TE Vfgh Erkenntnis 1997/3/12 B1143/95

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.03.1997
beobachten
merken

Index

40 Verwaltungsverfahren
40/01 Verwaltungsverfahren außer Finanz- und Dienstrechtsverfahren

Norm

B-VG Art83 Abs2
B-VG Art129a Abs1 Z2
B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelb
EMRK Art3
EMRK Art5
Polizeigefangenenhaus-HausO §23

Leitsatz

Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Zurückweisung der Maßnahmenbeschwerde eines (ehemaligen) Schubhäftlings (Kosovo-Albaner) gegen behauptete Mißhandlungen in Polizeihaft; Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenats aufgrund der Geltendmachung von Menschenrechtsverletzungen und nicht bloßer Verletzungen der aus der Polizeigefangenenhaus-HausO erwachsenden Rechte

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit S 18.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer erhob unter dem 17. Juni 1994 gemäß Art129a B-VG iVm. §67c AVG eine Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt an den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien (im folgenden: UVS). Begründend führte er aus, während seiner Anhaltung in Schubhaft im Polizeigefangenenhaus Wien am 21. Mai 1994 mißhandelt sowie in der Zeit vom 21. Mai bis 24. Mai 1994 ohne Tageslicht und unter Verweigerung jeder ärztlichen Behandlung in Einzelhaft gehalten und dadurch in seinen gemäß Art3 und 5 EMRK sowie dem BVGpersFr verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden zu sein.

2. Der UVS wies diese Beschwerde nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mit der Begründung zurück, daß die Verhandlung ergeben habe, daß es sich bei "Verbringung des (damals verletzten) Beschwerdeführers am (richtig:) 22.5.1994 ... in eine Einzelzelle um eine Verlegung 'wegen Verstoßes gegen die Hausordnung - Ordnungswidrigkeit nach §24 Polizeigefangenenhaus-Hausordnung' (der Beschwerdeführer habe nach Ansicht der belangten Behörde 'randaliert, Anweisungen mißachtet und sich zur Erzwingung einer Haftunterbrechung totgestellt'), somit um den Vollzug einer Disziplinarmaßnahme, gehandelt" habe. Daraus ergebe sich, daß dem Beschwerdeführer "die Möglichkeit einer Austragung im Verwaltungsverfahren gemäß §23 (iVm §24 Abs3) der Polizeigefangenenhaus-Hausordnung, BGBl. Nr. 566/1988, zur Verfügung" gestanden sei, die gemäß §7 der Verordnung des Bundesministers für Inneres zur Durchführung des Fremdengesetzes, BGBl. 840/1992, Anwendung finde. Da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Regelungen über die sogenannte Maßnahmebeschwerde nur der Schließung einer Lücke im Rechtsschutzsystem, nicht aber der Eröffnung einer Zweigleisigkeit für die Verfolgung ein- und desselben Rechtes dienten, habe für die an den UVS herangetragene Maßnahmebeschwerde von vornherein kein Raum bestanden. Die belangte Behörde verwies unter einem "insbesondere" auf den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. September 1992, Zl. 92/01/0713, "betreffend einen insofern vergleichbaren Fall; dort bestand die Möglichkeit der Austragung einer Beschwerde wegen Verweigerung einer ärztlichen Betreuung während eines Strafvollzugs in einem Verfahren nach den §§120ff StVG".

Abschließend führt der UVS aus:

"Daß mit einer Verletzung eines aus der Polizeigefangenenhaus-Hausordnung entspringenden Rechtes eines Häftlings gleichzeitig (zusätzlich) auch ein Eingriff in verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte dieses Häftlings erfolgen kann, ändert an diesem Ergebnis nichts, weil es nach den zitierten Vorschriften für die Beantwortung der Frage, welcher Rechtsweg zur Bekämpfung der Rechtswidrigkeit zu beschreiten ist, nicht auf die Intensität des Eingriffs in subjektive Rechte des Häftlings ankommt. Daß aber die hier vorgesehene Beschwerde nach der Polizeigefangenenhaus-Hausordnung, die zu einem vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts bekämpfbaren Bescheid führt, nicht wirksam im Sinne des Art13 MRK wäre, hat auch der Beschwerdeführer nicht behauptet."

3. In der dagegen gemäß Art144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer die Verletzung der gemäß Art83 Abs2 B-VG, sowie dem BVG BGBl. 390/1973 iVm. Art7 Abs1 B-VG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte geltend. Er führt dazu im wesentlichen aus, sogenannter Kosovo-Albaner zu sein und am 16. März 1992 in Österreich einen Antrag auf Asylgewährung gestellt zu haben. Am 28. April 1994 sei er in Schubhaft genommen worden, in der er am "31. April 1994" (richtig: 30. April 1994) einen Hungerstreik begonnen habe. Am 21. Mai 1994, gegen 18.00 Uhr, habe er einen Schwächeanfall erlitten und sich im Sturz am Kopf eine stark blutende Platzwunde zugezogen. Die von seinem Mithäftling verständigten vier Polizeibeamten hätten ihn an den Füßen in den Gang geschleift und seien über ihn hergefallen. Der Beschwerdeführer sei geschlagen und in die Nieren sowie die Bauchgegend getreten worden. Ein Kugelschreiber wäre ihm in die Schädeldecke hinter dem Ohrläppchen gepreßt worden, sodaß er das Bewußtsein verloren habe. Dessen ungeachtet hätten ihn die Beamten vom dritten Stock über die Stiegen in den Keller geschleift, wobei er sich offene Wunden im Bereich der Wirbelsäule und Hämatome im gesamten Rückenbereich sowie zahlreiche Abschürfungen an den Fersen zugezogen habe. Nach Anlegung eines gänzlich unzulänglichen Verbandes sei er in eine Einzelzelle ohne Tageslicht gesperrt worden. Erst am 24. Mai 1994 sei auf Verlangen einer Kontaktperson ein Sanitäter erschienen, der gemeint habe, daß die Verletzungen nicht schlimmer als Verletzungen aufgrund eines Fußballspiels seien. Nach weiterem Beharren auf eine Vorführung zum Amtsarzt sei eine ärztliche Untersuchung vorgenommen worden. Sodann habe man den Beschwerdeführer wieder in die Gruppenzelle zurückverlegt. Am 28. Mai 1994 sei er auf Anordnung des untersuchenden Arztes freigelassen worden, da er über 20 kg Körpergewicht verloren gehabt habe.

Die belangte Behörde habe auf Grund seiner Beschwerde jedoch ausgesprochen, der Beschwerdeführer hätte diese gemäß §23 Polizeigefangenenhaus-Hausordnung, BGBl. 566/1988 (im folgenden: PGH-HO), an den Kommandanten richten müssen. Diese Bestimmung betreffe jedoch nur Beschwerden wegen Verletzung der dem Häftling aus der Hausordnung erwachsenden Rechte. In seiner Beschwerde habe er jedoch gerade nicht die Verletzung solcher Rechte gerügt. Der UVS hätte daher in merito entscheiden müssen; dieser habe daher die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt.

Überdies habe der UVS verkannt, daß die präjudizielle Bestimmung des §23 PGH-HO verfassungswidrig sei. Wie in der Studie "Internationale menschenrechtliche Normen und österreichische Schubhaft, Juli 1995" des Ludwig-Boltzmann-Institutes für Menschenrechte festgestellt werde, schließe §23 PGH-HO (im Gegensatz zu §121 StVG) in verfassungswidriger Weise die nach Art129a Abs1 Z2 B-VG bestehende Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates aus, weil er - auf Verordnungsstufe stehend - weder im Fremdengesetz noch im VStG Deckung finde und sohin dem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nach Art83 Abs2 B-VG widerspreche.

4. Der UVS als belangte Behörde dieses verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens hat eine Ablichtung der Haftunterlagen sowie den Fremdenakt des Beschwerdeführers vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der er im wesentlichen auf den Inhalt des bekämpften Bescheides verweist und beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

5. Der Bundesminister für Inneres machte von der ihm eingeräumten Äußerungsmöglichkeit keinen Gebrauch.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt (zB VfSlg. 9696/1983), etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg. 10374/1985, 11405/1987, 13280/1992).

2.1. Der gemäß Art144 B-VG angefochtene Bescheid des UVS stützt sich vornehmlich auf §7 der Verordnung des Bundesministers für Inneres zur Durchführung des FremdenG, BGBl. 840/1992, sowie auf die §§23f der PGH-HO. Obwohl die erstgenannte Verordnung vor Erlassung des angefochtenen Bescheides durch die FremdenG-Durchführungsverordnung 1994, BGBl. 121/1995, abgelöst worden ist, hat sie der UVS zutreffend seiner Entscheidung zugrundegelegt, weil es in der Sache um die rechtliche Beurteilung der im Jahre 1994 erfolgten Einbringung des Rechtsmittels des Beschwerdeführers geht.

2.2. Der Bundesminister für Inneres hat mit der PGH-HO ua. die durch das FremdenG und das VStG vorgegebenen Rechte und Pflichten der Häftlinge und Aufsichtsorgane näher ausgeführt. Darüber hinaus finden sich hier aber etwa auch Bestimmungen über die Vorgangsweise für den Fall, daß sich Häftlinge in einem Zustand der Selbstgefährlichkeit befinden (§4 Abs5), über Haftfähigkeit (§7), Verfügung über Kleidungsstücke und sonstige Effekten (§9), ärztliche Betreuung der Häftlinge (§10), Seelsorge (§11), Hygiene (§12), Rauchen (§14), Hausarbeit (§16) und Einkauf (§18). Die für den vorliegenden Beschwerdefall vornehmlich maßgeblichen §§23 und 24 der PGH-HO lauten:

"Wünsche, Ansuchen und Beschwerden

§23. (1) Beschwerden wegen Verletzung der dem Häftling aus der Hausordnung erwachsenden Rechte sind vom Häftling dem Kommandanten vorzutragen oder schriftlich mitzuteilen.

(2) Richtet sich die Beschwerde gegen Aufsichtsorgane, so hat hierüber der Kommandant zu entscheiden. Richtet sie sich gegen eine von ihm oder vom Arzt getroffene Maßnahme oder Entscheidung und hilft er der Beschwerde nicht selbst ab, so ist sie der Behörde vorzulegen. Diese hat, außer bei Beschwerden über vom Arzt getroffene Maßnahmen, mit Bescheid zu entscheiden.

(3) Vorbringen, die eine Verletzung anderer als der aus der Hausordnung erwachsenden Rechte zum Gegenstand haben, sind ohne unnötigen Aufschub, erforderlichenfalls auch fernmündlich, an die Behörde heranzutragen.

(4) Im übrigen steht es jedem Häftling frei, Wünsche und Ansuchen mündlich oder schriftlich vorzubringen. Er ist zu diesem Zwecke auf sein Verlangen ohne unnötigen Aufschub dem Kommandanten vorzuführen.

Ordnungswidrigkeiten

§24. (1) Ein Häftling, der vorsätzlich eine ihm durch die Hausordnung auferlegte Pflicht mißachtet, der zu flüchten oder seine vorzeitige Entlassung zu erschleichen versucht, begeht eine Ordnungswidrigkeit.

(2) Steht ein Häftling im Verdacht, eine Ordnungswidrigkeit begangen zu haben, so hat der Aufsichtsbeamte hierüber Meldung zu erstatten, es sei denn, daß nach Ansicht des Aufsichtsbeamten eine Ermahnung ausreicht.

(3) Der Kommandant hat den der Meldung zugrundeliegenden Sachverhalt zu untersuchen und den Häftling zur Anschuldigung zu hören. Gegen Häftlinge, die eine Ordnungswidrigkeit begangen haben, hat der Kommandant je nach Schwere des Verstoßes ohne förmliches Verfahren eine der folgenden gemäß §23 Abs2 anfechtbaren Maßnahmen zu ergreifen:

1.

Verweis;

2.

zeitweise Entziehung einer oder mehrerer der in den §§15 und 18 als einschränkbar bezeichneten Rechte für die Zeit von höchstens einer Woche;

3.

Anhaltung in Einzelhaft durch längstens drei Tage.

(4) Maßnahmen gemäß Abs3 Z2 und 3 können gemeinsam verhängt werden."

2.3. Nach §23 Abs1 bis 3 PGH-HO steht einem in einem Polizeigefangenenhaus einsitzenden Häftling im Hinblick auf behauptete Rechtsverletzungen ein zweigeteilter Rechtszug offen:

2.3.1. Wendet sich ein Häftling gegen die Verletzung "der dem Häftling aus der Hausordnung erwachsenden Rechte", ist seine "Beschwerde" an den Kommandanten zu richten. Dieser hat nur dann selbst darüber zu entscheiden, wenn es sich um eine Maßnahme eines Aufsichtsorganes handelt. Richtet sich die Beschwerde aber gegen eine von ihm oder vom Amtsarzt getroffene Maßnahme und hilft er der "Beschwerde nicht selbst ab", so hat er sie der "Behörde" vorzulegen. "Behörde" im Sinne des §23 Abs2 PGH-HO ist gemäß §46 iVm. §65 Abs1 FremdenG die Bezirksverwaltungs- bzw. die Bundespolizeibehörde, die ihrerseits aber nur dann mit Bescheid zu entscheiden hat, wenn eine Maßnahme des Kommandanten den Grund zur Beschwerde gab.

2.3.2. Demgegenüber sind gemäß Abs3 des §23 PGH-HO "Vorbringen" wegen "Verletzung anderer als der aus der Hausordnung erwachsenden Rechte" sogleich an die "Behörde" heranzutragen, dh. zur Entscheidung vorzulegen. "Behörde" im Sinne dieser Bestimmung ist aber nicht in jedem Falle die Bezirksverwaltungs- bzw. die Bundespolizeibehörde, vielmehr bestimmt sich diese Behördenzuständigkeit allgemein nach Art der geltend gemachten Rechte:

Gemäß Art144 Abs1 B-VG idF BGBl. 302/1975 erkannte der Verfassungsgerichtshof u.a. über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person. Laut dem mit der B-VG-Novelle 1988, BGBl. 685/1988, eingefügten Art129a Abs1 B-VG erkennen nunmehr - unter nachprüfender Kontrolle der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts - die unabhängigen Verwaltungssenate (im folgenden ebenfalls: UVS) nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges, sofern ein solcher in Betracht kommt, u.a. über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes (Z2).

Art129a Abs1 B-VG enthält in bezug auf die sogenannten Maßnahmebeschwerden dieselbe Wendung, wie sie Art144 Abs1 B-VG bis zur B-VG-Novelle 1988 aufwies. Hiezu hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis VfSlg. 13670/1994 ausgesprochen, es sei offenkundig, daß der Begriff der "Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt" durch die mit der B-VG-Novelle 1988 erfolgte Zuständigkeitsverschiebung keine Änderung erfahren habe. Gleichfalls unverändert ist das Erfordernis der Erschöpfung eines allenfalls durch Gesetz vorgesehenen Instanzenzuges (vgl. zur alten Verfassungsrechtslage iZm. dem WehrG 1955 VfSlg. 8263/1978; iZm. dem FernmeldeG VfSlg. 11924/1988, VfGH 12.6.1989, B1898/88; iZm. dem StVG in ständiger Rechtsprechung s. etwa VfSlg. 10199/1984, 12260/1990; zu Art129a B-VG iZm. §§120f StVG vgl. VfSlg. 12973/1992 sowie 13594/1993 und VwGH 16.9.1992, 92/01/0713; iZm. §18 Z5 Abgabenexekutionsordnung s. VwGH 29.6.1992, 91/15/0147; s. ferner Walter - Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 5. Aufl., Wien 1991, Rz. 548/19, Thienel, Das Verfahren der Verwaltungssenate,

2. Aufl., Wien 1992, 151ff; Mayer, Das österreichische Bundes-Verfassungsrecht, Wien 1994, 303; Walter - Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 8. Aufl., Wien 1996, Rz. 927/12).

2.4. Es kann hier auf sich beruhen, was im einzelnen unter den "dem Häftling aus der Hausordnung erwachsenden Rechten" im Sinne des §23 Abs1 PGH-HO zu verstehen ist und welche Beschwerden demgemäß an den Kommandanten herangetragen werden müssen. Denn der Beschwerdeführer hat in seiner Beschwerde an den UVS nicht die Verletzung seiner "aus der Hausordnung erwachsenden Rechte", vielmehr eine Verletzung der ihm gemäß Art3 und 5 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte geltend gemacht.

Da für eine Maßnahmebeschwerde eines (ehemaligen) Schubhäftlings keine gesonderten gesetzlichen Bestimmungen bestehen, hat in einem solchen Fall der UVS gemäß Art129a Abs1 Z2 B-VG jedenfalls über die von einem (ehemaligen) Schubhäftling an ihn herangetragene Behauptung der Verletzung der gemäß Art3 und 5 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte (hier: Mißhandlungen) in Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt abzusprechen.

Der UVS hat deshalb im vorliegenden Beschwerdefall in Verkennung der Rechtslage seine Zuständigkeit verneint. Er verweigerte dem Beschwerdeführer sohin zu Unrecht eine Sachentscheidung und verletzte ihn dadurch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (vgl. VfSlg. 13037/1992, 13670/1994, 13806/1994).

Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben.

III. 1. Die Kostenentscheidung beruht

auf §88 VerfGG 1953. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von S 3.000,-- enthalten.

2. Dies konnte gemäß §19 Abs4, erster Satz, VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden.

Schlagworte

Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, Behördenzuständigkeit, Fremdenrecht, Unabhängiger Verwaltungssenat, Polizei

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:B1143.1995

Dokumentnummer

JFT_10029688_95B01143_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten