Entscheidungsdatum
23.01.2019Norm
AsylG 2005 §2 Abs1 Z15Spruch
W159 2152112-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX StA. Afghanistan, vertreten durch RA Dr. Benno Wageneder, 4910 Ried im Innkreis gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.03.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 06.12.2018, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß §§ 3 Abs. 1 iVm 34 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gem. § 3 Abs. 5 leg. cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der mj. Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Afghanistan, zugehörig der Volksgruppe der Tadschiken und Moslem, reiste (spätestens) am 12.10.2015 gemeinsam mit seiner Mutter und seinem Vater, illegal in das Bundesgebiet ein und stellte gemeinsam mit ihr einen Antrag auf internationalen Schutz.
Zu ihrem Fluchtgrund befragt gab die Mutter des Beschwerdeführers an, sie habe in Afghanistan keine Sicherheit gehabt. Ihr Ehemann sei bei einem Bombenangriff verletzt worden.
Im Zuge der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 05.12.2016 gab die Mutter des Beschwerdeführers zu ihren Fluchtgründen im Wesentlichen an, im Alter von etwa vier Jahren Afghanistan verlassen zu haben und im Iran groß geworden zu sein. Sie habe ihren Cousin, den Vater des Beschwerdeführers geheiratet, der mit ihr nach Afghanistan zurückgekehrt sei. In Afghanistan habe sie mit den Großeltern väterlicherseits in einem Haus gelebt und sich der Diktatur des Großvaters väterlicherseits unterordnen müssen. Sie sei von ihm wegen Kleinigkeiten geschlagen worden. Wegen der Feindseligkeiten seien die Eltern des Beschwerdeführers und der Beschwerdeführer mit der Flüchtlingswelle auch aus Afghanistan ausgereist.
Mit dem im Spruch bezeichneten Bescheid vom 16.03.2017 wies das BFA, Regionaldirektion OÖ, unter Spruchpunkt I. den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten und unter Spruchpunkt II. gem. § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte unter Spruchpunkt III. einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG 2005 nicht, erließ unter Spruchpunkt IV. gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte unter Spruchpunkt V. gem. § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gem. § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. Unter Spruchpunkt VI. setzte das BFA die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
Beweiswürdigend und rechtlich verwies das BFA auf den Bescheid der Mutter als Beschwerdeführerin. Der Beschwerdeführer habe sich mit seinen Asylgründen auf die Asylgründe der Mutter gestützt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine gesetzliche Vertretung innerhalb offener Frist (eine gemeinsam verfasste) Beschwerde, welche den Bescheid zur Gänze bekämpfte. Im Zuge der Beschwerdeerhebung wurde der Verein für Menschrechte zur Vertretung im Verfahren bevollmächtigt.
Darin wurde grundsätzlich die Fluchtgeschichte der Mutter des Beschwerdeführers wiederholt. Weiters führt die Beschwerde aus, dass die belangte Behörde das Problem der Scheidung bei weitem unterschätze. Die Großeltern väterlicherseits hätten der Mutter des Beschwerdeführers bereits mit dem Umbringen gedroht. In Afghanistan sei es nicht möglich, sich ohne Einwilligung des Vaters und des Großvaters väterlicherseits scheiden zu lassen. Im Falle einer Scheidung würde der Beschwerdeführer auf jeden Fall der Familie des Vaters zugesprochen werden. Die Mutter des Beschwerdeführers könne auch keinen Schutz durch staatliche Behörden erwarten. Körperliche Züchtigung durch das Familienoberhaupt sei in Afghanistan akzeptiert. Mutter des Beschwerdeführers sei vom Großvater väterlicherseits, aber auch vom Vater des Beschwerdeführers geschlagen und mit einem Messer angegriffen worden, weil sie sich geweigert hätte, weiterhin ein Kopftuch zu tragen. Die Mutter des Beschwerdeführers würde abgesehen von der Verfolgung durch die Familie des Vaters des Beschwerdeführers, auch aus diesem Grund mit gesellschaftlicher Verfolgung zu rechnen haben. Wie aus den Länderberichten ersichtlich sei, könne der afghanische Staat, Frauen, nicht den notwendigen Schutz bieten.
Die Mutter des Beschwerdeführers wäre bei einer Rückkehr mit einer gravierenden Einschränkung ihrer Menschenrechte konfrontiert, weil sie bedingt durch die Verfahrensdauer auch schon die die Lebensweise, die Frauen in Österreich genießen würden, angenommen habe.
Das Bundesverwaltungsgericht beraumte eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung für den 06.12.2018 an, an der unter anderem die Mutter des Beschwerdeführers und der mj. Beschwerdeführer teilnahmen. Von Seiten des BFA, RD Oberösterreich, erschien niemand, XXXX erklärte mündlich in der Verhandlung seine Vertretungsvollmacht.
Die Mutter des Beschwerdeführers machte keine eigenen Fluchtgründe für ihren 5-jährigen Sohn geltend.
Sie machte jedoch das Vorliegen einer westlichen Gesinnung glaubhaft.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zur Person des Beschwerdeführers wird Folgendes festgestellt:
Er ist Staatbürger von Afghanistan und wurde am XXXX in Afghanistan geboren und ist Moslem.
Im Bundesgebiet hält er sich mit seiner Mutter und dem zweiten Mann der Mutter auf. Diese sind ebenso Staatsbürger von Afghanistan. Die Mutter ist Tadschikin, der Ehemann der Mutter ist Hazara.
Glaubhaft ist, dass die Mutter des Beschwerdeführers eine westliche geprägte Frau ist, die sich seit ihrer Ankunft ein freies und selbstbestimmtes Leben erkämpft hat. Die Mutter des Beschwerdeführers hat sich in Österreich integriert.
Zu den Angaben des Beschwerdeführers über die Gründe, aus denen er sein Herkunftsland verlassen hat, konnten keine Feststellungen getroffen werden.
Der Mutter des Beschwerdeführers wurde mit einem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag der Status von Asylberechtigten zuerkannt und festgestellt, dass ihr die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Für den Beschwerdeführer wurden keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht.
Beweis wurde erhoben durch Einvernahmen der Beschwerdeführerin durch Beamte der XXXX am 14.10.2015 sowie durch das BFA, Regionaldirektion Oberösterreich am 05.12.2016 und 24.02.2017, durch Befragung der Beschwerdeführerin und ihres zweiten Ehemannes im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 06.12.2018 sowie durch Vorhalt der oben näher bezeichneten länderkundlichen Dokumente durch das Bundesverwaltungsgericht oben näher bezeichneten Urkunden.
2. Beweiswürdigung:
Aus der Aussage seiner Mutter ergibt sich zweifelsfrei, dass der Beschwerdeführer keine eigenen Fluchtgründe hat.
Die Mutter des Beschwerdeführers hat glaubhaft gemacht, dass ihr als Frau mit westlicher Gesinnung in Afghanistan Verfolgung droht.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 1 VwGVG regelt dieses Bundesgesetz das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte. Entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht sind, bleiben unberührt (§ 58 Abs. 2 VwGVG, in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013).
§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idF BGBl. I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG 2005 und FPG bleiben unberührt. Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA-VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.
Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005) und ist auf die ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz, sohin auch auf den vorliegenden, anzuwenden.
Zu A)
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. 2004 Nr. L 304/12 [Statusrichtlinie] verweist). Damit will der Gesetzgeber an die Gesamtheit der aufeinander bezogenen Elemente des Flüchtlingsbegriffs der GFK anknüpfen (VwGH 24.03.2011, 2008/23/1443). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.
Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren." (vgl. VfSlg. 19.086/2010; VfGH 12.6.2010, U 613/10)
Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011; 17.03.2009, 2007/19/0459; 28.05.2009, 2008/19/1031). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771; 17.03.2009, 2007/19/0459; 28.05.2009, 2008/19/1031; 06.11.2009, 2008/19/0012). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011; 28.05.2009, 2008/19/1031). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 15.03.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 27.06.1995, 94/20/0836; 23.07.1999, 99/20/0208; 21.09.2000, 99/20/0373; 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 12.09.2002, 99/20/0505; 17.09.2003, 2001/20/0177; 28.10.2009, 2006/01/0793; 23.02.2011, 2011/23/0064) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass als Fluchtgründe unter dem Gesichtspunkt der Schwere des Eingriffes nur solche Maßnahmen in Betracht kommen, die einen weiteren Verbleib im Heimatland aus objektiver Sicht unerträglich erscheinen lassen (VwGH vom 16.09.1992, 92/01/0544, VwGH vom 07.10.2003, 92/01/1015, 93/01/0929, u.a.).
Für den Beschwerdeführer selbst wurde - wie beweiswürdigend dargelegt - keine Verfolgung in Afghanistan aus einem in der GFK genannten Grund glaubhaft gemacht.
§ 34 Abs. 1 AsylG 2005 lautet:
"Stellt ein Familienangehöriger (§ 2 Z 22) von einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist; einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder einem Asylwerber einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes."
Gemäß § 34 Abs. 2 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 122/2009 hat die Behörde aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3); die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7 AsylG 2005).
Familienangehörige sind gemäß § 2 Z 22 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 135/2009, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.
Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Art. 8 MRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention (vgl. EGMR, Urteil v. 13.6.1997, Fall MARCKX, Ser. A, VOL. 31, Seite 14, § 31).
Nach dem oben zitierten EGMR-Urteil sind sowohl die Beziehungen der Eltern untereinander, als auch jeweils jene zu den Kindern durch Art. 8 MRK geschützte familiäre Bande. Bei einer diesbezüglichen Familie ergeben sich die von der MRK-Rechtsprechung zusätzlich geforderten engen Bindungen der Familienmitglieder untereinander aus ihrem alltäglichen Zusammenleben, gemeinsamer Sorge und Verantwortung füreinander, sowie finanzieller und anderer Abhängigkeit.
Die Unmöglichkeit der Fortsetzung des Familienlebens in einem anderen Staat wird in der Regel dann gegeben sein, wenn kein anderer Staat ersichtlich ist, der dem Asylberechtigten und seinem Angehörigen Asyl oder eine dem Asylrecht entsprechende dauernde Aufenthaltsberechtigung gewährt.
Ehegatten führen ebenso wie Kinder mit ihren Eltern ipso iure ein Familienleben.
Mit seiner Mutter führt der Beschwerdeführer ein Familienleben. Er und seine Mutter sind Familienangehörige gemäß § 2 Z 22 AsylG 2005.
Im Fall des Beschwerdeführers liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung von Asyl im Familienverfahren vor, weil seine Mutter asylrelevante Verfolgung im Herkunftsstaat glaubhaft dargelegt hat, weil es sich bei dieser um eine Angehörige der besonders vulnerablen Gruppe der Frauen mit "westlichen Gesinnung" handelt.
Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte, wonach dem Beschwerdeführer ein Familienleben getrennt von seiner Mutter in einem anderen Staat zumutbar ist oder möglich wäre, sodass die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl im Zuge eines Familienverfahrens gegeben sind.
Dem Beschwerdeführer war daher Asyl zu gewähren.
Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz am 21.09.2015 - und somit vor dem 15.11.2015 - gestellt wurde, wodurch insbesondere die §§ 2 Abs. 1 Z 15 und 3 Abs. 4 AsylG 2005 idF BGBl. I 24/2016 ("Asyl auf Zeit") gemäß § 75 Abs. 24 AsylG 2005 im konkreten Fall keine Anwendung finden.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Wie unzweifelhaft der rechtlichen Beurteilung zu entnehmen ist, weicht die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (noch von jener des Asylgerichtshofes) ab, noch fehlt es zu irgendeinem Sachverhaltsaspekt des gegenständlichen Falles an einer Rechtsprechung und kann auch nicht davon gesprochen werden, dass die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Bezug auf den gegenständlichen Fall als uneinheitlich zu beurteilen wäre. Im Übrigen liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der im vorliegenden Fall zu lösenden Rechtsfragen vor.
Vielmehr wurden die in dem vorliegenden Fall zu lösenden Rechtsfragen auf Basis der bisherigen Judikatur der Höchstgerichte entschieden bzw. ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Asylgewährung, asylrechtlich relevante Verfolgung, Asylverfahren,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W159.2152112.1.00Zuletzt aktualisiert am
20.03.2019