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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AsylG 2005 §3 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision des A R in W, vertreten durch Mag. Alexander Fuchs, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Lüfteneggerstraße 4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21. Dezember 2018, Zl. W273 2163377- 1/13E, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 28. Jänner 2019, W273 2163377-1/19Z, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein der Volksgruppe der Hazara und der schiitischen Glaubensrichtung zugehöriger Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 17. November 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend führte der Revisionswerber zusammengefasst aus, er würde bei einer Rückkehr nach Afghanistan durch Angehörige der Volksgruppe der Kutschis verfolgt und getötet werden.
2 Mit Bescheid vom 12. Juni 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei und legte gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 21. Dezember 2018 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 27.11.2018, Ra 2018/14/0069, mwN).
8 Den genannten Anforderungen wird die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision nicht gerecht, da nicht konkret - unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes - angegeben wird, von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das BVwG nach Ansicht des Revisionswerbers abgewichen sein soll (vgl. VwGH 26.11.2018, Ra 2018/20/0421, mwN).
9 Darüber hinaus hat das BVwG aktuelle Berichte zur Lage in Afghanistan sowie die persönlichen Umstände des Revisionswerbers berücksichtigt und es begegnet der Einschätzung des BVwG, dem Revisionswerber stehe eine innerstaatliche Fluchtalternative in Mazar-e Sharif zur Verfügung - vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen und der hg. Judikatur zur Prüfung einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative - keinen Bedenken (vgl. VwGH 23.1.2018, Ra 2018/18/0001; 26.9.2018, Ra 2018/14/0108, sowie betreffend einen Angehörigen der Hazara aus der Provinz Ghazni VwGH 18.10.2018, Ra 2018/19/0277, mwN).
10 Weiters ist der Revisionswerber betreffend sein Vorbringen, wonach zu seinem in Österreich lebenden Bruder eine enge Verbundenheit bestehe, auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen.
11 Demnach hängt die Frage, ob außerhalb des Bereiches des insbesondere zwischen Ehegatten und ihren minderjährigen Kindern ipso iure zu bejahenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK ein Familienleben vorliegt, nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte jeweils von den konkreten Umständen ab, wobei für die Prüfung einer hinreichend stark ausgeprägten persönlichen Nahebeziehung gegebenenfalls auch die Intensität und Dauer des Zusammenlebens von Bedeutung sind. Familiäre Beziehungen unter Erwachsenen fallen dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. VwGH 2.8.2016, Ra 2016/20/0152, mwN).
12 Weder in der Revision noch im bisherigen Verfahrensgang wurde ein für die rechtliche Beurteilung relevanter Sachverhalt substantiiert behauptet, aus dem sich ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Privat- und Familienleben des Revisionswerbers durch das angefochtene Erkenntnis des BVwG ergeben würde. Insbesondere führte der Revisionswerber nicht näher aus, inwiefern eine enge Beziehung zu seinem Bruder bestünde. Das BVwG stellte fest, dass der Bruder des Revisionswerbers in Oberösterreich lebe, kein gemeinsamer Haushalt bestehe und sie etwa alle zwei Wochen miteinander telefonieren würden. Weiters bestehe keine finanzielle Abhängigkeit von seinem Bruder, weil sich der Revisionswerber in der Grundversorgung befinde, arbeitsfähig sei und bereits auf selbstständiger Basis für ein Lieferunternehmen gearbeitet habe. Diesen Feststellungen des BVwG tritt die Revision nicht substantiiert entgegen.
13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 25. Februar 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019200049.L00Im RIS seit
19.03.2019Zuletzt aktualisiert am
03.04.2019