Entscheidungsdatum
15.01.2019Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W118 2200090-1/2E
W118 2201620-1/2E
W118 2200098-1/3E
W118 2200101-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. ECKHARDT über die Beschwerden von XXXX, BNr. XXXX, gegen die Bescheide der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 31.07.2017, AZ II/4-EBP/11-7194252010, betreffend Einheitliche Betriebsprämie 2011, vom 30.08.2017, AZ II/4-EBP/12-7416839010, betreffend Einheitliche Betriebsprämie 2012, vom 12.01.2018, AZ II/4-DZ/15-8096358010, betreffend Direktzahlungen 2015 und vom 12.01.2018, AZ II/4-DZ/16-8101613010, betreffend Direktzahlungen 2016 zu Recht:
A)
I. Der Beschwerde gegen den Bescheid der AMA vom 12.01.2018, AZ II/4-DZ/15-8096358010, betreffend Direktzahlungen 2015 wird teilweise stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass dem Antrag auf Gewährung der Zahlung für Junglandwirte stattgegeben wird.
II. Im Übrigen werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.
III. Gemäß § 19 Abs. 3 MOG 2007 wird der AMA aufgetragen, die entsprechenden Berechnungen gemäß Spruchpunkt I. durchzuführen und das Ergebnis dem Beschwerdeführer bescheidmäßig mitzuteilen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Mit Wirksamkeitsbeginn vom 01.05.2011 zeigte der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) unter seinem Namen zur BNr. XXXX die Neuanlage eines Betriebes an.
Antragsjahr 2011:
1. Mit Mehrfachantrag-Flächen vom 09.05.2011 beantragte der BF u.a. die Gewährung der Einheitlichen Betriebsprämie für das Antragsjahr 2011 für in den Beilagen Flächenbogen und Flächennutzung näher konkretisierte Flächen.
2. Mit Datum vom 13.05.2011 brachte der BF mittels Formular der AMA einen "Antrag auf Anerkennung als Neubeginner 2011 für die Einheitliche Betriebsprämie gemäß § 8 Abs. 3 Z 5 MOG 2007" ein. Seitens des BF wurde angegeben, die Bewirtschaftung des Betriebes am 15.05.2010 aufgenommen zu haben. In den letzten fünf Jahren vor der Aufnahme der Bewirtschaftung sei keine landwirtschaftliche Tätigkeit auf eigenen Namen und eigene Rechnung ausgeübt worden. Die Aufnahme der Bewirtschaftung sei vor Vollendung des 40. Lebensjahres erfolgt, ein Betriebskonzept sei in Kopie beigelegt worden und der BF habe eine Ausbildung abgeschlossen.
3. Mit Bescheid der AMA vom 30.12.2011, AZ II/7-EBP/11116017896, betreffend Einheitliche Betriebsprämie 2011 wurde dem BF für das Antragsjahr 2011 keine Einheitliche Betriebsprämie gewährt. Der Antrag "Sonderfall - Neubeginner", lfd. Nr. HB 1, wurde mit der Begründung "Schaffung künstlicher Voraussetzungen" abgewiesen und dem BF wurden keine Zahlungsansprüche zugwiesen.
4. Die dagegen eingebrachte Berufung wurde mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 28.01.2013, GZ BMLFUW-LE.4.1.10/1117-I/7/2012, abgewiesen.
5. Dagegen wurde Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.05.2016, 2013/17/0166-5, wurde der vorgenannte Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben, da sich auf der Grundlage der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen nicht beurteilen lasse, ob die rechtliche Qualifikation der belangten Behörde, die Voraussetzungen für den Erhalt der Neubeginner-Beihilfe seien künstlich geschaffen worden, um einen den Zielen dieser Beihilfe zuwiderlaufenden Vorteil zu erwirken, zutreffend sei. Hierbei wurde insbesondere auf den 4., 23. und 25. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 sowie auf die bereits ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere das Erkenntnis vom 18.12.2013, 2012/17/0032, verwiesen.
6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.12.2016, GZ W127 2127420-1/8E, wurde der Beschwerde gegen den Bescheid der AMA vom 30.12.2011 stattgegeben:
Der Antrag auf Anerkennung als Neubeginner 2011 sei positiv zu beurteilen und dem Antrag auf Gewährung der Einheitlichen Betriebsprämie für das Antragsjahr 2011 sei stattzugeben (Spruchpunkt I.). In Spruchpunkt II. wurde der AMA gemäß § 19 Abs. 3 MOG 2007 aufgetragen, die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und die Ergebnisse dem BF bescheidmäßig mitzuteilen.
Begründend wurde betreffend den Vorwurf, der BF habe die Voraussetzungen für den Erhalt einer Zahlung im Sinne von Art. 30 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 künstlich geschaffen, insbesondere ausgeführt, dass sich im gesamten Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben hätten, dass die Ziele der Stützungszahlung - sohin die objektiven Umstände - nicht erreicht worden seien. Auf das subjektive Element sei nicht näher einzugehen gewesen, da für eine Anwendung von Art. 30 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 beide Elemente kumulativ vorliegen müssten.
7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 31.07.2017 wurde dem BF für das Jahr 2011 eine Einheitliche Betriebsprämie in Höhe von EUR 5.012,56 gewährt. Dem Antrag "Sonderfall - Neubeginner", lfd. Nr. HB 1, wurde stattgegeben und dem BF wurden 22,79 Zahlungsansprüche zugewiesen. In der Begründung verwies die AMA auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zahl W127 2127420-1/8E.
8. In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom 13.08.2017 wies der BF darauf hin, dass die Auszahlung der Einheitliche Betriebsprämie 2011 erst im Juli 2017 erfolgt sei und monierte, dass der Auszahlungsbetrag ab dem 21.12.2011 mit bankmäßigen Verzugszinsen, zumindest 5 % pro Jahr, zuzüglich Zinseszinsen zu berechnen sei.
9. Mit Datum vom 05.07.2018 legte die AMA dem Bundesverwaltungsgericht die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Antragsjahr 2012:
1. Mit Mehrfachantrag-Flächen vom 08.05.2012 beantragte der BF u.a. die Gewährung der Einheitlichen Betriebsprämie für das Antragsjahr 2012 für in den Beilagen Flächenbogen und Flächennutzung näher konkretisierte Flächen.
2. Mit Bescheid der AMA vom 28.12.2012, AZ II/7-EBP/12-118750900, betreffend Einheitliche Betriebsprämie 2012 wurde der Antrag des BF auf Gewährung der Einheitlichen Betriebsprämie für das Jahr 2012 abgewiesen. Die Einheitliche Betriebsprämie könne nur gewährt werden, wenn der Betriebsinhaber über Zahlungsansprüche verfüge und ein entsprechender Antrag gestellt werde.
3. Dagegen wurde Berufung erhoben und darauf verwiesen, dass "die Berufung zum Bescheid EBP 2011 noch nicht vom Ministerium bzw. Verwaltungsgerichtshof behandelt wurde".
4. Mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 24.08.2013, GZ BMLFUW-LE.4.1.10/1251-I/7/2013, wurde die Entscheidung über die Berufung gemäß § 38 AVG bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend das Verfahren zur Einheitlichen Betriebsprämie 2011 ausgesetzt.
5. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.12.2016, GZ W127 2001040-1/2E, wurde der Beschwerde stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwiesen.
In der Begründung wurde unter Bezugnahme auf die o.a. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.05.2016 und des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.12.2016 betreffend Einheitliche Betriebsprämie 2011 auf das Vorliegen eines neuen Sachverhaltes auch im Antragsjahr 2012 - insbesondere betreffend die verfügbaren Zahlungsansprüche - hingewiesen.
6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30.08.2017 wurde dem BF für das Jahr 2012 eine Einheitliche Betriebsprämie in Höhe von EUR 5.012,42 gewährt. In der Begründung verwies die AMA neuerlich auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zahl W127 2001040-1/2E.
7. In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom 06.09.2017 wies der BF darauf hin, dass die Auszahlung der Einheitliche Betriebsprämie 2012 erst am 30.08.2017 erfolgt sei und monierte, dass der Auszahlungsbetrag ab dem 19.12.2012 mit bankmäßigen Verzugszinsen, zumindest 5 % pro Jahr, zuzüglich Zinseszinsen zu berechnen sei.
8. Mit Datum vom 23.07.2018 legte die AMA dem Bundesverwaltungsgericht die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Antragsjahr 2015:
1. Mit Datum vom 08.05.2015 stellte der BF elektronisch einen Mehrfachantrag-Flächen und beantragte die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2015.
Der Antrag des BF umfasste auch die Zahlung für Junglandwirte. Der BF übermittelte diesbezüglich einen Ausbildungsnachweis.
2. Mit Bescheid vom 28.04.2016, AZ II/4-DZ/15-2886270010, gewährte die AMA dem BF für das Antragsjahr 2015 Direktzahlungen in Höhe von EUR 3.676,69. Der Antrag auf Gewährung der Zahlung für Junglandwirte (Top-up), lfd. Nr. BBK1266, wurde abgewiesen, da der vorgelegte Ausbildungsnachweis nicht die gesetzlichen Voraussetzungen erfülle (Art. 50 VO 1307/2013, § 12 DIZA-VO).
3. Im Rahmen der dagegen eingebrachten Beschwerde vom 20.05.2016 führte der BF sinngemäß aus, die Abweisung des Antrages auf Gewährung der Zahlung für Junglandwirte sei rechtswidrig, da sie gegen § 4 Abs. 1 des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes verstoße. Der BF übermittelte in diesem Zusammenhang einen Auszug aus dem o.a. Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 28.01.2013, GZ BMLFUW-LE.4.1.10/1117-I/7/2012, betreffend Einheitliche Betriebsprämie 2011, demzufolge im vorliegenden Fall die erbrachten Nachweise im Hinblick auf die berufliche Mindestqualifikation für eine Anerkennung als Sonderfall Neubeginner ausreichend seien. Der BF führte überdies aus, er berufe gegen den Bescheid, da die Berufung zum Bescheid EBP 2011 noch nicht vom Verwaltungsgericht bzw. Verwaltungsgerichtshof behandelt worden sei.
4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 31.08.2016 änderte die AMA den Bescheid vom 28.04.2016 dahingehend ab, dass die Anzahl der Zahlungsansprüche nunmehr mit vier Nachkommastellen berücksichtigt wurden, wodurch sich der Betrag der gewährten Prämien auf EUR 3.676,11 änderte. Aufgrund der Bagatellgrenze erfolgte keine Rückforderung (§ 8 Abs. 1 GAP-VO).
Dagegen wurde kein Rechtsmittel eingebracht.
5. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 12.01.2018 gewährte die AMA dem BF für das Antragsjahr 2015 Direktzahlungen in Höhe von EUR 7.022,10. Der Antrag auf Gewährung der Zahlung für Junglandwirte (Top-up) vom 08.05.2015, lfd. Nr. BBK1266, wurde wieder abgewiesen, da der vorgelegte Ausbildungsnachweis nicht die gesetzlichen Voraussetzungen erfülle (Art. 50 VO 1307/2013, § 12 DIZA-VO).
6. In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom 23.01.2018 wies der BF darauf hin, dass seiner Beschwerde betreffend Einheitliche Betriebsprämie 2011 vom Bundesverwaltungsgericht stattgegeben worden und daher auch sein Antrag auf Gewährung der Zahlung für Junglandwirte positiv zu bewerten sei. Darüber hinaus begehrte der BF - wie bereits hinsichtlich des Antragsjahres 2011 - die Auszahlung von Verzugszinsen.
7. Im Rahmen der Beschwerdevorlage am 05.07.2018 führte die AMA zu dem Bescheid vom 12.01.2018 aus, aufgrund des nun positiv zu berücksichtigenden Antrages auf Anerkennung als Neubeginner im Antragsjahr 2011 sei es zu einer Werterhöhung der Zahlungsansprüche gekommen. Unter Bezugnahme auf das o.a. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.05.2016 bzw. die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.12.2016 führte die AMA aus, der vorgelegte Ausbildungsnachweis sei auch für das Top-up ab 2015 anzuerkennen. Wäre die AMA noch zuständig, würde der Ausbildungsnachweis für das Antragsjahr 2015 positiv beurteilt und das Top-up gewährt werden.
Antragsjahr 2016:
1. Mit Datum vom 03.05.2016 stellte der BF elektronisch einen Mehrfachantrag-Flächen und beantragte die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016.
2. Mit Bescheid vom 05.01.2017, AZ II/4-DZ/16-5373616010, gewährte die AMA dem BF für das Antragsjahr 2016 Direktzahlungen in Höhe von EUR 5.243,57. Dem Antrag auf Übertragung von Zahlungsansprüchen mit Flächenweitergabe vom 03.05.2016, lfd. Nr. UE5041K16, wurde teilweise stattgegeben (1,2353 Zahlungsansprüche).
3. Im Rahmen der dagegen eingebrachten Beschwerde vom 09.01.2017 monierte der BF, der vom Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit aufgehobene und von der AMA neu zu berechnende Bescheid betreffend Einheitliche Betriebsprämie 2011 sei in der Berechnung nicht berücksichtigt worden.
4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 12.05.2017 änderte die AMA den Bescheid vom 05.01.2017 dahingehend ab, dass dem Antrag auf Übertragung von Zahlungsansprüchen mit Flächenweitergabe vom 03.05.2016, lfd. Nr. UE5041K16, nunmehr zur Gänze stattgegeben wurde (1,2700 Zahlungsansprüche), wodurch sich der Betrag der gewährten Prämien auf EUR 5.254,12 änderte.
Dagegen wurde kein Rechtsmittel eingebracht.
5. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 12.01.2018 gewährte die AMA dem BF für das Antragsjahr 2016 Direktzahlungen in Höhe von EUR 7.789,26.
6. In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom 23.01.2018 begehrte der BF - wie bereits hinsichtlich der Antragsjahre 2011 und 2015 - die Auszahlung von Verzugszinsen.
7. Im Rahmen der Beschwerdevorlage am 05.07.2018 führte die AMA zu dem Bescheid vom 12.01.2018 aus, aufgrund des nun positiv zu berücksichtigenden Antrages auf Anerkennung als Neubeginner im Antragsjahr 2011 sei es zu einer Werterhöhung der Zahlungsansprüche gekommen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: 1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der BF bewirtschaftet seit 01.05.2011 den Betrieb mit der BNr. XXXX.
Am 13.05.2011 brachte der BF einen Antrag auf Zuweisung von Zahlungsansprüchen gemäß § 8 Abs. 3 Z 5 MOG 2007 (Anerkennung als Neubeginner) ein.
In den verfahrensgegenständlichen Antragsjahren 2011, 2012, 2015 und 2016 beantragte der Beschwerdeführer jeweils die Einheitliche Betriebsprämie bzw. - ab dem Antragsjahr 2015 - Direktzahlungen.
Im Antragsjahr 2015 beantragte der Beschwerdeführer überdies die Zahlung für Junglandwirte (Top-up).
Der BF hat am 27.01.2011 die Abschlussprüfung der Teilqualifikation im Lehrberuf Landwirtschaft absolviert.
2. Beweiswürdigung:
Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und wurden von keiner Verfahrenspartei bestritten. Die Feststellungen betreffend die Ausbildung des BF beruhen insbesondere auf dem von ihm vorgelegten Prüfungszeugnis.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur Zuständigkeit und zum Verfahren:
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992 iVm § 6 MOG 2007 erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die AMA im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2. In der Sache:
a) Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für die betroffenen
Antragsjahre maßgeblichen Fassung:
Antragsjahre 2011 und 2012:
Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19. Januar 2009, ABl. L 30 vom 31.01.2009, S. 16, im Folgenden VO (EG) 73/2009:
"Artikel 33
Zahlungsansprüche
(1) Betriebsinhaber können die Betriebsprämienregelung in Anspruch nehmen, wenn sie
a) Zahlungsansprüche besitzen, die sie gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 erhalten haben;
b) Zahlungsansprüche im Rahmen der vorliegenden Verordnung
i) durch Übertragung,
ii) aus der nationalen Reserve,
[...]
erhalten haben.
[...]."
"Artikel 41
Nationale Reserve
[...].
(2) Die Mitgliedstaaten können die nationale Reserve verwenden, um nach objektiven Kriterien unter Gewährleistung der Gleichbehandlung der Betriebsinhaber und unter Vermeidung von Markt- und Wettbewerbsverzerrungen vorrangig Zahlungsansprüche an Betriebsinhaber zuzuteilen, die eine landwirtschaftliche Tätigkeit aufnehmen.
[...]."
Verordnung (EG) Nr. 1120/2009 der Kommission vom 29. Oktober 2009, ABl. L 316 vom 2.12.2009, S. 1, im Folgenden VO (EG) 1120/2009:
"Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Für Titel III der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 und die vorliegende Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:
[...];
l) für die Anwendung von Artikel 41 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 gelten als "Betriebsinhaber, die eine landwirtschaftliche Tätigkeit aufgenommen haben" natürliche oder juristische Personen, die in den fünf Jahren vor Aufnahme der neuen landwirtschaftlichen Tätigkeit in eigenem Namen und auf eigene Rechnung weder eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt haben noch die Kontrolle einer juristischen Person innehatten, die eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausübte.
[...]."
"Artikel 17
Festsetzung der Zahlungsansprüche
(1) Macht ein Mitgliedstaat von den Optionen gemäß Artikel 41 Absätze 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 Gebrauch, so kann ein Betriebsinhaber nach den in diesem Abschnitt festgelegten Bedingungen und gemäß den von dem betreffenden Mitgliedstaat festgelegten objektiven Kriterien Zahlungsansprüche aus der nationalen Reserve erhalten.
[...]."
Bundesgesetz über die Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen (Marktordnungsgesetz 2007 - MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007:
"Direktzahlungen
§ 8. [...].
(3) Bei der Durchführung der Betriebsprämienregelung gemäß Titel III der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 ist nach folgender Maßgabe vorzugehen:
[...]
5. In Anwendung des Art. 41 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 werden Betriebsinhabern, die
a) seit 15. Mai des der Antragstellung vorangehenden Jahres begonnen haben, einen landwirtschaftlichen Betrieb im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu führen und keine Zahlungsansprüche für diesen Betrieb im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übertragen erhalten haben und
b) die Voraussetzungen für die Niederlassungsbeihilfe gemäß Art. 22 der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums, ABl. Nr. L 277 vom 21.10.2005
S 1 erfüllen, Zahlungsansprüche aus der nationalen Reserve zugewiesen. Der Wert der Zahlungsansprüche entspricht dem regionalen Durchschnittswert gemäß Z 9. Die Anzahl der zuzuteilenden Zahlungsansprüche ergibt sich aus dem verfügbaren Ausmaß an beihilfefähigen Flächen, für die bislang keine Zahlungsansprüche zugeteilt wurden, wobei mindestens 4 ha beihilfefähige Flächen vorhanden sein müssen. Flächen, für die Zahlungsansprüche mitübertragen worden sind, sind nicht einzubeziehen.
[...]."
Antragsjahre 2015 und 2016:
Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608, im Folgenden VO (EG) 1307/2013:
"Artikel 21
Zahlungsansprüche
(1) Die Basisprämienregelung kann von Betriebsinhabern in Anspruch genommen werden, die
a) Zahlungsansprüche im Rahmen der vorliegenden Verordnung durch Zuweisung gemäß Artikel 20 Absatz 4, durch Erstzuweisung nach Maßgabe der Artikel 24 oder Artikel 39, durch Zuweisung aus der nationalen Reserve oder den regionalen Reserven gemäß Artikel 30 oder durch Übertragung gemäß Artikel 34 erhalten [...].
(2) Die Gültigkeit der im Rahmen der Betriebsprämienregelung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 erhaltenen Zahlungsansprüche läuft am 31. Dezember 2014 ab.
[...]."
"Artikel 32
Aktivierung von Zahlungsansprüchen
(1) Eine Stützung im Rahmen der Basisprämienregelung wird den Betriebsinhabern bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähige Hektarfläche mittels Anmeldung gemäß Artikel 33 Absatz 1 in dem Mitgliedstaat, in dem der Zahlungsanspruch zugewiesen wurde, gewährt. Bei aktivierten Zahlungsansprüchen besteht Anspruch auf die jährliche Zahlung der darin festgesetzten Beträge, unbeschadet der Anwendung von Haushaltsdisziplin, Kürzung von Zahlungen gemäß Artikel 11 sowie linearen Kürzungen gemäß Artikel 7, Artikel 51 Absatz 2 und Artikel 65 Absatz 2 Buchstabe c der vorliegenden Verordnung sowie der Anwendung von Artikel 63 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.
(2) Im Sinne dieses Titels bezeichnet der Begriff "beihilfefähige Hektarfläche"
a) jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs, [...].
Artikel 33
Anmeldung der beihilfefähigen Hektarflächen
(1) Für die Zwecke der Aktivierung von Zahlungsansprüchen nach Artikel 32 Absatz 1 meldet der Betriebsinhaber die Parzellen an, die der beihilfefähigen Hektarfläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen. Außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände müssen die angemeldeten Parzellen dem Betriebsinhaber zu einem vom Mitgliedstaat festzusetzenden Zeitpunkt zur Verfügung stehen, der jedoch nicht nach dem in demselben Mitgliedstaat festgesetzten Zeitpunkt für die Änderung des Beihilfeantrags gemäß Artikel 72 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 liegen darf.
[...]."
"Zahlung für Junglandwirte
Artikel 50
Allgemeine Vorschriften
(1) Die Mitgliedstaaten gewähren eine jährliche Zahlung an Junglandwirte, die Anrecht auf eine Zahlung im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung gemäß Kapitel 1 haben (im Folgenden "Zahlung für Junglandwirte").
(2) Im Sinne des vorliegenden Kapitels gelten als "Junglandwirte" natürliche Personen, die
a) sich erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsleiter niederlassen oder die sich während der fünf Jahre vor dem im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung gemäß Artikel 72 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 erstmalig gestellten Beihilfeantrag bereits in einem solchen Betrieb niedergelassen haben und
b) im Jahr der Antragstellung gemäß Buchstabe a nicht älter als 40 Jahre sind.
(3) Die Mitgliedstaaten können in Bezug auf die einschlägigen Qualifikationen und/oder Ausbildungsanforderungen weitere objektive und nichtdiskriminierende Förderkriterien für Junglandwirte definieren, die einen Antrag auf die Zahlung für Junglandwirte stellen.
[...].
(5) Die Zahlung für Junglandwirte wird je Betriebsinhaber für einen Höchstzeitraum von fünf Jahren gewährt. Dieser Zeitraum verkürzt sich um die Anzahl der Jahre, die zwischen der Niederlassung gemäß Absatz 2 Buchstabe a und der ersten Antragstellung auf eine Zahlung für Junglandwirte vergangen sind.
[...]."
MOG 2007 in der Fassung BGBl. I Nr. 47/2014:
"Zahlung für Junglandwirte
§ 8e. Die jährliche Zahlung für Junglandwirte wird gemäß Art. 50 Abs. 8 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 berechnet, indem ein Betrag in Höhe von 25 % der nationalen Durchschnittszahlung je Hektar mit der Anzahl der im betreffenden Jahr durch den Betriebsinhaber aktivierten Zahlungsansprüche, höchstens aber 40, multipliziert wird."
Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik (Direktzahlungs-Verordnung 2015), BGBl. II Nr. 368/2014:
"Zahlung für Junglandwirte
§ 12. Junglandwirte, die die Zahlung gemäß Art. 50 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 beantragen, müssen spätestens zwei Jahre nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit eine für die Bewirtschaftung des Betriebs geeignete Facharbeiterprüfung oder eine einschlägige höhere Ausbildung nachweisen."
b) Rechtliche Würdigung:
Zu den Spruchpunkten I. und III.:
Mit dem Antragsjahr 2015 kam es zu einer Reform der Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Die Einheitliche Betriebsprämie wurde von der Basisprämie und mehreren ergänzenden Zahlungen, darunter die Zahlung für Junglandwirte (Top-up-Zahlung), abgelöst, die im vorliegenden Fall strittig ist.
Grundlegende Voraussetzung für die Gewährung der Zahlung für Junglandwirte ist im Wesentlichen zum einen der Zuspruch der Basisprämie - vgl. Art. 50 Abs. 1 VO (EU) 1307/2013 - sowie zum anderen, dass der Betriebsinhaber sich erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsleiter niedergelassen hat und nicht älter als 40 Jahre ist; vgl. Art. 50 Abs. 2 VO (EU) 1307/2013. Zusätzlich wurde mit § 12 Direktzahlungs-Verordnung 2015 bestimmt, dass Junglandwirte spätestens zwei Jahre nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit eine für die Bewirtschaftung des Betriebs geeignete Facharbeiterprüfung oder eine einschlägige höhere Ausbildung nachweisen müssen.
Wie aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.12.2016, GZ W127 2127420-1/8E, hervorgeht, ist gegenständlich nicht davon auszugehen, dass der BF die Voraussetzungen für den Erhalt der Zahlungen künstlich geschaffen hat, um einen den Zielen der Stützungsregelung zuwiderlaufenden Vorteil zu erwirken. Der BF hat darüber hinaus die formellen Voraussetzungen für die Anerkennung als Sonderfall Neubeginner im Antragsjahr 2011 erfüllt (vgl. BVwG 06.12.2016, W127 2127420-1/8E) und ist im Ergebnis auch davon auszugehen, dass er innerhalb der Frist von zwei Jahren ab Aufnahme der Betriebsführung hinreichende Fachkenntnisse erworben hat und die Kriterien für die Gewährung der Zahlung für Junglandwirte erfüllt (vgl. auch Ausführungen der AMA im Rahmen der Beschwerdevorlage am 05.07.2018).
Der Beschwerde war daher hinsichtlich der Gewährung der Zahlung für Junglandwirte im Antragsjahr 2015 stattzugeben, der angefochtene Bescheid spruchgemäß abzuändern und der AMA gemäß § 19 Abs. 3 MOG 2007 aufzutragen, gemäß den Vorgaben im Erkenntnis die entsprechenden Berechnungen durchzuführen sowie das Ergebnis bescheidmäßig mitzuteilen.
Zu Spruchpunkt II.:
Der BF begehrte in allen verfahrensgegenständlichen Antragsjahren aufgrund der jeweils erst nach Abänderungsbescheiden bzw. Rechtsmittelverfahren erfolgten vollständigen Gewährung und Zahlung der Prämie Verzugszinsen in Höhe von "zumindest 5 % / Jahr + Zinseszinsen". Der BF stützte sich mit dieser Forderung nicht auf eine bestimmte Rechtsgrundlage.
In den dem vorliegenden Verwaltungsverfahren zugrundeliegenden verfahrensrechtlichen Bestimmungen - insbesondere des VwGVG und des AVG - ist ein Anspruch auf Zuerkennung von "Verzugszinsen" nicht vorgesehen. Da auch aus einschlägigen materiell-rechtlichen bzw. insbesondere unionsrechtlichen Normen kein solcher Anspruch abzuleiten ist, erübrigen sich Ausführungen zum Eintritt der Fälligkeit und konnte den Beschwerden somit diesbezüglich mangels Rechtsgrundlage nicht stattgegeben werden; vgl. auch VwGH 29.06.2011, 2010/12/0113.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand. Letztlich handelte es sich um die Beurteilung reiner Rechtsfragen, die auch nach der Rechtsprechung des EGMR keiner Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen; vgl. dazu mwN Senft, Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte aus grundrechtlicher Perspektive, ZVG 2014/6, 523 (534).
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Im vorliegenden Fall kann vielmehr auf das bereits angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 29.06.2011, 2010/12/0113 verwiesen werden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Ausbildung, Berechnung, Bescheidabänderung, Bewirtschaftung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W118.2200101.1.00Zuletzt aktualisiert am
20.03.2019