TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/17 W173 2172912-1

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Veröffentlicht am 17.01.2019
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Entscheidungsdatum

17.01.2019

Norm

ASVG §338
ASVG §341
ASVG §343
ASVG §345
BSVG §181
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W173 2172912-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin, Dr. Margit Möslinger-Gehmayr, als Vorsitzende und den fachkundigen Laienrichtern Dr. Jörg Pruckner, Dr. Johannes Dock, Uni.Prof.Dr. Klaus Klaushofer und Dr. Johannes Gregoritsch über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Mag. Markus Lechner, Rechtsanwalt, Althaus 10, 6911 Lochau vom 20.9.2017, gegen den Bescheid der Paritätischen Schiedskommission für Niederösterreich, p.A. Niederösterreichische Gebietskrankenkasse, Kremser Landstr. 2, 3100 St.Pölten, vom 9.8.2017, Zl PSK 3/2017, betreffend Feststellung des aufrechten Bestandes eines kurativen Einzelvertragsverhältnisses nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schriftsatz vom 3.5.2017 beantragte Frau XXXX , FÄ für Kinder- und Jugendheilkunde, (in der Folge BF) bei der Paritätischen Schiedskommission für Niederösterreich (in der Folge belangte Behörde), die Feststellung des aufrechten kurativen Einzelvertragsverhältnisses mit der Sozialversicherungsanstalt der Bauern (in der Folge SVB). Begründend wurde vorgebracht, Einzelverträge mit alle in Betracht kommenden Sozialversicherungsträgern abgeschlossen zu haben. Die BF habe den kurativen Einzelvertrag gegenüber der niederösterreichischen Gebietskrankenkasse (in der Folge NÖGKK) mit Ablauf 30.6.2017 aufgekündigt. Die BF habe sich im Kündigungsschreiben ausdrücklich nur auf die Kündigung ihres kurativen Vertragsverhältnisses mit der NÖGKK bezogen. Gegenüber der SVB sei per E-Mail vom 28.2.2017 bzw. 2.3.2017 von der BF die Aufforderung zur Anerkennung des weiterhin aufrechten kurativen Vertragsverhältnisses zwischen ihr und der SVB über den 30.6.2017 hinausgehend ergangen. Dies sei jedoch von der SVB mit E-Mail-Mitteilung vom 1.3.2017 bzw. 2.3.2017 unter Verweis auf den Rechtsweg abgelehnt worden.

Aus der Bestimmung des § 181 Z 1 BSVG resultiere jedoch, dass die SVB ex lege Gesamtvertragspartei sei, den der Hauptverband der Sozialversicherungsträger mit Wirksamkeit für die NÖGKK abgeschlossen habe. Zwangsläufig seien die korrespondierenden Einzelverträge mit der SVB abgeschlossen worden, sodass auch gegenständlich ein eigenständiger kurativer Einzelvertrag der BF mit der SVB bestehe. Dieser sei von der BF nicht gekündigt worden und bestehe daher über den 30.6.2017 hinaus. Die BF habe ein rechtliches Interesse am Weiterbestehen des kurativen Einzelvertragsverhältnisses mit der SVB. Es werde daher die Feststellung des aufrechten kurativen Vertragsverhältnisses der BF mit der SVB über den 30.6.2017 hinausgehend beantragt.

2. In einem weiteren Schriftsatz vom 15.5.2017 bezog sich die BF auf eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes (B 857/2006), in dem die SVB als Partei des kurativen Einzelvertrages betrachtet worden sei. Dies ergebe sich auch aus der Bestimmung des § 181 Z 1 BSVG. Darin werde die SVB kraft Gesetzes zur Vertragspartei im Sinne einer Gesamtvertragspartei. Würde eine gegenteilige Interpretationslinie vertreten, wäre die zitierte Bestimmung des BSVG sinnentleert und wäre die SVB mangels Aufgaben im Bereich der Krankenhilfe aufzulösen. Für das Bestehen des kurativen Einzelvertrages mit der SVB spreche auch die Bestimmung des § 343 Abs. 1 ASVG. Mit dem Abschluss eines kurativen Einzelvertrages mit der NÖGKK werde auch ex lege ein eigenständiger kurativer Einzelvertrag mit der SVB abgeschlossen.

3. Mit Schriftsatz vom 2.6.1017 hielt die SVB dem Vorbringen der BF unter Bezugnahme auf die 23. Novelle zum BSVG, BGBl I 1999/176, mit Wirkung ab 1.7.1998 entgegen, dass der zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger im Namen der Gebietskrankenkassen und örtlichen zuständigen Ärztekammer abgeschlossene Gesamtvertrag bindend und die SVB kraft Gesetzes Vertragspartei sei. Daraus könne nicht abgeleitet werden, dass eigenständige kurative Einzelverträge mit der SVB vorliegen würden. Dazu werde auf die Bestimmung des § 343 Abs. 1 ASVG verwiesen, wonach die von der Gebietskrankenkasse abgeschlossenen Einzelverträge auch für die SVB wirksam seien. Im Fall eines von der jeweiligen Gebietskrankenkasse abgeschlossenen Einzelvertrags gelte dieser automatisch für die SVB. Auch im Fall der Kündigung durch die Gebietskrankenkasse liege zugleich eine Kündigung der SVB vor. Dies ergebe sich auch der Entscheidung der Landesberufungskommission für Salzburg (LBK 1/2013). Auch in der Judikatur des VfGH, der LBK und jüngst der LSK für Salzburg werde vertreten, dass seit dem ASRÄG 1997 kraft Gesetzes der SVB keine Kompetenz zum Abschluss von eigenen Verträgen zukomme. Die SVB verfüge auch nicht über die Kompetenz zur Mitwirkung an Gesamtverträgen. Es seien daher die von der jeweiligen Gebietskrankenkasse abgeschlossenen Gesamt- bzw. Einzelverträge für die SVB bindend. Daraus resultiere auch im Fall der Kündigung eines Einzelvertrages mit der Gebietskrankenkasse die automatische Kündigung für die SVB. Es sei der Antrag der BF daher abzuweisen.

4. Diesem Vorbringen der SVB hielt die BF im Schriftsatz vom 23.7.2017 entgegen, dass in einem Verfahren vor der Paritätischen Schiedskommission für Niederösterreich (PSK NÖ 4/2010) bzw. anschließend vor der LBK für Niederösterreich und auch nicht im Verfahren vor dem VfGH (B 957/2011) von der SVB vorgebracht wäre, es bestünde überhaupt kein kuratives Einzelvertragsverhältnis mit dem beschwerdeführenden niederösterreichischen Vertragsarzt. Dieser habe die Feststellung begehrt, mit Erreichen der Altersgrenze erlösche der kurative Einzelvertrag mit der SVB nicht. Vielmehr sei trotz vorhergehenden gesetzlichen Änderungen in diesem Verfahren von der SVB ausdrücklich das Bestehen eines kurativen Einzelvertrages mit ihr außer Streit gestellt worden. Im Hinblick darauf sei die von der SVB nunmehr vertretene Rechtsansicht als Körperschaft öffentlichen Rechts nicht nachvollziehbar. Auch der VfGH habe in dieser Fallkonstellation eine meritorische Entscheidung getroffen und den Bestand eines kurativen Einzelvertrages nicht in Zweifel gestellt (B 957/2011). Daran könne die von der SVB zitierte Entscheidung des VfGH (B 1290/09) nichts ändern. § 343 Abs. 1 ASVG treffe keine Aussage über das rechtliche Schicksal des ex lege entstandenen kurativen Einzelvertrages mit der SVB. Auch aus der Überschrift der zitierten ASVG Bestimmung könne keine automatische Bindung abgeleitet werden. § 343 Abs. 1 leg.cit. regle die Aufnahme von Vertragsärzten. Die Beendigung des kurativen Einzelvertrages sei aber in den anschließenden Absätzen (2 bis 4) der genannten Bestimmung festgelegt.

5. Nach Durchführung einer nicht öffentlichen Sitzung wurde mit Bescheid vom 9.8.2017, Zl PSK 3/2017, der Antrag auf Feststellung, dass das kurative Einzelvertragsverhältnis zwischen den Streitteilen über den 30.6.2017 hinaus weiterbestehe, von der belangten Behörde abgewiesen. In der Begründung stützte sich die belangte Behörde auf die Änderung der Rechtslage ab 1.7.1998 durch das ASRÄG 1997, BGBl I 1997/193. Es seien nunmehr die von den GKK abgeschlossenen Einzelverträge auch für die SVB wirksam und würden deren rechtliches Schicksal teilen. Diese Rechtsansicht zur Rechtslage auf Grund des ASRÄG 1997 spiegle sich auch in der Judikatur des VfGH wider. Nach der Judikatur des VfGH und der Rechtsmeinung der herrschenden Lehre sei die SVB nicht zum Abschluss eigener Gesamtverträge berechtigt. Die SVB sei ex lege Vertragspartei des vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger namens der GKK abgeschlossenen Gesamtvertrages. Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger sei nicht zum Abschluss von eigenen Gesamtverträgen für die SVB berechtigt. Die SVB könne beim Abschluss solcher Gesamtverträge nicht mitwirken. Sie sei auch nicht zum Abschluss von Einzelverträgen berechtigt, sodass die von der NÖGKK abgeschlossenen Verträge auch für die SVB bindend seien. Einzelverträge mit der SVB würden das rechtliche Schicksal der Verträge mit der NÖGKK teilen. Gemäß § 343 Abs. 1 leg.cit. fehle es der SVB an der Kompetenz zur Mitwirkung an Verträgen. Unter dem Begriff "Mitwirkung" sei auch deren Kündigung zu subsumieren. Mit der Kündigung des Einzelvertrages mit der NÖGKK sei auch die Kündigung des Vertrages mit der SVB verbunden. Nichts Anderes lasse sich aus der Judikatur des VfGH ableiten.

6. Gegen den abweisenden Bescheid der belangten Behörde vom 9.8.2017, PSK 3/2017, erhob die BF mit Schriftsatz vom 20.9.2017 Beschwerde. § 181 Z 1 BSVG regle, dass die SVB Gesamtvertragspartei sei. Aus diesem Grund seien die korrespondierenden kurativen Einzelverträge zwangsläufig mit der SVB abgeschlossen worden. Es liege daher auch im gegenständlichen Fall ein Einzelvertrag der BF mit der SVB vor. Dies sei selbst von der SVB zugestanden worden. Andernfalls wäre die SVB im Bereich der Krankenhilfegewährung entbehrlich. Die belangte Behörde verkenne die Tragweite der Bestimmung des § 343 Abs. 1 ASVG in Verbindung mit der zitierten Bestimmung des BSVG. Es könne nur davon ausgegangen werden, dass mit dem Abschluss eines GKK-Einzelvertrages ex lege ein Abschluss eines eigenständigen kurativen Einzelvertrages mit der SVB erfolge. Es könne dahingestellt bleiben, ob die SVB im § 2 des Gesamtvertrages angeführt sei oder nicht. Dem komme kein normativer Charakter zu. Die Auflistung als "§ 2 Kassen" könne nicht dazu führen, dass es an einem eigenständigen kurativen Einzelvertrag mit der SVB fehle. Auch der VfGH sei konkludent davon ausgegangen, dass die SVB Partei des kurativen Einzelvertrages - abgeschlossen zwischen einem Arzt für Allgemeinmedizin aus Niederösterreich - sei. Es sei nämlich die Beschwerde dieses Vertragsarztes nicht abgelehnt worden. Der Automatismus, dass der Vertrag mit der GKK automatisch gekündigt sei, stehe nicht im Einklang mit dem ASVG.

7. Im ergänzenden Vorbringen im Schriftsatz vom 10.1.2018 setzte sich die BF mit der Judikatur des VfGH zu B 857/06 und zu B 1290/09 auseinander. Der VfGH gehe darin von einem kurativen Einzelvertrag zwischen dem Arzt und der SVB aus, wobei diese und nicht die jeweilige GKK Vertragspartnerin des kurativen Einzelvertrages sei. Zur Frage, inwiefern der kurative Einzelvertrag das Schicksal des Vertrages mit der GKK teile, habe sich der VfGH nicht geäußert. Vielmehr sei davon auszugehen, dass ein eigenständiger kurativer Einzelvertrag zwischen dem Arzt und der SVB bestehe, dessen Inhalt sich mit dem des jeweiligen GKK-Vertrages decke. Die Bestimmung des § 181 Z 1 BSVG spreche für die Berechtigung der SVB, den kurativen Einzelvertrag bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes aufkündigen zu können. Deshalb könne der Arzt diesen getrennt von dem GKK-Vertrag auch gegenüber der SVG kündigen. Das von der SVB entsandte Kommissionsmitglied OMR XXXX sei gemäß § 7 AVG befangen, da es sich um den Chefarzt der SVB handle. Es bestünden Zweifel an dessen Unabhängigkeit und Unparteilichkeit. Diesbezüglich werde auf die Judikatur des EGMR verwiesen. Es handle sich um einen wesentlichen Verfahrensmangel. Zudem seien die Besetzungsvorschriften des ASVG für die belangte Behörde gleichheits- und verfassungswidrig. Die Sozialversicherungsträger seien berechtigt, zwei Beisitzer zu nominieren. Dies gelte nicht für die Ärzte. Es ergehe die Anregung, die entsprechende Bestimmung des ASVG beim VfGH anzufechten.

8. Mit Schriftsatz vom 14.2.2018 trat die SVB dem Vorbringen der BF entgegen. Es sei zwischen der Vertragspartei und der Abschlusspartei zu unterscheiden. Die BF sei zwar Vertragspartei der SVB. Aus Verwaltungsvereinfachungsgründen würden die Abrechnungen von der NÖGKK durchgeführt. Die Behandlungskosten aller Vertragspartner würden der SVB quartalsweise vorgeschrieben. Die Einzelverträge mit der SVB würden jedoch durch die NÖGKK für die SVB abgeschlossen. Dies gelte auch für die Betriebskrankenkassen, die mit der SVB rechtlich gleichgestellt seien. Die Kündigung gegenüber den Betriebskrankenkassen werde von der BF aber nicht in Frage gestellt. Gesetzliche Grundlage sei die Bestimmung des § 343 Abs. 1 ASVG. Diese berechtige die SVB, die NÖGKK im Wege der Vereinbarung vom 27.11.1998 unter anderem zur Führung von Verhandlungen mit der Ärztekammer für Niederösterreich und den Abschluss von Vereinbarungen auch im Namen des SVB zu bevollmächtige. Diese erstrecke sich auch auf den Abschluss und die Beendigung des Einzelvertrages.

Die NÖGKK habe im Schreiben vom 23.9.2002 klargestellt, dass der Einzelvertrag nur für die § 2-Kassen, nicht jedoch für die VAEB, SVA, BVA und den KFA Wien gelte. Für die BF sei damit erkennbar, die SVB habe keinen eigenständigen Vertrag abgeschlossen.

Die Befangenheit vom Chefarzt MR XXXX werde bestritten. Zudem würden Verhandlung und der Abschluss von Verträgen nicht in seinen Zuständigkeitsbereich fallen. Der belangten Behörde, die in erster Instanz über Streitigkeiten im rechtlichen oder tatsächlichen Zusammenhang mit dem Einzelvertrag entscheide, komme - anders als der vormaligen LBK - nicht Tribunalqualität zu. Dazu werde auf § 344 Abs. 2 ASVG verwiesen, wonach jeweils zwei Mitglieder der zuständigen Ärztekammer und des Krankenversicherungsträgers - als Partei des Einzelvertrages - zu bestellen seien. Dem sei die SVB nachgekommen. Der Befangenheitseinwand gegenüber XXXX könne nicht auf die zitierte Entscheidung des EGMR gestützt werden.

9. Im Schriftsatz vom 6.3.2018 verwies die BF auf die von der SVB an die NÖGKK erteilte Vollmacht, in ihrem Namen Vereinbarungen abschließen zu können. Davon seien auch Einzelverträge erfasst. Bei einer Vollmachtserteilung an die NÖGKK zum Abschluss von Verträgen mit Dritten komme der Vertrag zwischen dem Vollmachtgeber und dem Dritten zustande. Dies werde von der SVB verkannt. Selbst wenn die von der SVB an die NÖGKK erteilte Vollmacht neben der Kündigung eines Einzelvertragspartners gegenüber der NÖGKK auch die gegenüber der SVB umfasse, wäre dies juristisch unwirksam. Der betroffene Einzelvertragspartner könne nicht in dieses Vollmachtsverhältnis einbezogen werde bzw. nie einbezogen worden sei. Eine Vollmacht könne nur die Befugnis zum Ausspruch der Kündigung gemäß 343 Abs. 4 ASVG umfassen. Auch die Ausführung der SVB, die BF würde ihre Versicherungsnehmer auf Kosten der SVB behandeln, wobei die Abrechnung aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung über die NÖGKK abgewickelt und quartalsweise in Rechnung gestellt werde, würden für das Bestehen eines eigenständigen kurativen Einzelvertrages zwischen der BF und der SVB sprechen. Im Verfahren vor der belangten Behörde sei das AVG und damit auch § 7 AVG anzuwenden. Der leitende Direktionsarzt eines Sozialversicherungsträgers sei leitender Angestellter, der mit wesentlichen Aufgaben der SVB betraut und bevollmächtigt sei. Arbeitnehmer des am Verfahren beteiligten Sozialversicherungsträgers könnten jedenfalls nicht als Laienrichter beim BVwG tätig werden (§ 347b Abs. 2 ASVG). Beim leitenden Direktionsarzt im Verfahren vor der belangten Behörde liege daher offenkundig Befangenheit vor.

10. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 14.3.2018 brachte die BF vor, zwar nicht direkt mit der SVB in Kontakt gestanden zur sein. Bei den Abrechnungen sei die SVB jedoch extra ausgewiesen gewesen. Dies betreffe auch das Rundschreiben zur Honorarabwicklung vom 1.1.2018, die von der BF neben dem abgeschlossenen Einzelvertrag in Kopie vorgelegt wurde.

Die SVB stütze sich auf die an die NÖGKK erteilte Vollmacht. Es sei im Hinblick auf die Stellung als § 2-Kasse eine Vereinbarung am 27. 11.1998 abgeschlossen worden, die in Kopie vorgelegt wurde. Diese umfasse die Abrechnungen mit den Vertragspartnern sowie die von der SVB erteilte Vollmacht an die NÖGKK zum Abschluss von Gesamtverträgen und Einzelverträgen. Zudem wurde auf die Bestimmung des § 343 Abs. 1 zweiter Satz ASVG i.V.m. § 181 Z. 1 BSVG verwiesen.

Die BF erachtete Punkt XIV der Vereinbarung als gegenstands- und wirkungslos, da die von der NÖGKK abgeschlossenen Gesamtverträge gemäß § 343 Abs. 1 ASVG ex lege zum Inhalt der mit der SVB abgeschlossenen kurativen Einzelverträge werden würden. Abgesehen davon, dass die Vollmacht keine Regelungen über die Kündigung von kurativen Einzelverträgen enthalte, bedürfe es zum Abschluss der Einzelverträge keiner Vollmachtserteilung an die NÖ-GKK.

Diesen Ausführungen hielt die SVB die Entscheidung der LBK Salzburg aus dem Jahr 2013 entgegen, wonach vom Begriff des Abschlusses von Verträgen im Sinne des § 343 ASVG auch die Kündigung von Einzelverträgen erfasst sei. Dafür spreche auch der Titel der Überschrift der genannten Bestimmung.

Die BF vertrat die Meinung, dass § 343 ASVG eigenständige Auflösungsgründe für kurativen Einzelverträge enthalte, nämlich in Abs. 3 leg.cit. ex lege Auflösungsgründe und in Abs. 4 leg. cit. Kündigungsgründe aus wichtigem Grund, sodass aus der Überschrift für die Interpretation der Bestimmung in Abs. 1 nichts gewonnen werden könne. Zur Einholung einer erforderlichen chefärztlichen Genehmigung gab die BF an, dass dies nunmehr mit E-Mail erfolge und nunmehr der genehmigende Chefarzt ersichtlich sei. Die Kontrolltätigkeit würde durch die NÖGKK durchgeführt. Im Zuge solcher Überprüfungen seien nur Gebietskrankenkassenpatienten überprüft worden.

Dazu verwies die SVB auf die Praxis zur Rückerstattung von Geldbeträgen für Behandlungen ihrer Versicherungsnehmer. Dabei kontrolliere NÖGKK auch Versicherungsfälle von Patienten der SVB. Bei diesen routinemäßigen Überprüfungen werde vom Landesdurchschnitt ausgegangen.

Die BF betonte, dass bei den Abrechnungen die übrigen § 2-Kassen - anders als die SVB -nicht extra ausgewiesen seien. Sie habe 2002 mit der BVA, der SVA, dem KFA und der VAEB Einzelverträge abgeschlossen. Mit der SVB sei jedoch kein solcher abgeschlossen worden. Im Zuge ihrer Ordinationsgründung habe sie zahlreiche Verträge unterschrieben. Aufgrund der im Landesvergleich festgestellten überdurchschnittlichen Belastung ihrer Praxis seien mehrfach Überprüfungen durch die NÖGKK erfolgt. Die BF, die sich nicht ständig mit bürokratischen Hürden und Überprüfungen auseinandersetzen habe wollen, habe den Entschluss zur Kündigung des Einzelvertrages mit der NÖGKK gefasst. Als Spezialistin für Frühgeburten habe sie auch kostenintensive RSV-Prophylaxen durchgeführt, für die von der Patientin auszufüllenden Formulare beim Versicherungsträger - auch bei der SVB - einzureichen gewesen seien. Zuletzt habe es ein amikales Gespräch im Februar 2017 gegeben. Aufgrund der Vorgangsweise der NÖGKK habe sie den Entschluss zur Kündigung ihres Einzelvertrages gegenüber der NÖGKK - jedoch nicht gegenüber der SVB - gefasst. Sie habe dazu nicht den Kontakt mit der NÖGKK oder der SVB gesucht, sondern sich nur an ihren Rechtsvertreter gewandt. Ihre Kündigung habe sich ausschließlich gegen die NÖGKK gerichtet. Sie habe aber nicht explizit darauf hingewiesen, den Vertrag mit der SVB aufrecht erhalten zu wollen. Angesichts des ohnehin laufenden Einzelvertrages mit der SVB habe für sie auch kein Anlass bestanden, diese zu kontaktieren. Sie sei ohnehin an den Einzelvertrag mit der SVB gebunden gewesen.

Die SVB bezog sich auf die Bestimmungen der §§ 74ff BSVG, woraus sich ihre Stellung als Krankenversicherungsträger ergebe. In der genannten Bestimmung sei ein genereller Verweis auf die Bestimmungen des ASVG zum Vertragspartnerrecht enthalten. Als § 2-Kasse habe sie der NÖGKK die Vollmacht für Vertragspartnerärzte erteilt. Es sei auch eine Abrechnungsvereinbarung geschlossen worden. Vertragspartnerverhandlungen und Honorarvereinbarungen würden ohne Einbeziehung der SVB erfolgen. Die NÖGKK teile einzelne Vertragsabschlüsse mit. Aufgrund der Vollmacht könne die SVB zwar Meinungen äußern. Würden Beschwerden ihrer Versicherungsnehmer eingehen, werde von der SVB direkt mit dem jeweiligen Vertragspartner Kontakt aufgenommen, wovon die NÖGKK informiert werde. Die SVB sei zwar Vertragspartner des Einzelvertrages, habe diesen jedoch nicht abgeschlossen. Bei nicht fachgerechter Behandlung durch den einzelnen Vertragspartner müsste eine Kündigung des Einzelvertrages durch die NÖGKK im Namen aller § 2-Kassen erfolgen. Die SVB könne nicht eigenständig einen Einzelvertragspartner kündigen. Aus technischen Gründen würden die Verrechnungen sowie Einsprüche nur über die NÖGKK erfolgen. Überprüfungen der NÖGKK zur Abrechnung von Patienten der SVB könnten aufgrund fehlender Informationen über die Versicherungsnehmer der SVB nicht genau durchgeführt werden. Die SVB betrachte sich als zivilrechtliche Schuldner für die Honorare des Einzelvertragspartners. Im Fall von Honorarstreitigkeiten Patienten der SVB betreffend würden Verfahren vor der PSK abgewickelt. Solche Streitigkeiten hätten jedoch in den letzten 17 Jahren nicht stattgefunden. Selbst bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes, der ausschließlich auf Patienten der SVB zurückzuführen sei, könne eine Kündigung des Einzelvertrages durch die SVB selbst nicht erfolgen. Dies resultiere aus der erteilten Vollmacht gegenüber der NÖGKK, die den einzelnen Vertragspartner nicht bekannt und zur Kenntnis gebracht worden sei. Die chefärztliche Bewilligung für eine MRT-Untersuchung eines Versicherungsnehmers der SVB erfolgte aber durch den Chefarzt der SVB, die vom einzelnen Vertragspartner oder dem Patienten selbst eingeholt werden würden. Auch aus dem ursprünglich befristeten Begleitschreiben aus dem Jahr 2002 ergebe sich, dass die ausdrücklich angeführten Versicherungsträger ausgenommen seien. Diese Ausnahme erstrecke sich jedoch nicht auf die SVB, woraus die Ermächtigung der SVB an die einen NÖGKK ableitbar sei.

Die BF räumte ein, dass von ihrem Rechtsvertreter bereits im Vorfeld der Kündigung die juristische Problematik der Kündigung der SVB erörtert worden sei. Diesem sei die langjährige Praxis und der diesbezügliche problematische Rechtshintergrund bekannt. Die SVB sei nicht kontaktiert worden, da ohnehin davon auszugehen gewesen sei, dass die SVB die Meinung vertrete, dass mit der Kündigung des Einzelvertrages durch die BF gegenüber der NÖGKK auch der Einzelvertrag mit der SVB erlösche. Dies bestätige auch das Schreiben der SVB nach der Kündigung des Einzelvertrages gegenüber der NÖGKK. Es liege jedenfalls ein zwischen der BF und der SVB abgeschlossener Einzelvertrag vor. Gleichzeitig sei der Einzelvertrag mit der NÖGKK abgeschlossen worden. Dies ergebe sich aus den Bestimmungen der §§ 343 Abs. 1 ASVG i.V.m. 181 Z. 1 BSVG. Der Wortlaut der Bestimmung des § 181 Z. 1 BSVG unterscheide sich von Parallelbestimmungen anderer Sozialversicherungsträger. Der einzelne Vertragsinhalt der SVB sei durch den jeweiligen GKK-Gesamtvertrag bestimmt, der Inhalt des jeweiligen Einzelvertrages werde. Die Unterschrift der SVB unter den Einzelvertrag sei entbehrlich, da diese ex lege zustande komme. Andernfalls hätte die Vollmacht keinen Sinn.

Die SVB betonte, in der Bestimmung des § 38 des GV als Versicherungsträger aufzuscheinen. In § 2 sei sie auch als Versicherungsträger explizit genannt. Der Begriff "Versicherungsträger" sei differenziert auszulegen. Beispielsweise könne die SVB nicht bei den Regelungen die Arbeitsunfähigkeit betreffend erfasst sein. Eine Kündigung durch die NÖGKK umfasse auch eine Kündigung des Einzelvertrages gegenüber der SVB. Die NÖGKK informiere die SVB über den Behandlungsbeitrag der Versicherungsnehmer der SVB. Aus datenschutzrechtlichen Gründen könnte Auskunft über SVB-Patienten nur gegenüber der SVB erteilt werden. In der Bestimmung des § 40 GV falle unter die Versicherungsträger auch die SVB.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die BF ist Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde. Sie schloss mit der NÖGKK am 23.9.2002 einen befristeten Einzelvertrag gemäß § 5 Abs. 3 bzw. § 7 Abs. 4 des Gesamtvertrages mit Wirksamkeit vom 1.10.2002 bis 30.9.2003 mit Standort in XXXX ab. Die BF wurde von der NÖGKK im Schreiben vom 23.9.2002 darüber informiert, dass dieses befristete Vertragsverhältnis als Fachärztin für Kinderheilkunde in XXXX im eigenen Namen und im Namen der im § 2 des Gesamtvertrages angeführten Krankenversicherungsträger, nicht jedoch für die Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen, die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, die SVA und die Krankenfürsorgeanstalt der Bediensteten der Stadt Wien abgeschlossen wurde.

1.2. Am 1.10.2003 schloss die BF als Fachärztin für Kinderheilkunde mit der NÖGKK einen unbefristeten Einzelvertrag gemäß § 7 Abs. 1 des Gesamtvertrages für den Standort XXXX ab. Im § 1 Abs. 1 dieses Einzelvertrages wurde festgehalten, dass der Abschluss auch im Namen der im § 2 des Gesamtvertrages namentlich angeführten Krankenversicherungsträger auf Basis der Bestimmungen des Gesamtvertrages erfolgte. Im § 4 dieses Einzelvertrages wurde vereinbart, dass sich die Rechte und Pflichten dieses Vertrages aus dem Gesamtvertrag, aus den in Hinkunft abgeschlossenen Zusatzvereinbarungen und aus diesem Einzelvertrag ergeben.

1.3. Nach mehreren Überprüfungen der NÖGKK und einem amikalen Gespräch entschloss sich die BF zur Kündigung des Einzelvertrages mit der NÖGKK und wandte sich zu diesem Zweck an ihren Rechtsvertreter. Mit an die NÖGKK adressiertem Schreiben vom 16.2.2017 kündigte die BF den Einzelvertrag mit der NÖGKK per 30.6.2017.

1.4. Mit an die SVB gerichteter e-mail-Mitteilung vom 28.2.2017 gab die BF ihre Kündigung ihres kurativen Einzelvertrages gegenüber der NÖGKK per 30.6.2017 bekannt und ersuchte um Bestätigung des zur SVB unverändert aufrecht gebliebenen, kurativen Einzelvertrages über den 30.6.2017 hinaus. Im Antwortschreiben der SVB vom 2.3.2017 wurde das Einzelvertragsverhältnis mit 30.6.2017 als aufgelöst gewertet.

1.5. Mit Schriftsatz vom 3.5.2017 begehrte die BF bei der belangten Behörde die Feststellung, dass ihr kuratives Einzelvertragsverhältnis auch über den 30.6.2017 gegenüber der SVB besteht. Mit Bescheid vom 9.8.2017 wies die belangte Behörde den Antrag der BF zur Feststellung des Weiterbestehens ihres kurativen Einzelvertrages mit der SVB über den 30.6.2017 ab. Dagegen erhob die BF Beschwerde.

2. Beweiswürdigung:

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakt und durch die mündliche Verhandlung am 14.3.2018 Beweise erhoben. Der diesem Erkenntnis zugrundeliegende, festgestellte Sachverhalt ist unstrittig. Zur Rechtsfrage der Wirksamkeit der Kündigung der BF und dem Feststellungsbegehren zum Bestehen ihres Einzelvertrags gegenüber der SVB über den 30.6.2017 hinaus wird auf die rechtlichen Ausführungen verwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 347b ASVG liegt in Angelegenheiten nach § 347a leg.cit. Senatszuständigkeit vor. Der Senat setzt sich aus dem Senatsvorsitzenden und vier fachkundigen Laienrichter zusammen, wobei zwei Ärzte sind und zwei spezifische Kenntnisse auf dem Gebiet des Gesundheits- und Sozialversicherungswesen haben müssen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33, i.d.F. geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 leg.cit. sind, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.1. Zu Spruchpunkt I.)

3.1.1. Die im vorliegenden Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen:

BSVG

ABSCHNITT IV

Beziehungen zu den Vertragspartnern

§ 181. Hinsichtlich der Beziehungen des Versicherungsträgers zu den Ärzten/Ärztinnen, Zahnärzten/Zahnärztinnen, Dentisten/Dentistinnen, Hebammen, Apothekern/Apothekerinnen, freiberuflich tätigen klinischen Psychologen/Psychologinnen bzw. freiberuflich tätigen Psychotherapeuten/Psychotherapeutinnen, freiberuflich tätigen Heilmasseuren/Heilmasseurinnen, Primärversorgungseinheiten, Gruppenpraxen, Krankenanstalten und anderen Vertragspartnern/Vertragspartnerinnen gelten die Bestimmungen des Sechsten Teiles des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes mit der Maßgabe, daß

1. für die Beziehungen des Versicherungsträgers zu den freiberuflich tätigen Ärzten und zu den Gruppenpraxen ein zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger namens einer Gebietskrankenkasse (§ 26 Abs. 1 Z 1 ASVG) und der örtlich zuständigen Ärztekammer jeweils abgeschlossener Gesamtvertrag bindend ist und der Versicherungsträger kraft Gesetzes zur Vertragspartei wird;

1a. .....................

5. die für jedes Land gemäß den §§ 344 und 345 des Allgemeinen

Sozialversicherungsgesetzes errichteten Kommissionen bzw. die gemäß

§ 346 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes errichtete

Bundesschiedskommission auch zuständig ist, wenn am Verfahren der

Versicherungsträger beteiligt ist;

6. ....................................

ASVG

Sechster Teil

Beziehungen der Träger der Sozialversicherung (des Hauptverbandes) zu den Angehörigen der Gesundheitsberufe und anderen Vertragspartnerinnen und Vertragspartner

Abschnitt I

Gemeinsame Bestimmungen

Regelungen durch Verträge

§ 338. (1) Die Beziehungen der Träger der Sozialversicherung (des Hauptverbandes) zu den freiberuflich tätigen Ärztinnen/Ärzten und Zahnärztinnen/Zahnärzten, Dentistinnen/Dentisten, Primärversorgungseinheiten, Gruppenpraxen, Hebammen, Apothekerinnen/Apothekern, den Erbringerinnen/Erbringern von nach § 135 der ärztlichen Hilfe gleichgestellten Leistungen, Pflegepersonen, die medizinische Hauskrankenpflege nach § 151 erbringen, und anderen Vertragspartnerinnen/Vertragspartnern werden durch privatrechtliche Verträge nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen geregelt. Diese Verträge bedürfen zu ihrer Rechtsgültigkeit der schriftlichen Form. Die Verträge sowie allfällige Änderungen und Zusatzvereinbarungen sind vom Hauptverband im Internet zu veröffentlichen. Nach jeder fünften Änderung ist vom Hauptverband eine konsolidierte Fassung zu veröffentlichen.

(2)..................

Abschnitt II

Beziehungen der Träger der Sozialversicherung (hauptverband) zu den Ärztinnen/Ärzten und Zahnärztinnen/Zahnärzten

Gesamtverträge

§ 341. (1) Die Beziehungen zwischen den Trägern der Krankenversicherung und den freiberuflich tätigen Ärzten sowie den Gruppenpraxen werden jeweils durch Gesamtverträge geregelt. Diese sind für die Träger der Krankenversicherung durch den Hauptverband mit den örtlich zuständigen Ärztekammern abzuschließen. Die Gesamtverträge bedürfen der Zustimmung des Trägers der Krankenversicherung, für den der Gesamtvertrag abgeschlossen wird. Die Österreichische Ärztekammer kann mit Zustimmung der beteiligten Ärztekammer den Gesamtvertrag mit Wirkung für diese abschließen.

(2) Aufgehoben.

(3) Der Inhalt des Gesamtvertrages ist auch Inhalt des zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt oder der Gruppenpraxis abzuschließenden Einzelvertrages. Vereinbarungen zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt oder der Gruppenpraxis im Einzelvertrag sind rechtsunwirksam, insoweit sie gegen den Inhalt eines für den Niederlassungsort des Arztes oder für den Sitz der Gruppenpraxis geltenden Gesamtvertrages verstoßen.

(4) .....................

Aufnahme der Ärzte in den Vertrag und Auflösung des Vertragsverhältnisses

§ 343. (1) Die Auswahl der Vertragsärztinnen/Vertragsärzte und der Vertrags-Gruppenpraxen und der Abschluss der Einzelverträge zwischen dem zuständigen Träger der Krankenversicherung und dem Arzt/der Ärztin oder der Gruppenpraxis erfolgt nach den Bestimmungen des Gesamtvertrages und im Einvernehmen mit der zuständigen Ärztekammer. Diese Einzelverträge sind sodann für alle Gebiets- und Betriebskrankenkassen sowie für die Sozialversicherungsanstalt der Bauern wirksam. Die Einzelvertragsparteien können abweichend von § 341 Abs. 3 mit Zustimmung der zuständigen Ärztekammer ergänzende oder abweichende Regelungen hinsichtlich Art, Umfang und Honorierung der vertragsärztlichen Tätigkeit insbesondere im Zusammenhang mit der Festlegung der Öffnungszeiten, für Spitalsambulanzen entlastende Leistungen, oder für dislozierte Standorte treffen. Wurden in einem Zulassungsverfahren nach § 52c ÄrzteG 1998 oder § 26b Abs. 1 ZÄG Auflagen erteilt, so sind diese Inhalt des jeweiligen Einzelvertrages. Einzelverträge, die nicht im Rahmen der jeweils nach § 342 Abs. 1 Z 1 vereinbarten Zahl und örtlichen Verteilung abgeschlossen werden, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Hauptverbandes und der zuständigen Ärztekammer, bei Nichteinigung der Zustimmung des Hauptverbandes und der Österreichischen Ärztekammer. Mit approbierten Ärztinnen/Ärzten (§ 44 Abs. 1 ÄrzteG 1998) kann kein Einzelvertrag abgeschlossen werden, es sei denn, der Arzt/die Ärztin hat gemäß Artikel 29 der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen das Recht erworben, den ärztlichen Beruf als Arzt/Ärztin für Allgemeinmedizin im Rahmen eines Sozialversicherungssystems auszuüben.

1a.......................

(2) Das Vertragsverhältnis zwischen dem Vertragsarzt oder der

Vertrags-Gruppenpraxis und dem Träger der Krankenversicherung

erlischt ohne Kündigung im Falle:

1. ................................

(2a)...............................

(3) Der Träger der Krankenversicherung ist zur Auflösung des Vertragsverhältnisses mit einem Vertragsarzt oder mit einer Vertrags-Gruppenpraxis verpflichtet, wenn der Arzt oder ein Gesellschafter einer Vertrags-Gruppenpraxis die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes verliert oder wenn ihm diese Berechtigung von Anfang an fehlte oder wenn im Einvernehmen mit der zuständigen Ärztekammer festgestellt wird, dass die Voraussetzungen, die zur Bestellung des Vertragsarztes oder der Vertrags-Gruppenpraxis erforderlich sind, von Anfang an nicht gegeben waren. Abs. 2 letzter Satz gilt sinngemäß.

(4) Das Vertragsverhältnis kann unbeschadet der Bestimmungen der Abs. 2 und 3 von beiden Teilen unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zum Ende eines Kalendervierteljahres gekündigt werden. Der Krankenversicherungsträger kann nur wegen wiederholter nicht unerheblicher oder wegen schwerwiegender Vertrags- oder Berufspflichtverletzungen unter Angabe der Gründe schriftlich kündigen. Der gekündigte Arzt/die gekündigte Ärztin oder die gekündigte Vertrags-Gruppenpraxis kann innerhalb von zwei Wochen die Kündigung bei der Landesschiedskommission mit Einspruch anfechten. Die Landesschiedskommission hat innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen des Einspruches über diesen zu entscheiden. Der Einspruch hat bis zum Tag der Entscheidung der Landesschiedskommission aufschiebende Wirkung. Eine Vertrags-Gruppenpraxis kann die Kündigung des Einzelvertrages abwenden, wenn sie innerhalb von acht Wochen ab Rechtskraft der Kündigung jenen Gesellschafter/jene Gesellschafterin, der/die ausschließlich den jeweiligen Kündigungsgrund gesetzt hat, aus der Vertrags-Gruppenpraxis ausschließt. Eine vom gekündigten Arzt/von der gekündigten Ärztin (von der gekündigten Gruppenpraxis) eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht hat ohne Zustimmung des Krankenversicherungsträgers keine aufschiebende Wirkung.

Gesamtvertrag abgeschlossen zwischen der Ärztekammer für Niederösterreich einerseits und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger für die im § 2 angeführten Krankenversicherungsträger mit deren Zustimmung und mit Wirkung für diese andererseits

Geltungsbereich

§ 2

Dieser Gesamtvertrag wird vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger für folgende Krankenversicherungsträger mit deren Zustimmung und mit Wirkung für diese abgeschlossen:

Niederösterreichische Gebietskrankenkasse,

3100 St. Pölten, Kremser Landstraße 3

.......................

Sozialversicherungsanstalt der Bauern, 1031 Wien, Ghegastraße 1

(im Folgenden kurz Versicherungsträger genannt).

Auflösung des Einzelvertragsverhältnisses

§ 38

Das Vertragsverhältnis zwischen dem Vertragsarzt und dem Versicherungsträger kann ausgenommen die einvernehmliche Lösung des Vertragsverhältnisses und den Verzicht gemäß § 9 Abs. 2 - nur auf Grund der Bestimmungen des § 343 Abs. 2 bis 4 ASVG aufgelöst werden.

Gemeinsame Durchführung des Gesamtvertrages seitens der Versicherungsträger

§ 40

(1) Die diesen Gesamtvertrag abschließenden Versicherungsträger haben die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse bevollmächtigt, sie gegenüber der Kammer sowie den Vertragsärzten in allen Angelegenheiten der Durchführung dieses Gesamtvertrages und der Einzelverträge zu vertreten. Die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse ist berechtigt, die in diesem Gesamtvertrag den Versicherungsträgern eingeräumten Rechte in deren Namen und mit Rechtswirkung für sie gegenüber Kammer und Vertragsärzten geltend zu machen; insbesondere ist der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse das Recht einge-Bild kann nicht dargestellt werdenräumt, gemeinsam Einzelverträge mit Rechtswirkung für alle beteiligten Versicherungsträger abzuschließen.

(2) Zur Entgegennahme des den Gesamtvertrag und die Einzelverträge betreffenden Schriftverkehrs, insbesondere der Honorarabrechnungen wird die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse bevollmächtigten.

(3) Wird die Vollmachterteilung im Sinne der Abs. 1 und 2 von einem Versicherungsträger abgeändert oder aufgehoben, so ist dies der Kammer unverzüglich zur Kenntnis zu bringen. Die sich daraus ergebenden Wirkungen gegenüber der Kammer und den Vertragsärzten treten erst mit dem Ablauf des zweiten Kalendervierteljahres ein, das auf die Mitteilung erfolgt.

3.1.2.Befangenheit eines Mitglieds der belangten Behörde (PSK)

Hinsichtlich des Vorbringens der BF zur Befangenheit eines Mitglieds der belangten Behörde wird auf die jüngste Judikatur des VwGH verwiesen, wonach die Befangenheit eines Mitglieds der Paritätischen Schiedskommission ohnehin durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts saniert wird (siehe dazu VwGH 30.1.2018, Ro 2017/08/0036; 21.12.2016, Ra 2016/12/0056). Die gesetzlichen Bestimmungen zur Zusammensetzung der belangten Behörde wurden vom Verfassungsgerichtshof nicht als verfassungswidrig beurteilt. Das Bundesverwaltungsgericht kann ebenfalls keine Verfassungswidrigkeit erkennen.

3.1.3. Stellung der NÖGKK und der SVB beim Einzelvertragsabschluss

§ 181 Z 1 BSVG bestimmt seit Inkrafttreten der 23. Novelle zum BSVG, BGBl. I Nr. 176 /1999, dass für die Beziehungen der SVB als Versicherungsträger zu den freiberuflich tätigen Ärzten ein zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger namens einer Gebietskrankenkasse (§ 26 Abs. 1 Z 1 ASVG) und der örtlich zuständigen Ärztekammer (seit der 24. Novelle zum BSVG, BGBl. I Nr. 101/2001: jeweils) abgeschlossener Gesamtvertrag bindend ist und die SVB kraft Gesetzes zur Vertragspartei wird. Bereits mit dem Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 139, war die - davor in § 181 BSVG vorgesehene - Befugnis der SVB zur Mitwirkung am Abschluss von Gesamtverträgen beseitigt worden (VwGH 29.5.2015, 2015/08/0005).

Für die Beziehungen zu den Ärzten als Vertragspartner wird in § 181 BSVG grundsätzlich auf die dafür vorgesehenen Bestimmungen des sechsten Teils des ASVG mit der vorhin genannten Maßgabe verwiesen. Die Auswahl der Vertragsärzte und der Abschluss der Einzelverträge erfolgt gemäß § 343 Abs. 1 ASVG zwischen dem zuständigen Träger der Krankenversicherung und dem Arzt nach den Bestimmungen des Gesamtvertrages und im Einvernehmen mit der zuständigen Ärztekammer. Diese Einzelverträge sind sodann für alle Gebiets- und Betriebskrankenkassen sowie - so die Ergänzung durch das ASRÄG 1997 - auch für die SVB wirksam (VwGH 29.5.2015. 2015/08/0005). Sie wird als Krankenversicherungsträger auch ausdrücklich als solche im 2. Satz des Abs. 1 im § 343 ASVG angeführt.

Damit ist zum einen der maßgebliche Einzelvertrag, den die BF mit der NÖGKK am 1.10.2003 abgeschlossen hat, auch im Verhältnis zur SVB bindend (VfGH 27.9.2010, B1290/09) und zum anderen kommt der SVB als Krankenversicherungsträger keine Berechtigung zum selbstständigen Abschluss eines Einzelvertrages mit einem freiberuflich tätigen Arzt - wie die BF - für ihre Versicherungsnehmer zu. Vielmehr wird die SVB ex lege zur Vertragspartie des von der NÖGKK abgeschlossenen Einzelvertrages mit der BF. Selbst wenn der den Einzelvertrag abschließende freiberuflich tätige Arzt - so auch die BF - nur einen solche mit der NÖGKK - nicht jedoch mit der SVB anstreben würde - wäre es ihm nicht möglich, die SVB als Krankenversicherungsträger und Vertragspartner aus dem Einzelvertrag auszuschließen. Es wäre für den den Einzelvertrag abschließenden freiberuflich tätigen Arzt auch umgekehrt ausgeschlossen, nur mit der SVB - nicht aber mit der NÖGKK als Vertragspartner - den Einzelvertrag abzuschließen.

Im gegenständlichen Einzelvertrag vom 1.10.2003 sind ebenfalls in dessen § 1 Abs. 1 ausdrücklich als vertragsabschließende Parteien namentlich die BF und die NÖGKK genannt. Es wird in diesem Einzelvertrag auch darauf hingewiesen, dass die NÖGKK diesen Einzelvertrag für die Krankenversicherungsträger abgeschlossen hat, die im § 2 des Gesamtvertrages angeführt sind. In der zuletzt genannten Bestimmung des Gesamtvertrages ist abschließend neben der NÖGKK und zwei Betriebskrankenkassen die SVB aufzählt. Aus § 40 Abs. 1 des Gesamtvertrages ergibt sich auch die Erteilung der Vollmacht der Gesamtvertragsparteien - zu denen gemäß § 2 auch die SVB zählt - an die NÖGKK, sie zur Durchführung der Einzelverträge in allen Angelegenheiten zu vertreten. Dies trifft damit auch auf den Einzelvertrag der BF vom 1.10.2003 zu.

3.1.4. Kündigung des Einzelvertrages vom 1.10.2003 durch die BF

Zur Kündigung sind im gegenständlichen Einzelvertrag vom 1.10.2003 explizit keine Bestimmungen angeführt. Vielmehr wird in § 4 dieses Einzelvertrages zu den Rechten und Pflichten der Parteien des Einzelvertrages auf den Gesamtvertrag, zukünftige Zusatzvereinbarungen und den Einzelvertrag verwiesen.

Zum Auflösungsrecht des Einzelvertragsverhältnisses sieht § 38 des gegenständlichen Gesamtvertrages vor, dass das Vertragsverhältnis zwischen dem Vertragsarzt und dem Versicherungsträger mit Ausnahme der einvernehmlichen Lösung des Vertragsverhältnisses und des Verzichts nur auf Grund der Bestimmungen des § 343 Abs. 2 bis 4 ASVG aufgelöst werden kann. In der gegenständlichen Fallkonstellation liegt eine Kündigung der BF gemäß § 343 Abs. 4 1.Satz ASVG vor.

Auch wenn die BF nur den Willen zur Kündigung ihres Einzelvertrages gegenüber der NÖGKK gehabt und nur eine solche Kündigung beabsichtigt hat, kann in der gegenständlichen Fallkonstellation für sie nichts gewonnen werden. Abgesehen davon, dass für sie - wie bereits oben ausgeführt - mit dem Abschluss ihres Einzelvertrages mit der NÖGKK vom 1.10.2003 ex lege auch die SVB zur Vertragspartei wurde, unabhängig davon, ob sie einen Einzelvertrag mit der SVB als Vertragspartner anstrebte oder nicht, erstreckt sich die von ihr erfolgte Kündigung vom 16.2.2017 nicht nur auf die NÖGKK, sondern auch auf die SVB als ex lege Vertragspartei. Der abgeschlossene Einzelvertrag der BF vom 1.10.2003 wurde über die NÖGKK auch mit der SVB abgeschlossen. Es erfasst daher die Kündigung der BF vom 16.2.2017 neben der NÖGKK auch die SVB als ex lege Vertragspartei infolge des Abschlusses des Einzelvertrages durch die NÖGKK basierend auf den oben zitierten Bestimmungen [vgl dazu auch Kletter in Sonntag (Hrsg), ASVG9 (2008), §343 Rz 6a, 27a].

Wie in den gemeinsamen Bestimmungen zu den Beziehungen der Träger der Sozialversicherung zu den Angehörigen der Gesundheitsberufe und anderen Vertragspartnern im einleitenden § 338 Abs. 1 ASVG angeführt wird, werden diese zwar durch privatrechtliche Verträge - aber nach Maßgabe der Bestimmungen der Regelungen im VI Teil des ASVG - geregelt. Damit bleibt die Regelung der Beziehungen zwischen dem Sozialversicherungsträger und den freiberuflich tätigen Ärzten als Vertragspartner zwar dem freien Vertragswillen beider Teile überlassen, allerdings kann der Gesetzgeber im Hinblick auf die Gestaltung der Gesundheitsversorgung nicht darauf verzichten, wie die Regelung dieser Beziehung grundsätzlich zu erfolgen habe [siehe dazu Kletter in Sonntag (Hrsg), ASVG9 (2018) § 338 Rz 1; in diesem Sinne auch Kandlhofer/Souhrada, Verträge zwischen ABGB und Verfassungsrecht - Vertragspartnerrecht der Sozialversicherung im Lichte einiger Entscheidungen des VfGH in Bauer/Maier/Petrag (2004) 429ff].

Dies betrifft insbesondere in der gegenständlichen Fallkonstellation die Bestimmungen des § 181 BSVG iVm § 343 Abs. 1 ASVG, die auf die im Zuge der Umstellung des vorher geltenden Systems der nur nachträglichen Vergütung für die Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe durch Versicherungsnehmer der SVB (Geldleistungssystem) auf das für die Versicherten des SVB nunmehr geltende Sachleistungssystem ("Krankenscheinsystem") des ASVG zurückgeht. In der ex lege Bindungswirkung eines Einzelvertrages, den ein freiberuflich tätiger Arzt mit einer NÖGKK abgeschlossen hat, im Verhältnis zur SVB, wurde vom Verfassungsgerichtshof auch keine Verfassungswidrigkeit erkannt (vgl dazu VfGH 27.9.2010, B1290/09, 26.2.2007, B857/06).

Der von der BF in diesem Zusammenhang vertretenen Meinung, wonach die Kündigungsbestimmung des § 343 Abs. 4 1. Satz ASVG zu ihrem abgeschlossenen Einzelvertrag vom 1.10.2003 losgelöst vom Regelungszusammenhang des § 343 Abs. 1 leg.cit. zu interpretieren wäre, und nicht der "Automatismus" des Vertragsabschlusses für die Einzelvertragskündigung durch die BF gelte, kann nicht gefolgt werden. Dies resultiert auch aus der oben zitierten Bestimmung des § 338 Abs.1 ASVG, die als gemeinsame Bestimmung dem VI. Teil des ASVG, der gemäß § 181 BSVG für die Beziehungen zu den Vertragspartnern anzuwenden ist, zur Regelung von Verträgen, einleitend vorangestellt wird. Eine Interpretation der genannten Kündigungsbestimmung im Regelungszusammenhang, in welchem die hier anzuwendende Norm steht, ist vielmehr geboten (vgl auch zur Gesetzesinterpretation gemäß § 6f ABGB VwGH 29.5.2015, Ro 2014/27/0011).

Wie zu § 343 Abs. 1 ASVG zum Abschluss des Einzelvertrages der BF zur Stellung der SVB als ex lege Vertragspartei des Einzelvertrages oben ausgeführt wurde, erstreckt sich auch die Kündigung der BF vom 16.2.2017 gemäß § 343 Abs. 4 1.Satz leg.cit. auf die SVB als ex leg Vertragspartei unabhängig davon, ob die BF nur eine Kündigung ihres Einzelvertrages gegenüber der NÖGKK anstrebte. Die von der BF vertretene gegenteilige Interpretationslinie zur Kündigung ihres Einzelvertrages würde auch auf eine Umgehung der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen zur gesetzlich verankerten Stellung der SVB als ex lege Vertragspartei beim Abschluss eines Einzelvertrages mit der NÖGKK durch einen Arzt hinauslaufen und ihm im Ergebnis die Möglichkeit eröffnen, nur einen Abschluss des Einzelvertrags mit der SVB vorliegen zu haben. Damit wäre auch den diesbezüglich oben angeführten Bestimmungen zur Stellung der SVB als ex lege Partei bei einem Abschluss eines Einzelvertrages mit der NÖGKK mit einem freiberuflich tätigen Arzt der Sinn genommen.

Für die von der BF vertretene Interpretationslinie sprechen auch nicht die von der NÖGKK und der SVB praktizierte Form der Honorarabrechnung, die Einholung der chefärztlichen Zustimmung, Kontroll- oder die Überprüfungspraxis der NÖGKK. Es handelt sich dabei um interne Verwaltungsvorgänge, die im Übrigen auf einer gegenseitigen Vereinbarung zwischen den Krankenversicherungsträgern beruhen.

3.1.5. Schlussfolgerung

Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, besteht auf Grund der mit 16.2.2017 datierten Kündigung des Einzelvertrages durch die BF per 30.6.2017 auch mit der SVB kein Vertragsverhältnis mehr. Die belangte Behörde hat daher zur Recht die von der BF begehrte Feststellung, wonach das kurative Einzelvertragsverhältnis zwischen der BF und der SVB über den 30.6.2017 hinaus weiter bestehe, abgewiesen.

3.2. Zu Spruchpunkt II) - Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Eine Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

In der gegenständlichen Fallkonstellation konnte die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes unter Spruchpunkt I. nicht auf im Rahmen der Judikatur des VwGH entwickelte Grundsätze zur Kündigung eines Einzelvertrages durch einen Vertragsarzt gemäß § 343 Abs. 4 1. Satz ASVG iVm § 181 Z 1 BSVG gestützt werden (vgl VwGH 3.7.2015, Ra 2015/08/0055). Vielmehr liegt eine Rechtsfrage zur Interpretation der genannten Bestimmung vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, zumal sie über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und die Entscheidung über die Revision von der Lösung der Rechtsfrage abhängt (vgl VwGH 24.6.2014, Ra 2014/05/0004; 24.2.2015, Ro 2014/05/0097). Die Revision ist daher zulässig.

Schlagworte

Einzelvertrag, Kündigung, Rechtslage, Revision zulässig

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W173.2172912.1.00

Zuletzt aktualisiert am

21.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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