Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AufG 1992 §2 Abs3 Z3 idF 1995/351;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 98/19/0226Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerden 1.) der 1984 geborenen YW und 2.) der 1981 geborenen YW, beide in M, Volksrepublik China, beide vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres je vom 5. August 1998, Zlen. 1.) 123.631/5-III/11/98 und
2.) 123.631/4-III/11/98, jeweils betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführerinnen Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Erstbeschwerdeführerin ist am 15. Jänner 1984, die Zweitbeschwerdeführerin am 23. Juni 1981 geboren.
Mit jeweils am 29. April 1997 beim Landeshauptmann von Wien eingelangten Eingaben beantragten die Beschwerdeführerinnen die erstmalige Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Zweck der Familiengemeinschaft mit ihrem Vater, welcher nach den Behauptungen der Beschwerdeführerinnen seit 1988 im Bundesgebiet aufhältig sei. Als in Österreich verfügbare eigene Mittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes auf die Dauer des Aufenthaltes beriefen sich die Beschwerdeführerinnen auf den Nettolohn des Vaters in der Höhe von S 19.400,--.
Mit Bescheiden des Landeshauptmannes von Wien vom 1. April 1998 wurden die Anträge der Beschwerdeführerinnen vom 29. April 1997, welche gemäß § 112 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) als solche auf Erteilung von Erstniederlassungsbewilligungen gewertet wurden, gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 FrG 1997 abgewiesen. Begründend führte der Landeshauptmann von Wien in diesen Bescheiden im Wesentlichen gleich lautend aus, der Vater der Beschwerdeführerinnen beziehe ein monatliches Nettoeinkommen von S 14.046,--. Monatlich fielen Betriebskosten in der Höhe von S 1.193,-- und eine Kreditrate von S 4.050,-- an. Aufgrund dieser Einkommenssituation scheine der Lebensunterhalt der vierköpfigen Familie keinesfalls gesichert.
Die Beschwerdeführerinnen erhoben Berufung. Darin brachten sie insbesondere vor, die Kreditrückzahlungsraten hätten sich mittlerweile auf S 2.000,-- monatlich reduziert. Der Vater der Beschwerdeführerinnen verdiene nunmehr S 3.000,-- pro Monat mehr. Außerdem bringe er sein Monatsgehalt 14-mal jährlich ins Verdienen.
Mit den angefochtenen Bescheiden des Bundesministers für Inneres vom 5. August 1998 wurden diese Berufungen jeweils gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 14 Abs. 3, § 21 Abs. 3 und § 113 Abs. 10 FrG 1997 abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden im Wesentlichen gleich lautend aus, aufgrund der nunmehr geltenden Rechtslage seien die Anträge der Beschwerdeführerinnen als solche auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung zu werten. Die Beschwerdeführerinnen hätten ihre Anträge auf den Zweck der Familiengemeinschaft mit ihrem in Österreich lebenden Vater gestützt. Gemäß § 14 Abs. 3 FrG 1997 sei im Antrag der jeweilige Zweck der Reise oder des Aufenthaltes bekannt zu geben. Dieser dürfe während des Verfahrens nicht geändert werden. Gemäß § 21 Abs. 3 FrG 1997 sei der Familiennachzug Drittstaatsangehöriger, die sich vor dem 1. Jänner 1998 auf Dauer niedergelassen hätten, auf die Ehegatten und die Kinder vor Vollendung des 14. Lebensjahres beschränkt. Gemäß § 113 Abs. 10 FrG 1997 sei die Bundesregierung unter anderem auch für das Jahr 1998 ermächtigt, zusätzlich eine Anzahl von Niederlassungsbewilligungen festzulegen, die minderjährigen unverheirateten Kindern Drittstaatsangehöriger im Rahmen des Familiennachzuges zusätzlich erteilt werden dürften, sofern diese Drittstaatsangehörigen sich vor dem 1. Jänner 1998 auf Dauer in Österreich niedergelassen hätten, die Kinder das 14. Lebensjahr vollendet hätten und erwiesen sei, dass der Nachzug bislang bloß deshalb unterblieben sei, weil eine Bewilligung gemäß der Verordnung nach § 2 des Aufenthaltsgesetzes nicht zur Verfügung gestanden sei. Die Beschwerdeführerinnen hätten das 14. Lebensjahr mittlerweile vollendet. Unter die Ausnahmebestimmung des § 113 Abs. 10 FrG 1997 fielen die Beschwerdeführerinnen nicht, weil ihre Anträge am 1. April 1998 vom Landeshauptmann von Wien mangels ausreichender eigener Mittel zu ihrem Unterhalt abgewiesen worden seien. Der Nachzug der Beschwerdeführerinnen sei daher bislang nicht bloß deshalb unterblieben, weil eine Bewilligung gemäß der Verordnung nach § 2 AufG nicht zur Verfügung gestanden sei.
Gemäß § 8 Abs. 1 FrG 1997 könne Fremden ein Aufenthaltstitel auf Antrag erteilt werden, sofern diese ein gültiges Reisedokument besitzen und kein Versagungsgrund wirksam werde. Bei ihrer Ermessensübung habe die Behörde die in § 8 Abs. 3 FrG 1997 umschriebenen Kriterien zu beachten. Zwar bestünden aufgrund des Aufenthaltes des Vaters der Beschwerdeführerinnen in Österreich durchaus familiäre Bindungen, auf diese könnten sich die Beschwerdeführerinnen jedoch nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht berufen. Art. 8 MRK räume keinen Rechtsanspruch auf Familienzusammenführung ein. Der von den Beschwerdeführerinnen angestrebte Aufenthaltszweck sei nach der Gesetzeslage nicht zu verwirklichen. Weiters sei festzustellen, dass die Beschwerdeführerinnen "die Voraussetzungen für die anderen möglichen Aufenthaltszwecke nach dem Fremdengesetz 1997 in Hinblick auf die Vielzahl der Bewilligungswerber nur mäßig oder überhaupt nicht" erfüllten. Die öffentlichen Interessen überwögen daher die privaten Interessen der Beschwerdeführerinnen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 8 Abs. 1 und 3, § 14 Abs. 3, § 19 Abs. 5, § 20, § 21 Abs. 3 und 4, § 112 und § 113 Abs. 10 FrG 1997 lauten (auszugsweise):
"§ 8. (1) Einreise- und Aufenthaltstitel können Fremden auf Antrag erteilt werden, sofern diese ein gültiges Reisedokument besitzen und kein Versagungsgrund wirksam wird (§§ 10 bis 12). ...
...
(3) Die Behörde hat bei der Ausübung des in Abs. 1 eingeräumten Ermessens jeweils vom Zweck sowie von der Dauer des geplanten Aufenthaltes des Fremden ausgehend
1. auf seine persönlichen Verhältnisse, insbesondere seine familiären Bindungen, seine finanzielle Situation und die Dauer seines bisherigen Aufenthaltes,
2. auf öffentliche Interessen, insbesondere die sicherheitspolizeilichen und wirtschaftlichen Belange, die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes und die Volksgesundheit und
3. auf die besonderen Verhältnisse in dem Land des beabsichtigten Aufenthaltes
Bedacht zu nehmen.
...
§ 14. ...
...
(3) Im Antrag ist der jeweilige Zweck der Reise oder des Aufenthaltes bekannt zu geben; der Antragsteller darf ihn während des Verfahrens nicht ändern. Der Fremde hat der Behörde die für die Feststellung des Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel vorzulegen. Er hat über Verlangen der Behörde vor dieser persönlich zu erscheinen. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller kein gültiges Reisedokument vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
...
§ 19. ...
...
(5) Niederlassungsbewilligungen gemäß Abs. 2 sind an den Aufenthaltszweck zu binden. Drittstaatsangehörigen, die sich ohne Erwerbsabsicht auf Dauer in Österreich niederlassen, wird eine Niederlassungsbewilligung für Private erteilt; sie gilt für jeglichen Aufenthaltszweck außer für Erwerbstätigkeit.
...
Familiennachzug für auf Dauer niedergelassene Fremde
§ 20. (1) Ehegatten und minderjährigen unverheirateten Kindern solcher Fremder, die rechtmäßig in Österreich auf Dauer niedergelassen sind, ist auf deren Antrag eine Erstniederlassungsbewilligung zu erteilen, sofern sie ein gültiges Reisedokument besitzen und kein Versagungsgrund wirksam wird (§§ 10 bis 12). ...
(2) Für das Ende der Minderjährigkeit gemäß Abs. 1 ist ungeachtet der Staatsangehörigkeit des Kindes österreichisches Recht maßgeblich (§ 21 ABGB).
Familiennachzug im Rahmen der Quotenpflicht
§ 21. ...
...
(3) Der Familiennachzug Drittstaatsangehöriger, die sich vor dem 1. Jänner 1998 auf Dauer niedergelassen haben, ist auf die Ehegatten und die Kinder vor Vollendung des 14. Lebensjahres beschränkt. ...
(4) Den nachziehenden Angehörigen ist eine Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck, ausgenommen Erwerbstätigkeit, zu erteilen, solchen Angehörigen ist nach einer Wartezeit von vier Jahren nach Erteilung der Erstniederlassungsbewilligung auf Antrag eine unbeschränkte Niederlassungsbewilligung zu erteilen.
...
§ 112. Verfahren zur Erteilung eines Sichtvermerkes sowie Verfahren zur Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung, die bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anhängig sind, oder gemäß der §§ 113 und 114 anhängig werden, sind nach dessen Bestimmungen - je nach dem Zweck der Reise oder des Aufenthaltes - als Verfahren zur Erteilung eines Einreisetitels oder als Verfahren zur Erteilung eines Erstaufenthaltstitels oder eines weiteren Aufenthaltstitels fortzuführen. ...
§ 113. ...
...
(10) Bei Erlassung der Niederlassungsverordnung für die Jahre 1998 bis 2000 kann die Bundesregierung zusätzlich eine Anzahl an Niederlassungsbewilligungen festlegen, die minderjährigen unverheirateten Kindern Drittstaatsangehöriger im Rahmen des Familiennachzuges zusätzlich erteilt werden dürfen, sofern diese Drittstaatsangehörigen sich vor dem 1. Jänner 1998 auf Dauer in Österreich niedergelassen haben, die Kinder das 14. Lebensjahr vollendet haben und erwiesen ist, dass der Nachzug bislang bloß deshalb unterblieben ist, weil eine Bewilligung gemäß der Verordnung nach § 2 des Aufenthaltsgesetzes nicht zur Verfügung stand. Für den Familiennachzug solcher Jugendlicher gilt im übrigen § 21."
Durch die Änderungen des § 113 im Zuge der Beratungen im Ausschuss für innere Angelegenheiten erhielt der bisherige Absatz 7 der Regierungsvorlage die Absatzbezeichnung 10.
In den Erläuterungen zu dieser Bestimmung (RV: 685 BlgNR 20. GP) heißt es:
"Abs. 7 normiert, dass die Bundesregierung bei der Erlassung der nächsten drei Niederlassungsverordnungen zusätzlich zur Quote für den Familiennachzug niedergelassener Fremder eine Quote für jene Kinder Fremder festlegen kann, die zwar das 14. Lebensjahr bereits überschritten haben und somit nicht in die Privilegierung des § 21 Abs. 3 fallen, aber erwiesen ist - etwa durch vorgängige Antragstellung -, dass der Familiennachzug bis dato etwa am nicht vorhandenen Quotenplatz gescheitert ist."
Im Hinblick auf das Datum der Zustellung der angefochtenen Bescheide (17. September 1998) ist für die Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit die Niederlassungsverordnung 1998, BGBl. II Nr. 371/1997, maßgebend.
§ 4 dieser Verordnung lautete:
"§ 4. Im Jahr 1998 dürfen unter den Bedingungen des § 113 Abs. 10 FrG höchstens 550 Niederlassungsbewilligungen für minderjährige unverheiratete Kinder von Drittstaatsangehörigen erteilt werden, die sich vor dem 1. Jänner 1998 auf Dauer in Österreich niedergelassen haben; hievon entfallen auf ... Wien 170 derartige Niederlassungsbewilligungen."
§ 2 Abs. 1 und 3 Z. 3, § 3 Abs. 1 Z. 2 und § 5 Abs. 1 AufG lauteten (auszugsweise):
"§ 2. (1) Die Bundesregierung hat, im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates, für jeweils ein Jahr mit Verordnung die Anzahl der Bewilligungen festzulegen, die höchstens erteilt werden dürfen. ...
...
(3) Die Bundesregierung kann in dieser Verordnung insbesondere
...
3. unter Bedachtnahme auf Abs. 1 eine besondere Zahl von Bewilligungen für den Familiennachzug gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 festlegen,
...
§ 3. (1) Ehelichen und außerehelichen minderjährigen Kindern und Ehegatten
...
2. von Fremden, die auf Grund einer Bewilligung, eines vor dem 1. Juli 1993 ausgestellten Sichtvermerks oder sonst gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 bis 5 rechtmäßig seit mehr als zwei Jahren ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben,
ist nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 Z 3 und 4 eine Bewilligung zu erteilen, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5 Abs. 1) vorliegt.
...
§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."
§ 1 Abs. 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Festsetzung der Richtsätze in der Sozialhilfe, LGBl. Nr. 13/1973 in der im Jahr 1997 geltenden Fassung der Novelle LGBl. Nr. 77/1995, lautete:
"§ 1. (1) Die Richtsätze für Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes werden mit folgenden monatlichen Beträgen festgesetzt:
...
2. für den Hauptunterstützten 4 759 S 3. für den Mitunterstützten
a) ohne Anspruch auf Familienbeihilfe 2 443 S"
Die Beschwerdeführerinnen verfügten noch nie über eine Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet. Die belangte Behörde wertete daher ihre Anträge vom 29. April 1997 zu Recht in Anwendung der Übergangsbestimmung des § 112 FrG 1997 als solche auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung. Der belangten Behörde ist auch dahingehend beizupflichten, dass die Anträge der Beschwerdeführerinnen vom 29. April 1997 nach Inkrafttreten des FrG 1997 - jedenfalls auch - als solche auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung im Sinne des § 21 Abs. 4 FrG 1997 zu werten waren.
§ 20 Abs. 1 FrG 1997 räumt (vgl.: "... ist auf deren Antrag eine Erstniederlassungsbewilligung zu erteilen, ...") minderjährigen unverheirateten Kindern rechtmäßig in Österreich auf Dauer niedergelassener Fremder einen Rechtsanspruch auf Familiennachzug ein. Die Durchsetzung dieses Anspruches ist freilich davon abhängig, ob nach der gemäß § 18 Abs. 1 FrG 1997 zu erlassenden Verordnung ein "Quotenplatz" zur Verfügung steht. In Ansehung von Drittstaatsangehörigen, die sich vor dem 1. Jänner 1998 auf Dauer niedergelassen haben, wie dies beim Vater der Beschwerdeführerinnen der Fall war, ist dieser Rechtsanspruch jedoch auf Kinder vor Vollendung des 14. Lebensjahres beschränkt. Unstrittig ist nun, dass die Beschwerdeführerinnen im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide das 14. Lebensjahr bereits überschritten hatten.
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist die Frage strittig, ob die Beschwerdeführerinnen unter die Ausnahmebestimmung des § 113 Abs. 10 FrG 1997 fallen. Die Beschwerdeführerinnen führen dazu aus, es sei in ihrem Fall erwiesen, dass der Nachzug aufgrund der Quotenausschöpfung nicht möglich gewesen wäre. Eine unrichtige bescheidmäßige Abweisung des beantragten Aufenthaltstitels durch die erstinstanzliche Behörde reiche hiefür nicht hin. In diesem Zusammenhang verweisen die Beschwerdeführerinnen auch insbesondere darauf, dass die belangte Behörde den Abweisungsgrund des § 10 Abs. 2 Z. 1 FrG 1997 nicht mehr ins Treffen führte.
Hiezu ist Folgendes zu erwägen:
§ 3 Abs. 1 Z. 2 AufG räumte minderjährigen Kindern von Fremden, die aufgrund einer Bewilligung seit mehr als zwei Jahren ihren ordentlichen Wohnsitz in Österreich hatten, einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung im Rahmen der gemäß § 2 Abs. 3 Z. 3 AufG erlassenen Quoten ein. In Ansehung jener Fremder, die bei Inkrafttreten des FrG 1997 zwar das 14., nicht jedoch das 19. Lebensjahr überschritten hatten, hätte bei Fehlen des § 113 Abs. 10 FrG 1997 die Weiterführung ihres Verfahrens als solches auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gemäß § 112 FrG 1997 bewirkt, dass der diesen Fremden zunächst durch das Aufenthaltsgesetz eingeräumte Rechtsanspruch auf Erteilung einer Bewilligung, zu dessen Durchsetzung die Anträge gestellt worden waren, nunmehr wieder untergegangen wäre.
Zur Vermeidung einer solchen in der österreichischen Rechtsordnung eher unüblichen und mit dem Gedanken des Dispositionsschutzes in einem Spannungsverhältnis stehenden Konsequenz (vgl. hiezu in anderem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 23. März 1999, Zl. 98/19/0269) hat der Gesetzgeber die Übergangsbestimmung des § 113 Abs. 10 FrG 1997 geschaffen.
In den Erläuterungen zu dieser Bestimmung wird zum Ausdruck gebracht, dass auch eine Antragstellung vor Inkrafttreten des FrG 1997 im Falle der weiteren Anhängigkeit eines solchen Antrages es als "erwiesen" erscheinen lässt, dass ein offener Quotenplatz bisher nicht zur Verfügung stand.
Wie oben dargestellt, bezweckt § 113 Abs. 10 FrG 1997 insbesondere jenen minderjährigen unverheirateten Kindern Drittstaatsangehöriger, die nach § 3 Abs. 1 Z. 2 AufG einen Rechtsanspruch auf Familiennachzug erworben hatten, einen solchen Rechtsanspruch, wenngleich im Rahmen der "aufgestockten" Quote, auch nach Inkrafttreten des FrG 1997 zu erhalten.
Ausgehend von diesem Gesetzeszweck ist auch die in § 113 Abs. 10 FrG 1997 umschriebene Voraussetzung, "dass der Nachzug bislang bloß deshalb unterblieben ist, weil eine Bewilligung gemäß der Verordnung nach § 2 des Aufenthaltsgesetzes nicht zur Verfügung stand", zu interpretieren. Im Fall einer Antragstellung vor Inkrafttreten des FrG 1997 ist diese Voraussetzung daher nur dann nicht gegeben, wenn der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 AufG ein Ausschließungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG entgegenstand, also auch unter der Geltungsdauer des Aufenthaltsgesetzes in Wahrheit gar kein Anspruch auf Familiennachzug bestand.
Maßgebend für die Frage, ob die Voraussetzungen des § 113 Abs. 10 FrG 1997 vorliegen, ist daher nicht ein konkretes Verhalten oder die hinter einem solchen Verhalten stehende Motivation der Aufenthaltsbehörde (für die Nichterteilung einer Aufenthaltsbewilligung), sondern allein die Frage, ob während der Geltungsdauer des Aufenthaltsgesetzes dem Anspruch auf Familiennachzug gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 AufG ein Versagungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG entgegenstand.
Hiezu sind bei der Beurteilung der Frage, ob § 113 Abs. 10 FrG 1997 angewendet werden kann, von der Niederlassungsbehörde die entsprechenden Feststellungen zu treffen.
Nach dem Vorgesagten war die belangte Behörde daher nicht berechtigt, allein aufgrund der Tatsache, dass die erstinstanzliche Behörde am 1. April 1998 den Versagungsgrund des § 10 Abs. 2 Z. 1 FrG 1997 zur Anwendung brachte, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 113 Abs. 10 FrG 1997 zu negieren.
Entscheidungserheblich war demgegenüber, ob der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung an die Beschwerdeführerinnen noch im Jahr 1997 der Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG entgegengestanden ist.
Hiezu trifft jedoch weder der angefochtene Bescheid, noch der Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 1. April 1998 irgendwelche Feststellungen. Selbst wenn man aber auch für das Jahr 1997 von einem monatlichen Nettoeinkommen von S 14.046,-- sowie von den von der erstinstanzlichen Behörde festgestellten Betriebskosten und Kreditraten ausginge, läge das Vorliegen des Versagungsgrundes des nicht gesicherten Unterhaltes gemäß § 5 Abs. 1 AufG keinesfalls nahe. Unter Berücksichtigung des 13. und 14. Monatsgehaltes sowie des Umstandes, dass der Vater der Beschwerdeführerinnen im Falle deren - bei Erteilung der beantragten Bewilligung dann - rechtmäßiger Anwesenheit im Bundesgebiet auch für diese Familienbeihilfe bezöge, überstiege der Unterhaltsbedarf nach der Sozialhilfeverordnung für Wien für die Familie der Beschwerdeführerinnen (S 12.088,--) zuzüglich der festgestellten Belastungen von S 4.050,-- und S 1.193,--, also insgesamt von S 17.331,-- die dann zur Verfügung stehenden Mitteln von über S 19.000,-- nicht (zur Vorgangsweise bei der Berechnung des Unterhaltsbedarfes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1997, Zlen. 96/19/2559-2561).
In Verkennung der oben dargestellten Rechtslage unterließ es die belangte Behörde Feststellungen darüber zu treffen, ob im Falle der Beschwerdeführerinnen zwischen 29. April 1997 und 1. Jänner 1998 ein Versagungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG vorlag.
Verneinendenfalls wäre auf sie die Übergangsbestimmung des § 113 Abs. 10 FrG 1997 anzuwenden. Die Beschwerdeführerinnen wären dann berechtigt gewesen, ihren Anspruch auf Familiennachzug gemäß § 20 Abs. 1 FrG 1997 im Rahmen der gemäß § 113 Abs. 10 FrG 1997 festgelegten Quoten durchzusetzen. Ein Raum für eine Ermessensübung der belangten Behörde hinsichtlich der Erteilung der Niederlassungsbewilligung bestünde diesfalls nicht.
Schon aus diesen Erwägungen leiden die angefochtenen Bescheide an Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Es kann daher dahingestellt bleiben, ob aus dem Grunde des § 112 FrG 1997 auch eine Prüfung der Frage geboten gewesen wäre, ob den Beschwerdeführerinnen eine Niederlassungsbewilligung zu einem anderen Zweck, etwa jenem gemäß § 19 Abs. 5 FrG 1997 erteilt werden könnte. Ebenso kann es dahingestellt bleiben, ob die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden, es sei festzustellen, dass die Beschwerdeführerinnen "die Voraussetzungen für die anderen möglichen Aufenthaltszwecke im Hinblick auf die Vielzahl der Bewilligungswerber nur mäßig oder überhaupt nicht" erfüllten, geeignet gewesen wären, eine negative Ermessensentscheidung in Ansehung allfälliger anderer Aufenthaltszwecke zu tragen.
Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 14. Mai 1999
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998190225.X00Im RIS seit
11.07.2001