TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/10 W169 2181423-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.01.2019
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Entscheidungsdatum

10.01.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W169 2181429-1/10E

W169 2181420-1/7E

W169 2181423-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.11.2017, Zl. 1053640903-150268965, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.05.2018 zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG

2005 idgF der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.11.2017, Zl. 1053641301-150269155, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.05.2018 zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 idgF der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.11.2017, Zl. 105364410-150269193, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.05.2018 zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 idgF der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Gang des Verfahrens:

1. Die Erstbeschwerdeführerin reiste gemeinsam mit ihrem Ehegatten und den beiden gemeinsamen Kindern, der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin und des minderjährigen Drittbeschwerdeführers, illegal und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein. Am 16.03.2015 stellten sie die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag führte die Erstbeschwerdeführerin aus, dass sie aus Kabul stamme, traditionell verheiratet sei und der Volksgruppe der Hazara angehöre. Zu ihren Fluchtgründen führte sie aus, dass ein Mann namens XXXX in sie verliebt gewesen sei, welcher aus Eifersucht auf ihren Mann geschossen habe. Da sie Angst gehabt habe, dass XXXX erneut versuchen werde, ihren Mann zu töten, seien sie aus Afghanistan geflohen.

3. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 10.10.2015 führte die Erstbeschwerdeführerin aus, dass sie der Volksgruppe der Hazara angehöre, in der Stadt Kabul geboren sei und bis zu ihrem fünften Lebensjahr dort gelebt habe. Danach habe sie sich mit ihrer Familie einige Jahre in Mazar-e Sharif aufgehalten. Ab ihrem fünften Lebensjahr sei sie von einem Cousin ihrer Mutter immer wieder sexuell belästigt worden; eine Vergewaltigung habe jedoch nicht stattgefunden. Danach seien sie wieder zurück nach Kabul gegangen, wo sie mehrere Jahre die Schule besucht habe. Sie habe nie gearbeitet und sei im Alter von 16 Jahren gegen ihren Willen verheiratet worden. Nach der Hochzeit habe sie mit ihrem Gatten in Kabul gelebt. Im Heimatland würden ihre Eltern, ihre Geschwister, ihre Schwiegermutter sowie eine Schwägerin und ein Schwager leben. Ihre Eltern würden in einem Eigentumshaus leben. Die Lebensumstände in der Heimat seien "gut" gewesen. Weiters würden in Kabul eine Tante mütterlicherseits, vier Onkel väterlicherseits und eine Tante mütterlicherseits leben; eine Tante väterlicherseits lebe in Pakistan. Weiters führte die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie in Afghanistan keine Probleme mit den Behörden sowie auch keine Probleme auf Grund ihrer Religionszugehörigkeit bzw. ihrer Volksgruppenzugehörigkeit gehabt habe. Zum Fluchtgrund gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie ab ihrem 14. Lebensjahr von einem Paschtunen laufend belästigt worden sei, bis sie verlobt bzw. verheiratet worden sei. Diese Familie habe sehr viel Geld und Kontakte zu den Taliban und zu den Sicherheitsbehörden gehabt. Nach ihrer Heirat, als ihre Kinder ca. zwei bzw. vier Jahre alt gewesen seien, sei dieser Mann wieder aufgetaucht. Sie habe ihn in Kabul zufällig gesehen, als sie mit ihren Kindern unterwegs zum Einkaufen gewesen sei. Er habe sie bis nach Hause mit einem roten Jeep verfolgt. Eine Woche später habe er auf der Straße auf sie gewartet, sie angehalten und ihr gesagt, dass er sie lieben würde und sie mit ihm mitgehen solle. Er könne ihr Geld geben, so viel sie wolle. Dies habe sie aber abgelehnt. Zwei Wochen später sei sie in der Früh, als sie einkaufen gewesen sei, von diesem Mann erneut gestoppt worden. Diesmal sei er nicht alleine gewesen. Er habe sie an beiden Schultern festgehalten und fest gerüttelt; sie habe große Angst bekommen. Er habe zu ihr gesagt, sie müsse unbedingt mit ihm zusammenleben, er habe alles, "viel Geld, ein Haus". Sie habe gesagt, dass sie das nicht wolle und er gehen solle. Er habe auch Sex von ihr gewollt. Sie habe aber abgelehnt mit der Begründung, dass sie einen Ehemann habe. Anschließend sei er wütend weggegangen. Von diesem Vorfall habe sie ihrem Mann vorerst nichts erzählt. Auf Anraten ihrer Mutter habe sie dann schließlich ihrem Mann von XXXX und seinen sexuellen Belästigungen erzählt. Eine Woche später habe sie XXXX wieder auf der Straße getroffen, ihr Mann habe gerade Schnee geschaufelt. XXXX habe sie wieder gestoppt. Es seien diesmal noch drei andere Personen dabei gewesen. Als sie an ihm habe vorbeigehen wollen, habe sie gesehen, dass er ein Betäubungsmittel dabeigehabt habe und sie betäuben habe wollen. Sie sei nach Hause gelaufen. XXXX sei ihr nachgelaufen. Sie habe nicht gewusst, dass er bewaffnet gewesen sei; er habe zweimal einen Schuss abgegeben. Eine Kugel sei in der Wand steckengeblieben, die Zweite habe jedoch ihren Gatten in den Bauch getroffen. Ihrem Ehegatten sei es sehr schlecht gegangen. Sie habe ihren Mann dann ins Krankenhaus gebracht, wo er behandelt worden sei. Er habe sehr viel Blut verloren. Das sei der Grund gewesen, warum sie Afghanistan verlassen hätten. Wo sich XXXX jetzt aufhalte, wisse sie nicht. Sie sei von XXXX sehr oft sexuell belästigt worden, bevor sie verheiratet worden sei. XXXX habe versucht, ihren Ehegatten zu töten, zumal er gedacht habe, dass die Erstbeschwerdeführerin dann mit ihm zusammen sein werde. Nach dem Schussattentat auf ihren Ehegatten hätten sie im Haus ihres Vaters gewohnt.

Zu ihren Rückkehrbefürchtungen befragt, führte die Erstbeschwerdeführerin aus, dass sie sich am 12.01.2017 von ihrem Ehegatten getrennt habe, weshalb sie von ihrer Familie und der Schwiegerfamilie als "schlecht" angesehen werde. Sie sei die erste Frau in der Familie, die sich habe scheiden lassen. Sie habe von ihrer Mutter erfahren, dass ihr Vater und ihr Onkel väterlicherseits sie umbringen würden, wenn sie zurückkehren sollte. Sie hätten gesagt, dass es für sie zu Hause keinen Platz mehr geben würde. Das Eheleben mit ihrem Gatten sei von Anfang an nicht gut gewesen. Sie sei oftmals von ihm, seiner Mutter und seiner Schwester geschlagen worden. Sie habe sich von ihrem Ehegatten getrennt, weil er ihr nicht erlaubt habe, einen Deutschkurs zu besuchen, sich zu schminken, sich schön zu kleiden und alleine auszugehen. Er habe gewollt, dass sie ein Kopftuch trage und habe sie geschlagen und bedroht. Ihre Kinder habe sie nicht mitnehmen können, zumal er ihr gesagt habe, wenn sie die Kinder mitnehme, würde er sie umbringen.

Zu ihren Lebensumständen in Österreich führte die Erstbeschwerdeführerin aus, dass sie keine Verwandten in Österreich habe. Sie habe bereits einen Deutschkurs besucht und die A1-Deutschprüfung positiv abgelegt. Zurzeit besuche sie den A2-Kurs und bereite sich auf die Prüfung vor. Des Weiteren werde sie nächsten Monat die Führerscheinprüfung machen. In Österreich arbeite sie ehrenamtlich. Sie habe bereits viele österreichische Freunde, die sie unterstützen und mit ihr lernen würden. Sie verständige sich mit ihnen auf Deutsch. Sie wolle in Österreich gerne als Schneiderin arbeiten, zumal sie in diesem Bereich bereits Erfahrung habe. Sie wohne zurzeit alleine in einem Heim, sei selbständig unterwegs und erledige auch den täglichen Einkauf. Sie würde gerne mit ihren Kindern zusammenleben, nicht jedoch mit ihrem Ehegatten. Weil ihr Ehegatte sie in Österreich geschlagen habe, habe er ein Betretungsverbot bekommen.

Am Ende der Einvernahme wurden der Erstbeschwerdeführerin aktuelle Länderfeststellungen zu Afghanistan ausgehändigt und ihr die Möglichkeit eingeräumt, binnen einer Frist von zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.

Im Rahmen der Einvernahme legte die Erstbeschwerdeführerin diverse Unterlagen vor (wie Deutschkursbestätigungen, das A1-Zertifikat, Empfehlungsschreiben und Bestätigungen über die ehrenamtliche Tätigkeit der Erstbeschwerdeführerin in der Gemeinde).

4. Mit den angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Den Beschwerdeführern wurden gemäß § 57 AsylG keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt IV und V.). Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für eine freiwillige Ausreise der Beschwerdeführer gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

5. Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter fristgerecht Beschwerde, wobei der Beweiswürdigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl substantiiert entgegengetreten wurde. Hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin wurde ausgeführt, dass sie sich eine westliche Lebensweise angeeignet habe. Sie sei bereits in Afghanistan - soweit es ihr möglich gewesen sei - eigenständig gewesen, allerdings könne man das Leben in Afghanistan mit jenem in Österreich nicht vergleichen. Sie verweise auf die mit der Beschwerde vorgelegten Unterstützungserklärungen, Unterschriftenlisten sowie auf die Fotos. Diesen könne entnommen werden, dass sie wie eine Österreicherin lebe und ihr die Lebensweise der afghanischen Gesellschaft bzw. Staatsgewalt ein Dorn im Auge wäre. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe sich überhaupt nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob ihre westliche Lebensweise eine Verfolgungsgefahr in Afghanistan darstellen würde. Diesbezüglich verweise sie auf ihre Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Auch der Einvernahme sei zu entnehmen, dass sie westlich orientiert und eine unabhängige Frau sei.

6. Am 25.05.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung statt, an welcher die Erstbeschwerdeführerin und ihr rechtsfreundlicher Vertreter teilgenommen haben. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist bei der Verhandlung entschuldigt nicht erschienen. Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung wurde die Erstbeschwerdeführerin ausführlich zu ihren Fluchtgründen, ihren Rückkehrbefürchtungen sowie zu ihren Integrationsbemühungen in Österreich befragt (siehe Verhandlungsprotokoll vom 25.05.2018).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der Beschwerdeführer:

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Afghanistan und Angehörige der Volksgruppe der Hazara. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin und des minderjährigen Drittbeschwerdeführers. Die Erstbeschwerdeführerin wurde in der Stadt Kabul geboren, wo sie vier Jahre lebte. Danach ging sie mit ihren Eltern für einige Jahre nach Mazar-e Sharif und kehrte dann wieder nach Kabul zurück, wo sie die neunte Schulstufe abschloss. Vor ihrer Heirat lebte sie mit ihren Eltern und ihren Geschwistern im Haus des Onkels mütterlicherseits in Kabul. Nach ihrer Heirat im Jahr 2008 lebte sie mit ihrem Ehegatten bei der Schwiegerfamilie, ebenfalls in der Stadt Kabul. Die Erstbeschwerdeführerin ging in Afghanistan keiner Arbeit nach. Sie wurde im Alter von 16 oder 17 Jahren mit ihrem Ehegatten traditionell verheiratet. Es war eine arrangierte Hochzeit. Der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin, Vater der Zweitbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers, stammt aus der Provinz Maidan Wardak, im Distrikt Behsud. Er arbeitete im Heimatland als Mechaniker und konnte somit den Lebensunterhalt der Familie sichern. In Afghanistan leben die Eltern der Erstbeschwerdeführerin, ihre Geschwister, Onkel, Tanten sowie auch die Schwiegermutter, ein Schwager und die Schwägerinnen. Die Erstbeschwerdeführerin hat lediglich zu ihrer Mutter Kontakt.

Die minderjährige Zweitbeschwerdeführerin und der minderjährige Drittbeschwerdeführer wurden in der Stadt Kabul geboren. Für diese wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht.

Die Erstbeschwerdeführerin ist eine junge selbstständige Frau, die in ihrer Wertehaltung und ihrer Lebensweise an dem in Europa mehrheitlich gelebten Frauen- und Gesellschaftsbild orientiert ist. Sie lebt in Österreich nicht nach der konservativ-afghanischen Tradition, lehnt die Umstände und Lebensverhältnisse für Frauen in Afghanistan ab und kann sich nicht vorstellen, nach der konservativ-afghanischen Tradition zu leben. Die Erstbeschwerdeführerin beabsichtigt, in Österreich einer Arbeit nachzugehen, um berufliche Selbstständigkeit zu erlangen. Diese Einstellung steht im Widerspruch zu den nach den Länderfeststellungen im Herkunftsstaat bestehenden traditionalistisch-religiös geprägten gesellschaftlichen Auffassungen hinsichtlich Bewegungsfreiheit und Zugang zur Erwerbstätigkeit für Frauen.

Die Beschwerdeführerin hat sich von ihrem Ehegatten in Österreich am 12.01.2017 getrennt, da er nicht wollte, dass sie in Österreich einen Deutschkurs besucht und eine Ausbildung macht. Zudem wollte er, dass sie ein Kopftuch trägt. Die gemeinsamen Kinder, die Zweitbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführer, leben beim Ehegatten. Alle zwei Wochen (von Freitag bis Sonntag) sind die Kinder bei der Erstbeschwerdeführerin. Die Erstbeschwerdeführerin lebt seit der Trennung von ihrem Ehegatten alleine in Österreich. Sie ist auf sich alleine gestellt, geht alleine einkaufen und zum Arzt, trägt kein Kopftuch und verfügt über einen großen österreichischen Freundeskreis. In ihrer Freizeit geht sie schwimmen, trifft sich mit Freunden und arbeitet ehrenamtlich in der Gemeinde am Bauhof und in Privathaushalten über den Dienstleistungsscheck. Sie besuchte in Österreich mehrere Deutschkurse, hat das A1-Zertifikat absolviert und spricht Deutsch. Zurzeit bereitet sie sich auf ihre Führerscheinprüfung vor. Sie hat auch an einem Erste-Hilfe-Kurs sowie von Jänner bis April 2018 an einem Nähkurs teilgenommen. Sie wünscht sich für ihre Kinder in Österreich eine gute Ausbildung und möchte selbst einmal als Schneiderin oder Köchin arbeiten.

Die Kinder der Erstbeschwerdeführerin besuchen in Österreich die Schule bzw. den Kindergarten. Zurzeit läuft ein Obsorgeverfahren bezüglich der gemeinsamen Obsorge der Kinder und bezüglich des Besuchsrechts.

Die Beschwerdeführer sind strafgerichtlich unbescholten und nehmen Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch.

1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädten und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten; speziell in Gegenden von Bedeutung wie z.B. Kunduz City und der Provinz Helmand (USDOD 12.2016). Zu Jahresende haben die afghanischen Sicherheitskräfte (ANDSF) Aufständische in Gegenden von Helmand, Uruzgan, Kandahar, Kunduz, Laghman, Zabul, Wardak und Faryab bekämpft (SIGAR 30.1.2017).

In den letzten zwei Jahren hatten die Taliban kurzzeitig Fortschritte gemacht, wie z.B. in Helmand und Kunduz, nachdem die ISAF-Truppen die Sicherheitsverantwortung den afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräften (ANDSF) übergeben hatten. Die Taliban nutzen die Schwächen der ANDSF aus, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Der IS (Islamischer Staat) ist eine neue Form des Terrors im Namen des Islam, ähnlich der al-Qaida, auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau, aber mit einem deutlich brutaleren Vorgehen. Die Gruppierung operierte ursprünglich im Osten entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und erscheint, Einzelberichten zufolge, auch im Nordosten und Nordwesten des Landes (Lokaler Sicherheitsberater in Afghanistan 17.2.2017).

Mit Stand September 2016, schätzen Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (USDOD 12.2016). Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und afghaninischen Nationalpolizei (ANP) erhöht (SIGAR 30.1.2017).

Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften (USDOD 12.2016). Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen - ausgeführt durch die Polizei und das Militär - landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen (VOA 5.1.2017).

Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.8. - 17.11.2016) (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch: SCR 30.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern (USDOD 12.2016).

Mit Stand September 2016, schätzen Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (USDOD 12.2016). Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und afghaninischen Nationalpolizei (ANP) erhöht (SIGAR 30.1.2017).

Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften (USDOD 12.2016). Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen - ausgeführt durch die Polizei und das Militär - landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen (VOA 5.1.2017).

Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.8. - 17.11.2016) (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch: SCR 30.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern (USDOD 12.2016).

Kontrolle von Distrikten und Regionen

Den Aufständischen misslangen acht Versuche, die Provinzhauptstadt einzunehmen; den Rebellen war es möglich, Territorium einzunehmen. High-profile Angriffe hielten an. Im vierten Quartal 2016 waren 2,5 Millionen Menschen unter direktem Einfluss der Taliban, während es im 3. Quartal noch 2,9 Millionen waren (SIGAR 30.1.2017).

Laut einem Sicherheitsbericht für das vierte Quartal, sind 57,2% der 407 Distrikte unter Regierungskontrolle bzw. -einfluss; dies deutet einen Rückgang von 6,2% gegenüber dem dritten Quartal: zu jenem Zeitpunkt waren 233 Distrikte unter Regierungskontrolle, 51 Distrikte waren unter Kontrolle der Rebellen und 133 Distrikte waren umkämpft. Provinzen, mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Rebelleneinfluss oder -kontrolle waren: Uruzgan mit 5 von 6 Distrikten, und Helmand mit 8 von 14 Distrikten. Regionen, in denen Rebellen den größten Einfluss oder Kontrolle haben, konzentrieren sich auf den Nordosten in Helmand, Nordwesten von Kandahar und die Grenzregion der beiden Provinzen (Kandahar und Helmand), sowie Uruzgan und das nordwestliche Zabul (SIGAR 30.1.2017).

Rebellengruppen

Regierungsfeindliche Elemente versuchten weiterhin durch Bedrohungen, Entführungen und gezielten Tötungen ihren Einfluss zu verstärken. Im Berichtszeitraum wurden 183 Mordanschläge registriert, davon sind 27 gescheitert. Dies bedeutet einen Rückgang von 32% gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2015 (UN GASC 13.12.2016). Rebellengruppen, inklusive hochrangiger Führer der Taliban und des Haqqani Netzwerkes, behielten ihre Rückzugsgebiete auf pakistanischem Territorium (USDOD 12.2016).

Afghanistan ist mit einer Bedrohung durch militante Opposition und extremistischen Netzwerken konfrontiert; zu diesen zählen die Taliban, das Haqqani Netzwerk, und in geringerem Maße al-Qaida und andere Rebellengruppen und extremistische Gruppierungen. Die Vereinigten Staaten von Amerika unterstützen eine von Afghanen geführte und ausgehandelte Konfliktresolution in Afghanistan - gemeinsam mit internationalen Partnern sollen die Rahmenbedingungen für einen friedlichen politischen Vergleich zwischen afghanischer Regierung und Rebellengruppen geschaffen werden (USDOD 12.2016).

Zwangsrekrutierungen durch die Taliban, Milizen, Warlords oder kriminelle Banden sind nicht auszuschließen. Konkrete Fälle kommen jedoch aus Furcht vor Konsequenzen für die Rekrutierten oder ihren Familien kaum an die Öffentlichkeit (AA 9.2016).

Taliban und ihre Offensive

Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und reagierten rasch auf jegliche Gebietsgewinne der Taliban (USDOD 12.2016). Die Taliban erhöhten das Operationstempo im Herbst 2016, indem sie Druck auf die Provinzhauptstädte von Helmand, Uruzgan, Farah und Kunduz ausübten, sowie die Regierungskontrolle in Schlüsseldistrikten beeinträchtigten und versuchten, Versorgungsrouten zu unterbrechen (UN GASC 13.12.2016). Die Taliban verweigern einen politischen Dialog mit der Regierung (SCR 12.2016).

Die Taliban haben die Ziele ihrer Offensive "Operation Omari" im Jahr 2016 verfehlt (USDOD 12.2016). Ihr Ziel waren großangelegte Offensiven gegen Regierungsstützpunkte, unterstützt durch Selbstmordattentate und Angriffe von Aufständischen, um die vom Westen unterstütze Regierung zu vertreiben (Reuters 12.4.2016). Gebietsgewinne der Taliban waren nicht dauerhaft, nachdem die ANDSF immer wieder die Distriktzentren und Bevölkerungsgegenden innerhalb eines Tages zurückerobern konnte. Die Taliban haben ihre lokalen und temporären Erfolge ausgenutzt, indem sie diese als große strategische Veränderungen in sozialen Medien und in anderen öffentlichen Informationskampagnen verlautbarten (USDOD12.2016). Zusätzlich zum bewaffneten Konflikt zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Taliban kämpften die Taliban gegen den ISIL-KP (Islamischer Staat in der Provinz Khorasan) (UN GASC 13.12.2016).

Der derzeitig Talibanführer Mullah Haibatullah Akhundzada hat im Jänner 2017 16 Schattengouverneure in Afghanistan ersetzt, um seinen Einfluss über den Aufstand zu stärken. Aufgrund interner Unstimmigkeiten und Überläufern zu feindlichen Gruppierungen, wie dem Islamischen Staat, waren die afghanischen Taliban geschwächt. hochrangige Quellen der Taliban waren der Meinung, die neu ernannten Gouverneure würden den Talibanführer stärken, dennoch gab es keine Veränderung in Helmand. Die südliche Provinz - größtenteils unter Talibankontrolle - liefert der Gruppe den Großteil der finanziellen Unterstützung durch Opium. Behauptet wird, Akhundzada hätte nicht den gleichen Einfluss über Helmand, wie einst Mansour (Reuters 27.1.2017).

Im Mai 2016 wurde der Talibanführer Mullah Akhtar Mohammad Mansour durch eine US-Drohne in der Provinz Balochistan in Pakistan getötet (BBC News 22.5.2016; vgl. auch: The National 13.1.2017). Zum Nachfolger wurde Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt - ein ehemaliger islamischer Rechtsgelehrter - der bis zu diesem Zeitpunkt als einer der Stellvertreter diente (Reuters 25.5.2016; vgl. auch:

The National 13.1.2017). Dieser ernannte als Stellvertreter Sirajuddin Haqqani, den Sohn des Führers des Haqqani-Netzwerkes (The National 13.1.2017) und Mullah Yaqoub, Sohn des Talibangründers Mullah Omar (DW 25.5.2016).

Haqqani-Netzwerk

Das Haqqani-Netzwerk ist eine sunnitische Rebellengruppe, die durch Jalaluddin Haqqani gegründet wurde. Sirajuddin Haqqani, Sohn des Jalaluddin, führt das Tagesgeschäft, gemeinsam mit seinen engsten Verwandten (NCTC o.D.). Sirajuddin Haqqani, wurde zum Stellvertreter des Talibanführers Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt (The National 13.1.2017).

Das Netzwerk ist ein Verbündeter der Taliban - dennoch ist es kein Teil der Kernbewegung (CRS 26.5.2016). Das Netzwerk ist mit anderen terroristischen Organisationen in der Region, inklusive al-Qaida und den Taliban, verbündet (Khaama Press 16.10.2014). Die Stärke des Haqqani-Netzwerks wird auf 3.000 Kämpfer geschätzt (CRS 12.1.2017). Das Netzwerk ist hauptsächlich in Nordwaziristan (Pakistan) zu verorten und führt grenzübergreifende Operationen nach Ostafghanistan und Kabul durch (NCTC o.D.).

Das Haqqani-Netzwerk ist fähig - speziell in der Stadt Kabul - Operationen durchzuführen; finanziert sich durch legale und illegale Geschäfte in den Gegenden Afghanistans, in denen es eine Präsenz hat, aber auch in Pakistan und im Persischen Golf. Das Netzwerk führt vermehrt Entführungen aus - wahrscheinlich um sich zu finanzieren und seine Wichtigkeit zu stärken (CRS 12.1.2017).

Kommandanten des Haqqani Netzwerk sagten zu Journalist/innen, das Netzwerk sei bereit eine politische Vereinbarung mit der afghanischen Regierung zu treffen, sofern sich die Taliban dazu entschließen würden, eine solche Vereinbarung einzugehen (CRS 12.1.2017).

Al-Qaida

Laut US-amerikanischen Beamten war die Präsenz von al-Qaida in den Jahren 2001 bis 2015 minimal (weniger als 100 Kämpfer); al-Qaida fungierte als Unterstützer für Rebellengruppen (CRS 12.1.2017). Im Jahr 2015 entdeckten und zerstörten die afghanischen Sicherheitskräfte gemeinsam mit US-Spezialkräften ein Kamp der al-Quaida in der Provinz Kandahar (CRS 12.1.2017; vgl. auch: FP 2.11.2015); dabei wurden 160 Kämpfer getötet (FP 2.11.2015). Diese Entdeckung deutet darauf hin, dass al-Qaida die Präsenz in Afghanistan vergrößert hat. US-amerikanische Kommandanten bezifferten die Zahl der Kämpfer in Afghanistan mit 100-300, während die afghanischen Behörden die Zahl der Kämpfer auf 300-500 schätzten (CRS 12.1.2017). Im Dezember 2015 wurde berichtet, dass al-Qaida sich primär auf den Osten und Nordosten konzertierte und nicht wie ursprünglich von US-amerikanischer Seite angenommen, nur auf Nordostafghanistan (LWJ 16.4.2016).

IS/ISIS/ISIL/ISKP/ISIL-K/Daesh - Islamischer Staat

Seit dem Jahr 2014 hat die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) eine kleine Präsenz in Afghanistan etabliert (RAND 28.11.2016). Die Führer des IS nennen diese Provinz Wilayat Khorasan - in Anlehnung an die historische Region, die Teile des Irans, Zentralasien, Afghanistan und Pakistan beinhaltete (RAND 28.11.2016; vgl. auch:

MEI 5.2016). Anfangs wuchs der IS schnell (MEI 5.2016). Der IS trat im Jahr 2014 in zwei getrennten Regionen in Afghanistan auf: in den östlichsten Regionen Nangarhars, an der AfPak-Grenze und im Distrikt Kajaki in der Provinz Helmand (USIP 3.11.2016).

Trotz Bemühungen, seine Macht und seinen Einfluss in der Region zu vergrößern, kontrolliert der IS nahezu kein Territorium außer kleineren Gegenden wie z.B. die Distrikte Deh Bala, Achin und Naziyan in der östlichen Provinz Nangarhar (RAND 28.11.2016; vgl. auch: USIP 3.11.2016). Zwar kämpfte der IS hart in Afghanistan, um Fuß zu fassen. Die Gruppe wird von den Ansässigen jedoch Großteils als fremde Kraft gesehen (MEI 5.2016). Nur eine Handvoll Angriffe führte der IS in der Region durch. Es gelang ihm nicht, sich die Unterstützung der Ansässigen zu sichern; auch hatte er mit schwacher Führung zu kämpfen (RAND 28.11.2016). Der IS hatte mit Verslusten zu kämpfen (MEI 5.2016). Unterstützt von internationalen Militärkräften, führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch - dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan (UN GASC 13.12.2016).

Auch wenn die Gruppierung weiterhin interne Streitigkeiten der Taliban ausnützt, um die Präsenz zu halten, ist sie mit einem harten Kampf konfrontiert, um permanenter Bestandteil komplexer afghanischer Stammes- und Militärstrukturen zu werden. Anhaltender Druck durch US-amerikanische Luftangriffe haben weiterhin die Möglichkeiten des IS in Afghanistan untergraben; auch wird der IS weiterhin davon abgehalten, seinen eigenen Bereich in Afghanistan einzunehmen (MEI 5.2016). Laut US-amerikanischem Außenministerium hat der IS keinen sicherheitsrelevanten Einfluss außerhalb von isolierten Provinzen in Ostafghanistan (SIGAR 30.1.2017).

Unterstützt von internationalen Militärkräften, führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch - dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan (UN GASC 13.12.2016).

Presseberichten zufolge betrachtet die afghanische Bevölkerung die Talibanpraktiken als moderat im Gegensatz zu den brutalen Praktiken des IS. Kämpfer der Taliban und des IS gerieten, aufgrund politischer oder anderer Differenzen, aber auch aufgrund der Kontrolle von Territorium, aneinander (CRS 12.1.2017).

Drogenanbau und Gegenmaßnahmen

Einkünfte aus dem Drogenschmuggel versorgen auch weiterhin den Aufstand und kriminelle Netzwerke (USDOD 12.2016). Laut einem Bericht des afghanischen Drogenbekämpfungsministeriums, vergrößerte sich die Anbaufläche für Opium um 10% im Jahr 2016 auf etwa 201.000 Hektar. Speziell in Nordafghanistan und in der Provinz Badghis, verstärkte sich der Anbau: Blaumohn wächst in 21 der 34 Provinzen, im Vergleich zum Jahr 2015, wo nur 20 Provinzen betroffen waren. Seit dem Jahr 2008 wurde zum ersten Mal von Opiumanbau in der Provinz Jawzjan berichtet. Helmand bleibt mit 80.273 Hektar (40%) auch weiterhin Hauptanbauprovinz, gefolgt von Badghis, Kandahar und der Provinz Uruzgan. Die potentielle Opiumproduktion im Jahr 2016 macht insgesamt 4.800 Tonnen aus - eine Steigerung von 43% (3.300 Tonnen) im Gegensatz zum Jahr 2015. Die hohe Produktionsrate kann einer Steigerung des Opiumertrags pro Hektar und eingeschränkter Beseitigungsbemühungen, aufgrund von finanziellen und sicherheitsrelevanten Ressourcen, zugeschrieben werden. Hauptsächlich erhöhten sich die Erträge aufgrund von vorteilhaften Bedingungen, wie z.B. des Wetters und nicht vorhandener Pflanzenkrankheiten (UN GASC 17.12.2016).

Zivile Opfer

Die Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) dokumentiert weiterhin regierungsfeindliche Elemente, die illegale und willkürliche Angriffe gegen Zivilist/innen ausführen (UNAMA 10.2016). Zwischen 1.1. und 31.12.2016 registrierte UNAMA 11.418 zivile Opfer (3.498 Tote und 7.920 Verletzte) - dies deutet einen Rückgang von 2% bei Getöteten und eine Erhöhung um 6% bei Verletzten im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Jahres 2015 an. Bodenkonfrontation waren weiterhin die Hauptursache für zivile Opfer, gefolgt von Selbstmordangriffen und komplexen Attentaten, sowie unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtung (IED), und gezielter und willkürlicher Tötungen (UNAMA 6.2.2017).

UNAMA verzeichnete 3.512 minderjährige Opfer (923 Kinder starben und 2.589 wurden verletzt) - eine Erhöhung von 24% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres; die höchste Zahl an minderjährigen Opfern seit Aufzeichnungsbeginn. Hauptursache waren Munitionsrückstände, deren Opfer meist Kinder waren. Im Jahr 2016 wurden 1.218 weibliche Opfer registriert (341 Tote und 877 Verletzte), dies deutet einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vorjahr an (UNAMA 6.2.2017).

Hauptsächlich waren die südlichen Regionen von dem bewaffneten Konflikt betroffen: 2.989 zivilen Opfern (1.056 Tote und 1.933 Verletzte) - eine Erhöhung von 17% gegenüber dem Jahr 2015. In den zentralen Regionen wurde die zweithöchste Rate an zivilen Opfern registriert: 2.348 zivile Opfer (534 Tote und 1.814 Verletzte) - eine Erhöhung von 34% gegenüber dem Vorjahreswert, aufgrund von Selbstmordangriffen und komplexen Angriffe auf die Stadt Kabul. Die östlichen und nordöstlichen Regionen verzeichneten einen Rückgang bei zivilen Opfern: 1.595 zivile Opfer (433 Tote und 1.162 Verletzte) im Osten und 1.270 zivile Opfer (382 Tote und 888 Verletzte) in den nordöstlichen Regionen. Im Norden des Landes wurden 1.362 zivile Opfer registriert (384 Tote und 978 Verletzte), sowie in den südöstlichen Regionen 903 zivile Opfer (340 Tote und 563 Verletzte). Im Westen wurden 836 zivile Opfer (344 Tote und 492 Verletzte) und 115 zivile Opfer (25 Tote und 90 Verletzte) im zentralen Hochgebirge registriert (UNAMA 6.2.2017).

Laut UNAMA waren 61% aller zivilen Opfer regierungsfeindlichen Elementen zuzuschreiben (hauptsächlich Taliban), 24% regierungsfreundlichen Kräften (20% den afghanischen Sicherheitskräften, 2% bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppen und 2% internationalen militärischen Kräften); Bodenkämpfen zwischen regierungsfreundlichen Kräften und regierungsfeindlichen Kräften waren Ursache für 10% ziviler Opfer, während 5% der zivilen Opfer vorwiegend durch Unfälle mit Munitionsrückständen bedingt waren (UNAMA 6.2.2017).

Mitarbeiter/innen internationaler Organisationen und der US-Streitkräfte

Die Taliban greifen weiterhin Mitarbeiter/innen lokaler Hilfsorganisationen und internationaler Organisationen an - nichtsdestotrotz sind der Ruf der Organisationen innerhalb der Gemeinschaft und deren politischer Einfluss ausschlaggebend, ob ihre Mitarbeiter/innen Problemen ausgesetzt sein werden. Dieser Quelle zufolge, sind Mitarbeiter/innen von NGOs Einschüchterungen der Taliban ausgesetzt. Einer anderen Quelle zufolge kam es im Jahr 2015 nur selten zu Vorfällen, in denen NGOs direkt angegriffen wurden (IRBC 22.2.2016). Angriffe auf Mitarbeiter/innen internationaler Organisationen wurden in den letzten Jahren registriert; unter anderem wurden im Februar 2017 sechs Mitarbeiter/innen des Int. Roten Kreuzes in der Provinz Jawzjan von Aufständischen angegriffen und getötet (BBC News 9.2.2017); im April 2015 wurden 5 Mitarbeiter/innen von "Save the Children" in der Provinz Uruzgan entführt und getötet (The Guardian 11.4.2015).

Die norwegische COI-Einheit Landinfo berichtet im September 2015, dass zuverlässige Berichte über konfliktbezogene Gewalt gegen Afghanen im aktiven Dienst für internationale Organisationen vorliegen. Andererseits konnte nur eine eingeschränkte Berichtslage bezüglich konfliktbezogener Gewalt gegen ehemalige Übersetzer, Informanten oder andere Gruppen lokaler Angestellter ziviler oder militärischer Organisationen festgestellt werden (Landinfo 9.9.2015). Ferner werden reine Übersetzerdienste, die auch geheime Dokumente umfassen, meist von US-Staatsbürgern mit lokalen Wurzeln durchgeführt, da diese eine Sicherheitszertifizierung benötigen (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014).

Grundsätzlich sind Anfeindungen gegen afghanische Angestellte der US-Streitkräfte üblich, da diese im Vergleich zu ihren Mitbürger/innen verhältnismäßig viel verdienen. Im Allgemeinen hält sich das aber in Grenzen, da der wirtschaftliche Nutzen für die gesamte Region zu wichtig ist. Tätliche Übergriffe kommen vor, sind aber nicht nur auf ein Arbeitsverhältnis bei den internationalen Truppen zurückzuführen. Des Weiteren bekommen afghanische Angestellte bei den internationalen Streitkräften Uniformen oder Dienstbekleidung, Verpflegung und Zugang zu medizinischer Versorgung nach westlichem Standard. Es handelt sich somit meist um Missgunst. Das Argument der Gefahr im Beruf für lokale Dolmetscher wurde von den US-Streitkräften im Bereich der SOF (Special Operation Forces), die sehr sensible Aufgaben durchführen, dadurch behoben, dass diesen Mitarbeitern nach einer gewissen Zeit die Mitnahme in die USA angeboten wurde. Dieses Vorgehen wurde von einer militärischen Quelle aus Deutschland bestätigt (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014).

Quellen:

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http://www.pajhwok.com/en/

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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