TE Vwgh Beschluss 2019/2/26 Ra 2019/06/0010

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Veröffentlicht am 26.02.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §38;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wech, über die Revision der M Z in T, vertreten durch Univ. Doz. Dr. Thomas E. Walzel von Wiesentreu, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Museumstraße 28/ 4. Stock, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 27. November 2018, LVwG- 2018/40/1856-3, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtmagistrat der Landeshauptstadt Innsbruck; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1aVwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid des Stadtmagistrates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 11. Juli 2018, mit welchem ihr als Bauherrin die weitere Bauausführung auf einer näher bezeichneten Liegenschaft untersagt worden war, als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass sich die unstrittig vorgenommenen baulichen Maßnahmen auf ein gänzlich konsensloses Gebäude bezögen, weshalb sich diese Baumaßnahmen als unzulässig erwiesen. Die Baubewilligungen aus den Jahren 1974 und 1998 seien erloschen, weil die damit bewilligten Bauvorhaben nicht bis zum 1. März 2002 vollendet worden seien.

6 In den zur Zulässigkeit der Revision vorgetragenen Gründen führt die Revisionswerberin im Wesentlichen aus, die durch das Verwaltungsgericht vorgenommene Beurteilung der Vorfrage, ob die betreffenden Baubewilligungen erloschen seien oder nicht, stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Vornahme unwesentlicher Fertigstellungsarbeiten zulässig sei. Den von der Baubehörde in ihrem Schreiben vom 15. Februar 2018 erhobenen Vorwürfen sei substantiiert widersprochen worden und eine einfache Begehung vor Ort würde erweisen, dass das Gebäude jederzeit betreten und sicher genutzt werden könne. Soweit überhaupt noch Restarbeiten notwendig seien, bezögen sich diese auf den Innenbereich und es seien diese lediglich als geringfügig anzusehen.

7 Auf Grund der überraschend vorgetragenen Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtes sei der Revisionswerberin die Möglichkeit genommen worden, den Nachweis zu erbringen, dass die Stellungnahme des Bausachverständigen vom 14. November 2017 auf falschen Befunddaten beruhe und die darin enthaltenen Feststellungen inhaltlich nicht richtig seien. Im bekämpften Bescheid der Verwaltungsbehörde sei in Bezug auf das Erlöschen der Baubewilligung lediglich auf die Stellungnahme des Bausachverständigen vom 14. November 2017 sowie den Ortsaugenschein des Sachverständigen vom 19. Juni 2018 hingewiesen worden, auf allenfalls zeitlich frühere Umstände sei nicht Bezug genommen worden.

8 Zudem habe das Verwaltungsgericht den Umstand ignoriert, dass hinsichtlich der Frage des Erlöschens der Baubewilligung bereits ein eigenständiges Verfahren behänge, in dem diese Frage die Hauptfrage des Verfahrens darstelle, sodass dem Verwaltungsgericht kein Auswahlermessen im Sinn des § 38 AVG mehr zukomme. Das Verwaltungsgericht hätte das Beschwerdeverfahren unterbrechen und die endgültige Entscheidung der Behörde über die Hauptfrage abwarten müssen. Darüber hinaus habe sich das Verwaltungsgericht im Zusammenhang mit der inhaltlichen Beurteilung der Vorfrage des Erlöschens der Baubewilligung über die einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinweggesetzt.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

9 Das Verwaltungsgericht hat seiner Beurteilung der Frage, ob das mit Bescheiden aus den Jahren 1974 und 1998 bewilligte Bauvorhaben als vollendet anzusehen ist, die - im Übrigen auch in der Revision zitierte - hg. Judikatur zugrunde gelegt und ist keineswegs davon ausgegangen, dass auch keine unwesentlichen Fertigstellungsarbeiten mehr ausständig sein dürfen. Es ist vielmehr, insbesondere auf Grund des seitens des hochbautechnischen Amtssachverständigen zuletzt am 14. November 2017 durchgeführten Lokalaugenscheines, zu dem Schluss gelangt, dass die fehlenden Baumaßnahmen, wie insbesondere das Fehlen jeglicher Elektro- und Heizungsinstallationen, des gesamten Bodenaufbaues, von Absturzsicherungen bei den Treppenanlagen und eines Hauptzuganges ins erste Obergeschoß, gravierend seien und hat demgemäß das Vorliegen von lediglich geringfügigen Restarbeiten ausgeschlossen. Ein Abweichen des Verwaltungsgerichtes von der hg. Judikatur zeigt die Revisionswerberin somit insoweit nicht auf.

10 Dass die fehlenden Baumaßnahmen zum vom Verwaltungsgericht als maßgeblich erachteten Stichtag am 1. März 2002 noch nicht durchgeführt worden waren, wird in der Revision nicht konkret bestritten. Ausgehend davon waren die gegenständlichen Baubewilligungen aber bereits erloschen, woran danach allenfalls vorgenommene, auf die Vollendung des gegenständlichen Baues gerichtete Baumaßnahmen, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nichts zu ändern vermögen. Aus diesem Grund geht auch die Verfahrensrüge der Revision betreffend die Nichtberücksichtigung von Beweismitteln, mit welchen der derzeitige Zustand des Gebäudes dokumentiert werden sollte, ins Leere. Im Übrigen mangelt es bezüglich der in der Zulässigkeitsbegründung behaupteten, zum Großteil nicht näher konkretisierten Verfahrensmängel schon an der erforderlichen Relevanzdarstellung (vgl. etwa VwGH 1.6.2017, Ra 2017/06/0094, mwN).

11 In Bezug auf das Vorbringen zur behaupteten Verpflichtung des Verwaltungsgerichtes zur Aussetzung des gegenständlichen Verfahrens genügt bereits der Hinweis, dass § 38 AVG der Partei keinen Anspruch auf Aussetzung des Verfahrens einräumt (vgl. VwGH 27.10.1998, 98/05/0094, mwN). Dass ein solches Recht aus der Tiroler Bauordnung 2018 abgeleitet werden könnte, ist nicht ersichtlich und wird von der Revisionswerberin auch nicht behauptet.

12 Soweit die Revisionswerberin ein Abgehen des Verwaltungsgerichtes von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Zusammenhang mit der Beurteilung der Frage des Erlöschens der Baubewilligung behauptet, genügt ihr Vorbringen mangels näherer Konkretisierung den Anforderungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht, zumal schon nicht konkret - unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes - angegeben wird, von welcher hg. Judikatur das Verwaltungsgericht nach Ansicht der Revisionswerberin abgewichen sein soll (vgl. dazu etwa VwGH 26.7.2016, Ra 2016/05/0059, mwN).

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 26. Februar 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019060010.L00

Im RIS seit

22.03.2019

Zuletzt aktualisiert am

01.04.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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