Entscheidungsdatum
11.02.2019Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W119 2107327-2/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a EIGELSBERGER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. China, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13. 9. 2018, Zl 1059889804/180376480 EAST Ost, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I und II des angefochtenen Bescheides gemäß § 68 Abs 1 AVG idgF als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte III, IV, V und VI des angefochtenen Bescheides gemäß §§ 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, und §§ 52 Abs. 2 Z 2, 52 Abs. 9 und 46 sowie § 55 Abs 1a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin stellte am 9. 4. 2015 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.
Sie wurde am selben Tag im Rahmen der Erstbefragung nach dem AsylG einvernommen und machte dabei im Wesentlichen folgende Angaben: Sie habe die Grundschule und in weiterer Folge die Hauptschule in XXXX besucht. Sie sei verheiratet und habe zwei Töchter geboren. Zu ihrem Fluchtgrund gab sie an, dass ihr Ehemann unbedingt einen Sohn habe wollen. Sie sei zweimal schwanger geworden. Da es sich wiederum um Mädchen gehandelt habe, sei sie gezwungen gewesen, abtreiben zu lassen. Irgendwann habe ihr Ehemann begonnen, Alkohol zu trinken und sie zu schlagen, da sie keinen Sohn zur Welt bringen würde. Aufgrund dieser Umstände habe sie sich zur Flucht entschlossen. Im Fall ihrer Rückkehr in die VR China befürchte sie von ihrem Ehemann getötet zu werden.
Am 20. 4. 2015 wurde die Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) niederschriftlich einvernommen. Dort führte sie aus, in der VR China als Gelegenheitsarbeiterin tätig gewesen zu sein und damit ihren Lebensunterhalt verdient zu haben. Sie habe in der XXXX im Bezirk XXXX der Stadt XXXX gelebt. Dort habe sie mit ihrer Mutter bis zu deren Tod, ihrem Ehemann und ihren beiden Töchtern gewohnt. Es würden sich ihr Ehemann und ihre Töchter weiterhin in der VR China aufhalten. Ihre Schwester habe ihre Flucht organisiert und auch bezahlt. Zu ihrem Fluchtgrund führte sie aus, dass sie von ihrem Ehemann immer wieder geschlagen worden sei, weil sie keinen Sohn zur Welt gebracht habe. Nach dem Tod ihrer Mutter sei es viel schlimmer geworden. Ihr Ehemann habe sehr viel Alkohol getrunken und ihr dabei Verletzungen zugefügt, unter anderem auch am Kopf und im Brustbereich. Dieser Zustand habe insgesamt zehn Jahre angedauert. Sie habe keine weiteren Fluchtgründe. Auf die Frage, ob sie sich deswegen an die Sicherheitsbehörden gewandt habe, verneinte sie dies und begründete es damit, dass es sich um eine familiäre Angelegenheit handeln würde und "man" sich nicht darum kümmern würde. Sie habe bei ihren Nachbarn erlebt, dass es keine staatliche Hilfe gegeben habe, als diese eine solche in Anspruch hätten nehmen wollen. Auf die Frage, warum sie sich nicht von ihrem Ehemann getrennt habe, gab sie an, deswegen ausgereist zu sein. Eine Scheidung sei nicht möglich gewesen, weil sie nur traditionell verheiratet gewesen sei. Eine frühere Ausreise sei deshalb nicht denkbar gewesen, weil sie sich um ihre Mutter habe kümmern müssen. Sie habe zwar eine in der VR China lebende Schwester, deren Wohnung sei jedoch viel zu klein. Ihre Töchter hätten nicht dort leben können. Auf die Frage, ob sie sich um Schutz und Hilfe wegen der häuslichen Probleme mit ihrem Ehemann an eine Sicherheitsdienststelle, eine NGO oder eine Organisation zur Hilfe von Frauen hätte wenden können, bejahte sie dies.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 22. 4. 2015, Zl 1059889804/150354816, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat VR China (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG in die VR China zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise der Beschwerdeführerin zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
Begründend wurde zu Spruchpunkt I ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin ihr Vorbringen äußerst vage und unkonkret sowie widersprüchlich dargestellt habe.
Es sei davon auszugehen, dass eine Person, die eine wahrheitsgetreue Geschichte mit der von ihr erlebten Basis im Rahmen eines Asylverfahrens vorbringe, diese mit Schilderungen über wesentliche Details der häuslichen Auseinandersetzungen und erlittenen Misshandlungen versehe. Somit sei davon auszugehen, dass das Gesamtvorbringen der Beschwerdeführerin realitätswidrig sei.
Zu Spruchpunkt II wurde ausgeführt, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine arbeitsfähige Frau handle, von der er erwartet werden könne, sich im Heimatland eine Existenz aufzubauen. Bei der Beschwerdeführerin sei auch eine völlig ausweglose Situation nicht zu erwarten sei. Auch sei aus der allgemeinen Lage im Heimatland der Beschwerdeführerin keine Gefährdung ersichtlich.
Zu Spruchpunkt III erwog das Bundesamt, dass bei der Beschwerdeführerin kein Eingriff in ihr Familienleben bestehe. Zu ihrem in Österreich existierenden Privatleben sei auszuführen, dass die Beschwerdeführerin keiner Arbeit nachgehe und zudem auch nicht Deutsch spreche. Es seien bei der Beschwerdeführerin auch sonstige private Bindungen zu Österreich nicht hervorgekommen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin durch ihren gewillkürten Vertreter mit Schriftsatz vom 2. 5. 2015 Beschwerde. Darin wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin über einen längeren Zeitraum hinweg von ihrem Ehemann schwer misshandelt worden sei, weil sie zwei Töchter anstelle eines Sohnes zur Welt gebracht habe. Die chinesischen Behörden hätten der Beschwerdeführerin nicht helfen können, da häusliche Gewalt in China als "Familienangelegenheit" angesehen werde. Wenngleich das Bundesamt das Vorbringen der Beschwerdeführerin in seinem Bescheid als unglaubwürdig bewertet habe, seien die diesbezüglichen Erklärungen in keiner Weise nachvollziehbar. Zudem habe sich das Bundesamt in keinster Weise mit der Frage der Schutzwilligkeit der chinesischen Behörden auseinandergesetzt.
Am 30. 5. 2016 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Das Bundesamt nahm als weitere Partei des Verfahrens entschuldigt nicht teil. Die Beschwerdeführerin erklärte zunächst von ihrem Recht einen Rechtsberater zu kontaktieren, keinen Gebrauch gemacht hatte. Weiters gab die Beschwerdeführerin an, im Bezirk XXXX in der Stadt XXXX gelebt zu haben. Dort habe sie von ihrer Geburt bis zu ihrer Ausreise aus der VR China gelebt zu haben. Dort hätten ihre Eltern, die bereits gestorben seien, gelebt. Ihr Ehemann, ihre Kinder und ihre Schwester würden dort weiterhin wohnen. Sie habe nicht regelmäßig gearbeitet, aber gelegentlich in ihrer Heimatstadt Lampen und Waschpulver verkauft. Sie habe im Mai 2000 geheiratet. Ihr Vater sei im Jahr 2011, ihre Mutter 2013 gestorben. Ihr Ehemann habe einen Sohn bekommen wollen. Wenn er getrunken habe, sei sie von ihm geschlagen worden. Ihre Kinder seien der einzige Grund gewesen, weshalb sie China nicht bereits früher verlassen habe. Auf Vorhalt, dass sie beim Bundesamt angegeben habe, wegen ihrer Mutter China nicht früher verlassen zu haben, gab sie an, dass dies zutreffe, ihre Mutter sei krank gewesen.
Ihr Ehemann sei zu seinen Töchtern nett gewesen. Auf Vorhalt, dass sie beim Bundesamt angeführt habe, dieser sei nicht nett zu seinen Kindern gewesen, entgegnete sie, dass er in der Regel nett gewesen sei. Sie habe sich wegen der ihr zugefügten Misshandlungen an die Sicherheitsbehörden gewandt. Auf Vorhalt, dass sie beim Bundesamt angegeben habe, sich niemals an die Behörden gewandt zu haben, führte sie aus, die Notrufnummer der Polizei gewählt zu haben, aber die Polizei habe nicht einschreiten wollen. Als ihre Mutter noch gelebt habe, habe ihr Ehemann noch Rücksicht genommen, danach nicht mehr. In der Folge gab sie an, dass er sie das erste Mal geschlagen habe, als ihre Mutter gestorben sei. Als ihre Mutter noch am Leben gewesen sei, habe ihr Ehemann sie nicht sehr schwer misshandelt. Auf Vorhalt, dass sie zuvor angegeben habe, das erste Mal von ihrem Ehemann geschlagen worden zu sein, als ihre Mutter gestorben sei, gab sie nunmehr an, dass sie nach dem Tod ihrer Mutter intensiver geschlagen worden sei.
Ihre Schwester wohne nicht weit entfernt in XXXX Sie hätte jedoch nicht zu ihr gehen können, weil sie eine eigene Familie habe. Aber sie habe ihre Ausreise finanziert. Auf die Frage, ob sie sich an eine Organisation hätten wenden können, die Frauen helfe, welche Opfer häuslicher Gewalt geworden seien, gab sie an, dass es so etwas in China nicht gebe. Auf Vorhalt, dass sie beim Bundesamt eine solche Möglichkeit bejaht habe, gab sie an, dass die Polizei einmal vorbeischauen würde.
Zu ihrer Integration in Österreich befragt, gab sie an, sich für einen Deutschkurs angemeldet zu haben. Sie sei in einem Bordell beschäftigt. Sie habe einen österreichischen Freund, mit dem sie die deutsche Sprache erlerne. Sie habe keine eigene Wohnung.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18. 8. 2016, Zl W119 2107327-1/7E, wurde die Beschwerde gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG 2005 sowie gemäß §§ 52 Abs. 2 Z 2 iVm Abs. 9 und 55 Abs. 1 FPG idgF sowie §§ 55 und 57 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Die abweisende Entscheidung wurde damit begründet, dass sich das Vorbringen der Beschwerdeführerin während des gesamten Verfahrens sehr widersprüchlich gestaltet habe. So führte die Beschwerdeführerin zur Frage, warum sie trotz der von ihr behaupteten Misshandlungen durch ihren Ehemann ihr Heimatland nicht früher verlassen habe an, wegen ihrer Mutter die Flucht nicht früher angetreten zu haben. Anlässlich der mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht hingegen begründete sie dies damit, dass ihre Kinder der einzige Grund gewesen seien. Überdies führte sie beim Bundesamt ebenso widersprüchlich an, dass ihr Ehemann ihre Kinder misshandelt habe, während sie beim Bundesverwaltungsgericht anderslautend erklärte, dass ihr Ehemann zu ihren Kindern immer nett gewesen sei. Ein weiterer Widerspruch sei auch darin zu erkennen gewesen, dass die Beschwerdeführerin beim Bundesamt noch verneint habe, sich an die Sicherheitsbehörden gewandt zu haben, während sie beim Bundesverwaltungsgericht Gegenteiliges behauptet habe. Aufgrund dieser widersprüchlichen Angaben sei das Vorbringen der Beschwerdeführerin als nicht glaubhaft zu beurteilen.
Weiters verfüge die arbeitsfähige Beschwerdeführerin über familiäre Bindungen in der VR China, sodass sie im Fall ihrer Rückkehr keiner lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre.
Überdies seien bei der Beschwerdeführerin keine Anhaltspunkte für eine Aufenthaltsverfestigung hervorgekommen.
Am 19. 4. 2018 stellte die Beschwerdeführerin einen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.
Anlässlich der am selben Tag durchgeführten niederschriftlichen Erstbefragung nach dem AsylG gab die Beschwerdeführerin an, dass sie Probleme mit dem Herz habe, im Mai würde sie an der Gebärmutter operiert werden. Im Fall ihrer Rückkehr in die VR China habe sie kein Geld für eine Behandlung und würde infolge ihrer Krankheit dort sterben.
Die Beschwerdeführerin legte einen Patientenbrief vom 24. 6. 2018 vor, aus dem hervorgeht, dass sie sich vom 22. 6. 2018 bis zum 24. 6. 2018 in der gynäkologischen Abteilung eines Krankenhauses wegen einer Konisation (Entfernung eines kegelförmigen Areals des Gebärmutterhalses) samt Curettage befunden habe.
Aus diesem Schreiben geht weiters hervor, dass der Eingriff und der postoperative Verlauf komplikationslos verlaufen seien, sodass sie im beschwerdefreiem Zustand nach Hause entlassen werde habe können.
Im Rahmen der Einvernahme beim Bundesamt am 15. 6. 2018 gab die Beschwerdeführerin an, dass sie Schmerzen in der Brust habe, der sie behandelnde Arzt habe jedoch keine Ursache gefunden. Sie nehme deswegen chinesische Globuli, aber keine weiteren Medikamente. Sie sei mit einer Rücksprache des Bundesamtes mit dem sie behandelnden Arzt oder auch mit dem zuständigen Krankenhaus einverstanden.
Sie habe Österreich seit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im August 2016 nicht verlassen. Sie habe als Prostituierte gearbeitet. Sie spreche ein bisschen Deutsch, habe aber niemals einen Deutschkurs besucht. In der VR China würden ihr Ehemann, ihre beiden Töchter und ihre ältere Schwester leben. Zu ihren Töchtern und ihrer Schwester habe sie regelmäßig Kontakt, jedoch nicht zu ihrem Ehemann. Ihre Töchter hätten bei ihrem Ehemann gelebt, wo sie derzeit lebten, wisse sie nicht. Sie habe in der VR China den Beruf der Verkäuferin und der Abwäscherin ausgeübt. Zu ihrem neuen Fluchtgrund befragt, gab sie an, dass dieser in ihrer Erkrankung bestehe. Sie wolle hier behandelt werden. Auf die Frage, was sie im Fall ihrer Rückkehr in die VR China befürchte, gab sie an, dass sie wegen ihres Ehemannes Probleme befürchte. Dieser sei Alkoholiker und habe sie häufig geschlagen. Es habe in den letzten eineinhalb Jahren keine Probleme mit ihm gegeben, weil er sie nicht gefunden habe.
Der Beschwerdeführerin wurde mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, diesen Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Dazu nahm die Beschwerdeführerin insofern Stellung, als sie anführte, hier behandelt werden zu wollen. Wen sie gesund sei, wolle sie als Masseurin arbeiten gehen.
Am 27. 7. 2018 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie für den 24. 8. 2018 einen Termin für eine neuerliche Operation erhalten habe.
Am 13. 9. 2018 wurde nach einer Einverständniserklärung der Beschwerdeführerin mit der gynäkologischen Ambulanz jenes Krankenhauses, bei dem der Operationstermin vereinbart worden sei, vom Bundesamt eine Auskunft dahingehend eingeholt, dass die Beschwerdeführerin vom 24. 8. 2018 bis 26. 8. 2018 stationär aufgenommen gewesen sei und die Entfernung der Gebärmutter geplant sei.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 13. 9. 2018, Zl 1059889804/180376480 EAST Ost, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I) und hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG idgF wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.) Weiters wurde der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 idgF nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen sie gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG idgF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG idgF erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG nach China zulässig sei (Spruchpunkt V.), wobei gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.). Darin wurde im Wesentlichen festgestellt, dass sich die Beschwerdeführerin vom 22. 6. 2018 bis zum 24. 6. 2018 wegen einer Konisation und einer Curretage an der Gebärmutter in einem Krankenhaus befunden habe. Sie sei im beschwerdefreien Zustand entlassen worden. Die Entfernung der Gebärmutter sei geplant.
Bei dem neuen Fluchtgrund der Beschwerdeführerin, nämlich ihrer Erkrankung, handle es sich um keinen asylrelevanten Sachverhalt. Nach der aktuellen Rechtsprechung des EGMR sei festzuhalten, dass im Allgemeinen kein Fremder das Recht habe, in einem Aufenthaltsstaat zu verbleiben, um dort medizinisch behandelt zu werden.
Die vorgebrachten Gründe seien nicht geeignet, eine neue inhaltliche Entscheidung des Bundesamtes zu bewirken. Somit stehe die Rechtskraft der Entscheidung vom 18. 8. 2016 über den ersten Antrag einer neuerlichen Entscheidung entgegen. Ferner hätten sich keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes, welcher zur Gewährung von subsidiärem Schutz führen würde, ergeben. Aus den Länderfeststellungen zur Situation in der VR China gehe eindeutig hervor, dass dort Behandlungsmöglichkeiten bestünden, diese auch zugänglich seien und die medizinische Versorgung gewährleistet sei.
Zudem führe die Beschwerdeführerin in Österreich kein Familienleben und besitze auch keine Verwandten in Österreich. Vielmehr lebe ihre gesamte Familie in der VR China. Es bestehe offensichtlich keine besondere Integrationsverfestigung. Sie verfüge nämlich weder über keine Deutschkenntnisse, es bestehe bereits eine rechtskräftige Ausweisungsentscheidung, sie habe den überwiegenden Teil ihres Lebens in China verbracht habe und in Österreich kaum Integrationsschritte gesetzt.
Somit erscheine eine Rückkehrentscheidung nach § 9 BVA-VG zulässig. Diese sei gemäß § 46 FPG ebenfalls zu bejahen.
Da die Beschwerdeführerin an der von ihr angegebenen Zustelladresse nicht aufhältig war, wurde der Bescheid des Bundesamtes gemäß § 8 Abs 2 iVm § 23 ZustellG ohne vorhergehenden Zustellversuch am 14. 9. 2018 beim Bundesamt hinterlegt.
Der Beschwerdeführerin wurde mit Verfahrensanordnung vom 14. 9. 2018 gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren amtswegig zur Seite gestellt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin in vollem Umfang wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, mangelhafter bzw unrichtiger Bescheidbegründung sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung Beschwerde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist chinesische Staatsangehörige und reiste illegal nach Österreich ein, wo sie sich hier seit bald 4 Jahren aufhält. Sie hat nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens verfügt.
Sie stellte am 9. 4. 2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, den sie im Wesentlichen damit begründete, dass sie von ihrem Ehemann misshandelt worden sei.
Dieser Antrag auf internationalen Schutz wurde letztlich durch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18. 8. 2016, Zl W119 2107327-1/7E, hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch der subsidiär Schutzberechtigten rechtskräftig abgewiesen, ihr gemäß §§ 57 und 55 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen, wobei festgestellt worden sei, dass ihre Abschiebung in die VR China gemäß § 46 FPG zulässig sei. Begründend wurde von der Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens der Beschwerdeführerin ausgegangen.
Am 19. 4. 2018 stellte die Beschwerdeführerin einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, welchen sie damit begründete, bereits eine gynäkologische Operation (Konisation und Curettage) hinter sich zu haben und ein zweiter Eingriff (Gebärmutterentfernung) für den 24. 8. 2018 geplant sei. Weiters brachte sie vor, dass sie im Fall ihrer Rückkehr Furcht vor ihrem Ehemann habe. Nach der durchgeführten Operation wolle sie in Österreich leben und arbeiten. Eine Änderung ihres Fluchtgrundes brachte sie nicht vor.
Nach dem ersten Eingriff war keine weitere medizinische Behandlung erforderlich. Es liegen keine Anhaltspunkte (Belege) dafür, dass die von der Beschwerdeführerin angegebene zweite Operation stattgefunden hat.
Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass sie sich aktuell in medizinischer Behandlung befindet.
Die arbeitsfähige Beschwerdeführerin ist in der VR China verheiratet, Mutter zweier Töchter und hat sowohl zu diesen beiden als auch zu ihrer in der VR China lebenden Schwester Kontakt. Sie hat im Herkunftsland ihre gesamte Schulbildung absolviert, beherrscht die Landessprache und war - ohne eine Berufsausbildung erhalten zu haben - als Gelegenheitsarbeiterin tätig. In Österreich besitzt sie keine Familienangehörigen. Die Beschwerdeführerin ist trotz ihrer Ausweisung in die VR China im Bundesgebiet geblieben. Sie war zwar erwerbstätig, geht aber derzeit keiner Beschäftigung nach. Sie konnte kein Deutsch-Sprachdiplom vorlegen bzw. einen erfolgreich absolvierten Deutschkurs nachweisen und verfügt auch über keine nennenswerten Deutschkenntnisse. Sie besitzt im Bundesgebiet über keinen Bekanntenkreis und gehört auch keinem Verein oder einer Organisation an. Sie ist strafgerichtlich unbescholten.
Es kann nicht festgestellt werden, dass seit dem Abschluss ihres ersten Asylverfahrens Umstände eingetreten sind, wonach der Beschwerdeführerin allein aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage ohne Hinzutreten individueller Faktoren in China aktuell mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ihrer Person drohen würde oder dass ihr im Falle einer Rückkehr nach China die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre. Die Beschwerdeführerin leidet an keinen seither aufgetretenen akut lebensbedrohlichen oder im Herkunftsland nicht behandelbaren Krankheiten.
In der Beschwerde wurde kein neuer Sachverhalt dargetan.
Zur Situation im Herkunftsland wird festgestellt:
(Anmerkung: Die Feststellungen sind durch die Staatendokumentation des BFA zusammengestellt und entsprechen dem Stand vom November 2017).
1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen
KI vom 05.02.2018: Festnahme des regierungskritischen Anwaltes Yu Wensheng, betrifft Abschnitt 10. Allgemeine Menschenrechtslage.
Yu Wensheng, ein regierungskritischer Anwalt, wurde nach Angaben seiner Frau am Morgen des 19.1.2018 festgenommen, als er mit seinem Sohn zur Schule ging (The Guardian 19.1.2018).
Wenige Stunden vor seiner Verhaftung forderte Yu Wensheng von Präsident Xi Jinping in einem offenen Brief Verfassungsreformen (DW 19.1.2018).
International bekannt wurde der prominente Kritiker, als er 2017 gemeinsam mit fünf anderen Anwälten versuchte, die Regierung seines Landes wegen des gesundheitsschädlichen Smogs zu verklagen (DZ 29.1.2018). Als Anwalt hat Yu mehrere andere Menschenrechtsanwälte und Demonstranten aus Hongkong vertreten, die dort für mehr Demokratie auf die Straße gegangen sind und festgenommen worden waren (DW 1.2.2018).
Im Oktober vergangenen Jahres wurde Yu Wensheng vorübergehend inhaftiert, weil er in einem offenen Brief Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping wegen dessen Stärkung des Totalitarismus als für das Amt nicht geeignet bezeichnet hatte (NZZ 1.2.2018).
Der Verbleib von Yu Wensheng war zunächst unklar (DP 19.1.2018); nach Angaben von Amnesty International übernahm die Polizei von Xuzhou in der ostchinesischen Provinz Jiangsu den Fall. Der Anwalt werde derzeit unter "Hausarrest an einem ausgesuchten Ort festgehalten, ohne dass dieser Ort bekannt wäre, so Amnesty International (DZ 29.1.2018).
Gemäß Amnesty International sei der chinesische Menschenrechtsanwalt der "Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt" beschuldigt worden (DP 19.1.2018). Der Vorwurf der Subversion ist eine schwerwiegende Anklage, die eine Haftstrafe von bis zu 15 Jahren bedeuten kann. Im vergangenen Dezember war etwa der regierungskritische Blogger Wu Gan deswegen zu acht Jahren Gefängnis verurteilt worden (DZ 29.1.2018).
Der kritische Jurist ist das jüngste Opfer der seit mehr als zwei Jahren anhaltenden Verfolgungswelle gegen Anwälte, Mitarbeitern von Kanzleien, Aktivisten und deren Familienmitgliedern. Mehr als 300 wurden nach Angaben von Menschenrechtsgruppen seit Juli 2015 inhaftiert, verhört, unter Hausarrest gestellt oder an der Ausreise gehindert. Vier wurden verurteilt, 16 warten noch auf ihren Prozess (DP 19.1.2018). Mindestens eine Person aus der angeführten Gruppe sei verschwunden (BBC 16.1.2018).
Quellen:
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BBC News (16.1.2018): China rights lawyer Yu Wensheng loses licence, http://www.bbc.com/news/world-asia-china-42702731, Zugriff 22.1.2018
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DP - Die Presse (19.1.2018): Haft für Anwalt: China setzt Verfolgungswelle gegen Kritiker fort, https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5356682/Haft-fuer-Anwalt_China-setzt-Verfolgungswelle-gegen-Kritiker-fort, Zugriff 19.1.2018
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DW - Deutsche Welle (1.2.2018): China weist deutsche Kritik an Festnahme von Menschenrechtsanwalt zurück, http://www.dw.com/de/china-weist-deutsche-kritik-an-festnahme-von-menschenrechtsanwalt-zur%C3%BCck/a-42403119, Zugriff 2.2.2018
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DW - Deutsche Welle (19.1.2018): Chinesischer Bürgerrechtsanwalt Yu Wensheng festgenommen,
http://www.dw.com/de/chinesischer-b%C3%BCrgerrechtsanwalt-yu-wensheng-festgenommen/a-42214185, Zugriff 22.1.2018
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DZ - Die Zeit (29.1.2018):China beschuldigt Menschenrechtsanwalt der Subversion,
http://www.zeit.de/politik/ausland/2018-01/yu-wensheng-buergerrechtsanwalt-peking-anklage-haftstrafe, 30.1.2018
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NZZ - Neue Züricher Zeitung (1.2.2018): Ein kämpferischer Geist in den Fängen der chinesischen Behörden, https://www.nzz.ch/international/ein-kaempferischer-geist-in-den-faengen-der-chinesischen-behoerden-ld.1352463, Zugriff 1.2.2018
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The Guardian (19.1.2018): Outspoken Chinese human rights lawyer Yu Wensheng held by police
https://www.theguardian.com/world/2018/jan/19/outspoken-chinese-human-rights-lawyer-yu-wensheng-arrested , Zugriff 22.1.2018
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2. Politische Lage
Die Volksrepublik China ist mit geschätzten 1,374 Milliarden Einwohnern (Stand Juli 2016) und einer Fläche von 9.596.960 km² der bevölkerungsreichste Staat der Welt (CIA 26.7.2017).
China ist in 22 Provinzen, die fünf Autonomen Regionen der nationalen Minderheiten Tibet, Xinjiang, Innere Mongolei, Ningxia und Guangxi, sowie vier regierungsunmittelbare Städte (Peking, Shanghai, Tianjin, Chongqing) und zwei Sonderverwaltungsregionen (Hongkong, Macau) unterteilt. Nach dem Grundsatz "Ein Land, zwei Systeme", welcher der chinesisch-britischen "Gemeinsamen Erklärung" von 1984 über den Souveränitätsübergang im Jahr 1997 zugrunde liegt, kann Hongkong für 50 Jahre sein bisheriges Gesellschaftssystem aufrecht erhalten und einen hohen Grad an Autonomie genießen. Trotz starker öffentlicher Kritik in Hongkong hält die chinesische Regierung bezüglich einer möglichen Wahlrechtsreform für eine allgemeine Wahl des Hongkonger Regierungschefs (Chief Executive) an den Vorgaben fest, die der Ständige Ausschuss des Pekinger Nationalen Volkskongresses 2014 zur Vorabauswahl von Kandidaten gemacht hat. Dies hat in Hongkong zur Blockade der vorgesehenen Reform geführt und zu einem Erstarken von Bestrebungen nach größerer Autonomie, vereinzelt sogar zu Rufen nach Unabhängigkeit, auf die Peking scharf reagiert. Nach einem ähnlichen Abkommen wurde Macau am 20. Dezember 1999 von Portugal an die Volksrepublik China zurückgegeben. Die Lösung der Taiwanfrage durch friedliche Wiedervereinigung bleibt eines der Hauptziele chinesischer Politik (AA 4.2017a).
Gemäß ihrer Verfassung ist die Volksrepublik China ein "sozialistischer Staat unter der demokratischen Diktatur des Volkes, der von der Arbeiterklasse geführt wird und auf dem Bündnis der Arbeiter und Bauern beruht" (AA 4.2017a). China ist ein autoritärer Staat, in dem die Kommunistische Partei (KP) verfassungsmäßig die höchste Autorität ist. Beinahe alle hohen Positionen in der Regierung sowie im Sicherheitsapparat werden von Mitgliedern der KP gehalten (USDOS 3.3.2017). Die KP ist der entscheidende Machtträger. Nach dem Parteistatut wählt der alle fünf Jahre zusammentretende Parteitag das Zentralkomitee (376 Mitglieder, davon 205 mit Stimmrecht), das wiederum das Politbüro (25 Mitglieder) wählt. Ranghöchstes Parteiorgan und engster Führungskern ist der zurzeit siebenköpfige "Ständige Ausschuss" des Politbüros. Dieser gibt die Leitlinien der Politik vor. Die Personalvorschläge für alle diese Gremien werden zuvor im Konsens der Parteiführung erarbeitet (AA 4.2017a; vgl. USDOS 3.3.2017).
An der Spitze der Volksrepublik China steht der Staatspräsident, der gleichzeitig Generalsekretär der KP und Vorsitzender der Zentralen Militärkommission ist und somit alle entscheidenden Machtpositionen auf sich vereinigt. Der Ministerpräsident (seit März 2013 Li Keqiang) leitet den Staatsrat, die eigentliche Regierung. Er wird von einem "inneren Kabinett" aus vier stellvertretenden Ministerpräsidenten und fünf Staatsräten unterstützt. Der Staatsrat fungiert als Exekutive und höchstes Organ der staatlichen Verwaltung. Alle Mitglieder der Exekutive sind gleichzeitig führende Mitglieder der streng hierarchisch gegliederten Parteiführung (Ständiger Ausschuss, Politbüro, Zentralkomitee), wo die eigentliche Strategiebildung und Entscheidungsfindung erfolgt (AA 4.2017a).
Der 3.000 Mitglieder zählende Nationale Volkskongress (NVK) wird durch subnationale Kongresse für fünf Jahre gewählt. Er wählt formell den Staatspräsidenten für fünf Jahre und bestätigt den Premierminister, der vom Präsidenten nominiert wird (FH 1.2017a). Der NVK ist formal das höchste Organ der Staatsmacht. NVK-Vorsitzender ist seit März 2013 Zhang Dejiang (AA 4.2017a). Der NVK ist jedoch vor allem eine symbolische Einrichtung. Nur der Ständige Ausschuss trifft sich regelmäßig, der NVK kommt einmal pro Jahr für zwei Wochen zusammen, um die vorgeschlagene Gesetzgebung anzunehmen (FH 1.2017a). Eine parlamentarische oder sonstige organisierte Opposition gibt es nicht. Die in der sogenannten Politischen Konsultativkonferenz organisierten acht "demokratischen Parteien" sind unter Führung der KP Chinas zusammengeschlossen; das Gremium hat lediglich eine beratende Funktion (AA 4.2017a).
Beim 18. Kongress der KP China im November 2012 wurde, nach einem Jahrzehnt, ein Führungswechsel vollzogen (AI 23.5.2013). Bei diesem Parteitag wurden die Weichen für einen Generationswechsel gestellt und für die nächsten fünf Jahre ein neues Zentralkomitee, Politbüro und ein neuer Ständiger Ausschuss bestimmt (AA 4.2017a). Xi Jinping wurde zum Generalsekretär der KP und zum Vorsitzenden der Zentralen Militärkommission gekürt. Seit dem 12. Nationalen Volkskongress im März 2013 ist Xi Jinping auch Präsident Chinas (AA 4.2017a; vgl. FH 1.2017a). Er hält damit die drei einflussreichsten Positionen (USDOS 3.3.2017). Die neue Staatsführung soll - wenngleich die Amtszeit offiziell zunächst fünf Jahre beträgt - mit der Möglichkeit einer Verlängerung durch eine zweite, ebenfalls fünfjährige, Amtsperiode bis 2022 (und möglicherweise auch darüber hinaus) an der Macht bleiben (HRW 12.1.2017). Vorrangige Ziele der Regierung sind eine weitere Entwicklung Chinas und Wahrung der politischen und sozialen Stabilität durch Machterhalt der KP. Politische Stabilität gilt als Grundvoraussetzung für wirtschaftliche Reformen. Äußere (u.a. nachlassende Exportkonjunktur) und innere (u.a. alternde Gesellschaft, Umweltschäden, Wohlfahrtsgefälle) Faktoren machen weitere Reformen besonders dringlich. Die Rolle der Partei in allen Bereichen der Gesellschaft soll gestärkt werden. Gleichzeitig laufen Kampagnen zur inneren Reformierung und Stärkung der Partei. Prioritäten sind Kampf gegen die Korruption und Verschwendung, Abbau des zunehmenden Wohlstandsgefälles, Schaffung nachhaltigeren Wachstums, verstärkte Förderung der Landbevölkerung, Ausbau des Bildungs- und des Gesundheitswesens, Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und insbesondere Umweltschutz und Nahrungsmittelsicherheit. Urbanisierung ist und bleibt Wachstumsmotor, bringt aber gleichzeitig neue soziale Anforderungen und Problemlagen mit sich. Erste Ansätze für die zukünftige Lösung dieser grundlegenden sozialen und ökologischen Entwicklungsprobleme sind sichtbar geworden, haben deren Dimension aber zugleich deutlich aufgezeigt (AA 4.2017a).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): China - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/China/Innenpolitik_node.html#doc334570bodyText5, Zugriff 2.8.2017
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AI - Amnesty International (23.5.2013): Amnesty International Annual Report 2013 - China,
http://www.refworld.org/docid/519f51a96b.html, Zugriff 2.8.2017
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CIA - Central Intelligence Agency (26.7.2017): The World Factbook
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China,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ch.html, Zugriff 2.8.2017
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FH - Freedom House (1.2017a): Freedom in the World 2017 - China, http://www.ecoi.net/local_link/339947/483077_de.html, Zugriff 2.8.2017
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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - China, http://www.ecoi.net/local_link/334766/476520_de.html, Zugriff 28.8.2017
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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Reports on Human Rights Practices 2016 - China (includes Tibet, Hong Kong, and Macau), http://www.ecoi.net/local_link/337277/480051_de.html, Zugriff 2.8.2017
3. Sicherheitslage
Proteste auf lokaler Ebene haben in ganz China stark zugenommen. Sie richten sich vor allem gegen steigende Arbeitslosigkeit und Vorenthaltung von Löhnen, hauptsächlich von Wanderarbeitern. Bei den bäuerlichen Protesten auf dem Land geht es meistens um die (entschädigungslose oder unzureichend entschädigte) Enteignung von Land und fehlende Rechtsmittel. Auch stellen die chemische Verseuchung der Felder durch Industriebetriebe oder Umweltkatastrophen Gründe für Proteste dar. Nachdem die Anzahl sogenannter. "Massenzwischenfälle" über Jahre hinweg rasch zunahm, werden hierzu seit 2008 (mehr als 200.000 Proteste) keine Statistiken mehr veröffentlicht. Zwei Aktivisten, die seit 2013 durch eigene, über Twitter veröffentlichte Statistiken diese Lücke zu schließen versuchten, wurden im Juni 2016 verhaftet. Die lokalen Behörden verfolgen in Reaktion zumeist eine Mischstrategie aus engmaschiger Kontrolle, die ein Übergreifen nach außen verhindern soll, gepaart mit einem zumindest partiellen Eingehen auf die Anliegen (USDOS 3.3.2017; vgl. AA 15.12.2016)
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (15.12.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China
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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Reports on Human Rights Practices 2016 - China (includes Tibet, Hong Kong, and Macau), http://www.ecoi.net/local_link/337277/480051_de.html, Zugriff 31.8.2017
4. Rechtsschutz/Justizwesen
Die Führung unternimmt Anstrengungen, das Rechtssystem auszubauen. Dem steht jedoch der Anspruch der Kommunistischen Partei (KP) auf ungeteilte Macht gegenüber. Gewaltenteilung und Mehrparteiendemokratie werden ausdrücklich abgelehnt. Von der Verwirklichung rechtsstaatlicher Normen und einem Verfassungsstaat ist China noch weit entfernt. Im Alltag sind viele Chinesen weiterhin mit Willkür und Rechtlosigkeit konfrontiert (AA 4.2017a). Eine unabhängige Strafjustiz existiert in China folglich nicht. Strafrichter und Staatsanwälte unterliegen der politischen Kontrolle von staatlichen Stellen und Parteigremien (AA 15.12.2016). Die Kontrolle der Gerichte durch politische Institutionen ist ein verfassungsrechtlich verankertes Prinzip (ÖB 11.2016). Die KP dominiert das Rechtssystem auf allen Ebenen und erlaubt Parteifunktionären, Urteile und Verurteilungen zu beeinflussen. Die Aufsicht der KP zeigt sich besonders in politisch heiklen Fällen durch die Anwendung sog. "Leitlinien". Während Bürger in nicht-politischen Fällen ein gewisses Maß an fairer Entscheidung erwarten können, unterliegen diejenigen, die politisch sensible Fragen oder die Interessen mächtiger Gruppen berühren, diesen "Leitlinien" der politisch-juristischen Ausschüsse (FH 1.2017a). Seit dem vierten Jahresplenum des 18. Zentralkomitees 2014 betont die Führung die Rolle des Rechts und ergriff Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität gerichtlicher Verfahren und zum Aufbau eines "sozialistisches Rechtssystem chinesischer Prägung" unter dem Motto "yi fa zhi guo", wörtlich "den Gesetzen entsprechend das Land regieren". Echte Rechtsstaatlichkeit im Sinne der Achtung des Legalitätsprinzips in der Verwaltung und der Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit wird dabei aber dezidiert abgelehnt. Das in den Beschlüssen reflektierte Verständnis von Recht soll die Macht des Staates, dh. der Partei, keinesfalls einschränken, sondern vielmehr stärken (ÖB 11.2016).
Die wichtigste Einrichtung der KP zur Kontrolle des Rechtssystems ist die Kommission des Zentralkomitees für Politik und Recht (ZKPR). Das ZKPR ist in unterschiedlichen Unter-Formaten auf jeder gerichtlichen Ebene verankert, wobei die jeweiligen Ebenen der übergeordneten Ebene verantwortlich sind. Die Macht des Komitees, das auf allen Ebenen auf Verfahren Einfluss nimmt, wurde auch seit den Beschlüssen des Vierten Plenums der KP im Oktober 2014 bewusst nicht angetastet (ÖB 11.2016).
Die Richter-Ernennung erfolgt auf Provinzebene durch Rechtskomitees, welchen hochrangige Partei-Funktionäre angehören und welche von einem KP-Inspektorat überwacht werden. Richter sind verpflichtet, über Einflussnahmen seitens lokaler Politiker auf Verfahren Bericht zu erstatten. Es ist für Richter schwierig, zwischen "Unabhängigkeit" von lokalen politischen Einflüssen, und Loyalität zur KP-Linie (welche regelmäßig miteinander und mit einflussreichen Wirtschafts- und Privatinteressen verbunden sind) zu navigieren. Trotz laufender Reformbemühungen gibt es - vor allem auf unterer Gerichtsebene - noch immer einen Mangel an gut ausgebildeten Richtern (ÖB 11.2016).
Ein umfassender Regelungsrahmen unterhalb der gesetzlichen Ebene soll "Fehlverhalten" von Justizbeamten und Staatsanwälten in juristischen Prozessen unterbinden. Das Oberste Volksgericht (OVG) unter seinem als besonders "linientreu" geltenden Präsidenten und die Oberste Staatsanwaltschaft haben in ihren Berichten an den Nationalen Volkskongress im März 2014 in erster Linie gefordert, "Falschurteile" der Gerichte zu verhindern, die Richterschaft an das Verfassungsverbot von Folter und anderen Zwangsmaßnahmen bei Vernehmungen zu erinnern und darauf hinzuweisen, dass Verurteilungen sich nicht allein auf Geständnisse stützen dürfen. Die Regierung widmet sowohl der juristischen Ausbildung als auch der institutionellen Stärkung von Gerichten und Staatsanwaltschaften seit mehreren Jahren große Aufmerksamkeit (AA 15.12.2016).
Das umstrittene System der "Umerziehung durch Arbeit" ("laojiao") wurde aufgrund entsprechender Beschlüsse des 3. Plenums des ZK im November 2013 offiziell am 28.12.2013 abgeschafft. Es liegen Erkenntnisse vor, wonach diese Haftanstalten lediglich umbenannt wurden, etwa in Lager für Drogenrehabilitation, rechtliche Erziehungszentren oder diese als schwarze Gefängnisse weiter genutzt werden (AA 15.12.2016).
Mit der letzten großen Novellierung 2013 sieht die Strafprozessordnung genaue Regeln für Festnahmen vor, führt den "Schutz der Menschenrechte" an und verbietet Folter und Bedrohung bzw. Anwendung anderer illegaler Methoden zur Beweisermittlung. Es besteht jedoch eine teilweise erhebliche Divergenz zwischen den Rechtsvorschriften und deren Umsetzung, und werden diese zum Zwecke der Unterdrückung von politisch unliebsamen Personen instrumentalisiert. Laut Strafprozessordnung müssen auch im Falle einer Festnahme wegen Terrorismus, der Gefährdung der Staatssicherheit oder der schwerwiegenden Korruption die Angehörigen von in Untersuchungshaft sitzenden Personen innerhalb von 24 Stunden über die Festnahme informiert werden, nicht jedoch über den Grund der Festnahme oder über den Aufenthaltsort. Zudem besteht diese Informationspflicht nicht, wenn durch diese Information die Ermittlungen behindert würden - in diesen Fällen müssen Angehörige erst nach 37 Tagen informiert werden. Was eine "Behinderung der Ermittlung" bedeutet, liegt im Ermessen der Polizei, es gibt kein Rechtsmittel dagegen. Da Verdächtige sich formell in Untersuchungshaft befindet, muss der Ort der Festhaltung laut Gesetz auch in diesen Fällen eine offizielle Einrichtung sein. Der Aufenthaltsort kann auch außerhalb offizieller Einrichtungen liegen. Diese Möglichkeit wurde mit der Strafprozessnovelle 2012 eingeführt und von Rechtsexperten wie dem Rapporteur der UN-Working Group on Enforced or Involuntary Disappearances wegen des inhärenten Folterrisikos als völkerrechtswidrig kritisiert (ÖB 11.2016; vgl. AI 22.2.2017).
Willkürliche Verhaftungen oder Hausarrest ("soft detention") ohne gerichtliche Verfahren kommen häufig vor. Die Staatsorgane griffen verstärkt auf den "Hausarrest an einem festgelegten Ort" zurück - eine Form der geheimen Inhaftierung ohne Kontakt zur Außenwelt, die es der Polizei erlaubt, eine Person für die Dauer von bis zu sechs Monaten außerhalb des formellen Systems, das die Inhaftierung von Personen regelt, und ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand der eigenen Wahl, zu Familienangehörigen oder anderen Personen der Außenwelt festzuhalten. Dadurch wurden diese Personen der Gefahr ausgesetzt, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden. Diese Inhaftierungspraxis dient dazu, die Tätigkeit von Menschenrechtsverteidigern - einschließlich der von Rechtsanwälten, politisch engagierten Bürgern und Angehörigen von Religionsgemeinschaften - zu unterbinden (ÖB 11.2016; vgl. AA 15.12.2016, AI 22.2.2017).
Im Zusammenhang mit verwaltungsstrafrechtlich bewehrten rechtswidrigen Handlungen kann die Polizei zudem "Verwaltungsstrafen" verhängen. Diese Strafen reichen von Ermahnungen über Geldbußen bis hin zu einer "Verwaltungshaft" (ohne richterliche Entscheidung) von bis zu 15 Tagen. Der Aufenthalt in den offiziell nicht existenten "black jails" kann zwischen wenigen Tagen und in einigen Fällen langjährigen Haftaufenthalten variieren (AA 15.12.2016).
Das 2013 in Kraft getretene revidierte Strafverfahrensgesetz verbessert v.a. die Stellung des Verdächtigen/Angeklagten und der Verteidigung im Strafprozess; die Umsetzung steht aber in der Praxis in weiten Teilen noch aus. Auch der Zeugenschutz wird gestärkt. Chinesische Experten gehen davon aus, dass die Durchsetzung dieser Regeln viele Jahre erfordern wird (AA 15.12.2016). Der Schutz jugendlicher Straftäter wurde erhöht (ÖB 11.2014).
2014 wurden schrittweise weitere Reformen eingeleitet, darunter die Anordnung an Richter, Entscheidungen über ein öffentliches Onlineportal zugänglich zu machen sowie ein Pilotprojekt in sechs Provinzen um die Aufsicht über Bestellungen und Gehälter auf eine höhere bürokratische Ebene zu verlagern. Beim vierten Parteiplenum im Oktober 2014 standen Rechtsreformen im Mittelpunkt. Die Betonung der Vorherrschaft der Partei über das Rechtssystem und die Ablehnung von Aktionen, die die Unabhängigkeit der Justiz erhöhen würden, wurde jedoch beibehalten. Dies führte zu Skepsis hinsichtlich der tatsächlichen Bedeutung der Reform (FH 1.2015a).
Das chinesische Strafgesetz hat die früher festgeschriebenen "konterrevolutionären Straftaten" abgeschafft und im Wesentlichen durch Tatbestände der "Straftaten, welche die Sicherheit des Staates gefährden" (Art. 102-114 chin. StG) ersetzt. Danach können vor allem Personen bestraft werden, die einen politischen Umsturz/Separatismus anstreben oder das Ansehen der VR China beeinträchtigen. Gerade dieser Teil des Strafgesetzes fällt durch eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe auf (AA 15.12.2016). Die Regierung hat weitere Gesetze zur nationalen Sicherheit ausgearbeitet und verabschieden lassen, die eine ernste Gefahr für den Schutz der Menschenrechte darstellen. Das massive landesweite Vorgehen gegen Menschenrechtsanwälte und politisch engagierte Bürger hielt das ganze Jahr über an (AI 22.2.2017). Prozesse, bei denen die Anklage auf Terrorismus oder "Verrat von Staatsgeheimnissen" lautet, werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Was ein Staatsgeheimnis ist, kann nach chinesischer Gesetzeslage auch rückwirkend festgelegt werden. Angeklagte werden in diesen Prozessen weiterhin in erheblichem Umfang bei der Wahrnehmung ihrer Rechte beschränkt. U.a. wird dem Beschuldigten meist nicht erlaubt, Verteidiger seiner Wahl zu beauftragen; nur in seltenen Ausnahmefällen wird vom Gericht überhaupt eine Verteidigung bestellt (AA 15.12.2016).
Auch 2016 setzten sich die Übergriffe der Behörden auf Menschenrechtsanwälte das ganze Jahr hindurch mit Verhaftungen und strafrechtlichen Verfolgungen fort (FH 1.2017a). Rechtsanwälte, die in kontroversen Fällen tätig wurden, mussten mit Drangsalierungen und Drohungen seitens der Behörden rechnen, und in einigen Fällen wurde ihnen die weitere berufliche Tätigkeit verboten. Dies hatte zur Konsequenz, dass der Zugang der Bürger zu einem gerechten Gerichtsverfahren sehr stark eingeschränkt war. Mangelhafte nationale Gesetze und systemische Probleme im Strafrechtssystem hatten weitverbreitete Folter und anderweitige Misshandlungen sowie unfaire Gerichtsverfahren zur Folge (AI 22.2.2017).
Seit der offiziellen Abschaffung der administrativen "Umerziehung durch Arbeit" im Jänner 2014 werden Menschenrechtsaktivisten vermehrt auf Basis der Strafrechtstatbestände der Unruhestiftung oder des Separatismus verurteilt und somit in Strafhaft gesperrt, wobei aufgrund der vagen Tatbestände ein strafrechtsrelevanter Sachverhalt relativ leicht kreiert werden kann (ÖB 11.2016). Häufig wurden Anklagen wegen "Untergrabung der staatlichen Ordnung", "Untergrabung der Staatsmacht", "Anstiftung zum Separatismus" "Anstiftung zu Subversion" oder "Weitergabe von Staatsgeheimnissen", sowie "Weitergabe nachrichtendienstlicher Informationen an das Ausland" erhoben und langjährige Gefängnisstrafen verhängt (ÖB 11.2016; vgl. AI 22.2.2017).
Wegen der mangelnden Unabhängigkeit der Justiz wählen viele Betroffene von Behördenwillkür den Weg der Petition bei einer übergeordneten Behörde (z.B. Provinz- oder Zentralregierung). Petitionen von Bürgern gegen Rechtsbrüche lokaler Kader in den Provinzen nehmen zu. Allein in Peking versammeln sich täglich Hunderte von Petenten vor den Toren des staatlichen Petitionsamts, um ihre Beschwerde vorzutragen. Chinesischen Zeitungsberichten zufolge werden pro Jahr landesweit ca. 10 Mio. Eingaben eingereicht. Petenten aus den verschiedenen Provinzen werden häufig von Schlägertrupps im Auftrag der Provinzregierungen aufgespürt und in ihre Heimatregionen zurückgebracht. Zwischen Februar und April 2014 wurden verschiedene Reformen des Petitionssystems verabschiedet, die eine schnellere Bearbeitung und Umstellung auf mehr Online-Plattformen beinhaltet. Das 4. Plenum des Zentralkomitees der KP hat im Oktober 2014 weitere Schritte zur Regelung des Petitionswesens getroffen, deren Umsetzung aber noch aussteht. Diese Reformen werden von Beobachtern dafür kritisiert, dass sie die Effektivität der Bearbeitung der Petitionen kaum steigern, sondern vor allem dazu dienen, Petitionäre von den Straßen Pekings fernzuhalten (AA 15.12.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): China - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/China/Innenpolitik_node.html#doc334570bodyText5, Zugriff 2.8.2017
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AA - Auswärtiges Amt (15.12.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China