TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/14 W117 2208036-3

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Veröffentlicht am 14.02.2019
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Entscheidungsdatum

14.02.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
FPG §76 Abs3 Z1

Spruch

W117 2208036-3/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Druckenthaner als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch RA Dr. Peter LECHENAUER und Dr. Margrit SWOZIL, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A) Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z 2 FPG idgF, § 76 Abs. 3 Z 1 FPG idgF wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet) reiste zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt unrechtmäßig nach Österreich ein und stellte am 22.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) vom 21.02.2018 vollinhaltlich abgewiesen. Gleichzeitig wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung getroffen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist. Einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Unter einem wurde gegen den BF ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.04.2018 mit Ausnahme des ein Einreiseverbot verfügenden Spruchpunktes abgewiesen. Die Zustellung dieses Erkenntnisses an den Rechtsvertreter des BF erfolgte am 14.04.2018.

Die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde wurde mit Beschluss vom 11.06.2018 abgelehnt, die außerordentliche Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 02.08.2018 zurückgewiesen.

Der BF wurde mit Wirkung vom 31.05.2018 von der Grundversorgung abgemeldet, da kein Kontakt zu ihm mehr bestand.

Das Bundesamt leitete am 08.06.2018 ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF bei der nigerianischen Vertretungsbehörde ein, von welcher der BF am 27.07.2018 positiv identifiziert wurde. Einer Ladung des Bundesamtes gemäß § 46 Abs. 2b Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG leistete der BF keine Folge.

Da der Aufenthaltsort des BF nicht bekannt war, erließ das Bundesamt am 27.07.2018 gemäß § 34 Abs. 1 Z. 2 BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG einen Festnahmeauftrag den BF betreffend.

Am 10.09.2018 wurde der BF in einem Reisezug von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgegriffen und auf Grund des Festnahmeauftrages festgenommen. Noch am selben Tag wurde er unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Englisch von einer Landespolizeidirektion einvernommen und gab im Wesentlichen an, dass er an keinen schwerwiegenden Krankheiten leide. Er wohne bei seinem Vater an einer von ihm im Rahmen der Einvernahme genannten Adresse. Andere Personen, bei denen er während des fremdenpolizeilichen Verfahrens wohnen könne habe er in Österreich nicht. Er habe kein Geld und verfüge auch nicht über Personen, von denen er sich Geld leihen könne. Einen Asylantrag habe er nur in Österreich gestellt, den Verfahrensstand wisse er nicht. Im Falle seiner Entlassung aus der Haft werde er zum Haus seines Vaters gehen. Auf die Frage, ob es persönliche Gründe gäbe, die einer möglichen Schubhaft hinderlich entgegenstünden, gab der BF an, dass sich sein Vater freuen würde, wenn er aus der Schubhaft entlasse werde.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 10.09.2018 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Auf Grund der vom BF gegen den Schubhaftbescheid eingebrachten Beschwerde führte das Bundesverwaltungsgericht am 25.10.2018 eine mündliche Verhandlung durch, in deren Verlauf der BF angab, nicht freiwillig nach Nigeria zurückkehren zu wollen.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.10.2018 wurde die Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

Das Bundesamt urgierte die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der nigerianischen Vertretungsbehörde am 13.09.2018 und 23.10.2018. Am 21.12.2018 wurde der BF der nigerianischen Botschaft vorgeführt um auf die Dringlichkeit der Ausstellung eines Heimreisezertifikates hinzuweisen. Auch bei diesem Vorführungstermin wurde der BF als nigerianischer Staatsbürger identifiziert, die nigerianische Vertretungsbehörde wird den Fall jedoch weiter prüfen.

Am 16.02.2019 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vor und teilte dazu mit, dass nicht genau prognostiziert werden könne, wann die Botschaft eine Heimreisezertifikat ausstellen werde. Die durchschnittliche Dauer einer Ausstellung eines Heimreisezertifikates dauere im Fall Nigerias drei bis vier Monate. Bei nicht rückkehrwilligen Personen benötige die nigerianische Vertretungsbehörde einen längeren Zeitraum zur Prüfung bzw. Ausstellung von Heimreisezertifikaten. Da der BF absolut nicht rückkehrwillig sei, verzögere er die Ausstellung eines Heimreisezertifikates, da eine freiwillige Rückkehr von der Vertretungsbehörde empfohlen werde, der BF dazu aber nicht bewegt werden könne.

Der BF nahm im Rahmen des Parteiengehörs durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter zur Aktenvorlage des Bundesamtes Stellung und führte aus, dass er sich dem vorliegenden Verwaltungsverfahren nicht entziehen werde. Er könne in der Wohnung seines Vaters und seiner Stiefmutter wohnen und von diesen finanziell unterstützt werden. Da somit keine Fluchtgefahr vorliege, ersuche der BF - erforderlichenfalls unter Bewilligung eines gelinderen Mittels - aus der Schubhaft entlassen zu werden. Der BF verfüge über keinerlei Bindungen zu Nigeria, seine Familie lebe in Österreich.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, W250 2208036-2/10E, vom 18.01.2019 stellte der zuständige Einzelrichter gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG fest, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht begründete seine Entscheidung folgendermaßen:

"II. Feststellungen

1. Zum Verfahrensgang (I.1. - I.11.)

Der unter Punkt I.1. bis I.11. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

2. Zur Person des BF und zu den Voraussetzungen der Schubhaft

2.1. Der BF wurde von der nigerianischen Vertretungsbehörde als nigerianischer Staatsangehöriger identifiziert, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Der BF ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Er ist in Österreich unbescholten.

2.2. Der BF wird seit 10.09.2018 in Schubhaft angehalten.

2.3. Der BF ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim BF vor.

3. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr

3.1. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 21.02.2018 wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung getroffen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.04.2018 abgewiesen, dieses Erkenntnis wurde dem Rechtsvertreter des BF am 14.04.2018 zugestellt. Es liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.

3.2. Der BF ist untergetaucht und wurde mit Wirkung vom 31.05.2018 von der Grundversorgung abgemeldet. Er hat dadurch seine Abschiebung behindert.

3.3. Einem Ladungsbescheid des Bundesamtes gemäß § 46 Abs. 2a FPG leistete der BF keine Folge.

3.4. In Österreich leben der Vater und die Stiefmutter des BF. Über weitere Familienangehörige oder ein nennenswertes soziales Netz verfügt der BF im Bundesgebiet nicht.

3.5. Der BF besitzt kein zur Sicherung seiner Existenz ausreichendes Vermögen, geht keiner Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz. Er hat die Möglichkeit bei seinem Vater zu wohnen und von diesem und seiner Stiefmutter finanziell unterstützt zu werden.

4. Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft

4.1. Beim BF liegen keine Erkrankungen vor, die die Anhaltung in Schubhaft als unverhältnismäßig erscheinen lassen.

4.2. Die nigerianische Vertretungsbehörde hat den BF am 27.07.2018 und am 21.12.2018 als nigerianischen Staatsangehörigen identifiziert. Da der BF nicht ausreisewillig ist, werden von der nigerianischen Vertretungsbehörde weitere Erhebungen durchgeführt. Das Bundesamt urgiert die Ausstellung eines Heimreisezertifikates in regelmäßigen Abständen bei der nigerianischen Vertretungsbehörde, mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikates ist weiterhin zu rechnen.

4.3. Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit 10.09.2018 und seit der Feststellung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.10.2018, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft weiterhin vorliegen, hat sich im Verfahren nicht ergeben.

III. Beweiswürdigung

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zahl 2191565-1, das Asylverfahren des BF betreffend, sowie in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zahl 2208036-1, das Schubhaftverfahren des BF betreffend, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

1. Zum Verfahrensgang, zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft

1.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes, dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes und den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Zahlen 2191565-1 und 2208036-1, das Asyl- und das Schubhaftverfahren des BF betreffend.

1.2. Die Feststellungen zur Identität des BF beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes. Daraus ergibt sich, dass er von der nigerianischen Vertretungsbehörde als nigerianischer Staatsangehöriger identifiziert wurde. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebensowenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des BF. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde vollinhaltlich abgewiesen, dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Der BF ist daher weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Dass er in Österreich unbescholten ist, ergibt sich aus dem Strafregister.

1.3. Dass der BF seit 10.09.2018 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres. Anhaltspunkte dafür, dass er sich seit diesem Zeitpunkt außerhalb der behördlichen Gewahrsame befunden habe, sind dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen.

1.4. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim BF eine Haftunfähigkeit vorliegen würde. Eine Haftunfähigkeit wurde vom BF nicht behauptet. Auch in sämtlichen Einvernahmen gab der BF an, gesund zu sein.

2. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr

2.1. Die Feststellungen zur mit Bescheid des Bundesamtes vom 21.02.2018 erlassenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme gründen auf dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zl. 2191565-1, das Asylverfahren des BF betreffend.

2.2. Dass der BF seine Abschiebung durch Untertauchen behindert hat ergibt sich aus dem Verwaltungsakt des Bundesamtes. Darin ist insbesondere ein Auszug aus dem Grundversorgungs-Informationssystem enthalten, aus dem sich ergibt, dass der BF mit Wirkung vom 31.05.2018 aus der Grundversorgung abgemeldet wurde, da keine Kontaktaufnahme mit ihm mehr möglich war.

2.3. Dass der BF einem Ladungsbescheid des Bundesamtes keine Folge geleistet hat, gesteht er selbst in der mündlichen Verhandlung zu, indem er angibt, nicht beim Bundesamt erschienen zu sein.

2.3. Dass er außer seinem Vater und seiner Stiefmutter über keine weiteren Familienangehörigen oder ein soziales Netz in Österreich verfügt, gab der BF bei seiner Einvernahme durch eine Landespolizeidirektion am 10.09.2018 an.

2.4. Dass er kein zur Sicherung seiner Existenz ausreichendes Vermögen besitzt, keiner Erwerbstätigkeit nachgeht und über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz verfügt, ergibt sich aus der Einvernahme des BF am 10.09.2018 durch eine Landespolizeidirektion.

3. Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft

3.1. Im Verwaltungsakt findet sich kein Hinweis auf eine Erkrankung des BF. So gab er in der Einvernahme vom 10.09.2018 an, gesund zu sein. Die im Rahmen der Schubhaft durchgeführte ärztliche Kontrolle am 01.12.2018 wurde vom BF verweigert, was wohl nicht der Fall gewesen wäre, hätten eine Erkrankung oder andere Beschwerden bestanden.

3.2. Die Feststellungen im Zusammenhang mit dem Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates beruhen auf den Stellungnahmen des Bundesamtes vom 18.12.2018 und vom 15.01.2019 sowie auf den Angaben des Vertreters des Bundesamtes in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 25.10.2018. Daraus ergibt sich insbesondere, dass der BF am 27.07.2018 sowie am 21.12.2018 als nigerianischer Staatsangehöriger identifiziert wurde und das Bundesamt regelmäßig die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der nigerianischen Vertretungsbehörde urgiert. Dass weiterhin mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF gerechnet werden kann steht insofern fest, als die nigerianische Vertretungsbehörde den Fall weiterhin prüft und die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF bisher nicht abgelehnt hat.

3.3. Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit 10.09.2018 ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Gegenteiliges ist auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

IV. Rechtliche Beurteilung

3.1.3. Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - möglich ist. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung ist das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Zur Sicherung der Abschiebung kommt Schubhaft darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.

3.1.4. Im vorliegenden Fall liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor, die nigerianische Vertretungsbehörde hat den BF bereits identifiziert und führt weitere Prüfungen des Falles durch. Die Abschiebung des BF ist daher weiterhin möglich.

3.1.5. Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus.

Dabei ist gemäß § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG zu berücksichtigen, ob der Fremde die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Da der BF nach der Abweisung seiner Beschwerde gegen die getroffene Rückkehrentscheidung untergetaucht ist, hat er seine Abschiebung behindert und dadurch den Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG erfüllt.

Gemäß § 76 Abs. 3 Z. 1a FPG ist bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt auch zu berücksichtigen, ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a FPG verletzt hat, insbesondere wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b FPG aufgetragen worden ist. Da der BF einen diesbezüglichen Ladungsbescheid des Bundesamtes nicht befolgt hat, hat er auch den Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 1a FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt ist gemäß § 76 Abs. 3 Z. 3 FPG auch zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht Gegen den BF wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 21.02.2018 eine Rückkehrentscheidung getroffen, die nach Abweisung der dagegen erhobenen Beschwerde in Rechtskraft erwachsen und durchsetzbar ist. Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt sind gemäß § 76 Abs. 3 Z. 9 FPG der Grad der sozialen Verankerung des Fremden in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit bzw. das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen. Es leben zwar der Vater und die Stiefmutter des BF im Bundesgebiet, doch ist der BF trotz dieses Umstandes untergetaucht und wurde aus der Grundversorgung entlassen. Das Verfahren hat daher keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass im Fall des BF Umstände vorliegen, die wegen seiner Verankerung im Bundesgebiet gegen das Bestehen der Fluchtgefahr sprechen.

Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z. 1, 1a, 3 und 9 FPG vor.

Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des BF vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben haben, da im Fall des BF ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben ist. Der BF ist nach der Abweisung seiner Beschwerde im Asylverfahren untergetaucht und ist seiner behördlich angeordneten Mitwirkungsverpflichtung im Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates nicht nachgekommen. Er hält sich unrechtmäßig in Österreich auf und es liegt eine den BF betreffende durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

In Österreich leben zwar der Vater und die Stiefmutter des BF, darüber hinaus bestehen aber weder familiäre noch nennenswerte soziale Beziehungen. Der BF verfügt in Österreich über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz und auch nicht über eigene ausreichende Mittel zur Existenzsicherung. Einer legalen Beschäftigung ging er in Österreich bisher nicht nach.

Es ist daher auch Sicherungsbedarf gegeben.

3.1.6. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Der BF hat außer seinem Vater und seiner Stiefmutter keinerlei familiäre oder soziale Bindungen in Österreich. Einer legalen Erwerbstätigkeit geht der BF in Österreich nicht nach.

Die Dauer der Schubhaft ist durch das Verhalten des BF selbst bedingt, da sich die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF durch die nigerianische Vertretungsbehörde durch seine Weigerung Österreich freiwillig zu verlassen verzögert.

Den persönlichen Interessen des BF kommt daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen - insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung - zumal der BF bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er die ihn treffenden Verpflichtungen nicht einhält und im Verfahren auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er dieses Verhalten in Zukunft unter Berücksichtigung der bevorstehenden Ausstellung eines Heimreisezertifikates ändert.

Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft - bei einer höchstzulässigen Dauer von 18 Monaten gemäß § 80 Abs. 4 Z. 2 FPG - auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt. Dies auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Behörde auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken, da das Bundesamt die Ausstellung eines Heimreisezertifikates regelmäßig urgiert.

3.1.7. Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung kann auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel des BF nicht zur Anwendung kommen. Aber auch die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom BF in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens - insbesondere durch sein Untertauchen nach Abweisung seiner Beschwerde im Asylverfahren - nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des neuerlichen Untertauchens des BF besteht. Dies umso mehr, als bereits eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Entscheidung vorliegt und der BF von der nigerianischen Vertretungsbehörde positiv identifiziert wurde.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.

3.1.8. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine "ultima ratio" dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

Die Verwaltungsbehörde legte den Akt zur neuerlichen Überprüfung der Frage der Fortsetzung der Schubhaft vor und gab folgende Stellungnahme ab:

"(...)

Bei der Schubhaftprüfung am 18.01.2019 wurde seitens des BVwG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

Notwendigkeit der weiteren Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft:

(...)

Der Bf ist absolut nicht rückkehrwillig. Aus dem Amtswissen des BFA geht hervor, dass bei nicht rückkehrwilligen Personen die nigerianische Botschaft einen längeren Zeitraum zur Prüfung bzw. Ausstellung von Heimreisezertifikaten benötigt. Dies ist aber nur darauf zurückzuführen, dass der Bf absolut nicht rückkehrwillig ist. Eine freiwillige Rückkehr wird von der Botschaft empfohlen, hierzu kann der Bf bisher aber nicht bewegt werden. Die Botschaft gibt an, diesen Fall weiterprüfen zu müssen. Die VP konnte deshalb nicht abgeschoben werden, weil die für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorlag (§ 80 FPG Absatz 4 Ziffer 2). Da eine Identifizierung der VP durch die nigerianische Botschaft zeitlich absehbar ist, ist eine Anhaltung weiterhin verhältnismäßig und ist davon auszugehen, dass die nigerianische Botschaft in absehbarer Zeit ein Heimreisezertifikat ausstellt. Eine Identifizierung ist bereits erfolgt. Die durchschnittliche Dauer eines HRZ-Verfahrens beträgt 3- 4 Monate. Aufgrund des Verhaltens vor und während der Schubhaft, kann von einer erheblichen Fluchtgefahr ausgegangen werden.

(...)

Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt erwogen:

Feststellungen:

Der vom Bundesverwaltungsgericht im angeführten Erkenntnis, W250 2208036-2/10E, vom 18.01.2019, festgestellte Sachverhalt wird zum gegenständlichen Sachverhalt erhoben.

Ergänzend wird folgendes festgehalten:

Im konkreten Fall liegt es gänzlich in der Hand des (absolut) rückkehrunwilligen Beschwerdeführers, durch Bereitschaft zur (freiwilligen) Rückkehr - welche von der nigerianischen Botschaft empfohlen wird - die Erlangung eines Heimreisezertifikates im Rahmen der ihn treffenden Mitwirkungspflicht zu beschleunigen und dadurch die laufende Schubhaft so kurz wie möglich zu halten.

Seit dem letzten Erkenntnis hat sich also keine für die Freilassung des Beschwerdeführers sprechende Änderung ergeben.

Beweiswürdigung:

Hinsichtlich der vom angeführten Erkenntnis, W250 2208036-2/10E, vom 18.01.2019 übernommenen Feststellungen ist auf die diesbezügliche zutreffende Beweiswürdigung zu verweisen.

Zutreffend hatte die Verwaltungsbehörde auch in der Stellungnahme der aktuellen Aktenvorlage darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer letztlich die Dauer der Schubhaft insbesondere durch seine absolute Rückkehrunwilligkeit selbst zu verantworten hat.

Der Beschwerdeführer hat auch seit dem letzten Erkenntnis keine neuen Tatsachen vorgebracht, die auch nur ansatzweise auf derartige Änderung der Lage schließen ließen, dass die Schubhaft aufzuheben wäre.

In diesem Sinne war auch die Feststellung, es habe sich bis zum heutigen Zeitpunkt keine Änderung auf Tatsachenebene ergeben, welche für eine Freilassung des Beschwerdeführers spreche, zu treffen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A. (Fortsetzung der Schubhaft):

Gesetzliche Grundlagen:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß

Die Grundlage zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit einer Fortsetzung der Schubhaft über die Viermonatsfrist im BFA-VG iVm. § 80 FPG lautet:

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.

Zur Judikatur:

Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf Art 1 Abs. 3 PersFrSchG 1988 hinzuweisen, aus dem sich das für alle Freiheitsentziehungen geltende Gebot der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit ergibt, deren Prüfung im Einzelfall eine entsprechende Interessenabwägung verlangt. Für die Schubhaft ergibt sich das im Übrigen auch noch aus der Wendung "... wenn dies notwendig ist, um ..." in Art 2 Abs. 1 Z 7 PersFrSchG 1988. Dementsprechend hat der VfGH - nachdem er bereits in seinem Erkenntnis vom 24.06.2006, B 362/06, die Verpflichtung der Behörden betont hatte, von der Anwendung der Schubhaft jedenfalls Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist - in seinem Erkenntnis vom 15.06.2007, B 1330/06 und B 1331/06, klargestellt, dass die Behörden in allen Fällen des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 unter Bedachtnahme auf das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen. Der VwGH hat dazu beginnend mit dem Erkenntnis vom 30.08.2007, 2007/21/0043, mehrfach festgehalten, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 gestützt werden soll, stets nur ultima ratio sein dürfe." (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich in Frage kommt. Die begründete Annahme, dass eine Aufenthaltsbeendigung erfolgen wird, ist dabei ausreichend. Dass die Effektuierung mit Gewissheit erfolgt, ist nicht erforderlich (vgl. dazu etwa VwGH 07.02.2008, Zl. 2006/21/0389; VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/21/0039). Steht hingegen von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Anderenfalls erwiese sich die Schubhaft nämlich als für die Erreichung des Haftzweckes (der Abschiebung) "nutzlos". Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FPG ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Den erwähnten Verlängerungstatbeständen liegt freilich zu Grunde, dass die in Frage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft Umstände eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann. (vgl. VwGH 11.06.2013, Zl. 2013/21/0024, zum Erfordernis einer Prognosebeurteilung, ob die baldige Ausstellung eines Heimreisezertifikates trotz wiederholter Urgenzen durch das Bundesministerium für Inneres angesichts der Untätigkeit der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates zu erwarten ist; vgl. VwGH 18.12.2008, Zl. 2008/21/0582, zur rechtswidrigen Aufrechterhaltung der Schubhaft trotz eines ärztlichen Gutachtens, wonach ein neuerlicher Versuch einer Abschiebung des Fremden in den nächsten Monaten aus medizinischen Gründen nicht vorstellbar sei).

Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, welche über die Viermonatsfrist gehen solle, vorzulegen. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig wäre. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass eine weitere weiter als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Vor dem Hintergrund des aktuell unbestritten feststehenden Sachverhaltes, welcher zum größten Teil bereits dem Vorerkenntnis zugrunde gelegt wurde, waren, wie ausgeführt, keine für den Beschwerdeführer sprechenden Änderungen auf Sachverhaltsebene zu konstatieren; dies aber bedeutet, dass die im Vorerkenntnis seitens des Bundesverwaltungsgerichtes vorgenommene rechtliche Beurteilung weiterhin volle Gültigkeit aufweist; die im Rahmen des Verfahrensganges zitierte rechtliche Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichtes im angeführten Erkenntnis W250 2208036-2/10E, vom 18.01.2019 wird daher zur gegenständlich rechtlichen Beurteilung erhoben.

Der Beschwerdeführer hat durch seine absolute Rückkehrunwilligkeit, welche für die Verzögerung der Abschiebung verantwortlich zeichnet, weil die nigerianische Botschaft die freiwillige Rückkehr präferiert, jedenfalls den Fluchtgefahrtatbestand des § 76 Abs. 3 Z 1 FPG erfüllt, da dieses Verhalten geeignet ist, die Abschiebung zumindest zu erschweren.

Im Hinblick auf die gesetzlich mögliche Maximaldauer erweist sich die bisherige Anhaltung jedenfalls auch als verhältnismäßig. Anzumerken ist nochmals, dass schon die bisherige Dauer der Schubhaft vom Beschwerdeführer wegen dessen absoluter Rückkehrunwilligkeit zu verantworten ist.

Es war daher die Fortsetzung der Schubhaft auszusprechen.

Zu Spruchpunkt B - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie ausgeführt, sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in allen Spruchpunkten nicht zuzulassen.

Schlagworte

Ausreisewilligkeit, Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft,
öffentliche Interessen, Schubhaft, Sicherungsbedarf, Überprüfung,
Untertauchen, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W117.2208036.3.00

Zuletzt aktualisiert am

22.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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