Entscheidungsdatum
01.02.2019Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
W191 1420886-3/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.11.2018, Zahl 560816010-181141825, erfolgte Aufhebung des Abschiebeschutzes betreffend Herrn XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Indien, folgenden Beschluss:
A)
Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-Verfahrensgesetz rechtmäßig.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
1. Verfahrensgang:
1.1. Vorverfahren:
1.1.1. Der im Spruch angeführte Asylwerber (in der Folge AW), ein Staatsangehöriger von Indien, reiste am 19.07.2011 irregulär und schlepperunterstützt in Österreich ein und stellte am selben Tag einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).
1.1.2. Im Zuge seiner Erstbefragung am 19.07.2011 sowie seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt (in der Folge BAA) am 25.07.2011 gab der AW im Wesentlichen an, dass er denjenigen, der seinen Vater vor 13-14 Jahren vergiftet und getötet habe, zur Rede gestellt habe, woraufhin sich eine verbale und körperliche Auseinandersetzung ergeben habe. Zwei Söhne seines Gegners hätten ihn dabei mit Gegenständen geschlagen, er sei zudem mit dem Umbringen bedroht worden.
1.1.3. Mit Bescheid vom 26.07.2011, Zahl 11 07.485-BAT, wies das BAA den Antrag des AW auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten ebenso wie gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien nicht zu (Spruchpunkt II.) und verband diese Entscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG mit einer Ausweisung nach Indien (Spruchpunkt III.).
1.1.4. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde wurde mit Beschluss des Asylgerichtshofs (in der Folge AsylGH) vom 23.09.2011, Zahl C16 420886-1/2011, gemäß § 63 Abs. 5 AVG in Verbindung mit § 23 Abs. 1 AsylGHG als verspätet zurückgewiesen.
1.1.5. Am 06.04.2014 stellte der AW einen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.
1.1.6. In seiner Erstbefragung am 08.04.2014 sowie seinen Einvernahmen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 17.04.2014 und 25.04.2016 gab der AW im Wesentlichen an, dass er im März 2014 nach Indien zurückgekehrt sei, aber noch am Ankunftstag von denselben Leuten verfolgt worden wäre, die er bereits bei seinem ersten Asylantrag genannt habe. Er habe seinen Heimatort deshalb am nächsten Tag verlassen und sei vier Tage später schlepperunterstützt wieder ins österreichische Bundesgebiet eingereist. Er stelle nun einen neuen Antrag auf internationalen Schutz, da ihm bei seinem viertägigen Heimataufenthalt bewusst geworden sei, dass er keine andere Möglichkeit habe.
1.1.7. Mit Bescheid vom 11.05.2016, Zahl 560816010-14515990, wies das BFA den Antrag des AW auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.) Dem AW wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 1 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des AW gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt III.).
1.1.8. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (in der Folge BVwG) vom 23.06.2016, Zahl W220 1420886-2/3E, als unbegründet abgewiesen.
1.2. Gegenständliches Verfahren:
1.2.1. Der AW stellte am 20.11.2018 den gegenständlichen Folgeantrag (dritten Antrag) auf internationalen Schutz.
Im Zuge seiner Erstbefragung am 20.11.2018 führte er aus, dass er Österreich nach Abschluss seines ersten Asylverfahrens nicht verlassen habe. Zu seinen Fluchtgründen gab der AW an, dass er nach wie vor das gleiche Problem habe. Die Polizei helfe nicht und höre nur auf Leute, die Geld und Macht hätten. Sein Vater sei verstorben, wo seine Mutter sei, wisse er nicht.
1.2.2. Mit Verfahrensanordnung vom 26.11.2018 teilte das BFA dem AW gemäß § 29 Abs. 3 AsylG mit, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliege. Zudem sei beabsichtigt, den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben (§ 12a Abs. 2 AsylG). Diese Mitteilung wurde dem AW nachweislich (mit seiner Unterschrift) am selben Tag persönlich übergeben.
1.2.3. Am 28.11.2018 wurde der AW vor dem BFA nach erfolgter Rechtsberatung und im Beisein eines Rechtsberaters und eines Dolmetschers für die Sprache Punjabi im Stande der Schubhaft niederschriftlich einvernommen.
Der AW bestätigte die Richtigkeit seiner im gegenständlichen Verfahren gemachten Angaben. Seine Gründe aus dem ersten Verfahren seien noch aufrecht und daher könne er nicht zurück nach Indien. Sein Vater sei in Indien getötet worden, als er noch ein Kind gewesen sei. Wo seine Mutter und sein Bruder seien, wisse er nicht, er habe seit zwei Jahren keinen Kontakt zu ihnen. Auf die Frage, was gegen seine Ausweisung, über die bereits rechtskräftig abgesprochen worden sei, spreche, gab der AW an, dass er nach Indien abgeschoben werden könne, wenn der Staat Österreich garantiere, dass ihm dort nichts passiere.
1.2.4. Mit mündlich verkündetem Bescheid des BFA vom 28.11.2018 wurde der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG in Anwendung des § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben. Begründend wurde ausgeführt, dass der AW keinen neuen Sachverhalt vorgebracht habe und sich auf seine bereits als unglaubhaft beurteilten Fluchtgründe bezogen hätte. Da sich die allgemeine Lage wie auch seine persönlichen Verhältnisse und sein körperlicher Zustand seit der letzten Entscheidung des Bundesamtes nicht entscheidungswesentlich geändert hätten, könne davon ausgegangen werden, dass eine Abschiebung in seinen Herkunftsstaat für den AW zu keiner Bedrohung der angeführten Rechte nach der EMRK führen werde.
1.2.5. Die Verwaltungsakten langten am 06.12.2018 beim BVwG ein.
1.2.6. Mit Aktenvermerk vom 06.12.2018, Zahl W191 1420886-3/4Z, hielt das BVwG fest, dass nach dem Ergebnis einer unverzüglichen Prüfung seitens des BVwG aus heutiger Sicht nicht zu entscheiden gewesen wäre, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtmäßig gewesen wäre.
Es sei aus ho. derzeitiger Sicht (auf Basis der aktuell vorliegenden Aktenlage) nicht anzunehmen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des AW nach Indien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Ein diesbezügliches Vorbringen sei - nach dem Ergebnis einer Grobprüfung - nicht glaubhaft erstattet worden.
2. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):
Nachfolgende Feststellungen wurden aufgrund der in Punkt 2. angeführten Beweismittel glaubhaft gemacht:
Der AW ist Staatsangehöriger von Indien und führt den Namen XXXX, geboren am XXXX.
Der AW stellte im Bundesgebiet bereits zwei Anträge auf internationalen Schutz. Der erste Antrag wurde nach Führung eines inhaltlichen Verfahren rechtskräftig abgewiesen, der zweite Antrag wurde wegen entschiedener Sache rechtskräftig zurückgewiesen.
Der AW verließ das Bundesgebiet seit seiner irregulären Einreise im Juli 2011 nicht.
In Bezug auf den AW besteht kein hinreichend schützenswertes Privatund/oder Familienleben im Bundesgebiet. Es bestehen keine Hinweise, dass beim AW etwaige (schwerwiegende) physische bzw. psychische Erkrankungen vorlägen, die einer Rückkehr nach Indien entgegenstehen würden.
Der AW hat am 20.11.2018 einen dritten (gegenständlichen) Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Im gegenständlichen Verfahren bezieht sich der AW ausschließlich auf Gründe, die bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des ersten vom AW initiierten Asylverfahrens bestanden haben.
Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des AW nach Indien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Es liegen keine Umstände vor, welche seiner Außerlandesbringung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der AW verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.
Eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation im Herkunftsstaat ist seit der Entscheidung über den vorigen Antrag des AW auf internationalen Schutz nicht eingetreten.
Der Folgeantrag wird voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.
3. Beweiswürdigung:
3.1. Zur Person des AW:
Die Feststellungen zu Staatangehörigkeit, Name und Geburtsdatum des AW ergeben sich aus seinen Angaben vor dem Bundesamt und vor dem BVwG (im Vorverfahren).
Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des Bundesamtes und des BVwG.
Das Vorliegen eines schützenswerten Privat- oder Familienlebens in Österreich wurde im Verfahren nicht behauptet bzw. hinreichend dargelegt. Hinweise auf erhebliche gesundheitliche Probleme liegen nicht vor und wurden vom AW auch nicht behauptet.
3.2. Zu den Fluchtgründen des AW:
Im gegenständlichen (dritten) Asylverfahren bringt der AW keine neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor. Sein Fluchtvorbringen wurde bereits im Erstverfahren vom Bundesamt als unglaubhaft beurteilt, und ein zweiter Antrag wurde wegen entschiedener Sache rechtskräftig zurückgewiesen.
Der AW hat angegeben, dass er das österreichische Bundesgebiet seit der Entscheidung im ersten Verfahren nicht verlassen hat.
Im vorliegenden Fall ist somit der Behörde nicht entgegen zu treten, wenn sie zur Auffassung gelangt ist, dass das Vorbringen des Fremden nicht glaubhaft ist, nur auf einen bereits abgehandelten Fluchtgrund aufbaut und daher von einer entschiedenen Sache auszugehen sein wird.
Dass sich seit der Erlassung der rechtskräftigen Entscheidung im Vorverfahren in Indien allgemein und für den gegenständlichen Fall relevant eine entscheidende Lageveränderung ergeben hätte, kann in diesem Fall verneint werden. Ein Abgleich zwischen den Länderfeststellungen des letzten Asylverfahrens und dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Indien vom 09.01.2017 im gegenständlichen Verfahren ergibt keine Verschlechterung der allgemeinen Situation in Indien.
5. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
5.2.1. Anzuwendendes Recht:
Der mit "Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen" betitelte § 12a AsylG in der geltenden Fassung lautet:
"§ 12a.
(1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn
1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,
2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt und
3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und
4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.
(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn
1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,
2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und
3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(3) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gemäß Abs. 2 binnen achtzehn Tagen vor einem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn zum Antragszeitpunkt
1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,
2. der Fremde über den Abschiebetermin zuvor nachweislich informiert worden ist und
3. darüber hinaus
a) sich der Fremde in Schub-, Straf- oder Untersuchungshaft befindet;
b) gegen den Fremden ein gelinderes Mittel (§ 77 FPG) angewandt wird, oder
c) der Fremde nach einer Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 BFA-VG iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG angehalten wird.
Liegt eine der Voraussetzungen der Z 1 bis 3 nicht vor, ist gemäß Abs. 2 vorzugehen. Für die Berechnung der achtzehntägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht.
(4) In den Fällen des Abs. 3 hat das Bundesamt dem Fremden den faktischen Abschiebeschutz in Ausnahmefällen zuzuerkennen, wenn der Folgeantrag nicht zur ungerechtfertigten Verhinderung oder Verzögerung der Abschiebung gestellt wurde. Dies ist dann der Fall, wenn
1) der Fremde anlässlich der Befragung oder Einvernahme (§ 19) glaubhaft macht, dass er den Folgeantrag zu keinem früheren Zeitpunkt stellen konnte oder
2) sich seit der letzten Entscheidung die objektive Situation im Herkunftsstaat entscheidungsrelevant geändert hat.
Über das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu entscheiden. Wurde der Folgeantrag binnen zwei Tagen vor dem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, hat sich die Prüfung des faktischen Abschiebeschutzes auf das Vorliegen der Voraussetzung der Z 2 zu beschränken. Für die Berechnung der zweitägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht. Die Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes steht einer weiteren Verfahrensführung gemäß Abs. 2 nicht entgegen.
(5) Abweichend von §§ 17 Abs. 4 und 29 Abs. 1 beginnt das Zulassungsverfahren in den Fällen des Abs. 1 und 3 bereits mit der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz.
(6) Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Anordnungen zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG und Ausweisungen gemäß § 66 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht."
Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG in der geltenden Fassung ergehen Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakte sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.
Der mit "Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes" betitelte § 22 BFA-VG lautet:
"(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakte bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."
5.2.2. Zu den Voraussetzungen des § 12a AsylG im Detail:
5.2.2.1. Aufrechte Rückkehrentscheidung:
Gegen den AW liegt eine rechtskräftige aufrechte Rückkehrentscheidung vor. Der AW hat das Bundesgebiet seit seiner ersten Asylantragsstellung nicht verlassen.
5.2.2.2. Res iudicata (entschiedene Sache):
Der AW hat im gegenständlichen dritten Asylverfahren anlässlich seiner niederschriftlichen Befragung bzw. Einvernahme vor dem BFA erklärt, aus den gleichen Gründen wie schon im ersten Asylverfahren erneut einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich daher, wie auch in der Sachverhaltsdarstellung und der Beweiswürdigung aufgezeigt, kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt.
Auch die für den AW maßgebliche Ländersituation ist seit dem Erkenntnis des BVwG vom 23.06.2016 im Wesentlichen gleich geblieben, und wurde Gegenteiliges auch nicht behauptet.
5.2.2.3. Prüfung der Verletzung von Rechten nach der EMRK:
Im vorangegangen Verfahren haben das BFA sowie das BVwG ausgesprochen, dass der AW bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung der Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde (§ 50 FPG).
Auch im nunmehr dritten Asylverfahren vor dem BFA sind - im Lichte der eben getroffenen Erwägungen - keine Risiken für den AW im Sinne von § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden. Es sind auch keine erheblichen in der Person des AW liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie beispielsweise eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Auch seitens des AW wurde kein entsprechendes konkretes Vorbringen hiezu getätigt.
Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des AW in seinen Herkunftsstaat stellt für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention dar bzw. ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Art. 8 EMRK gerechtfertigt. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.
5.2.2.4. Rechtmäßiges Verfahren:
Im Verfahren zur Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG durch das BFA ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl. § 18 AsylG), wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist.
Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt, dem AW wurde Parteiengehör eingeräumt und er wurde am 08.03.2017 einvernommen.
5.2.3. Gemäß § 22 Abs. 1 2. Satz BFA-VG ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung war.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W191.1420886.3.00Zuletzt aktualisiert am
21.03.2019