jedoch als neuen Sachverhalt vor, sich nach Rechtskraft des Bescheides des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 22.05.2007 dem Glauben der Zeugen Jehovas zugewandt zu haben. Dieser Folgeantrag wegen des vorgebrachten Nachfluchtgrundes der Konversion hätte nach der oben zitierten Judikatur von der belangten Behörde nur dann zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen werden können, wenn dieses Vorbringen tatsächlich keinen glaubhaften Kern aufweist.

Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist (Hinweis E vom 24. September 2014, Ra 2014/19/0084, mit Verweis auf die Erkenntnisse vom 17. September 2008, 2008/23/0675, und vom 14. November 2007, 2004/20/0485, sowie auf das Erkenntnis des VfGH vom 12. Dezember 2013, U 2272/2012, vgl. VwGH 23.6.2015, Ra 2014/01/0117, VwGH 24.9.2014, Ra 2014/19/0084).

Das Bundesamt hat den Beschwerdeführer zu seiner vorgebrachten Konversion am 19.06.2018 niederschriftlich einvernommen. Wie den oben angeführten Feststellungen im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung zu entnehmen ist, konnte die belangte Behörde jedoch nicht zu Recht davon ausgehen, dass das neue Fluchtvorbringen keinen glaubhaften Kern aufweist. Zudem hat sie es verabsäumt, die im Rahmen dieser Einvernahme genannte Person als Zeugen zu befragen, bevor sie dem Beschwerdeführer die Glaubwürdigkeit vollkommen abspricht.

Dem angefochtenen Bescheid, der keine ausreichenden Länderfeststellungen zur Situation der Zeugen Jehovas in der Volksrepublik China enthält, lässt sich auch nicht schlüssig entnehmen, dass eine Annahme dieses Glaubens, sei es als getauftes Mitglied oder ungetaufter Verkündiger, in der Volksrepublik China keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende Verfolgung nach sich zieht (vgl. VwGH 23.6.2015, Ra 2014/01/0117).

Im Ergebnis wurde insoweit eine - ordnungsgemäße - Prüfung des Vorbringens des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren auf das Vorliegen eines "glaubhaften Kerns" vom Bundesamt unterlassen und dem Bundesverwaltungsgericht ist es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht erlaubt, diesen Mangel selbst zu beheben (vgl VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0025).

Der Beschwerde ist daher gemäß § 21 Abs 3 BFA-VG stattzugeben und der angefochtene - im Zulassungsverfahren ergangene - Bescheid ist aufzuheben. Das Verfahren ist somit zugelassen.

Das Bundesamt wird sich im fortzusetzenden Verfahren ausführlich mit dem vom Beschwerdeführer vorgebrachten Sachverhalt auseinander zu setzen sowie allfällig zwischenzeitig vorgelegte Beweismittel (Zeugen) zu berücksichtigen und gemäß § 18 Abs 1 AsylG gegebenenfalls darauf hinzuwirken haben, dass getätigte Angaben ergänzt bzw vervollständigt werden. Das Bundesamt wird nach den dazu zweckmäßigen Ermittlungsschritten das Ermittlungsergebnis unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Bescheinigungsmittel einer - schlüssigen und individuellen - Beweiswürdigung zu unterziehen und individuelle Feststellungen zu treffen zu haben, wobei vom Beschwerdeführer dabei neu behauptete Geschehnisse vom Bundesamt individuell und schlüssig daraufhin zu überprüfen sein werden, ob diese einen "glaubhaften Kern" aufweisen oder nicht.

Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Verhandlung kann nach Abs. 2 entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (Z 1) oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (Z 2). Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der Bescheid zu beheben war, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu entnehmen ist, warf die Tatsachenlastigkeit des gegenständlichen Falles keine Auslegungsprobleme der anzuwendenden Normen auf, schon gar nicht waren - vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelle
Verhältnisse, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W119.2207407.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten