TE Vfgh Erkenntnis 1997/3/12 B3505/95

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Veröffentlicht am 12.03.1997
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung
62/01 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Feststellung der Gesetzwidrigkeit der BundeshöchstzahlV 1995 zum AuslBG mit E v 26.20.97, V110/96 ua.

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit S 18.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer beantragte bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Bregenz die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für einen türkischen Staatsangehörigen.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Vorarlberg wurde dieser Antrag abgewiesen. Die belangte Behörde stützte ihre Entscheidung - ebenso wie die Behörde I. Instanz - auf §4 Abs7 AuslBG (idF BGBl. 257/1995) iVm der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1995 (kurz: BHZV 1995), BGBl. 944/1994 idF BGBl. 163/1995, und der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung - BHZÜV, BGBl. 278/1995, und begründete sie im wesentlichen damit, daß die in der BHZV 1995 mit 262.000 festgelegte Bundeshöchstzahl überschritten sei und die beantragte ausländische Arbeitskraft weder der Anrechnung auf die Bundeshöchstzahl unterliege, noch einen Arbeitslosengeldanspruch habe, und für sie auch keine Sicherungsbescheinigung ausgestellt worden sei. Sie erfülle auch keine der in der BHZÜV angeführten Voraussetzungen. Die unter Berufung auf den Beschluß des Assoziationsrates EWG-Türkei Nr. 1/80 vorgetragenen Einwände wurden verworfen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der der Beschwerdeführer die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und der Sache nach auch die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides beantragt.

3. Die belangte Behörde legte unter Verzicht auf die Erstattung einer Gegenschrift die Verwaltungsakten vor.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 26. Februar 1997, V110/96, ausgesprochen, daß die BHZV 1995 gesetzwidrig war.

2. Gemäß Art139 Abs6 B-VG ist eine vom Verfassungsgerichtshof für gesetzwidrig erkannte Verordnung im Anlaßfall nicht mehr anzuwenden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind einem Anlaßfall (im engeren Sinn) jene Fälle gleichzuhalten, die im Zeitpunkt des Beginns der mündlichen Verhandlung, bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in jenem des Beginns der nichtöffentlichen Beratung über eine in der Beschwerdesache präjudizielle Verordnungsstelle anhängig sind (vgl. VfSlg. 10661/1985, 10736/1985, 10954/1986).

3. Die Beschwerde ist am 15. November 1995 beim Verfassungsgerichtshof eingelangt. Der Zeitpunkt des Beginns der nichtöffentlichen Beratung im Normenprüfungsverfahren über die BHZV 1995 war der 26. Februar 1997. Der Ausspruch, daß die BHZV 1995 gesetzwidrig war (vgl. Pkt. II.1.), wirkt daher auch für sie.

Der angefochtene Bescheid ist in Anwendung der als gesetzwidrig erkannten Verordnung ergangen. Es ist nach Lage des Falles (insbesondere im Hinblick darauf, daß §4 Abs7 AuslBG nur dann zur Anwendung gelangen kann, wenn die Gesamtzahl gemäß §12a Abs1 leg.cit. vom Bundesminister kundgemacht wurde; vgl. dazu insbesondere die Ausführungen unter Pkt. II.6.b) des oben unter Pkt. II.1. genannten Erkenntnisses) nicht von vornherein ausgeschlossen, daß sich ihre Anwendung für den Beschwerdeführer als nachteilig erweist. Der Beschwerdeführer ist demnach durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt worden. Der Bescheid war daher aufzuheben.

III.        Diese Entscheidung konnte

gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

IV.                                 Die Kostenentscheidung stützt

sich auf §88 VerfGG. Im zugesprochenen Kostenbetrag ist Umsatzsteuer in Höhe von S 3.000,-- enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:B3505.1995

Dokumentnummer

JFT_10029688_95B03505_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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