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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/09/0201 Ra 2018/09/0200Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schachner, über die außerordentliche Revision 1. der F s.r.o. in B, 2. des Mag. Ing. M M in V, 3. des I C in T, alle vertreten durch Dr. Patrick Ruth, MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 11. September 2018, LVwG 41.18-655/2017-17, LVwG 30.18-1679/2017-10, LVwG 30.18-1677/2017- 7, betreffend Beschlagnahme und Bestrafung nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Steiermark), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 11. Mai 2016 ordnete die im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde gegenüber der erstrevisionswerbenden Partei die Beschlagnahme sieben näher beschriebener Eingriffsgegenstände (sechs Touchscreens mit eingebautem PC und ein Einzahlungsterminal) gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a Glücksspielgesetz (GSpG) an.
2 Mit Straferkenntnissen dieser Behörde vom 10. Mai 2017 wurden der Zweitrevisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer näher bezeichneten Gesellschaft und der Drittrevisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der erstrevisionswerbenden Partei im Zusammenhang mit den oben angeführten Geräten unter Anwendung des § 9 Abs. 1 VStG der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild GSpG für schuldig erkannt und über sie eine Geldstrafe von 28.000 Euro (für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen) verhängt.
3 Mit den angefochtenen Erkenntnissen wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (I.) die Beschwerde der erstrevisionswerbenden Partei gegen die Beschlagnahme als unbegründet ab und gab (II. und III.) den Beschwerden des Zweit- und des Drittrevisionswerbers insoweit Folge, als es die Straferkenntnisse betreffend das Einzahlungsterminal aufhob, im Übrigen den Tatzeitraum auf einen Tag einschränkte und die Geldstrafen mit 3.000 Euro je Übertretung (für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je zehn Stunden) festsetzte. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
4 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu prüfen.
6 Dem Zulässigkeitsvorbringen der vorliegenden Revision ist zu erwidern, dass die für eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV aufgeworfenen Fragen klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C-390/12, Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment, C-464/15, Rn. 31, 35 ff; 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 28, 62 ff; sowie 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a., C-79/17). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Er hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048, 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser - weiterhin maßgeblichen - Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht mit seiner Beurteilung im Revisionsfall im Ergebnis nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12.
7 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH u.a., C- 685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. zuletzt auch EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 55; sowie VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, Rn. 24 ff).
8 Soweit das Zulassungsvorbringen in der Revision auf § 14 Abs. 3 GSpG Bezug nimmt, aber sonst keine weiteren Ausführungen zu dieser Thematik vornimmt, genügt es, auf das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Juli 2018 zu verweisen.
9 Mit dem Vorbringen, dass das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Juli 2018, Ra 2017/17/0052, bezüglich (unzulässiger) Werbepraktiken ein entsprechendes Beweisverfahren durchführen und entsprechende Feststellungen treffen hätte müssen, wird die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht ausreichend dargetan; außerdem liegen der gegenständlichen Entscheidung andere Feststellungen bezüglich der Werbetätigkeit der Konzessionäre zugrunde als jener Entscheidung, auf welche sich die Revision stützt (vgl. VwGH 21.11.2018, Ra 2018/09/0175).
10 Hinsichtlich der Bestrafung des Zweit- und des Drittrevisionswerbers wird die Zulässigkeit der Revision ferner in einem Verstoß gegen das Verbot der reformatio in peius erblickt, weil das Verwaltungsgericht ohne Vorliegen eines im Bescheid oder in der Sache zweifellos ersichtlichen Aufteilungsschlüssels die von der Behörde - fälschlich - verhängte Gesamtgeldstrafe aufgeteilt habe. Damit wird eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgezeigt, wurde doch in den behördlichen Straferkenntnissen für sieben Geräte eine Gesamtstrafe von 28.000 Euro verhängt. Die Revisionswerber zeigen auch keine Umstände auf, weshalb nicht von einer gleichmäßigen Aufteilung der Strafe auf die insgesamt sieben angenommenen Verstöße auszugehen gewesen wäre. Dies ist angesichts des Umstands, dass etwa für alle Gegenstände derselbe Tatzeitraum vorlag (anders etwa VwGH 30.6.1994, 94/09/0049) auch nicht zu ersehen. Zudem verhängte das Verwaltungsgericht nach Einstellung der Strafverfahren betreffend das Einzahlungsterminal hinsichtlich der verbliebenen sechs völlig gleichgelagerten Glücksspielgeräte jeweils lediglich die Mindeststrafe. Eine mögliche Verletzung dieser Revisionswerber in ihren Rechten ist in diesem Zusammenhang daher - auch bei Beachtung der Ersatzfreiheitsstrafen - nicht zu erkennen (vgl. VwGH 20.9.2018, Ra 2018/09/0060; 31.8.2016, 2013/17/0811 betreffend die Verfahrenskosten).
11 Anders als mit Blick auf den Zweitrevisionswerber vorgebracht wird, steht das angefochtene Erkenntnis auch nicht im Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG und wurde innerhalb der Frist des § 31 Abs. 1 VStG eine wirksame Verfolgungshandlung gesetzt.
12 Soweit in der Revision des Weiteren vorgebracht wird, dass im Hinblick auf die Möglichkeit der Durchführung von online-Glücksspielen auf den Geräten der Tatbestand des § 52 Abs. 1 Z 6 GSpG zur Anwendung hätte gelangen müssen, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen, dass bei Geräten mit Internetverbindung die Bestrafung nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG zu erfolgen hat (siehe VwGH 9.8.2018, Ra 2017/17/0433, 0434, mwN).
13 Auch den Anforderungen des § 44a Z 3 VStG wurde durch die Anführung der Strafsanktionsnorm des § 52 Abs. 2 GSpG im Spruch der Straferkenntnisse Genüge getan (vgl. VwGH 25.10.2018, Ra 2018/09/0130).
14 Da das Zulässigkeitsvorbringen auch sonst keine Rechtsfragen aufwirft, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 21. Februar 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018090199.L00Im RIS seit
18.03.2019Zuletzt aktualisiert am
01.04.2019