TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/18 W159 2163668-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.01.2019
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Entscheidungsdatum

18.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9

Spruch

W159 2163668-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehöriger von Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.06.2017, Zl. 14-1019588808/14651648, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.10.2018, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3

AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und 9 FPG, § 46 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Somalia und Angehöriger der Volksgruppe der XXXX , gelangte (spätestens) am 23.05.2015 unrechtmäßig nach Österreich, stellte an diesem Tag einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde dazu am selben Tag von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion (PI) St. Michael in Obersteiermark, einer niederschriftlichen Erstbefragung unterzogen.

Zu seinen Fluchtgründen befragt gab er gelegentlich der Erstbefragung soweit wesentlich an, Somalia verlassen zu haben, weil es dort keine Zukunft gebe. Sein Vater sei von der Al Shabaab getötet worden, er selbst gehöre einem verfolgten Minderheitenstamm an. In Somalia habe er keine Aussicht.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Erstaufnahmestelle (EASt) Ost führte am 04.06.2014 eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers durch, wobei diesem eröffnet wurde, dass es am vom Beschwerdeführer angegebenen Geburtsdatum ( XXXX ) Zweifel hege und eine gerichtsmedizinische Altersfeststellung veranlasst werde. Das BFA holte in weiterer Folge ein forensisches Sachverständigengutachten ein, welches vom spätestmöglichen "fiktiven" Geburtsdatum des Beschwerdeführers am XXXX ausgeht.

Mit Verfahrensanordnung vom 14.07.2014 teilte das BFA dem Beschwerdeführer mit, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, weil mit Italien Dublin-Konsultationen geführt würden. Dazu wurde er am 09.09.2014 vor dem BFA, EASt Ost, einer niederschriftlichen Einvernahme unterzogen, in deren Rahmen aufgrund des gerichtsmedizinischen Sachverständigengutachtens die Volljährigkeit des Beschwerdeführers festgestellt wurde. Weiters wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass das Konsultationsverfahren mit Italien in einer Ablehnung (seitens Italiens) geendet habe und es wurde das "Asylverfahren" zugelassen.

Am 02.02.2017 vernahm das BFA, Regionaldirektion (RD) Tirol den Beschwerdeführer neuerlich ein. Eingangs legte der Beschwerdeführer Urkunden vor (Bestätigungen über Arbeiten und Hilfstätigkeiten sowie eine Anmeldebestätigung für einen Deutschkurs Niveau A2). Sodann machte der Beschwerdeführer Angaben zu seiner Person und seinen Angehörigen in Somalia. Er sei in XXXX geboren worden und habe dort bis zu seinem 13. Lebensjahr gelebt. Danach sei er nach Burco gezogen, wo er als Friseur gearbeitet und bis März 2013 gelebt habe. Sein Vater sei Maurer gewesen und seine Mutter habe Obst und Gemüse verkauft. Er sei wegen seiner Clanzugehörigkeit geschlagen worden. Die Verletzungen habe er schon hergezeigt. Er hätte den Männern der mächtigsten Volksgruppe, den XXXX , sein Gehalt geben müssen. Der Beschwerdeführer und seine Familie hätten dem Mittelstand angehört. Der Beschwerdeführer sei Friseur gewesen und habe ca. US-$ 100,- im Monat verdient. Seine Familie habe ein Haus und einen Bauernhof besessen, sie halte sich in XXXX in der Nähe von XXXX in XXXX auf. Seit zwei Monaten habe er zu seiner Familie keinen Kontakt mehr, die Telefonnummer sei nicht mehr erreichbar.

Seine Mutter könne vom Verkauf landwirtschaftlicher Produkte gut leben. Im Falle einer Rückkehr könne der Beschwerdeführer am Bauernhof leben, dort gebe es aber keine Sicherheit.

In XXXX habe er von ca. 2009 bis März oder April 2013 gelebt, wo er im Stadtzentrum bei einem Friseur gearbeitet habe.

Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer soweit wesentlich an, die Probleme hätten 2008 in XXXX begonnen, weil sein Vater wegen des Beschwerdeführers getötet worden sei. "Die Männer" hätten den Beschwerdeführer rekrutieren wollen. Als sein Vater getötet worden sei, sei der Beschwerdeführer zu seiner Tante nach XXXX gezogen. Dort habe er sich einen Monat aufgehalten. Dann seien "diese Männer" zum Beschwerdeführer gekommen und hätten den Beschwerdeführer rekrutieren wollen. Dann sei der Beschwerdeführer nach XXXX zu seiner Mutter gegangen. Dann habe ihm seine Mutter empfohlen, nach XXXX zu ziehen. Dort sei es relativ sicher gewesen, doch habe der Beschwerdeführer aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit Probleme bekommen. Er sei diskriminiert worden und habe sein Gehalt anderen Leuten geben müssen. Er sei dort immer unmenschlich behandelt worden, deshalb habe er sich dort nicht mehr aufhalten können. Er habe gedacht, dass die Sicherheit in XXXX besser sei, deshalb sei er zu seiner Mutter gegangen. Dort habe ihm seine Mutter gesagt, dass diese Männer nach ihm suchen wüden. Dann habe er sich dazu entschieden, Somalia zu verlassen und sei nach Äthiopien ausgereist.

In der Folge wurden dem Beschwerdeführer zahlreiche Fragen zu den geographischen Begebenheiten gestellt.

Sodann wurde er aufgefordert, die Rekrutierung genau zu beschreiben, wobei der Beschwerdeführer ausführte, junge Männer seien auf den Beschwerdeführer zugekommen und hätten ihn gefragt, was er überhaupt mache. Der Beschwerdeführer solle mitkommen, sie brächten ihn in die Schule, er müsste sich ausbilden lassen und in die Schule gehen. Der Beschwerdeführer habe gesagt, er würde das nicht alleine entscheiden und er wollte darüber mit seinem Vater sprechen. Sein Vater habe ihm sodann gesagt, das wären Extremisten, die wollten, dass der Beschwerdeführer an Anschlägen teilnehme und Leute töte. Der Beschwerdeführer sollte zuhause bleiben und dürfte nicht mehr Fußball spielen. Der Beschwerdeführer habe die Anweisungen seines Vaters befolgt. In einer Nacht seien verhüllte Männer zu ihnen nachhause gekommen, hätten seinen Vater entführt, getötet und in der Früh seine Leiche vor das Haus der Familie des Beschwerdeführers geworfen.

Es seien drei Jugendliche gewesen, die den Beschwerdeführer angesprochen hätten. Der zweite Vorfall, bei dem sie den Vater des Beschwerdeführers angesprochen hätten, sei zwei Tage nachdem die Jugendlichen zum Beschwerdeführer gekommen seien, gewesen. Er sei zuhause gewesen und sein Vater sei auf dem Heimweg von der Moschee gewesen.

Als sein Vater getötet worden sei, habe der Beschwerdeführer geschlafen und deshalb nichts mitbekommen. Sein Vater sei getötet worden, weil er sich geweigert habe, dass der Beschwerdeführer sich der Al Shabaab anschließe. Den Beschwerdeführer hätten sie nicht mitgenommen, weil ihm seine Mutter Mädchenkleidung gegeben habe und er bei seinen Schwestern geblieben sei. Nach dem Begräbnis seines Vaters sei der Beschwerdeführer in Mädchenkleidung abgereist. Diese Kleidung habe der Beschwerdeführer seit der Bedrohung seines Vaters immer getragen.

Zu dem Vorfall in XXXX befragt, führte der Beschwerdeführer aus, auf dem Weg zur Moschee hätten sich zwei Männer beim Beschwerdeführer erkundigt, ob er XXXX aus XXXX sei, was der Beschwerdeführer bejaht habe. Sie hätten gesagt, sie würden sich nach dem Gebet unterhalten. Der Beschwerdeführer sei auf die Toilette gegangen, um sich Hände und Füße zu waschen und anschließend nicht mehr zum Beten gegangen, sondern er sei geflohen. Seine Tante sei mit dem Beschwerdeführer nach XXXX zu seiner Mutter gefahren. Seine Mutter habe gesagt, der Beschwerdeführer solle nach XXXX fahren. Der Vorfall in XXXX hätte sich zwei Tage, nachdem er in diese Ortschaft gekommen sei, ereignet, ein Datum könne er nicht nennen.

In XXXX sei er zum ersten Mal im Jahr 2009 diskriminiert worden. Männer von XXXX hätten ihn geschlagen. Dies sei gewesen, weil der Beschwerdeführer sein Gehalt nicht habe abgeben wollen. Dann habe er die Entscheidung getroffen, wieder nach XXXX zu gehen. Er habe den Rassismus gegen ihn und die Abnahme seines Geldes nicht mehr tolerieren können.

Vorbestraft sei der Beschwerdeführer in seiner Heimat nicht, er werde nicht von den somalischen Behörden, wohl aber von der Al Shabaab gesucht. In Somalia sei er nie verhaftet worden. Probleme mit den somalischen Behörden habe er nicht gehabt. Politisch aktiv sei er nie gewesen, er sei auch nie von staatlicher Seite wegen seiner Nationalität, Volksgruppe oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt worden.

Im Falle einer Rückkehr gebe es in Somalia keine Sicherheit und Rassismus. Wenn er zurückkehre, werde er diskriminiert und würde unsicher leben.

In Österreich sei der Beschwerdeführer seit dem 23.05.2015 aufhältig, eingereist sei er illegal. Einen Aufenthaltstitel habe der Beschwerdeführer in Österreich noch nie gehabt. In Österreich gehe der Beschwerdeführer zum Deutschkurs, leiste gemeinnützige Arbeit, spiele in der Freizeit Fußball und habe an einem Projekt eines Theaters teilgenommen. Gearbeitet habe der Beschwerdeführer bisher in Österreich nicht. Er würde sehr gerne arbeiten, derzeit lebe er von der Grundversorgung. Ausbildungen habe er noch keine absolviert, er sei weder in Vereinen noch sonstigen Institutionen Mitglied. Verwandte habe er im österreichischen Bundesgebiet nicht, er lebe alleine in einer Flüchtlingsunterkunft.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid wies das BFA, RD Tirol, den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia (Spruchpunkt II.) ab, erteilte einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG 2005 nicht, erließ gem. § 10 Abs. 1 Z 3 leg. cit. iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte fest, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.). Begründend gab das BFA die oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegebenen Einvernahmen wieder und traf Feststellungen zu Somalia. Beweiswürdigend führte es aus, das Vorbringen des Beschwerdeführers sei widersprüchlich, detailarm und oberflächlich. Auch hätten sich Widersprüche zwischen Erstbefragung und Einvernahme ergeben. Rechtlich begründend führte das BFA zu Spruchpunkt I. insbesondere aus, der Beschwerdeführer habe eine begründete Furcht vor Verfolgung nicht glaubhaft machen können. Zu Spruchpunkt II. führte das BFA aus, dem Beschwerdeführer sei es nicht gelungen, eine Bedrohung iSd § 8 AsylG 2005 geltend zu machen. Es seien keine Umstände ersichtlich, wonach der Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr nicht wieder sein gewohntes, existenzgesichertes Leben aufnehmen könne. Auch könne dem Beschwerdeführer eine finanzielle Rückkehrhilfe als Startkapital für die Fortsetzung seines Lebens im Heimatland gewährt werden. Zu Spruchpunkt III. führte das BFA aus, dem Beschwerdeführer werde eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz nicht erteilt. Im österreichischen Bundesgebiet würde er kein Familienleben iSd Art. 8 EMRK führen. Er befinde sich erst seit 23.05.2015 und es sei keine Integration in sprachlicher, beruflicher oder persönlicher Hinsicht erkennbar. Insgesamt würden aus seinem Privatleben keine Gründe ersichtlich sein, die einer Rückkehrentscheidung entgegenstehen würden, vielmehr seien die öffentlichen Interessen an der Beendigung des Aufenthaltes ausschlaggebend. Im Lichte des Art. 8 EMRK sei die Rückkehrentscheidung betreffend den Beschwerdeführer gerechtfertigt. Mangels Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen würde die Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung verbunden und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia zulässig sei, zumal sich im Falle des Beschwerdeführers keine Gefährdung ergebe. Zu Spruchpunkt IV. führte das Bundesamt aus, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt worden sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsberatung innerhalb offener Frist die gegenständliche Beschwerde, in der neben einer weitwendigen Zitierung von Länderinformationen soweit wesentlich folgendes Vorbringen erstattet wird: Das BFA habe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt, der Entscheidung mangelhafte Länderfeststellungen zugrunde gelegt und eine mangelhafte Beweiswürdigung durchgeführt, woraus sich eine unrichtige rechtliche Beurteilung ergebe.

Das Bundesverwaltungsgericht beraumte für den 24.10.2018 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung an. Anwesend war der Vertreter des Beschwerdeführers Rechtsanwalt Mag. Gregor KLAMMER in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11 für RA Edward W. DAIGNEAULT, ebenda. Das BFA hatte sich sowohl in der Beschwerdevorlage als auch in einem Schreiben vom 06.09.2018 von der Teilnahme an der Beschwerdeverhandlung entschuldigt. Der Beschwerdeführer brachte, soweit wesentlich, vor, dem Clan der XXXX , dem Subclan der XXXX und dem Sub-Subclan der XXXX anzugehören und sunnitischer Moslem zu sein. Sein Clan sei in der gesellschaftlichen Hierarchie ganz unten angesiedelt. Der Beschwerdeführer habe bis zu seinem 13. Lebensjahr in XXXX gelebt, einen Monat sei er in XXXX gewesen und von 2009 bis 2013 habe er in XXXX gelebt. Dann sei er wieder nach XXXX gegangen, wo er bis zur Ausreise gelebt habe. Er sei nur zwei Tage in Buulobarde aufhältig gewesen und er sei dann gleich (im Jahr 2013) ausgereist.

Der Beschwerdeführer habe keine Schule besucht. Sein Vater sei Maurer gewesen, seine Mutter habe Obst und Gemüse verkauft. Im Alter von zwölf Jahren habe der Beschwerdeführer begonnen, seinem Vater bei der Arbeit zu helfen. Als er in XXXX gewesen sei, habe er in einem Friseursalon gearbeitet. Wirtschaftliche Probleme habe der Beschwerdeführer nicht gehabt, er sei wegen seiner Stammeszugehörigkeit verfolgt worden. Das Geld, das er in XXXX verdient habe, habe er aufgrund seiner Stammeszugehörigkeit abgeben müssen. Auch sei er von der dort lebenden Bevölkerung beschimpft und geschlagen worden.

Dem Beschwerdeführer wurde vorgehalten, dass er vor dem BFA behauptet habe, einmal von einem Mann und einmal von mehreren Männern geschlagen worden zu sein, wozu er ausführte, dass er bei der Ausreise aus XXXX von einem Mann und zuvor auch von mehreren Männern geschlagen worden sei. In XXXX sei er unzählige Male geschlagen worden. Aufgrund seiner Clanzugehörigkeit sei er in XXXX geschlagen worden, er habe dort seinen Vater verloren.

Zu seinen Problemen mit der Al Shabaab befragt, gab der Beschwerdeführer an, es sei im Jahr 2008 gewesen, als er 13 Jahre alt gewesen sei. Er habe vor der Haustür Fußball gespielt. Er sei nicht zur Schule gegangen. Eines Tages seien drei Männer zum Beschwerdeführer gekommen und hätten ihn gefragt, ob er zur Schule gehe. Er hätte entgegnet, dass er ein kleines Kind wäre, weshalb er nicht zur Schule ginge. Sie hätten dem Beschwerdeführer gesagt, er sollte mitgehen, damit er die Schule besuchen könnte. Der Beschwerdeführer habe gesagt, er würde das mit seinem Vater besprechen. Dann seien die Männer weggegangen und der Beschwerdeführer habe seinem Vater von dem Vorfall berichtet. Sein Vater habe gesagt, dass diese Männer Terroristen wären und der Beschwerdeführer zuhause bleiben sollte. Er habe ihm auch gesagt, dass er nicht mehr Fußball spielen sollte. Zwei Tage später sei sein Vater, aus der Moschee kommend, von zwei Männern angehalten worden. Sie hätten den Vater des Beschwerdeführers gefragt, ob er der Vater des Beschwerdeführers sei: Er habe bejaht und sie hätten ihm gesagt, dass sich der Beschwerdeführer der Al Shabaab anschließen sollte, damit er auch zur Schule gehen könnte. Sein Vater habe entgegnet, sie sollten den Beschwerdeführer in Ruhe lassen. Sie hätten hingegen gesagt, dass sich der Beschwerdeführer wegen seiner Stammeszugehörigkeit der Al Shabaab anschließen müsste. Sein Vater habe sich aber geweigert und sei deswegen mit dem Umbringen bedroht worden.

Eines Tages seien die Männer zur Familie des Beschwerdeführers nachhause gekommen. Am nächsten Tag hätte die Familie die Leiche des Vaters vor der Haustür entdeckt. Von der Entführung des Vaters habe der Beschwerdeführer nichts mitbekommen, weil er geschlafen habe.

Der Beschwerdeführer habe sich wie seine Schwestern angezogen. Dem Beschwerdeführer wurde vorgehalten, dass er beim BFA angegeben hatte, einen Hijab anzuziehen gehabt habe, dies allerdings eine Kleidung wäre, um das Haus zu verlassen und nicht, um unerkannt zwischen seinen Schwestern schlafen zu müssen, woraufhin der Beschwerdeführer ausführte, es sei richtig, er habe einen Hijab getragen.

Wo sein Vater ermordet worden sei, wisse der Beschwerdeführer nicht. Er sei wegen des Beschwerdeführers getötet worden, weil er sich geweigert habe, den Beschwerdeführer an die Al Shabaab auszuliefern.

Befragt, woher der Beschwerdeführer wisse, dass die Personen, die seinen Vater entführt hätten, die gleichen, die ihn vorher beim Fußballspielen angesprochen hätten, seien, führte er aus, das hätte ihm seine Mutter beschrieben.

Befragt, woher er wisse, dass es sich bei den Männern um Al-Shabaab-Mitglieder gehandelt habe, gab er an, sein Vater sei vor seinem Ableben von der Al Shabaab bedroht worden.

Nach der Tötung seines Vaters sei der Beschwerdeführer von seiner Mutter nach XXXX geschickt worden. Jedes Mal, wenn der Beschwerdeführer aus dem Haus gegangen sei, habe er einen Hijab getragen. XXXX sei ein Dorf ca. 50 km von XXXX entfernt. Der Beschwerdeführer sei dort 28 Tage aufhältig gewesen. Dort seien zwei Männer zu ihm gekommen, als er am Weg zur Moschee gewesen sei. Sie hätten den Beschwerdeführer nach seinem Namen gefragt und gesagt, dass sie mit dem Beschwerdeführer nach dem Gebet ein kurzes Gespräch führen wollen würden. Als die Männer beim Beten gewesen seien, sei er auf die Toilette gegangen, um sich zu waschen. Dann sei er in die Wohnung zu seiner Tante gelaufen. Die Moschee habe der Beschwerdeführer durch den Hintereingang verlassen. Seiner Tante habe er erklärt, dass die Al Shabaab hinter ihm her sei und er habe sie gebeten, ihn zu seiner Mutter zurückzuschicken, weil es für ihn besser sei, bei seiner Mutter zu sterben.

Dem Beschwerdeführer wurde vorgehalten, dass er vor dem BFA gesagt habe, in XXXX schon nach zwei Tagen von den Männern angesprochen worden zu sein, was aber der Beschwerdeführer mit einem Irrtum des Dolmetschers erklärte.

Befragt, ob er unmittelbar nach diesem Vorfall tatsächlich zu seiner Mutter nach XXXX gegangen sei, verneinte dies der Beschwerdeführer und gab an, seine Tante habe ihn zwei Tage lang in ihrer Wohnung versteckt. Zwei Tage später sei er dann zu seiner Mutter gefahren. In XXXX habe er sich dann zwei weitere Tage aufgehalten. Er habe sich versteckt, weshalb er keine Probleme mit der Al Shabaab gehabt habe.

Befragt, wie er nach XXXX gelangt sei, ohne auf Kontrollposten der Al Shabaab zu stoßen, gab der Beschwerdeführer an, er habe sich auf der Ladefläche eines Lkw, der Gemüse und Obst geladen hatte, versteckt. Dorthin sei er gefahren, weil ihm seine Mutter gesagt habe, dass es dort Frieden und Arbeit gebe. Ende Dezember 2008 sei er nach XXXX gegangen. Verwandte habe er dort keine gehabt, er habe dort gearbeitet und bei einem Angehörigen der XXXX geschlafen. In XXXX habe er keine Probleme mit der Al Shabaab gehabt, er sei aber aufgrund seiner Stammeszugehörigkeit verachtet worden. In XXXX sei der Beschwerdeführer von Anfang 2009 bis 15.04.2013 gewesen. Er sei dann zu seiner Mutter zurückgekehrt, wo er sich zwei Tage aufgehalten habe. Seine Mutter habe ihn in dieser Zeit versteckt, sie habe Angst gehabt, dass die Al Shabaab den Beschwerdeführer töten würde. Er sei gezielt von der Al Shabaab gesucht worden. Sein Vater sei getötet worden. Sie hätten ihn umbringen wollen, weshalb der Beschwerdeführer geflohen sei. In XXXX hätte der Beschwerdeführer nicht bleiben können, weil er es dort nicht mehr ausgehalten habe; er habe Schwierigkeiten gehabt. Leute aus dem Süden würden dort nicht akzeptiert.

Seine beiden Schwestern und seine Mutter befänden sich noch in Somalia, der Beschwerdeführer habe das letzte Mal im Dezember 2017 Kontakt gehabt, er könne sie telefonisch nicht erreichen. Seine Mutter habe ihm am Telefon gesagt, dass die Al Shabaab ständig auf der Suche nach dem Beschwerdeführer sei und dass ständig Frauen, die die Al Shabaab geschickt hätte, nach ihm fragen würde.

Der Beschwerdeführer sei gesund, er denke aber ständig an seine Familie. In Österreich habe er das Deutschdiplom A2 erworben und lerne für die B1-Prüfung. Eine Lehre mache er nicht, er wolle aber Installateur lernen. In Österreich habe er bereits gearbeitet, er pflege den Fußballplatz in XXXX und er habe im Dorf dreimal als Freiwilliger gearbeitet. In einer Lebensgemeinschaft lebe er nicht, er sei alleine, wolle aber heiraten. Früher habe er Theater gespielt, er spiele Fußball am Wochenende mit Freunden, aber nicht in einem Verein. Früher habe er eine österreichische Freundin gehabt, jetzt aber nicht mehr. Er wolle sich in Österreich besser integrieren, weiter arbeiten und sein Deutsch verbessern.

Im Falle einer Rückkehr fürchte er, aufgrund seiner Stammeszugehörigkeit diskriminiert zu werden. Sein Vater sei bereits getötet worden, der Beschwerdeführer habe Angst, auch getötet zu werden. Auch in Somaliland sei der Beschwerdeführer diskriminiert worden.

Auf Vorhalt seines Vertreters, dass er vor dem BFA zuerst gesagt habe, einen Monat bei seiner Tante gewesen zu sein, drei, vier Seiten später im Protokoll stehe, dass er nach zwei Tagen von diesen Männern auf dem Weg zur Moschee angesprochen worden sei und dann wiederum zwei Tage später ausgereist wäre, in der Beschwerdeverhandlung aber sage, dass er zuerst 28 Tage bei seiner Tante gewesen sei und danach angesprochen worden sei, und das wiederum ein Monat sei, führte der Beschwerdeführer aus, insgesamt einen Monat lang in XXXX gewesen zu sein; der Vorfall mit den Männern sei am 28. Tag seines Aufenthalts gewesen und er habe sich weitere zwei Tage in der Wohnung der Tante versteckt gehalten. Er habe nicht gesagt, dass der Vorfall bereits am zweiten Tag seines Aufenthalts in XXXX gewesen sei: Seine Aussage sei damals nicht richtig wiedergegeben worden.

Dern Verfahrensparteien wurden folgende Dokumente zur Kenntnis gebracht und eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme von zwei Wochen eingeräumt:

* Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Somalia, aktualisiert am 17.09.2018,

* Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Somaliland, aktualisiert am 17.09.2018,

* Wikipedia XXXX bzw. XXXX ,

* Deutsches Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Informationszentrum Asyl und Migration, Minderheiten in Somalia, Seite XXXX bis XXXX ,

* ÖIF Länderinfo, Die Parias Somalias: Ständische Berufskasten als Basis sozialer Diskriminierung, Autor. Mag. Andreas Tiwald, Seite XXXX bis XXXX .

Mit Schreiben vom 08.11.2018, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am darauffolgenden Tag, legte der Beschwerdeführer zusätzliche Länderberichte vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt festgestellt und erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Somalia, Angehöriger des Clans XXXX , Subclan XXXX und Sub-Subclan XXXX , sunnitischer Moslem und hat im Mai 2014 nach illegaler Einreise einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Er kennt sein Geburtsdatum nicht und wurde laut einem gerichtsmedizinischen Sachverständigengutachten spätestens am XXXX geboren, und zwar laut seinen Angaben in XXXX . Zu den Fluchtgründen können mangels glaubhafter Angaben keine Feststellungen getroffen werden. Allfälligen Behelligungen durch die Al Shabaab oder sonstige Akteure kann der junge und arbeitsfähige Beschwerdeführer jedenfalls durch eine Niederlassung in Somaliland entgehen. Der Beschwerdeführer hat sich bereits in der Vergangenheit in Somaliland aufgehalten, wo er allenfalls nicht asylrelevanten Diskriminierungen aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit ausgesetzt gewesen sei.

Der Beschwerdeführer hat keine Familienangehörigen im Bundesgebiet. Er hatte bereits eine österreichische Freundin, wobei diese Beziehung nicht mehr aufrecht ist. In Österreich hat er bereits Theater gespielt, er spielt Fußball und pflegt den Fußballplatz in XXXX . Er besucht fünfmal in der Woche einen Deutschkurs, er hat bereits das Deutschzertifikat A2 erworben und möchte jenes zum Niveau B1 erwerben.

Der Beschwerdeführer ist in die Grundversorgung einbezogen. Er ist in Österreich unbescholten und hat ein Deutschdiplom auf dem Niveau A2 erworben.

Zu Somalia und Somaliland ist verfahrensbezogen folgendes festzustellen:

Somalia:

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 17.9.2018: Positiver Trend bei Versorgungslage (betrifft: Abschnitt Grundversorgung und Abschnitt Dürresituation)

Nach den überdurchschnittlichen Gu-Regenfällen 2018 wird die Getreideernte die größten Erträge seit 2010 einbringen. Die Lage bei der Nahrungsversorgung hat sich weiter verbessert (UN OCHA 11.9.2018; vgl. UN OCHA 5.9.2018), dies gilt auch für Einkommensmöglichkeiten und Marktbedingungen (FSNAU 1.9.2018). Die Preise für unterschiedliche Grundnahrungsmittel haben sich in Mogadischu gegenüber dem Vorjahr drastisch verbilligt und liegen nunmehr unter dem Fünfjahresmittel. Dies betrifft namentlich Bohnen (cowpea), rotes Sorghum und Mais (FEWS NET 31.8.2018). Insgesamt hat sich die Ernährungssituation verbessert, auch wenn es im ganzen Land noch eine hohe Rate an Unterernährung gibt - speziell unter IDPs (UN OCHA 11.9.2018). Die Dürre ist zwar offiziell vorbei, es braucht aber mehr als eine gute Regenzeit, bevor sich die Menschen davon erholen (UN OCHA 2.9.2018). Vor allem vom Verlust ihres Viehs, von Überschwemmungen (im April/Mai 2018, Juba- und Shabelle-Täler) und vom Zyklon Sagar (Mai 2018, Nordsomalia) betroffene Gemeinden werden noch längere Zeit für eine Rehabilitation brauchen. Zwischen Februar und Juli 2018 konnten humanitäre Organisationen 1,9 Millionen Menschen pro Monat erreichen (UN OCHA 5.9.2018).

Die Stufe für akute Unterernährung hat sich verbessert. Die Zahl von an schwerer akuter Unterernährung Betroffenen ist nur bei zwei Gruppen kritisch: Bei den IDPs in Mogadischu und in der Guban Pastoral Livelihood in West-Somaliland (UN OCHA 5.9.2018). Allerdings werden auch noch andere Teile oder Gruppen Somalias als Hotspots genannt, wo Interventionen als dringend erachtet werden.

Dies sind im ländlichen Raum: Northern Inland Pastoral of Northeast (Teile von Sanaag, Sool und Bari); Hawd Pastoral of Northeast (Teile von Togdheer, Sool und Nugaal); Northwest Guban Pastoral (Teile von Awdal); der Bezirk Belet Weyne (Shabelle-Tal und agro-pastorale Teile); Agro-pastorale Teile und das Juba-Tal in Gedo; die Bezirke Mataban, Jalalaqsi und Buulo Burte in Hiiraan; Teile des Juba-Tals in Middle Juba. An Gruppen sind es die IDPs in Bossaso, Garoowe, Galkacyo, Qardho, Mogadischu, Baidoa, Kismayo und Doolow (FSNAU 1.9.2018). Überhaupt bleiben IDPs die am meisten vulnerable Gruppe (UN OCHA 11.9.2018).

In Nordsomalia werden aus einigen Gebieten immer noch Wasser- und Weidemangel berichtet, da die Gu-Regenzeit dort auch im Jahr 2018 nicht ertragreich ausgefallen ist. Es handelt sich um Teile der Regionen Bari und Nugaal (Puntland) sowie von Sool und Sanaag (Somaliland). Dort findet die Wasserversorgung teils immer noch mit Tanklastwagen statt, rund 48.000 Haushalte sind betroffen. Humanitäre Organisationen wie ACTED sind dort aktiv und konnten für über 31.000 Haushalte samt Vieh die Wasserversorgung wiederherstellen (ACTED 12.9.2018).

Die Prognose für den Zeitraum August-Dezember 2018 in IPC-Stufen stellt sich wie folgt dar:

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Insgesamt sind ca. 4,6 Millionen Menschen weiter auf Unterstützung angewiesen, im Februar 2018 waren es noch 5,4 Millionen gewesen (UN OCHA 11.9.2018). Von den 4,6 Millionen befinden sich ca. 1,4 Millionen auf IPC-Stufe 3 (IPC = Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung), weitere ca. 170.000 auf IPC-Stufe 4 (FSNAU 1.9.2018). Darunter scheinen sich viele Kinder zu finden. Ca. 240.000 Kinder gelten als akut unterernährt, weiter 55.000 als schwer unterernährt (UN OCHA 2.9.2018).

Für die Deyr-Regenzeit 2018 (Oktober-Dezember) wird eine überdurchschnittliche Niederschlagsmenge prognostiziert (UN OCHA 5.9.2018; vgl. FAO 6.9.2018). Damit wird auch eine weitere Verbesserung bei den Weideflächen und bei der Wasserverfügbarkeit und i.d.F. Verbesserungen bei der Viehzucht und in der Landwirtschaft einhergehen (FAO 6.9.2018). Zusätzliche Ernten und weiter verbesserte Marktbedingungen werden zu weiteren Verbesserungen führen (FSNAU 1.9.2018)

Allerdings werden auch für das äthiopische Hochland höhere Niederschlagsmengen prognostiziert, was das Überschwemmungsrisiko entlang von Juba und Shabelle steigen lässt. Gegenwärtig sind einige Flussufer bzw. Flusseinfassungen beschädigt, was selbst bei normalen Regenmengen eine Gefahr darstellt (FAO 6.9.2018). Immerhin hat Somalia 2018 die schwersten Überschwemmungen seit 60 Jahren erlebt (WB 6.9.2018).

Quellen:

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ACTED (12.9.2018): Drought conditions continue to persist in Badhan district,

https://reliefweb.int/report/somalia/drought-conditions-continue-persist-badhan-district,

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Zugriff 14.9.2018

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FAO - FAO SWALIM / FSNAU (6.9.2018): Somalia Rainfall Outlook for 2018 Deyr (October-December) - Issued: 6 September 2018,

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https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-rainfall-outlook-deyr-2018-october-december-

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issued-6-september-2018, Zugriff 14.9.2018

-

FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (31.8.2018):

Somalia Price Bulletin, August 2018, https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-price-bulletin-august- 2018, Zugriff 14.9.2018

-

FSNAU - Food Security and Nutrition Analysis Unit / Famine Early Warning System Network (1.9.2018): FSNAU-FEWS NET 2018 Post Gu Technical Release,

https://reliefweb.int/report/somalia/fsnau-fews-net-2018-post-gu-technical-release-01-

-

sep-2018, Zugriff 14.9.2018

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UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (11.9.2018): Somalia - Humanitarian Snapshot (as of 11 September 2018),

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https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-humanitarian-snapshot-11-september-2018,

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Zugriff 14.9.2018

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UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (5.9.2018): Humanitarian Bulletin Somalia, 1 August - 5 September 2018,

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https://reliefweb.int/report/somalia/humanitarian-bulletin-somalia-1-august-5-september-

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2018, Zugriff 14.9.2018

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UN OCHA - UN UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (2.9.2018): Somalia - Food security improving but recovery remains fragile,

https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-food-securitv-improving-recovery-remains-fragile, Zugriff 14.9.2018

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WB - Worldbank (6.9.2018): World Bank's Flagship Infrastructure Project Launched in Somalia,

https://reliefweb.int/report/somalia/world-bank-s-flagship-infrastructure-proiectlaunched-somalia, Zugriff 14.9.0218

KI vom 3.5.2018: Überdurchschnittliche Niederschläge, bessere Versorgungssicherheit

prognostiziert

Schon in den vor der Gu-Regenzeit gemachten Prognosen zeichnete sich eine Entspannung der Situation ab, obwohl damals nur unterdurchschnittliche Regenmengen prognostiziert wurden. Anfang 2018 wurde für Februar-Juni 2018 prognostiziert, dass die Bevölkerung in folgende IPC-Stufen (Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung) einzuordnen sein wird: 56% Stufe 1 (minimal); 22% Stufe 2 (stressed); 18% Stufe 3 (crisis); 4% Stufe 4 (emergency); 0% Stufe 5 (famine). IDP-Lager in Südsomalia wurden durchwegs mit Stufe 3 IPC prognostiziert; Städte in Lower und Middle Shabelle, Bay und Jubaland mit Stufe 2; Mogadischu mit Stufe 1. Landesweit zeigt sich, dass die Bevölkerung in den Städten besser versorgt ist, als jene auf dem Lande (FAO 2018).

Verbesserungen bei Nahrungsmittelsicherheit und Ernährung sind auf die höhere Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln aus der Deyr-Ernte und aus der gestiegenen Milchproduktion zurückzuführen. Gleichzeitig wird die humanitäre Hilfe aufrechterhalten. Viele Haushalte können Nahrungsmittel mit von humanitären Akteuren zur Verfügung gestellten Geldmitteln oder Gutscheinen erwerben (FEWS 3.2018). Im ersten Quartal 2018 bezogen monatlich 1,84 Millionen Menschen humanitäre Hilfe. Im letzten Quartal 2017 waren es noch 2,5 Millionen gewesen. Insgesamt erreicht die Unterstützung rund 70% der Menschen die sich auf oder über Stufe 3 IPC befinden (FEWS 4.2018a). Auch im Jahr 2018 wird humanitäre Hilfe weiterhin in großem Ausmaß erforderlich sein (FEWS 3.2018).

Der bereits eingetretene Rückgang an Hunger ist auch im Vergleich der Daten der beiden Deyr-Regenzeiten 2016/17 und 2017/18 zu erkennen (FEWS 3.2018):

Bild kann nicht dargestellt werden

(FEWS 3.2018)

Nunmehr ist es im April 2018 in fast allen Landesteilen zu mittleren bis starken Regenfällen gekommen (FAO 27.4.2018). In fast ganz Somalia lag die Niederschlagsmenge der Gu- Regenzeit bis zum 20.4.2018 bei 200% des mehrjährigen Durchschnitts. Nur im Nordosten blieben die Niederschläge unterdurchschnittlich (FEWS 4.2018a). Allerdings werden die Niederschläge bis Juni weiter anhalten (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018), auch wenn mit einem Rückgang der Niederschlagsmengen gerechnet wird (FEWS 4.2018a).

Für den Zeitraum Juni-September 2018 wurde eine deutliche Entspannung bei der Nahrungsmittelversorgung angekündigt. Nur noch für Hilfsorganisationen leicht zugängliche Gebiete im Nordwesten werden unter Stufe 4 IPC (emergency) eingestuft, der große Rest des Landes fällt in die Stufen 1-3, Süd-/Zentralsomalia gänzlich (bis auf IDP- Konzentrationen) in die Stufen 1-2 (FEWS 4.2018b).

Aufgrund der überdurchschnittlichen Niederschläge in der Gu-Regenzeit Anfang 2018 wird erwartet, dass sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln in einigen Teilen Südsomalias noch weiter verbessern wird, als zu Jahresbeginn bereits prognostiziert. Zwar wurden in von Überflutungen betroffenen Gebieten Teile der Ernte vernichtet, jedoch sind die Bedingungen insgesamt so günstig, dass mit einer überdurchschnittlichen Ernte zu rechnen ist (FEWS 4.2018b). Die Felder befinden sich in gutem Zustand. In der Landwirtschaft gibt es

Arbeitsmöglichkeiten auf Normalniveau (FEWS 4.2018a).

In den meisten Gebieten haben sich Weidegründe und Wasserverfügbarkeit verbessert

(FEWS 4.2018a; vgl. FEWS 4.2018b), der Zustand der Tiere hat sich normalisiert. Allerdings

bleibt die durchschnittliche Herdengröße noch hinter dem Normalzustand zurück. Arme

Nomaden in Nord- und Zentralsomalia werden weiterhin über zu wenig Vieh verfügen. Dort

wird Stufe 3 IPC (crisis) vermutlich weiter vorherrschen (FEWS 4.2018b).

Die Entspannung wird auf Karten dokumentiert:

Bild kann nicht dargestellt werden

(FEWS 4.2018b)

Der Handelspreis für 1kg Sorghum ist in Baidoa im ersten Quartal 2018 um 37% eingebrochen, jener für 1kg Mais in Qoryooley um 32%. Auch bei armen Haushalten verbessert sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln, sie haben nun auf normalem Niveau Zugang zu Arbeit in der Landwirtschaft und die Nahrungsmittelpreise haben sich ebenfalls normalisiert. Mit dem Tageseinkommen können nunmehr 10-18kg lokalen Getreides erstanden werden - 20%-60% mehr als noch vor einem Jahr (FEWS 4.2018a).

Untenstehend findet sich die detaillierte Prognosekarte der Agentur FSNAU der FAO für die Monate 2-6/2018:

Bild kann nicht dargestellt werden

(FAO 2018)

Zusätzlich zu den Niederschlägen fließen aus dem äthiopischen Hochland beträchtliche Mengen Wasser zu (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018). Dadurch kam es in einigen Gebieten zu Überschwemmungen. Belet Weyne war besonders stark betroffen, 70% der Haushalte mussten ihre Häuser verlassen. In Qoryooley waren es 250 Haushalte. Außerdem betroffen waren einige Dörfer in Middle Juba und im Bezirk Wanla Weyne. Auch einige landwirtschaftlich genutzte Gebiete in Bay, Lower Juba, Togdheer und Hiiraan wurden überflutet (FEWS 4.2018a). Die Pegel der Flüsse werden vermutlich weiter steigen. Bisher sind rund 630.000 Menschen von Sturzfluten oder Überschwemmung betroffen, ca. 215.000 haben ihre Häuser verlassen müssen (davon 180.000 im Gebiet Belet Weyne). Andererseits verlassen manche IDPs die Lager, um von den Niederschlägen in ihrer ursprünglichen Heimat zu profitieren (UN OCHA 2.5.2018).

Quellen:

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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018a): Somalia

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Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia/food-security-outlookupdate/april-2018, Zugriff 2.5.2018

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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018b): Somalia

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Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia, Zugriff 2.5.2018

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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (3.2018): Somalia

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Food Security Outlook February to September 2018, http://fews.net/east-africa/somalia/foodsecurity-outlook/february-2018, Zugriff 2.5.2018

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FAO FSNAU - Agentur der Food and Agriculture Organisation der UN (2018): IPC Map, http://www.fsnau.org/ipc/ipc-map, Zugriff 2.5.2018

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FAO SWALIM (27.4.2018): Somalia Rainfall Forecast - Issued: 27 April 2018,

https://reliefweb.int/map/somalia/somalia-rainfall-forecast-issued-27-april-2018, Zugriff

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2.5.2018

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UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (2.5.2018): OCHA Somalia Flash Update #3 - Humanitarian impact of heavy rains | 2 May 2018,

https://reliefweb.int/report/somalia/ocha-somalia-flash-update-3-humanitarian-impact-

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heavv-rains-2-may-2018, Zugriff 3.5.2018

2. Politische Lage

Das Gebiet von Somalia ist de facto in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt: a) Somaliland, ein 1991 selbstausgerufener unabhängiger Staat, der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird; b) Puntland, ein 1998 selbstausgerufener autonomer Teilstaat Somalias; c) das Gebiet südlich von Puntland, das Süd-/Zentralsomalia genannt wird (EASO 8.2014). Im Hinblick auf fast alle asylrelevanten Tatsachen ist Somalia in diesen drei Teilen zu betrachten (AA 1.1.2017).

Im Jahr 1988 brach in Somalia ein Bürgerkrieg aus, der im Jahr 1991 im Sturz von Diktator Siyad Barre resultierte. Danach folgten Kämpfe zwischen unterschiedlichen Clans, Interventionen der UN sowie mehrere Friedenskonferenzen (EASO 8.2014). Seit Jahrzehnten gibt es keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder zentralstaatlicher Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft, hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen (v.a. Clan-Strukturen) vergeben (AA 1.1.2017).

Im August 2012 endete die Periode der Übergangsregierung (BS 2016). Seit damals gibt es eine politische Entwicklung, die den Beginn einer Befriedung und Stabilisierung sowie eines Wiederaufbaus staatlicher Strukturen markiert. Am 1.8.2012 wurde in Mogadischu eine vorläufige Verfassung angenommen. Seitdem ist die Staatsbildung kontinuierlich vorangeschritten. Das im Dezember 2016 gewählte Parlament stellt dabei auch einen deutlichen demokratischen Fortschritt gegenüber dem 2012 gewählten Parlament dar. Während 2012 135 Clanälteste die Zusammensetzung bestimmten (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017), waren es 2016 über 14.000 Clan-Repräsentanten (UNHRC 6.9.2017) bzw. 13.000. Während die 54 Mitglieder des Oberhauses von den Parlamenten der Bundesstaaten gewählt wurden, wählten die o.g. Clan-Repräsentanten die 275 auf Clan-Basis ausgewählten Abgeordneten des Unterhauses (UNSC 9.5.2017).

Auch wenn es sich um keine allgemeine Wahl gehandelt hat, ist diese Wahl im Vergleich zu vorangegangenen Wahlen ein Fortschritt gewesen (DW 10.2.2017). Allerdings war auch dieser Wahlprozess problematisch, es gibt zahlreiche Vorwürfe von Stimmenkauf und Korruption (SEMG 8.11.2017). Im Februar 2017 wählte das neue Zweikammerparlament Mohamed Abdullahi Mohamed "Farmaajo" zum Präsidenten; im März bestätigte es Hassan Ali Kheyre als Premierminister (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017, SEMG 8.11.2017). Das Parlament bestätigte am 29.3.2017 dessen 69-köpfiges Kabinett (UNSC 9.5.2017).

Die Macht wurde friedlich und reibungslos an die neue Regierung übergeben (WB 18.7.2017). Somalia hat den Zustand eines failed state überwunden, bleibt aber ein fragiler Staat (AA 1.1.2017). Die Regierung stellt sich den Herausforderungen, welche Dürre und Sicherheit darstellen. Überhaupt hat die Regierung seit Amtsantritt gezeigt, dass sie dazu bereit ist, die Probleme des Landes zu beheben (UNSC 5.9.2017). Dabei mangelt es der Bundesregierung an Einkünften, diese sind nach wie vor von den wenigen in Mogadischu erzielten Einnahmen abhängig (SEMG 8.11.2017).

Außerdem wird die Autorität der Zentralregierung vom nach Unabhängigkeit strebenden Somaliland im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen al Shabaab-Miliz in Frage gestellt. Außerdem gibt es aber keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach (AA 1.1.2017). Die föderale Regierung hat es bislang kaum geschafft, sich außerhalb Mogadischus durchzusetzen (ÖB 9.2016).

Allgemeine Wahlen sind für das Jahr 2020 (UNSC 9.5.2017) bzw. 2021 vorgesehen (UNSC 5.9.2017; vgl. UNNS 13.9.2017). Deren Durchführung wird aber maßgeblich davon abhängen, wie sich die Sicherheitslage entwickelt, ob sich Wahlkommissionen auch in den Bundesstaaten etablieren können und ob ein Verfassungsgericht eingerichtet wird (UNSC 5.9.2017).

Neue föderale Teilstaaten (Bundesstaaten)

Generell befindet sich das föderalistische System Somalias immer noch in einer frühen Phase und muss in den kommenden Jahren konsolidiert werden (UNSC 9.5.2017). Zwar gibt es in manchen Gebieten Verbesserungen bei der Verwaltung und bei der Sicherheit. Es ist aber ein langsamer Prozess. Die Errichtung staatlicher Strukturen ist das größte Problem, hier versucht die internationale Gemeinschaft zu unterstützen (BFA 8.2017).

Kaum ein Bundesstaat ist in der Lage, das ihm zugesprochene Gebiet tatsächlich unter Kontrolle zu haben. Bei den neu etablierten Entitäten reicht die Macht nur wenige Kilometer über die Städte hinaus (BFA 8.2017; vgl. NLMBZ 11.2017).

Während im Norden bereits die Gliedstaaten Somaliland und Puntland etabliert waren, begann mit dem international vermittelten Abkommen von Addis Abeba von End

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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