Index
E1E;Norm
12010E049 AEUV Art49;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kovacs, über die Revision der R S in S, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 22. Oktober 2018, LVwG-S-2532/001-2017, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha),
Spruch
1. zu Recht erkannt:
Hinsichtlich der Verhängung der Strafe wird das angefochtene Erkenntnis in seinem Spruchpunkt 1. gemäß § 42 Abs. 4 VwGG wie folgt ergänzt:
"Die Strafsanktionsnorm lautet § 52 Abs. 2 erster Strafsatz Glücksspielgesetz (GSpG), BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. I Nr. 13/2014".
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
2. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 22. September 2017 wurde die Revisionswerberin als handelsrechtliche Geschäftsführein und damit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft wegen Übertretung des § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 bis 4, § 4 iVm § 52 Abs. 1 Z 1Glücksspielgesetz (GSpG) zur Zahlung einer Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.000,-- verpflichtet. Überdies wurde eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Höhe von 34 Stunden verhängt.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich wurde die Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt 1.), der Revisionswerberin die Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von EUR 200,-- auferlegt (Spruchpunkt 2.) und ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei (Spruchpunkt 3.).
3 Begründend führte das Landesverwaltungsgericht u.a. aus, die Gesellschaft habe verbotene Ausspielungen und somit Glücksspiele iSd § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG unternehmerisch zugänglich gemacht. Das Landesverwaltungsgericht begründete weiters, warum das Glücksspielgesetz nicht gegen Unionsrecht verstoße.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, sind gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
8 Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Liegen - wie hier - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision auch getrennt zu überprüfen (vgl. z.B. VwGH 7.12.2018, Ra 2018/17/0103).
10 Die Revision erweist sich in ihrem Zulässigkeitsvorbringen zur Anführung der korrekten Strafsanktionsnorm im Spruch im Umfang der Überprüfung des Strafausspruches als zulässig und begründet:
11 Die hg. Rechtsprechung räumt dem Beschuldigten ein Recht darauf ein, dass im Spruch die richtige und nur die richtige verletzte Verwaltungsvorschrift aufscheint. Gleiches gilt für die Anführung der Strafnorm nach § 44a Z 3 VStG. Darunter ist jene Verwaltungsvorschrift zu verstehen, die bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist (vgl. z.B. VwGH 25.9.2018, Ra 2018/17/0085). Im vorliegenden Fall ist bei einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG mit einem Glückspielgerät die Strafsanktionsnorm § 52 Abs. 2 erster Strafsatz GSpG.
12 Die Berufungsbehörde bzw. nunmehr das Verwaltungsgericht hat daher insoweit, als der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides fehlerhaft ist, weil z.B. die angewendeten Gesetzesstellen unrichtig oder unvollständig zitiert wurden, dies in seinem Abspruch zu ergänzen bzw. richtigzustellen (vgl. zu § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG und § 52 Abs. 2 GSpG bereits VwGH 15.11.2017, Ra 2017/17/0021).
13 Das Verwaltungsgericht hat die Strafsanktionsnorm trotz des fehlerhaften Abspruchs im Straferkenntnis nicht korrigiert.
14 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in der Sache selbst entscheiden kann, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt, war das angefochtene Erkenntnis im Umfang des Spruchpunktes 1. - die genannten Voraussetzungen liegen vor - durch die spruchgemäße Änderung hinsichtlich der angewendeten Strafsanktionsnorm richtigzustellen.
15 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
16 Zum Zulässigkeitsvorbringen der Revision hinsichtlich des Schuldausspruches ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C 347/09, Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C 390/12, Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment AG, C 464/15, Rn. 31, 35 ff; 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C 3/17, Rn. 28, 62 ff; sowie 6.9.2018,
Gmalieva s.r.o. u.a., C 79/17, Rn. 22). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C 390/12.
17 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH u.a., C 685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. zuletzt auch EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C 3/17, Rn. 55; sowie VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, Rn. 24 ff. und VfGH 12.6.2018, E 885/2018).
18 Entgegen dem Vorbringen der revisionswerbenden Partei steht auch das in § 14 Abs. 3 GSpG enthaltene Erfordernis eines inländischen Sitzes für den Erhalt einer Konzession nicht mit Unionsrecht im Widerspruch. Da § 14 Abs. 3 dritter Satz GSpG von diesem Erfordernis eine Ausnahme enthält, werden mit dieser Bestimmung keine der unionsrechtlichen Vorgaben verletzt: Zwar stellt auch die Erfüllung der Voraussetzungen für eine Nachsicht von der Sitzverpflichtung - nämlich eine vergleichbare Lotterienkonzession und eine vergleichbare staatliche Glücksspielaufsicht in dem Mitgliedstaat (der EU bzw. des EWR), in dem der Konzessionswerber seinen Sitz hat - eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar. Diese Beschränkung in § 14 Abs. 3 GSpG ist jedoch durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt und genügt den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit, die sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergeben (vgl. näher VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, Rn. 34 ff). In diesem Zusammenhang stellt sich daher vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.
19 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
20 Die Revision war daher im Übrigen nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 21. Februar 2019
Gerichtsentscheidung
EuGH 62009CJ0347 Dickinger und Ömer VORABEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019170002.L00Im RIS seit
18.03.2019Zuletzt aktualisiert am
26.04.2019