TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/4 W192 2129900-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.01.2019
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Entscheidungsdatum

04.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W192 1436012-2/15E

W192 2129899-1/7E

W192 2129900-1/7E

W192 2129903-1/7E

W192 2159317-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX alias XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , 3.) XXXX , geb. XXXX , 4.) XXXX , geb. XXXX , 5.) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Georgien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.05.2016 (1. - 4.) und 04.05.2017 (5.), Zahlen 1.) 821549607-140077777, 2.) 1095397302-151809285, 3.) 1095396708-151809331, 4.) 1095396806-151809293, 5.) 1150544606-170511428 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z. 3, 57 AsylG 2005 i. d. g. F., § 9 BFA-VG i. d. g. F. und § 52, 55 FPG i. d. g. F. als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1.1. Der Erstbeschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Georgiens, stellte nach illegaler Einreise am 25.10.2012 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, zu welchem er am selben vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich erstbefragt wurde. Der Beschwerdeführer gab an, er gehöre der Volksgruppe der Georgier an, sei christlich-orthodox, habe im Herkunftsstaat zwölf Jahre die Schule besucht und sei Landwirt gewesen. Im Herkunftsstaat würden sich seine Eltern und seine Ehegattin sowie drei Kinder aufhalten.

Er habe den Herkunftsstaat verlassen, weil er nach dem georgisch-ossetischen Krieg im Jahr 2008 mit seiner Familie in Süd-Ossetien verblieben sei, wo er bedroht und aufgefordert worden sei, nach Georgien zu gehen, um für das Militär Informationen zu beschaffen.

Am 23.05.2013 wurde der Erstbeschwerdeführer niederschriftlich vor dem Bundesasylamt einvernommen. Er brachte vor, dass er nach dem Krieg in Georgien keine Unterstützung erhalten habe. Er nehme an, dass er nicht als georgischer Staatsangehöriger registriert sei und befürchte, in Georgien als Spion beschuldigt zu werden. Seine Ehefrau und seine drei Kinder würden seit seiner Ausreise in Zentralgeorgien leben.

1.2. Mit Bescheid vom 04.06.2013 wies das Bundesasylamt diesen Antrag des Erstbeschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab und erkannte diesem den Status des Asylberechtigten nicht zu (Spruchpunkt I). Auch wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 nicht zuerkannt (Spruchpunkt II) und er gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien ausgewiesen (Spruchpunkt III).

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 06.03.2014 eine Beschwerde gegen Spruchpunkte I. und II. dieses Bescheides in Übereinstimmung mit der Beurteilung des Bundesasylamtes, dass die Verfolgungsbehauptungen des Erstbeschwerdeführers nicht glaubhaft gewesen sind, abgewiesen. Im Übrigen hat das Bundesverwaltungsgericht das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Dieses Erkenntnis wurde dem Erstbeschwerdeführer am 07.03.2014 durch Hinterlegung im Akt zugestellt und ist rechtskräftig.

Gegen den Erstbeschwerdeführer wurde am 19.05.2014 die Untersuchungshaft verhängt.

1.3. Im fortgesetzten Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wurde dem Erstbeschwerdeführer mit Bescheid dieser Behörde vom 15.10.2014 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gegen ihn gemäß § 10 Abs. 2 Asylgesetz i. V.m. § 9 BFA-Verfahrensgesetz eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Georgien zulässig sei. Weiters erließ die Behörde gemäß § 53 Abs. 1, i.V.m. Abs. 3 Z. 1 FPG gegen den Erstbeschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot und erkannte einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung ab. Der Bescheid wurde dem Erstbeschwerdeführer am 15.10.2014 durch persönliche Ausfolgung zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.

Mit Urteil des zuständigen Landesgerichts vom 15.10.2014, Rechtskraft 23.06.2015, wurde der Erstbeschwerdeführer nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und Z 2, 130 vierter Fall StGB, § 12 dritter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten, davon 17 Monate bedingt für eine Probezeit von drei Jahren gerichtlich verurteilt.

2.1. Am 16.10.2014 stellte der Erstbeschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft einen weiteren Asylantrag. Bei der niederschriftlichen Erstbefragung am 17.10.2014 gab er an, dass er in den vier Monaten vor seiner Verhaftung an verschiedenen Orten, unter anderem auch im Obdachlosenheim gelebt habe und auch oft im Fahrzeug übernachtet habe. Am 17.05.2014 sei er festgenommen worden und am 15.10.2014, nach der bedingten Entlassung, zur Behörde überstellt worden. Der Erstbeschwerdeführer stelle neuerlich einen Asylantrag, weil er nicht an den Ort zurückkehren können, wo er gelebt habe. Man habe von ihm gewollt, dass er mit den Separatisten zusammenarbeite, was er aber abgelehnt habe und deshalb verfolgt worden sei. 2008 sei er während des Krieges durch eine Bombenexplosion an der Schulter verletzt worden.

In Georgien werde er verdächtigt, mit Separatisten zusammengearbeitet zu haben und er würde sofort festgenommen und gegen gefangene Georgier ausgetauscht. In Süd-Ossetien würde man ihn sofort töten.

Zu seiner in einem im Oktober 2014 ausgestellten Heimreisezertifikat festgestellten Identität brachte der Erstbeschwerdeführer vor, dass er unter dem entsprechenden Familiennamen hier in Österreich in Facebook agiert habe, was man anlässlich seiner Festnahme gesehen habe, weshalb behauptet werde, dass dies sein Name sei. Aber dies sei nur ein erfundener Name, um nicht seine wahre Identität zu verraten. Der Erstbeschwerdeführer werde mit dem von ihm ursprünglich angegebenen Familiennamen in der Heimat gesucht.

2.2. Am 19.11.2015 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des Erstbeschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen Asyl. Er brachte vor, dass seine Angaben im Rahmen der Erstbefragung nicht der Wahrheit entsprechen und er heute die Wahrheit sagen wolle. Er erhalte in ein paar Tagen auch Papiere und Dokumente, die er vorliegen wolle. Die Angaben im Rahmen des ersten Asylverfahrens in Österreich seien richtig gewesen. Der Erstbeschwerdeführer sei seit 20 Tagen in Österreich und habe etwas Geld aus Deutschland mitgebracht. Jetzt habe er auch seine Familie hier, die aus Georgien eingereist sei. Die Ehefrau und zwei Kinder des Erstbeschwerdeführers seien auf dem Luftweg am 03.11.2015 nach Österreich gekommen und hätten ihre Reisepässe weggeworfen.

Der Erstbeschwerdeführer stelle neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz und habe neue Gründe und Dokumente, die er in ein paar Tagen vorlegen werde. Im ersten Asylverfahren in Österreich habe er Gründe angegeben, die er als politisch bezeichnen würde, er sei von Separatisten verfolgt worden. Die neuen Fluchtgründe könne man auch politische Gründe nennen, man habe den Erstbeschwerdeführer bezichtigt, dass er seine Heimat verraten habe. Der Erstbeschwerdeführer werde damals wie heute gesucht, weil er viel wisse. Dennoch werde er es diesen Männern nicht verraten, deswegen sei er geflüchtet. Damit meine er, dass er erneut in Österreich eingereist sei. Er werde Dokumente vorlegen, aus denen ersichtlich sei, dass er in der Armee gekämpft habe und verletzt wurde. Im Falle einer Rückkehr würde er die Geheimnisse, die er kenne, nicht erzählen. Er würde vielleicht ins Gefängnis gesperrt und würde keine Perspektive haben. Die Regierung habe den Erstbeschwerdeführer aus der Armee geworfen und er habe "die" verklagt, es stehe ihm eine Entschädigungszahlung zu, weshalb "die" ihn verfolgen würden. Zwei seiner Freunde aus der Armee seien schon zwei Jahre lang in Haft gewesen. Den Erstbeschwerdeführer habe man 2011 festgenommen, er sei zwei Tage lang festgehalten worden und habe dann gehen dürfen. Dann habe man ihn dauernd hinbestellt und verfolgt. Der Erstbeschwerdeführer sei der Chauffeur des Generals David Nairaschwili gewesen und habe sämtliche Gespräche des Generals mit dem Verteidigungsminister Batscho Achalaia und Innenminister Wano Merabischwili mitgehört. Der Erstbeschwerdeführer sei aus dem Dienst entlassen worden, weil er Kontakt mit Freunden aus der Flugabteilung gehabt habe. Diese seien nach der Rebellion in Mukhrovani im Jahr 2009 ebenfalls festgenommen worden. Der Erstbeschwerdeführer habe auch Freunde in der Panzerabteilung gehabt, die ebenfalls festgenommen worden sein. Merabischwili und Achalaia hätten diese Rebellion den Freunden aus der Panzer- und Flugabteilung in die Schuhe schieben wollen, in Wirklichkeit sei jemand anderes verantwortlich gewesen, nämlich General Otanadse. Nachdem Merabischwili und Alachaia festgenommen wurden, sei es möglich gewesen, die Geheimnisse offenzulegen. Diese Sache sei bis heute in Untersuchung und der Erstbeschwerdeführer habe Angst zu sagen, dass alles inszeniert gewesen sei. Die Freunde des Erstbeschwerdeführers hätten schon im Fernsehen gesagt, dass sie aussagen und alles erzählen werden, sobald eine Verhandlung stattfindet. Zum Vorhalt, dass es somit keine Geheimnisse mehr gebe, entgegnete der Erstbeschwerdeführer, dass er sehr viel wisse und die Regierung wolle, dass er alles aussage. Er wolle dies jedoch nicht, weil ihm niemand garantieren könne, dass er am Leben bleiben. Seine Verfolger seien die Männer von Merabischwili und Achalaia.

Die Ehegattin des Erstbeschwerdeführers, die Zweitbeschwerdeführerin, stellte für sich und die beiden mit ihr eingereisten gemeinsamen minderjährigen Kinder, die Drittbeschwerdeführerin und den Viertbeschwerdeführer ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz und gab dazu bei der Erstbefragung am 19.11.2015 an, dass sie mit ihren Kindern an 03.11.2015 mit georgischen Reisepässen und griechischen Visa aus Tiflis nach Wien geflogen seien. Sie habe Georgien wegen der Probleme ihres Mannes verlassen. Es habe mehrmals Drohungen und Verfolgungen auch gegen die Zweitbeschwerdeführerin gegeben. Sie habe Angst um sich und die Kinder gehabt und habe außerdem zum Erstbeschwerdeführer gewollt, damit die Familie zusammen sei. Für die mitgereisten Kinder würden dieselben Gründe geltend.

2.3. Am 13.04.2016 erfolgt eine weitere niederschriftliche Einvernahme des Erstbeschwerdeführers vor dem BFA. Dabei legte er eine Heiratsurkunde sowie Geburtsurkunden von zwei seiner drei Kinder vor, aus denen sich die Identität des Erstbeschwerdeführers in Übereinstimmung mit der Eintragung im 2014 ausgestellten Heimreisezertifikat ergibt. Er brachte vor, dass sich seine Ehegattin und zwei seiner drei Kinder in Österreich befinden, sein drittes Kind sei bei seinen Eltern im Herkunftsstaat. Der Beschwerdeführer sei gesund. Er habe seit seiner Geburt bis zur Ausreise in Oktober oder November 2012 an einer Adresse in Tiflis im Haus seiner Eltern mit seiner Gattin und den drei Kindern gelebt. Dort würden sich seine Eltern und seine Tochter aufhalten.

Der Erstbeschwerdeführer legte eine Entscheidung des Appellationsgerichtes Tiflis vom 04.08.2010 vor, wonach seine Beschwerde gegen einen Bescheid des Stadtgerichtes Tiflis vom 29.06.2010, worin er wegen des Besitzes von Marihuana zu einer Verwaltungsstrafe verpflichtet worden war, als unbegründet abgewiesen wurde, weiters den darauf bezogenen Strafantrag der Polizei und ein Gutachten vom 11.06.2010 über die kriminaltechnische Untersuchung des Suchtmittels.

Des weiteren legte der Erstbeschwerdeführer einen militärischen Identitätsausweis vor, wonach er seit 15.03.2004 beim georgischen Militär gemeldet sei, weiters einen Patientenbrief eines Militärkrankenhauses vom 26.02.2008, wonach er seit 15.10.2007 beim georgischen Militär beschäftigt sei und vor einem Jahr ein Trauma an der rechten Schulter erlitten habe und am 15.02.2008 operiert worden sei, weiters eine Bestätigung eines Arztes, wonach er am 30.10.2009 wegen einer Hauterkrankung ambulant behandelt worden sei, und eine Zahlungsbestätigung über 55 GEL vom 01.08.2008. Laut einem weiteren Gesundheitszeugnis vom 14.12.2009 sei er an einem akuten viralen Infekt erkrankt gewesen. Daneben legte der Erstbeschwerdeführer einen provisorischen Ausweis für Militärangehörige vom 01.05.2006, eine Bestätigung des georgischen Verteidigungsministeriums über eine Dienstfreistellung von 01.03.2009 bis 03.03.2009 aus gesundheitlichen Gründen und eine Bestätigung über seine Teilnahme an einem militärischen Training in der Zeit vom 06.07.2009 bis 01.08.2009 vor. Er präsentierte auch eine Ausfertigung einer Entscheidung einer Militärbehörde in Tiflis vom 09.08.2010, wonach der Beschwerdeführer wegen der Abwesenheit vom Dienst am 11.06.2010 nach Festnahme von der Polizei und wegen der erfolgten Bestrafung wegen Innehabung von Marihuana aus dem Militär entlassen werde.

Der Erstbeschwerdeführer gab an, dass er seinen eigenen Reisepass entsorgt habe. Er habe die Unterlagen beim ersten Asylverfahren nicht vorgelegt, weil er damals unter falschen Namen um Asyl angesucht habe, weil er verfolgt worden sei. Der Beschwerdeführer habe von 2004 bis 2006 den Grundwehrdienst absolviert und von 2007 bis 2010 beim Militär gearbeitet. Auf die Frage, ob er 2010 beim Militär gekündigt habe, führte er aus, dass er zuerst unter Druck gesetzt und danach entlassen worden sei. Als Grund brachte er vor, dass es 2009 in Mukhrovani einen Aufstand gegeben habe, an dem Freunde des Erstbeschwerdeführers beteiligt gewesen sei. Man habe den Erstbeschwerdeführer aufgefordert, gegen diese Freunde auszusagen und er habe dies verweigert, weshalb er unter Druck gesetzt und entlassen worden sei. Nach 2010 sei der Erstbeschwerdeführer durch seine Familie und seine Eltern unterstützt worden. Die dritte Tochter des Erstbeschwerdeführers gehe in Georgien zur Schule. Der Erstbeschwerdeführer habe auch in Deutschland 2015 einen Asylantrag gestellt und habe danach dieses Land verlassen, nachdem seine Familie 2015 nach Österreich gekommen sei.

Der Erstbeschwerdeführer räumte die in Österreich erfolgte strafgerichtliche Verurteilung ein und gab an, dass er in Georgien keine Strafrechtsdelikte begangen habe. Es bestehe gegen den Erstbeschwerdeführer kein Haftbefehl im Herkunftsstaat.

Als Gründe für die neuerliche Stellung des Asylantrages brachte der Erstbeschwerdeführer vor, dass er nicht nach Georgien zurückkehren wolle, weil er dort unter Druck gesetzt würde, falsche Angaben über seine Freunde zu tätigen. Der Beschwerdeführer würde von Anhängern der nationalen Bewegung bedroht, um gegen namentlich genannte vier Freunde auszusagen. Nach dem Krieg von 2008 hätte eine Militärfeier stattfinden sollen und es seien im Krieg Freunde getötet worden, weshalb "sie" an der Feier nicht teilnehmen hätten wollen. Der damalige Verteidigungs- und Innenminister hätten den Protest gegen diese Feier als Aufstand angesehen und gegen die Einheit Panzer geschickt. Dies sei am 09.05.2009 geschehen, wobei 41 Personen als Landesverräter angeklagt worden seien. Der Erstbeschwerdeführer sei nicht angeklagt worden, er hätte bei der Hauptverhandlung gegen seine vier genannten Freunde aussagen sollen. Diese seien verurteilt worden und hätten sich in Haft befunden. Sie seien nunmehr glaublich 2013 durch die neue Regierung enthaftet worden. Die vier genannten Freunde seien von der Regierung begnadigt worden. Derzeit seien zwei in Deutschland, einer in Afrika und einer halte sich in der Türkei und manchmal in Georgien auf.

Auf Nachfrage gab der Erstbeschwerdeführer an, dass es keine körperlichen Übergriffe gegen seine Person gegeben habe und er nur bedroht worden sei. Erstmals sei er im Sommer 2010 von zwei Männern, Vertretern des Verteidigungsministers, in Tiflis bedroht worden. Diese hätten ihm gesagt, dass sie vom Verteidigungsminister kommen. Der Erstbeschwerdeführer habe nicht gegen seine Freunde ausgesagt, sondern heimlich das Land verlassen. Die Freunde seien 2009 festgenommen und auch verurteilt worden. Der Erstbeschwerdeführer werde bis heute bedroht und wisse durch seine Frau, dass sie aufgesucht und gefragt worden sei, wo der Beschwerdeführer sich aufhalte. Der Erstbeschwerdeführer sei nicht zur Polizei gegangen, um Anzeige zu erstatten, weil er selbst von der Polizei unter Druck gesetzt worden sei. Die Polizei habe ihm gesagt, er solle lieber aussagen, sonst würde er festgenommen.

Der Erstbeschwerdeführer lebe in Österreich mit seiner Frau und zwei Kindern und bestreite seinen Lebensunterhalt aus "Sozialgeld"; er sei nicht Mitglied eines Vereins oder einer Organisation und habe Kontakte zu österreichischen Freunden. Weiters halte sich ein Onkel seit zwölf Jahren in Österreich auf.

Am selben Tag erfolgte die niederschriftliche Einvernahme der Zweitbeschwerdeführerin vor der Behörde. Sie brachte vor, dass sie bisher im Verfahren wahrheitsgemäße Angaben getätigt habe. Das dritte gemeinsame Kind befinde sich bei ihren Schwiegereltern in Tiflis, da sie die Kosten für die Reise nicht aufbringen konnte. Die Zweitbeschwerdeführerin und ihre Kinder seien gesund und würden nicht in medizinischer Behandlung stehen. Sie habe im Herkunftsstaat von 2007 bis zu ihrer Ausreise in einem Haus gelebt, dass im Eigentum Ihrer Schwiegereltern gestanden sei. Sie habe auch wirtschaftliche Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates gehabt, da sie drei Kinder zu betreuen hatte und nicht arbeiten habe können und deshalb von ihren Schwiegereltern abhängig gewesen sei. Nach der Einreise habe sie ihre Reisepässe ihrem Mann gegeben. Dieser bestätigte in der Einvernahme, dass er die Pässe "entsorgt" habe, weil er "es für notwendig hielt".

Die Zweitbeschwerdeführerin habe im Herkunftsstaat elf Jahre die Schule besucht und dann eine Ausbildung als Näherin abgeschlossen. Sie habe nicht gearbeitet und sei von ihrem Mann, später durch ihre Schwiegermutter versorgt worden. Sie habe im Herkunftsstaat keine Delikte begangen, es bestehe kein Haftbefehl. Sie habe keine Probleme aufgrund der Volkszugehörigkeit gehabt. Als Grund für die Asylantragsstellung brachte die Drittbeschwerdeführerin vor, dass seit 2011 eine angespannte Situation in der Familie bestanden habe. Im August 2015 habe sie ein Mann am Oberarm angepackt und gefragt, wo der Erstbeschwerdeführer sei. Sie habe Angst auch um ihre Kinder gehabt und sei deshalb ausgereist. Sie glaube, dass sie bereits über einen Zeitraum von zwei Jahren beobachtet worden sei. Es habe nur den beschriebenen Übergriff gegeben und sie wisse nicht, wer dieser Mann gewesen sei und was er genau gewollt habe. Er habe nur kurz nach dem Erstbeschwerdeführer gefragt und sie sei weggerannt.

Über die Gründe der Ausreise des Erstbeschwerdeführers wisse die Zweitbeschwerdeführerin nichts Genaues, er sage ihr nichts. Nach der Eheschließung 2007 habe der Erstbeschwerdeführer zwei oder drei Jahre für das Militär gearbeitet. Sie glaube nicht, dass er das Dienstverhältnis von sich aus gekündigt habe, kenne aber genaue Details nicht. Auf die Frage nach dem ausschlaggebenden Grund für "die Flucht" brachte die Zweitbeschwerdeführerin vor, sie sei nur wegen des Erstbeschwerdeführers ausgereist. Im Falle einer Rückkehr hätte sie Angst; sie wisse nicht, wovor. Man habe sie einmal am Oberarm angefasst. Sie wisse nicht, was im Falle einer Rückkehr passiere.

Die Zweitbeschwerdeführerin lebe in Österreich gemeinsam mit ihrem Ehemann und den beiden Kindern, welche beide einen Kindergarten besuchen. Der Lebensunterhalt werde durch Sozialhilfeleistungen bestritten und die Zweitbeschwerdeführerin besuche einen Deutschkurs.

Am 28.04.2017 stellte die Zweitbeschwerdeführerin als gesetzliche Vertreterin für den mittlerweile in Österreich geborenen weiteren gemeinsamen Sohn des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin, den Fünftbeschwerdeführer, einen Antrag auf internationalen Schutz und brachte vor, dass für des Kind keine eigenen Verfolgungsgründe vorliegen würden.

3. Mit den angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz jeweils gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. §§ 55, 57 AsylG nicht erteilt, gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.) und verfügt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Die Behörde stellte die Identität, Staatsbürgerschaft, Volksgruppenzugehörigkeit und Religionsbekenntnis der Beschwerdeführer fest und führte begründend zusammengefasst aus, dass die Ausführungen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin zu den Gründen für das Verlassen des Heimatlandes unglaubhaft gewesen wären. Die Beweiswürdigung der Behörde zur negativen Feststellung der Glaubhaftigkeit der Verfolgungsbehauptungen der Zweitbeschwerdeführerin gründet sich auf den Umstand, dass die Zweitbeschwerdeführerin bei der Erstbefragung von mehreren Drohungen und Verfolgungen gesprochen habe, während sie in der Einvernahme dezidiert ausgeführt hätte, dass sie [nur] einmal von einem Mann am Oberarm gepackt und nach dem Erstbeschwerdeführer gefragt worden sei. Die weiteren Angaben, wonach sie zwei Jahre beobachtet worden sei, habe sie nicht belegen können und ausgeführt, sie habe dies lediglich gespürt. Bei einem tatsächlichen Interesse am Aufenthaltsort des Erstbeschwerdeführers hätte man die Zweitbeschwerdeführerin nicht zwei Jahre lang beobachtet, sondern früher aufgesucht und es sei ihr Vorbringen unglaubwürdig.

Auch die Ausführungen, wonach die Zweitbeschwerdeführerin aus Angst um ihre Kinder den Herkunftsstaat verlassen habe, sei unglaubhaft, da sie ihre Tochter im Herkunftsstaat bei den Schwiegereltern zurückgelassen habe. Im Übrigen sei die Zweitbeschwerdeführerin nicht in der Lage gewesen, Hinweise auf das Bestehen einer Bedrohungssituation für ihren Ehegatten, den Erstbeschwerdeführer zu geben.

Die Beschwerdeführer hätten im Herkunftsstaat familiäre Anknüpfungspunkte, seien gesund und hätten bei einer Rückkehr keine existenzbedrohende Notlage zu befürchten. Die Ehegattin und zwei Kinder des Erstbeschwerdeführers würden sich seit November 2015 als Asylwerber in Österreich aufhalten, ein weiterer Sohn sei hier geboren und eine weitere gemeinsame Tochter lebe in Georgien bei den Eltern des Erstbeschwerdeführers. Die Rückkehrentscheidung bilde keinen unzulässigen Eingriff in das Recht der Beschwerdeführer auf Achtung des Privat-und Familienlebens.

3. Gegen diese, den Beschwerdeführern am 01.06.2016 und 02.06.2016 bzw. am 08.05.2017 zugestellten Bescheide brachte der Erstbeschwerdeführer die verfahrensgegenständliche Beschwerde im vollen Umfang ein. Begründend wurde ausgeführt, dass die Behörde dem Erstbeschwerdeführer die Glaubwürdigkeit aufgrund bloß konstruierter Widersprüche seiner Angaben abspreche. Ein Widerspruch zwischen dem Vorbringen, der Beschwerdeführer sei 2010 von russischen und ossetischen Militärs angesprochen und zur Mitarbeit aufgefordert worden sowie dem späteren Vorbringen, man hätte von ihm verlangt, mit Separatisten zusammenzuarbeiten, sei nicht zu erkennen. Der Erstbeschwerdeführer sei aufgefordert worden, mit ossetischen Separatisten zusammenzuarbeiten. Er sei damals Kommandant einer Einheit von 70 Mann in einem Dorf an der Grenze gewesen und habe Informationen gehabt, die für die Separatisten wichtig gewesen wären. Es seien ein Russe und ein Ossete gewesen, die den Beschwerdeführer darauf ansprachen. Dieser habe jedoch abgelehnt und befürchte daher, auch von Separatisten verfolgt zu werden. Dazu komme aber weiters, dass Freunde von ihm beschuldigt worden seien, an einem Aufstandsplan gegen die damalige Regierung beteiligt gewesen zu sein. Dies sei relevant für die in Zukunft drohende Verfolgungsgefahr. Unter der Anschuldigung dieses Aufstandsplans seien 40 Militärangehörige, darunter vier Freunde des Beschwerdeführers inhaftiert worden. Diese hätten allerdings nicht wirklich mit Russen und Separatisten zusammengearbeitet, seien allerdings regierungskritisch eingestellt gewesen und man habe ihnen diesen Aufstandsplan unterschieben wollen. Der Erstbeschwerdeführer sei nicht inhaftiert, sondern seitens des Verteidigungsministeriums aufgefordert worden, gegen seine Freunde auszusagen. Da er dies nicht getan habe, sei er bedroht worden und man habe ihm ein Drogendelikt untergeschoben. Zwei Freunde des Erstbeschwerdeführers hätten in Deutschland Asylanträge gestellt. Einer habe bei seiner Haftentlassung ein Interview für das georgische Fernsehen gegeben, indem er eine Wiederaufnahme des Verfahrens und eine neuerliche Gerichtsverhandlung gefordert habe. Diese Forderung habe die derzeitige Regierung nicht erfüllt. Im Falle einer Rückkehr müsse der Erstbeschwerdeführer befürchten, über seine ehemaligen Kameraden befragt zu werden, zumal diese weiterhin an ihrer Forderung nach Wiederaufnahme ihres Verfahrens festhalten und somit auch der jetzigen Regierung unbequem seien. Der Erstbeschwerdeführer beantrage, die Asylakten der genannten Personen aus Deutschland anzufordern, da diese sein Vorbringen bekräftigen.

Die Beschwerde hat es nicht unternommen, der Begründung der an die Zweitbeschwerdeführerin, die Drittbeschwerdeführerin und den Viertbeschwerdeführer ergangenen angefochtenen Bescheide konkret entgegenzutreten.

In der mit Schreiben vom 15.05.2017 ausgeführten Beschwerde gegen den an den Fünftbeschwerdeführer ergangenen Bescheid wurde auf den Inhalt der Beschwerden betreffend dessen Eltern verwiesen und weiters als Beleg von Integrationsbemühungen eine vom April 2017 bis Oktober 2017 gültige Beschäftigungsbewilligung für den Erstbeschwerdeführer als Pferdepfleger samt Versicherungsbestätigung vorgelegt.

4. Am 04.01.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht, eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher der Erstbeschwerdeführer teilgenommen hat. Dabei wurden die von ihm behauptete Betreuungssituation sowie die privaten und persönlichen Verhältnisse des Erstbeschwerdeführers im Herkunftsstaat und in Österreich erörtert. Der Erstbeschwerdeführer machte dabei trotz Aufklärung über seine Verpflichtung zur Mitwirkung an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes teilweise keine Angaben bzw. verwies darauf, dass er Fragen nur im Beisein seines Rechtsvertreters beantworten wolle.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführer führen die im Spruch angeführten Personalien, sind Staatsangehörige von Georgien und Angehörige der georgischen Volksgruppe sowie der christlich-orthodoxen Glaubensrichtung.

Der Erstbeschwerdeführer hat im Herkunftsstaat nach Absolvierung der Wehrpflicht von 2007 bis 2010 als Berufssoldat gearbeitet. Dem Erstbeschwerdeführer wurde im Juni 2010 wegen des Besitzes von Marihuana eine Verwaltungsstrafe auferlegt. Wegen dieses Vorfalls wurde der Erstbeschwerdeführer durch Entscheidung einer Militärbehörde vom 09.08.2010 aus dem Militärdienst entlassen.

Der Erstbeschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise erstmals am 25.10.2012 unter Behauptung einer falschen Identität in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit der rechtskräftigen Beschwerdeentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.03.2014 sowohl hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten als auch eines subsidiär Schutzberechtigten wegen fehlender Glaubhaftigkeit der Verfolgungsbehauptungen abgewiesen wurde.

In weiterer Folge traf das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit rechtskräftigem Bescheid vom 15.10.2014 die Entscheidung, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt werde, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Georgien zulässig sei. Weiters wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Mit Urteil des zuständigen Landesgerichts vom 15.10.2014 wurde der Erstbeschwerdeführer nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und Z. 2,130 vierter Fall StGB, § 12 dritter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten, davon Freiheitsstrafe 17 Monate, bedingt, Probezeit drei Jahre gerichtlich verurteilt, wobei die Rechtskraft mit 23.06.2015 eintrat.

Der Beschwerdeführer stellte am 17.10.2014 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz aus dem Stand der Schubhaft. Er wurde am 24.10.2014 aus der Schubhaft entlassen und war in weiterer Folge unbekannten Aufenthalts.

Im November 2015 reisten die Zweitbeschwerdeführerin, die Ehegattin des Erstbeschwerdeführers, und zwei gemeinsame minderjährige Kinder nach Österreich ein und stellten am 19.11.2015 jeweils Anträge auf internationalen Schutz.

Der Erstbeschwerdeführer, der sich nach eigenen Angaben von November 2014 bis Oktober 2015 in Deutschland aufgehalten und dort einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, trat am 19.11.2015 ebenfalls wieder vor der Behörde auf.

Für den in Österreich als Sohn des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin geborenen Fünftbeschwerdeführer wurde am 28.04.2017 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Die Beschwerdeführer haben den Herkunftsstaat verlassen, um in Europa bessere Lebensbedingungen vorzufinden. Ihre Verfolgungsbehauptungen waren nicht glaubhaft. Es kann auch sonst nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Georgien aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen der politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre.

Es besteht für die Beschwerdeführer als gesundes leistungsfähiges Ehepaar im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf mit gesunden Kindern im Falle einer Rückkehr nach Georgien keine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit. Die Beschwerdeführer leiden an keinen schwerwiegenden Erkrankungen, welche im Herkunftsstaat keiner adäquaten Behandlung zugänglich wären. Sie liefen auch nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Die Beschwerdeführer bestreiten den Lebensunterhalt aktuell im Rahmen der Grundversorgung und gehen keiner Erwerbstätigkeit oder ehrenamtlichen Tätigkeit nach. Sie haben keinen Deutschkurs besucht und keinen Nachweis über bereits vorhandene Deutschkenntnisse oder anderweitige Integrationsbemühungen vorgelegt. Sie haben im Bundegebiet keine nahen Familienangehörigen oder sonstigen engen sozialen Bindungen.

Die Drittbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführer haben in Österreich einen Kindergarten besucht bzw. besuchen nun eine Schule. Die beiden minderjährigen Beschwerdeführer sind im Herkunftsstaat geboren, haben dort ihre erste Sozialisierung erfahren und befinden sich in einem anpassungsfähigen Alter. Der Fünftbeschwerdeführer ist auf Grund seines Lebensalters in seinen Beziehungen im Wesentlichen auf den Bereich seiner Kernfamilie beschränkt

Die Beschwerdeführer verfügen in Georgien unverändert über verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte. Im Herkunftsstaat leben die Eltern des Erstbeschwerdeführers in einem eigenen Haus in Tiflis. Die gemeinsame Tochter des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin lebt bei diesen Eltern und besucht im Herkunftsstaat eine Schule. Die Beschwerdeführer haben von 2007 bis zu ihrer Ausreise im Haus der Eltern des Erstbeschwerdeführers gelebt und könnten im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat wieder dort Aufnahme finden.

1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 25.6.2018, Regierungsumbildung (relevant für Abschnitt: 2. Politische Lage).

Am 13.6.2018 erklärte Premierminister Giorgi Kvirikashvili seinen Rücktritt. Als Grund wurden Meinungsverschiedenheiten mit dem Parteivorsitzenden Ivanishvili genannt, der am 11.5.2018 das Amt des Parteivorsitzenden des "Georgischen Traums" von Kvirikashvili übernommen hatte und damit in die Politik Georgiens zurückgekehrt war. Begleitet war Kvirikashvilis Rücktritt zudem von Massenprotesten (RFE/RL 20.1.2018, vgl. civil.ge 20.6.2018).

Das georgische Parlament hat am 20.6.2018 den bisherigen Finanzminister Mamuka Bakhtadze zum neuen Premierminister von Georgien gewählt und das von ihm vorgeschlagene Kabinett als Übergangsregierung bestätigt. Die parlamentarische Opposition blieb der Abstimmung geschlossen fern. Aus den eigenen Reihen erhielt Bakhtadze sechs Gegenstimmen, bei 99 Ja-Stimmen. Bakhtadze kündigte an, dass das neue Kabinett geschlossen an einem Neuzuschnitt einiger Ressorts und damit auch einer Verringerung der Zahl der Ministerien arbeiten werde (GA 21.6.2018, vgl. RFE/RL 20.6.2018). Überdies betonte Bakhtadze, dass er die Bestrebungen nach einer Mitgliedschaft sowohl in der NATO als auch der EU fortsetzen werde (RFE/RL 20.6.2018).

Quellen:

* Civil.ge (20.6.2018): Bakhtadze's Cabinet Wins Confidence, https://civil.ge/archives/244788, Zugriff 25.6.2018

* GA - Georgien aktuell (21.6.2018): Mamuka Bakhtadze zum Premierminister von Georgien gewählt, http://georgien-aktuell.info/de/politik/article/13762-premierminister, Zugriff 25.6.2018

* RFE/RL - Radion Free Europe/Radio Liberty (20.1.2018): Georgian Parliament Approves Bakhtadze As Prime Minister, https://www.rferl.org/a/georgia-parliament-approves-bakhtadze-as-prime-minister/29307191.html, Zugriff 25.6.2018

Politische Lage

Im Jahr 2017 begann Georgien mit einer grundlegenden Reform der Verfassung, mit welcher der Übergang von einem gemischten zu einem parlamentarischen System abgeschlossen wurde. Die Reform, die insgesamt positiv von der Venediger-Kommission des Europarates bewertet wurde, zielt darauf ab, die verfassungsmäßige Ordnung des Landes zu festigen, die auf den Grundsätzen der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und des Schutzes der Grundrechte beruht. Der vom Parlament angenommene Entwurf wurde von der Opposition nicht unterstützt, weil vor allem das rein-proportionale Wahlsystem erst bis 2024 eingeführt werden soll. NGOs und Oppositionsparteien sahen den Entscheidungsprozess als nicht inklusiv und zu voreilig (EC 9.11.2017).

Georgien hat eine doppelte Exekutive, wobei der Premierminister als Regierungschef und der Präsident als Staatsoberhaupt fungiert. Der Präsident wird durch Direktwahl für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Der Präsident ernennt den Premierminister, der vom Parlament ernannt wird. Nach den im Jahr 2017 beschlossenen Verfassungsänderungen wird der Präsident indirekt von einem Gremium, bestehend aus nationalen, regionalen und lokalen Gesetzgebern, gewählt, wobei diese Änderungen erst nach der Wahl 2018 wirksam werden (FH 1.2018). Nach der geänderten Verfassung wird Georgien ab 2024 auf ein Verhältniswahlsystem mit einer Fünf-Prozent-Hürde umstellen. Ab 2025 wird der Präsident nicht mehr vom Wahlvolk, sondern von einem speziellen Gesetzgebungsrat gewählt (RFE/RL 20.10.2017).

Bei den Präsidentschaftswahlen 2013 gewann Giorgi Margvelashvili, ein von der Partei "Georgischer Traum" unterstützter unabhängiger Kandidat, 62% der Stimmen, vor dem Kandidaten der Vereinigten Nationalen Bewegung (UNM), David Bakradze, der 22% gewann. Während Beobachter über einige Verstöße berichteten, bezeichneten sie den Wahlgang als kompetitiv und und vertrauenswürdig und lobten dabei die Zentrale Wahlkommission für ihre Professionalität. Giorgi Kvirikashvili von der Partei Georgischer Traum kehrte nach den Parlamentswahlen 2016 als Premierminister zurück; er war seit Ende 2015 in dieser Funktion tätig (FH 1.2018).

Am 8.10. und 30.10.2016 fanden Parlamentswahlen in Georgien statt. Die bislang regierende Partei "Georgischer Traum" sicherte sich die Verfassungsmehrheit, indem sie 115 der 150 Sitze gewann. Die "Vereinigte Nationale Bewegung" (UNM) des Expräsidenten Mikheil Saakashvili errang 27 und die "Allianz der Patrioten Georgiens" (APG) sechs Sitze (RFE/RL 1.11.2016). Mit der APG, die im ersten Wahlgang am 8.10.2016 knapp die Fünf-Prozent-Hürde schaffte, ist erstmals eine pro-russische Partei im Parlament vertreten. In der notwendigen Stichwahl am 30.10.2016 in 50 Wahlkreisen, die nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt werden, gewann der "Georgische Traum" 48 Wahlkreise (Standard 31.10.2016). Die übrigen zwei Sitze gingen jeweils an einen unabhängigen Kandidaten und einen Vertreter der "Partei der Industriellen" (VK 31.10.2016).

Die Wahlbeobachtungsmission der OSZE bewertete gemeinsam mit anderen internationalen Beobachtern die Stichwahl als kompetitiv und in einer Weise administriert, die die Rechte der Kandidaten und Wähler respektierte. Allerdings wurde das Prinzip der Transparenz sowie das Recht auf angemessene Rechtsmittel bei der Untersuchung und Beurteilung von Disputen durch die Wahlkommissionen und Gerichte oft nicht respektiert (OSCE/ODIHR 30.10.2016).

Am 21.10. und 12.11.2017 fanden Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen statt. In der ersten Runde am 21.10.2017 gewann die Regierungspartei, Georgischer Traum, in allen Wahlkreisen und sicherte sich 63 von 64 Bürgermeisterämter, darunter in der Hauptstadt Tiflis (RFE/RL 12.11.2017). Bei der Bügermeisterstichwahl am 12.11.2017 gewannen in fünf der sechs ausstehenden Städte ebenfalls die Kandidaten des Georgischen Traums. Nur in Ozurgeti siegte ein unabhängiger Kandidat (Civil.ge 13.11.2017). Die Wahl verlief reibungslos und professionell, wobei die Stimmabgabe, die Auszählung und das Wahlermittlungsverfahren von Beobachtern positiv beurteilt wurden, obwohl Hinweise auf mögliche Einschüchterungen und Druck auf die Wähler Anlass zur Besorgnis gaben (OSCE 13.11.2017).

Das politische Leben in Georgien ist lebendig. Die Menschen sind in der Regel in der Lage, politische Parteien zu gründen und ihre eigenen Kandidaturen mit wenig Einmischung durch Dritte umzusetzen. Allerdings hat ein Muster der Einparteiendominanz in den letzten zehn Jahren die Entwicklung und Stabilität konkurrierender Gruppen gehemmt. Die Partei Georgischer Traum dominiert den politischen Raum. Entscheidend dafür ist die Rolle von Ivanishvili, dem Schöpfer und Finanzgaranten der Partei, der maßgeblichen Einfluss auf die politische Entscheidungsfindung in Georgien hat. Die finanziellen und geschäftlichen Interessen von Ivanishvili sind auch im politischen Bereich von großer Bedeutung (FH 1.2018).

Quellen:

* Civil.ge (13.11.2017): GDDG Wins Most Mayoral Runoff Races, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30622, Zugriff 26.3.2018

* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html, 26.3.2018

* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Parliamentary Elections, Second Round - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions,

http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/278146?download=true, Zugriff 26.3.2018

* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-Operation in Europe/ Office for Democratic Institutions and Human Rights (13.11.2017):

Election Observation Mission Georgia, Local Elections, Second Round, 12 November 2017,

http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/356146?download=true, Zugriff 26.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (20.10.2017): Georgia's President Reluctantly Signs Constitutional Amendments, 26.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (1.11.2016): Georgia's Ruling Party Wins Constitutional Majority, http://www.rferl.org/a/georgia-elections-second-round-georgian-dream-super-majority/28085474.html, Zugriff 26.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (12.11.2017): Georgians

In Six Municipalities Vote In Local Election Runoffs, https://www.rferl.org/a/georgia-local-elections-second-round/28849358.html, Zugriff 26.3.2018

* Der Standard (31.10.2016): Regierungspartei kann Georgien im Alleingang regieren,

http://derstandard.at/2000046738001/Wahlsieg-von-Regierungspartei-in-Georgien-in-zweiter-Runde-bestaetigt, Zugriff 26.3.2018

* Vestnik Kavkaza (31.10.2016): Georgian Dream wins 48 districts out of 50,

http://vestnikkavkaza.net/news/Georgian-Dream-wins-48-districts-out-of-50.html, Zugriff 26.3.2018

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Georgien hat sich seit der militärischen Auseinandersetzung zwischen georgischen und russischen Truppen vom August 2008 weitgehend normalisiert. Die Konflikte um die beiden separatistischen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien sind indes ungelöst und verursachen Spannungen. Im Gali-Distrikt Abchasiens kommt es immer wieder zu Schusswechseln, Entführungen und anderen Verbrechen mit teilweise kriminellem Hintergrund. Trotz vordergründiger Beruhigung der Lage kann ein erneutes Aufflammen des Konfliktes zwischen Abchasien und Georgien nicht ausgeschlossen werden. Gleiches gilt im Falle Südossetiens. In den städtischen Zentren kann es gelegentlich zu Demonstrationen und Protestaktionen kommen, vor allem im Zusammenhang mit Wahlen. Straßenblockaden und Zusammenstöße mit den Sicherheitskräften sind nicht ausgeschlossen. Das Risiko von terroristischen Anschlägen kann auch in Georgien nicht ausgeschlossen werden (EDA 6.6.2018).

Die Kriminalitätsrate ist in Georgien in den letzten Jahren deutlich gesunken. Auto- und andere Diebstähle sowie Einbrüche kommen vor, und sind gelegentlich von Gewalt begleitet. Übergriffe gegen Personen, die sich in der Öffentlichkeit als homosexuell zu erkennen geben, können vorkommen (AA 6.6.2018a, vgl. EDA 6.6.2018).

Bei einem Anti-Terroreinsatz in Tiflis sind am 22.11.2017 ein Polizist und drei mutmaßliche Terroristen getötet worden. Mehrere mutmaßliche Anhänger einer terroristischen Gruppe hatten sich der Festnahme widersetzt, indem sie das Feuer mit automatischen Waffen eröffneten und Handgranaten auf die Anti-Terror-Einheit warfen (Standard 23.11.2017). Einer der getöteten Terroristen war offenbar Achmed Tschatajew, ein tschetschenischer Befehlshaber des sog. Islamischen Staates (IS), der den georgischen Behörden bekannt war. Tschatajew stand seit 2015 auf der Terroristenliste der Vereinigten Staaten von Amerika und wurde auch von Russland und der Türkei wegen der Organisation des tödlichen Bombenanschlags auf den Flughafen von Istanbul im Juli 2016 gesucht. Die Prognose, dass sich die terroristische Bedrohung in Georgien auf die einheimischen und zurückkehrenden Kämpfer verlagert hat, wurde durch die Operation in Tiflis drastisch bestätigt (Jamestown 29.11.2017, GA 1.12.2017):

Die EU unterstützt aktiv die Bemühungen um Konfliktlösung durch die Arbeit des EU-Sonderbeauftragten für den Südkaukasus und die Krise in Georgien und die EU-Beobachtermission (EUMM), die zu Stabilität und Frieden beitragen. Georgien hat sich weiterhin den internationalen Gesprächen in Genf verschrieben. Der sog. "Incident Prevention Mechanisms (IPRM)", der 2009 geschaffen wurden, um Risiko- und Sicherheitsfragen zu erörtern, die die Gemeinden in Abchasiens bzw. Südossetiens betreffen, und die EUMM-Hotline arbeiten weiterhin effizient als wesentliche Instrumente, um lokale Sicherheitsfragen anzugehen und, um die weitere Vertrauensbildung zwischen den Sicherheitsakteuren zu fördern (EC 9.11.2017).

Anfang März 2018 wiederholte Premierminister Giorgi Kvirikashvili Georgiens Interesse, bei den internationalen Gesprächen in Genf konkrete Fortschritte zu erzielen. Hierzu erklärte er sich auch bereit, in einen direkten Dialog mit Vertretern der separatistischen Regionen Abchasien und Südssetien zu treten (Jamestown 26.3.2018, vgl. Civil.ge 9.3.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (6.6.2018a): Landesspezifische Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/georgien-node/georgiensicherheit/201918#content_0, Zugriff 6.6.2018

* Civil.ge (9.3.2018): Prime Minister Appeals to Russian Authorities, Offers Direct Dialogue with Sokhumi, Tskhinvali, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30935&search, Zugriff 12.4.2018

* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

* EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (6.6.2018): Reisehinweise für Georgien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/georgien/reisehinweise-georgien.html, Zugriff 6.6.2018

* GA - Georgien aktuell (1.12.2017): Anti-Terror-Einsatz: getötete Terroristen offenbar illegal ins Land gekommen, http://georgien-aktuell.info/de/politik/innenpolitik/article/13430-illegal, Zugriff 9.4.2018

* Jamestown (26.3.2018): Georgian Government Insists on Direct Talk With Moscow-Backed Separatists, https://jamestown.org/program/georgian-government-insists-direct-talk-moscow-backed-separatists/, Zugriff 12.4.2018

* Jamestown (29.11.2017): Special Operation in Tbilisi Highlights Risk of Terrorism by Returning Fighters in Georgia, https://jamestown.org/program/special-operation-tbilisi-highlights-risk-terrorism-returning-fighters-georgia/, Zugriff 9.4.2018

* Der Standard (23.11.2017): Vier Tote bei Anti-Terror-Einsatz in Tiflis,

https://derstandard.at/2000068329714/Vier-Tote-bei-Anti-Terror-Einsatz-in-Tiflis, Zugriff 9.4.2018

Regionale Problemzone: Abchasien

Abchasien (ca. 200.000 Einwohner) hat sich - unterstützt von Russland - als unabhängig erklärt und sucht die weitere Annäherung an Russland. Die Regierung in Tiflis hat keine Verwaltungshoheit über das Gebiet, in denen sich ein de-facto politisches System mit Regierung, Parlament und Justiz etabliert hat. Eigene Streitkräfte, unterstützt durch russisches Militär sichern die zunehmend von ihnen befestigte Verwaltungsgrenze zu Georgien. Diese ist nur zu sehr geringem Maße für Einwohner der Gebiete durchlässig. Militärische Auseinandersetzungen gibt es seit 2008 jedoch nicht mehr. Das Recht auf Rückkehr der vertriebenen Georgier wird von den abchasischen de facto-Behörden verwehrt. Nur der Verwaltungskreis Gali im südlichen Teil Abchasiens, nahe dem georgischen Hauptterritorium, ist noch stark georgisch/megrelisch besiedelt. Es liegen Hinweise vor, dass Bewohner dieses Gebiets bzw. Angehörige der georgischen/megrelischen Bevölkerung in Abchasien staatlich benachteiligt werden (z.B. beim Erwerb von Passdokumenten und damit Freizügigkeit, Ausübung des Stimmrechts bei de facto-Präsidentschaftswahlen 2014, Besetzung öffentlicher Stellen, Zugang zu Bildung und Gesundheitsfürsorge, Ermöglichung von "Grenz"-Übertritten nach Georgien, Arbeitserlaubnis). Die Diskriminierung dieser Bevölkerungsteile kann als zielgerichtet bewertet werden, um sie zum Verlassen zu bewegen. Von Abchasien aus war es bislang gängige Praxis, dass Kinder ethnischer Georgier die Administrative Boundary Line (ABL) zum Schulbesuch auf dem georgischen Hauptterritorium regelmäßig überqueren konnten. Nach der Schließung von mittlerweile drei der fünf offiziellen Übergangsstellen verlängert sich der tägliche Schulweg aber so sehr (z.T. ca. 100 km einfach), dass diese Möglichkeit inzwischen kaum noch genutzt wird (AA 11.12.2017).

Die abchasische Regierung ist finanziell von Russland abhängig, das eine militärische Präsenz auf dem Territorium unterhält und zu den wenigen Staaten gehört, die die Unabhängigkeit Abchasiens anerkennen. Dennoch weist das politische System eine starke Opposition und zivilgesellschaftliche Aktivität auf, und die meisten Einwohner sind Berichten zufolge gegen eine formelle Annexion durch Russland. Während die lokalen Rundfunkmedien weitgehend von der Regierung kontrolliert werden, gibt es einige unabhängige Print- und Online-Medien. Die Versammlungsfreiheit wird in der Regel respektiert. Zu den anhaltenden Problemen gehören ein zutiefst mangelhaftes Strafrechtssystem und die Diskriminierung von ethnischen Georgiern (FH 1.2017).

Die abchasischen Behörden inhaftieren weiterhin Personen, die die "Grenze" illegal überquert haben sollen. Russische Grenzwächter entlang der Verwaltungsgrenze zwischen Abchasien und Georgien setzen normalerweise die Regeln der abchasischen Machthaber um, indem sie Individuen abstrafen und wieder freilassen. Es gab Berichte über willkürliche Verhaftungen von ethnischen Georgiern in den abtrünnigen Gebieten. Ihnen wurden weder die Gründe für die Haft noch für das Vorführen vor den Staatsanwalt mitgeteilt. In Abchasien verbietet das Rechtssystem Eigentumsansprüche von ethnischen Georgiern, die Abchasien vor, während oder nach dem Krieg von 1992-93 verlassen haben, wodurch Binnenvertriebenen ihre Eigentumsrechte in Abchasien entzogen werden (USDOS 20.4.2018).

Die Behörden in Abchasien lehnen weiterhin die Rückkehr von ethnischen georgischen Binnenvertriebenen an Orte ihrer Herkunft oder ihres gewöhnlichen Aufenthalts mit Ausnahme der Distrikte Gali, Ochamchira und Tkvarcheli ab. Das Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) hat die Behörden wiederholt um Zusicherungen in Bezug auf die Rechte der Rückkehrer hinsichtlich des Daueraufenthalts, Freizügigkeit, Geburtenregistrierung und Eigentumsrechte gebeten. Generell haben die Vereinten Nationen gefordert, den Zugang der Rückkehrer zu politischen Rechten, gleichen Schutz vor dem Gesetz, soziale Sicherheit, Gesundheitsversorgung, Arbeit und Beschäftigung, Bildung, Gedanken-, Gewissens- und Meinungsfreiheit und kulturelles Leben zu gewährleisten. Im Dezember 2016 wurde das "Gesetz über die Rechtsstellung von Ausländern in Abchasien" geändert, um die Einführung einer "Aufenthaltserlaubnis für Ausländer" zu ermöglichen, die den in Abchasien lebenden ethnischen Georgiern die Ausübung ihrer Rechte erleichtern würde (UN-GA 3.5.2017).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

-

FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Abkhazia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2017/abkhazia, Zugriff 13.4.2018

-

UN_GA - UN General Assembly (3.5.2017): Status of internally displaced persons and refugees from Abkhazia, Georgia and the Tskhinvali region/South Ossetia, Georgia [A/71/899], https://www.ecoi.net/en/file/local/1402817/1226_1499079794_n1712489.pdf, Zugriff 13.4.2018

-

USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practces 2017 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1430256.html, Zugriff 6.6.2018

Regionale Problemzone: Südossetien

Der Krieg im Jahr 2008 führte zum Einmarsch russischer Truppen und zur Vertreibung der zuvor noch bestehenden georgischen Regierungspräsenz sowie etlicher ethnischer Georgier. Nur Russland und eine Handvoll anderer Staaten haben seither die Unabhängigkeit Südossetiens anerkannt. Das Territorium bleibt fast vollständig von Russland abhängig (90% seines Budgets für 2016), und Moskau übt einen entscheidenden Einfluss auf die Politik und die Regierungsführung aus. Die lokalen Medien stehen weitgehend unter Kontrolle der Behörden, die auch die Aktivitäten der Zivilgesellschaft einschränken oder genau überwachen. Die Justiz unterliegt politischer Einflussnahme und Manipulation. Körperliche Übergriffe und schlechte Bedingungen sind Berichten zufolge in Gefängnissen und Haftanstalten weit verbreitet (FH 1.2017).

Russische Streitkräfte und De-facto-Behörden in Südossetien haben die Bewegungsfreiheit über die De-facto-Grenze weiter eingeschränkt und Dutzende von Menschen wegen "illegalen" Grenzübertritts kurzzeitig festgenommen und bestraft. Die zunehmende Umzäunung entlang der Verwaltungsgrenzen beeinträchtigte weiterhin die Rechte der Anwohner, einschließlich des Rechts auf Arbeit, Nahrung und einen angemessenen Lebensstandard, da der Zugang zu ihren Obstgärten, Weiden und Ackerland verloren ging (AI 22.2.2018).

In Südossetien leben kaum noch ethnische Georgier. Das Recht auf Rückkehr der Vertriebenen wird von den dortigen de facto-Behörden verwehrt. Die Diskriminierung dieser Bevölkerungsteile kann als zielgerichtet bewertet werden, um sie zum Verlassen zu bewegen. Als Ausnahme ist die Anwesenheit der im Gebiet von Akhalgori (Südossetien) lebenden Georgier gegenwärtig akzeptiert (AA 11.12.2017).

Die südossetischen Behörden haben gegenüber UN-Vertretern ihre Offenheit für die Rückkehr von Binnenvertriebenen nach Südossetien bekundet, allerdings hauptsächlich in den Bezirk Akhalgori und unter der Voraussetzung, dass sich die Personen nur dort aufhalten werden. Besuche im Bezirk Akhalgori scheinen für die Vertriebenen und ihre Angehörigen möglich zu sein. Die zuständigen südossetischen Behörden haben rund 4.300 neue Grenzübertrittsdokumente ("propusk") ausgestellt, die neben rund 1.000 südossetischen sogenannten "Pässen" auch das Überschreiten der Verwaltungsgrenze ermöglichen (UN-GA 3.5.2017).

Bei den Präsidentschaftswahlen in Südossetien am 9.4.2017 gewann der bisherige Parlamentsvorsitzende, Anatoly Bibilov mit 54,8% Prozent (PEC 12.4.2017). Der bisherige Amtsinhaber, Leonid Tibilov, der seitens Moskau unterstützt wurde, erhielt nur 30% (RFE/RL 11.4.2017; vgl. EN 12.4.2017). Analysten sahen nebst der schlechten Wirtschaftslage die Parteinahme des Kremls und die wachsende Präsenz russischer Offizieller im südossetischen Staatsapparat als Hauptursache für die Niederlage Tibilovs (EN 12.4.2017). Gleichwohl verfolgt der Sieger Bibilov im Unterschied zu Tibilov, der seine Politik der Interessenslage Russlands anpasste, eine möglichst schnelle Aufnahme in den russischen Staatsverband und folglich die Vereinigung mit Nordossetien. Hierfür schlug er bereits ein Re

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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